O ATO DO DIA 02 DE OUTUBRO: “CARANDIRU 20 ANOS: NUNCA MAIS?”
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/02/carandiru-brasilien-erinnert-sich-an-grostes-massaker-der-weltgeschichte-an-haftlingen-ich-sah-den-holocaust-30-laut-umfragen-fur-polizeieinsatz-von-sao-paulo-80-der-getoteten-waren-nicht-v/
Lulas Menschenrechtsbilanz zweier Amtszeiten hat die politische Glaubwürdigkeit seiner Regierung in europäischen Ländern offenbar sehr stark erhöht.
Leonardo Boff 2010 :“Lula machte die größte Revolution der sozialen Ökologie des Planeten, eine Revolution für die Bildung, ethische Politik.“
Lulas enge Freunde 2013 im Gefängnis: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-aktuelle-politik-die-inhaftierten-freunde-lulas-dirceu-genoino-und-delubio-bereits-im-halboffenen-vollzug-in-brasilia-laut-landesmedien-wie-sich-die-haftbedingungen-von-mitgliedern-de/
http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html
Überlebender von Carandirú.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/30/brasilien-katholische-gefangenenseelsorge-und-menschenrechtsorganisationen-gedenken-des-haftlingsmassakers-von-carandiru-vor-19-jahren-totung-von-mindestens-111-gefangenen-nach-wie-vor-ungesuhnt/
Ausriß, Radio Vatikan. “Die Stimme des Papstes und der Weltkirche”. “Brasilien: Kirchliche Menschenrechtler enttäuscht über Merkel”. Österreichischer Priester Günther Zgubic, Plinio Sampaio…
“Brasilien ist eine Industriemacht, die achtgrößte Wirtschaftsnation der Welt, modern und fortschrittlich.”
Padre Valdir Joao Silveira erläutert gegenüber den nationalen TV-Sendern die weiterhin gravierende Situation in den brasilianischen Gefängnissen.
“O massacre não terminou e continua em nossas periferias com chacinas de população de rua e pessoas pobres. Com o ato de hoje, queremos dar início a uma grande discussão, durante todo o ano, até completar os 20 anos do massacre, sobre a segurança que temos e a segurança que queremos.”
“Die Anti-Folter-Konvention wird nicht eingehalten – was tut denn die UNO, damit die Konvention in der Dritten Welt respektiert wird?” Gefangenenpriester Günther Zgubic aus Österreich.
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/
“Movimento Maes de Maio” – Mütter von Ermordeten erinnern an die Blutbäder des Mai 2006.
http://maesdemaio.blogspot.com/2011/10/repercussoes-do-ato-carandiru-19-anos.html
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/19/andrea-beltrao-neuer-film-salve-geral-fur-oscar-2010-nominiert-sorgen-um-gewaltimage-brasiliens-streifen-zeigt-gewaltausbruch-von-2006-in-sao-paulo-ferrez/
Trailer des Carandirú-Films nach dem Buch von Drauzio Varella – anklicken:
http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI
http://www.youtube.com/watch?v=ZlTPEmjyyvI
(gesamter Film bei YouTube abrufbar)
Poet über Rassismus, die Lage in den Elendsvierteln Brasiliens.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/01/parabens-dom-paulo-evaristo-arns4-engste-mitstreiter-pflanzen-fur-ihn-vor-dem-franziskanerkloster-sao-paulos-einen-baum-viva-dom-paulo/
1985 pfeifen Brasiliens rechtsgerichtete Machteliten die Militärs nach 21 Diktaturjahren zurück in die Kasernen – Carandiru wird zur Hölle erst in der „Demokratie”. Sao Paulos regimekritischer Kardinal Evaristo Arns ist Augenzeuge:”Über fünfzig Aidskranke im Endstadium liegen auf dem Boden und spucken Blut – schier unbeschreibliche Zustände!”
Sprecher zahlreicher Menschenrechtsgruppen vergleichen Diktaturgewalt mit heutigen Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter und Blutbädern.
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/18/haftlinge-wurden-in-stucke-gehackt-anderen-wurde-das-herz-herausgerissen-zerstuckelte-gefangene-wurden-in-abfallkubeln-gefunden-padre-xavier-paolillo-leiter-der-gefangenenseelsorge-im-brasilia/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/10/evangelischer-pastor-wolfgang-lauer-gefangenenseelsorger-in-brasilien-ob-die-haftlinge-lutheraner-sind-christen-oder-nicht-ist-fur-mich-total-unwichtig/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/11/offizielle-deutsch-brasilianische-beziehungen-der-mutige-evangelische-gefangnispastor-wolfgang-lauer-gravierende-menschenrechtsverletzungen-in-brasilienes-sind-einfach-die-okonomischen-die-polit/
Deutscher evangelischer Pastor Wolfgang Lauer, Gefangenenseelsorger in Sao Paulo.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/02/08/erste-gefangenenrebellion-unter-dilma-rousseff-mindestens-funf-tote-aufstand-wieder-in-maranhao-herrschaftsgebiet-des-politischen-bundnispartners-jose-sarney-schweizer-jean-ziegler-in-maranhao/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/11/brasiliens-gefangnisse-unter-lula-in-manaus-haftanstalt-schauplatz-des-jungsten-aufstands-achtmal-mehr-gefangene-eingepfercht-als-erlaubt-betonen-landesmedien/
Aus gebrochenen, undichten Rohren fließen Abwässer, Scheiße und Urin über den Zellenboden, bei Sommerhitze bis über fünfzig Grad werden Gefangene von dem Gestank ohnmächtig, oder schier verrückt, rebellieren, attackieren die eigenen Zellennachbarn. „Für mich sind solche Knäste Konzentrationslager”, sagte der in Sao Paulo lebende Menschenrechtsaktivist und Gefangenenseelsorger Günther Zgubic aus Österreich – er schreibt UNO-Dossiers, kaum einer kennt Carandiru besser. (Hintergrundtext)
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/12/die-folter-in-polizeiwachen-hat-in-ganz-brasilien-stark-zugenommen-gefangenenpriester-valdir-joao-silveira-die-anti-folter-konvention-wird-nicht-eingehalten-was-tut-denn-die-uno-damit-die-k/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/14/nach-wie-vor-hemmungslose-aktionen-der-todesschwadronen-institutionalisierte-barbarei-lulas-menschenrechtsminister-paulo-vannuchi-raumt-gegen-ende-der-zweiten-amtszeit-erneut-fortbestehen-der-b/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/21/brasiliens-menschenrechtspriester-julio-lancelotti-prasentiert-projekt-das-mutmaslich-straffalligen-jugendlichen-der-unterschicht-die-notige-juristische-verteidigung-garantieren-soll-um-willkurfalle/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/in-den-brasilianischen-gefangnissen-sind-die-opfer-des-politisch-wirtschaftlichen-systems-eingekerkert-anwalt-bruno-alves-de-souza-29-prasident-des-menschenrechtsrates-im-teilstaat-espirito-san/
Hintergrund – Ferrez – Notizen von der Stadtkriegsfront:
2007 Gast des Berliner Literaturfestivals
Der Irak und der Libanon sind täglich wegen der vielen unschuldigen Gewaltopfer in den Schlagzeilen – Brasilien nicht. Obwohl gemäß brasilianischen Erhebungen in dem Tropenland jährlich weit mehr Menschen umkommen als im Irakkrieg und die Folter alltäglich ist.
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/10/taglich-ausergerichtliche-exekutionen-in-brasilien-menschenrechts-minister-paulo-vannuchi/
Ferrez, mit bürgerlichem Namen Reginaldo Ferreira da Silva, wurde unfreiwillig zum Frontberichterstatter im brasilianischen Stadtkrieg, weil er als einziger Romanautor an der von extremer Gewalt geprägten Slumperipherie der Megacity Sao Paulo lebt. Ferrez, dessen Bücher bei einem angesehenen brasilianischen Verlag erscheinen, bereits ins Französische, Spanische und Italienische übersetzt wurden, erhält wegen seines literarischen und politischen Engagements Morddrohungen, ist in Lebensgefahr.In den Slums ist Bücherlesen Luxus, die meisten Bewohner sind zudem funktionelle Analphabeten. Ferrèz wurde deshalb auch zum Rapper, ist in den Ghettos dadurch bekannter als durch seine Bücher.
Vom Goetheinstitut Sao Paulos bis zum Slumviertel Capao Redondo sind es mit den entsetzlich lauten, überfüllten Vorstadtbussen etwa drei Stunden. Aber wer in Brasilien nicht Bus fährt, sagt ein bekannter Schriftsteller, weiß nichts vom wirklichen Leben. In Capao Redondo hausen eine Million Menschen, darunter Ferrèz. 2006 führt das größte brasilianische Verbrechersyndikat PCC, Erstes Kommando der Hauptstadt, eine nicht endende Serie von Terroranschlägen gegen den Staat, erschießt an der Peripherie täglich Polizisten, Gefängniswärter und deren Angehörige – Ferrèz liefert als einziger fundierte Berichte von der Front: In seinen Büchern, seiner Zeitschrift, seinem Blog analysiert er Gewalt und Gegengewalt, die Rachefeldzüge der Polizei. Weit über sechshundert Tote werden gezählt, die meisten in Capao Redondo.
–“Krieg in den Slums, Panik in den Nobelvierteln”
Wir reden am Kaffeestand, im Krach einer vollen Bäckerei miteinander, hier fühlt sich Ferrèz sicher. ”Für mich ist das hier schon immer wie im Krieg. Doch die Eliten haben es erst jetzt, in diesen Tagen, wegen der Attentatswelle gespürt. Da haben sie in ihren Nobelvierteln die Panik gekriegt, sich verbarrikadiert und versteckt. Nur – so leben wir doch schon jahrelang. Durch Morde habe ich über zwanzig meiner Freunde verloren, das ist normal hier. Man tötet wahllos, wegen Banalitäten. Als ich mal in Spanien war, redeten die Leute, die Medien drei Wochen von einer ertrunkenen Frau. Ich dachte anfangs, ertrinkt hier jeden Tag eine? Bis ich mitbekam, es ist immer die selbe. Dort schockt die Leute noch der Tod. Hier redet man nicht mal mehr von den Toten, weil es zu viele sind. Wenn ich auf der Straße gehe, den Falschen treffe, killt der mich. Und wenn ich mal mit einem Verkäufer diskutieren würde, wäre möglich, daß der den Revolver zieht und mich erschießt, obwohl du neben mir stehst. Kürzlich rede ich mit vier Bekannten auf der Straße. Als ich gerade weg bin, kommt ein Killerkommando, erschießt die vier. Wäre ich noch da gewesen, hätten sie mich mit erschossen. Dazu kann man doch nicht schweigen. Capao Redondo – das ist wie ein Extra-Land, es ist dieses Brasilien, das in Deutschland und anderswo gewöhnlich nicht wahrgenommen wird. Dort denkt man bei Brasilien meist nur an Exotismus, Mulattinnen, Tropenwälder. Das hier ist völlig anders.” Ferrèz erwähnt in seinen Büchern die in Brasilien übliche Lynchjustiz, die nur zu oft Unschuldige trifft. Und auch die in den Favelas übliche Abtreibung mittels Medikamenten. Frauen legen die toten Föten nicht selten gleich auf der Straße, auf dem Fußweg ab.
Als Ferrèz mit seinen Blog-Frontberichten beginnt, stellen Brasiliens Medien die Sache noch so dar, als ob die Polizei lediglich auf die PCC-Attacken reagiert, die gefährlichsten Verbrecher bekämpft. Doch Ferrèz beobachtet, daß es meistens Unschuldige trifft, damit Haß und Gewalt in der Gesellschaft weiter geschürt werden. ”Ich mache den Versuch, der herrschenden Elitemeinung etwas entgegenzustellen. Denn die Eliten stimulieren ja das Morden, die Vorurteile gegen Slumbewohner. Vierzig Prozent der Getöteten hier waren junge Pizza-Austräger, die nachts mit ihren Motorrädern zu den Kunden fahren. Die Polizei feuerte einfach auf Leute, die gerade auf der Straße waren. Niemand prangerte das an, niemand sprach darüber, das hat mich beeindruckt. Und ich sagte mir, dann muß ich es eben tun. Also habe ich den Mund aufgemacht, und das hatte Wirkung. Die Polizei wurde angewiesen, vorsichtiger, weniger brutal vorzugehen. Man sagte den Beamten, Vorsicht, da gibt es jetzt welche, die darüber berichten. Doch mich bedrohen sie mit Mord.”
Ferrez, der früher Besenverkäufer und Bauhilfsarbeiter war, hat sich deshalb eine Weile versteckt, geht jetzt nachts nicht mehr aus dem Haus. Er wirkt fatalistisch, ohne Angst vor dem Tod. ”Ich lebe mit Mord und Tod seit meiner Kindheit. Als ich acht war, sagte mein Vater, vor unserm Haus liegt ein Erschossener. Da bin ich hin und habe mir den genau angesehen. Unglücklicherweise haben wir uns hier an die Gewalt gewöhnt. Klar, ich hoffe, daß mir nichts passiert, aber ich mache mir um den Tod auch keine Sorgen. Denn ehrlich gesagt, ich habe doch alles erreicht, was ich wollte. Ich habe ein Buch geschrieben, das sich verkauft, ich habe meiner Mutter, meiner Frau ein besseres Leben schaffen können. Jetzt habe ich keine Träume mehr, ich bin hoffnungslos, weil sich diese Realität hier nicht bessert, nur alles schlechter wird im Viertel. Ich sehe keine Ehrlichkeit, keinen guten Willen bei den brasilianischen Politikern, den Eliten, nicht mal in unserm Volk. Schau den Leuten ins Gesicht, da siehst du Traurigkeit. Sie engagieren sich nicht, ergeben sich dem Zuckerrohrschnaps, sind mutlos. Hier laufen nur Körper rum, haufenweise, ohne Richtung, Orientierung. Da ist es schwierig, etwas zu erreichen. Gut, andererseits kämpfe ich ja jeden Tag. Tagsüber würde mir die Polizei nichts tun, da gäbe es zu viele Zeugen. Außerdem gibt es Polizisten, die sehen die Lage wie ich. Aber nachts gehe ich nicht raus, oder übernachte dort, wo ich grade bin.”
–Lula und die Slums”
In Deutschland denken viele, Staatschef Lula macht progressive Politik, auch für einen wie dich, für die Leute im Slum. Lula spricht doch jeden Tag von Riesenerfolgen?
„Die Lula-Regierung ist weniger schlecht als die vorangegangene, ist das kleinere Übel. Aber was hat sich denn seit Lulas Amtsantritt getan? Es gibt nicht mehr Arbeit. Daß sich für die Slumperipherie was verbesserte, ist einfach nicht wahr. Für die Unternehmer sieht die Sache natürlich ganz anders aus.”
Drei Viertel der 185 Millionen Brasilianer, so sagen neue Studien, sind nicht in der Lage, einen einfachen Zeitungs-oder Buchtext zu lesen und zu verstehen. Das vereinfacht die Manipulierung der Pflichtwähler kolossal, dient Neopopulisten wie dem Staatschef ungemein. (Wer nicht wählt, kriegt auch unter Lula keine Arbeit im öffentlichen Dienst, keinen Reisepaß etc.- wie wäre das in Deutschland?)
Aber wer sind dann die Leser von Ferrèz? Sein Buch „Capao Pecado” produzierte er selber, zog fünfzig Kopien, verteilte es unter Freunden und Bekannten des Viertels. Manche von denen arbeiten für die Mittel-und Oberschicht als Hausdiener, Wächter, zeigten es den Arbeitgebern. Manche bestellten „Capao Pecado” daraufhin bei Ferrèz, der die Bücher persönlich zu deren Villen brachte, sie dort den bewaffneten Wächtern übergab, die Besteller nicht zu Gesicht bekam.
”Ja, so lief es – die Peripherie hat das Buch den Betuchten gezeigt, jetzt ist es bei einem Verlag in der fünften Auflage. Das System hatte für mich nichts vorgesehen, also habe ich mich auf meine Weise organisiert, mache meine Literatur. Als ich in einer Bäckerei arbeitete, habe ich nebenher was auf Zettel gekritzelt, daraus dann zuhause eine Geschichte montiert. Das lesen jetzt sogar Leute aus der Upperclass. Manche von denen sagen mir, Puta, du hast Recht, die Oberschicht ist idiotisch, die will sich nicht ändern. Dreihundert Familien besitzen achtzig Prozent allen Einkommens, allen Geldes “ wir kriegen nur den allerletzten Rest. Ja, unsere Eliten handeln selbstmörderisch, suchen sich in ihren Privilegiertenghettos abzuschotten, langfristig planen die ihren eigenen Tod. Das kann hier alles mal explodieren. Den Aufstand dieses Verbrechersyndikats, das sich immer besser in den Slums organisiert, konnten sie nicht verhindern “ auf einen Schlag hundert tote Polizisten, brennende Banken und Staatsgebäude. Morgen könnten sich viele das als Beispiel nehmen, es intelligenter anstellen, eine revolutionäre Organisation schaffen. Und wenn es dann losbricht, kann es keiner aufhalten. Dann werden die Eliten wieder mit Gewalt antworten. Die jungen Menschen hier haben doch keinerlei Perspektiven. Frag hier mal ein Kind, was willst du denn werden? Da lacht es dich aus, sagt, ich will nichts werden, wie sollte ich denn? Mein Bruder ist 18, kann nicht mal richtig lesen “ die öffentlichen Schulen formen doch nur funktionelle Analphabeten.”
–Rap, Chico Cesar, Arnaldo Antunes, Paulo Lins”
Daher ist Rap an der Peripherie wichtiger als das Buch, um die Bewohner zu erreichen. In Capao Redondo kennt man Ferrèz daher mehr wegen seiner Rap-Konzerte, der Rap-CD „Determinaçao”, auf der er mit Chico Cesar und Arnaldo Antunes zu hören ist . Beide suchten Kontakt zu Ferrèz, wollten von ihm Texte, wollten mit ihm auftreten.
Ferrèz ist inzwischen mit dem Schwarzen Paulo Lins aus Rio de Janeiro befreundet. Lins schrieb den Slum-Roman „Cidade de Deus”, Gottesstadt. Der wurde verfilmt “ war auch in Deutschland als „City of God” ein Erfolg, zeigte das andere Brasilien “ und auch die Lächerlichkeit so vieler Brasilienklischees von Traumstränden, Karneval und Lebenslust. Die Produzenten von „City of God” werden jetzt das neue Buch von Ferrèz verfilmen “ „Manual pratico do Odio”, praktische Anleitung zum Haß. „Das Leben ist hart an der Peripherie. Die Leute lieben und hassen in gleichem Maß.”
2009 wird eine abschließende Universitätsstudie über die PCC-Rebellion vom Mai 2006 veröffentlicht: Danach wurden zwischen dem 12. und 21. Mai 2006 im Teilstaat Sao Paulo 564 Menschen erschossen – 59 waren öffentliche Bedienstete, meist Polizisten, die restlichen 505 Zivilisten. 118 davon wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet, die weiteren bei summarischen Exekutionen, teils von Kapuzen-Männern verübt.
2 de outubro de 1992: uma pequena desavença entre presidiários do pavilhão 9 da Casa de Detenção do Carandiru se transforma em uma rebelião desprovida de viés reivindicativo ou de fuga. Apesar disso, o Governo estadual da época determinou a invasão da Casa de Detenção por centenas de policiais militares que exterminaram a sangue frio 111 pessoas desarmadas e desesperadas. Foi a maior chacina da história do sistema penitenciário brasileiro.
Passadas quase duas décadas dessa “página infeliz de nossa história”, os tijolos da Casa de Detenção foram deitados ao chão e, no seu lugar, foi erigido o sugestivo Parque da Juventude. Todavia, a construção de um parque para a juventude no lugar de uma unidade de aprisionamento da juventude não significou, infelizmente, qualquer mudança na política criminal do Estado: após todos esses anos, ninguém foi responsabilizado pelos 111 assassinatos!
Pior: ainda hoje, divisamos jovens, em regra pobres e negros, sendo perseguidos pelo aparato repressor estatal. Quando conseguem driblar a morte, caem na vala imunda e cada vez mais superlotada do sistema carcerário (de 1992 para cá, a população prisional cresceu mais de 400% contra pouco mais de 27% de crescimento da população brasileira).
Diante desse quadro desafiador, movimentos e entidades da sociedade civil organizada e alguns órgãos públicos planejam uma grande articulação em torno do vintenário do massacre do Carandiru, com a pretensão de pautar diversas ações para promover a responsabilização do Poder Público e também para trazer ao debate público o tema da segurança pública e da cidadania.
Como pontapé inicial dessa articulação, promoveremos um ato em memória aos 19 anos do massacre. Será nesse domingo, dia 02.10.2011, A PARTIR DAS 15HS, NO PARQUE DA JUVENTUDE.
Assinam:
ACAT-BRASIL, AMPARAR, ASSOCIAÇÃO JUÍZES PARA A DEMOCRACIA (AJD), ASSOCIAÇÃO NACIONAL DE DEFENSORES PÚBLICOS FEDERAIS (ANADEF), ASSOCIAÇÃO PAULISTA DE DEFENSORES PÚBLICOS (APADEP), CENTRO ACADÊMICO XI DE AGOSTO, CENTRO PELA JUSTIÇA E DIREITO INTERNACIONAL (CEJIL), CÍRCULO PALMARINO, COLETIVO 2 DE OUTUBRO, COLETIVO CINE BIJOU – CINEMA E MEMÓRIA, COLETIVO PERIATIVIDADE, COLETIVO VÍDEO POPULAR, COMISSÃO DE JUSTIÇA E PAZ, COMISSÃO TEOTÔNIO VILELA, CONSELHO ESTADUAL DE DEFESA DOS DIREITOS DA PESSOA HUMANA (CONDEPE), COOPERIFA, DEFENSORIA PÚBLICA DA UNIÃO EM SÃO PAULO, ESPÍRITO DE ZUMBI, ESTUDO, COMIDA E CIDADANIA (ECC), FÓRUM DE HIP-HOP, GELEDÉS, GEPEX – SEGURANÇA PÚBLICA, JUSTIÇA CRIMINAL E DIREITOS HUMANOS DA UNIFESP/BS, GRUPO CULTURAL MARACATU BOIGY, GRUPO TORTURA NUNCA MAIS – SP, IDENTIDADE – GRUPO DE LUTA PELA DIVERSIDADE SEXUAL, INSTITUTO PRÁXIS DE DIREITOS HUMANOS (IPDH), INSTITUTO TERRA, TRABALHO E CIDADANIA (ITTC), INSTITUTO UMOJÁ, JUSTIÇA GLOBAL, LUTA POPULAR, MÃES DE MAIO, MARGINALIARIA, MOVIMENTO NACIONAL DA POPULAÇÃO DE RUA, MOVIMENTO NACIONAL DOS DIREITOS HUMANOS, MOVIMENTO NEGRO UNIFICADO, NSN, NÚCLEO DA SITUAÇÃO CARCERÁRIA DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, NÚCLEO DE PRESERVAÇÃO DA MEMÓRIA POLÍTICA, NÚCLEO ESPECIALIZADO DE CIDADANIA E DIREITOS HUMANOS DA DEFENSORIA PÚBLICA DO ESTADO DE SÃO PAULO, OS CRESPOS, PÂNICO BRUTAL, PASTORAL CARCERÁRIA, PASTORAL DA JUVENTUDE, QI ALFORRIA, QUILOMBAQUE PERUS, REDE EXTREMO SUL, SARAU DA ADEMAR, SARAU DA BRASA, SARAU ELO DA CORRENTE, SARAU DOS MESQUITEIROS, SARAU VILA FUNDÃO, SINDICATO DOS ADVOGADOS DO ESTADO DE SÃO PAULO, TRIBUNAL POPULAR, UNEAFRO-BRASIL, VERSÃO POPULAR
http://www.pucsp.br/fecultura/textos/pessoa_sociedade/12_dentro_terror.html
http://www.controversia.com.br/index.php?act=textos&id=10034
Viel Lob in Europa für Lulas Politik:
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/27/lula-erhalt-ehrendoktor-in-paris-als-erste-personlichkeit-lateinamerikas-lulas-siebter-ehrendoktorhut/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/23/unesco-zeichnet-lula-in-paris-wegen-forderung-des-friedens-und-der-rechtsgleichheit-aus-preis-mit-150000-dollar-dotiert-jury-von-henry-kissinger-gefuhrt/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/01/rio-de-janeiro-richtervereinigung-fur-demokratieajd-verurteilt-militar-und-polizeieinsatz-in-slums-staat-verletzt-verfassung-summarische-exekutionen-ausrottung-unerwunschter-bevolkerung/
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/07/rogerio-reis-microwaves-microondas-fotoinstallation-uber-scheiterhaufen-brasiliens-vom-maison-de-la-europeenne-de-la-photographie-in-paris-angekauft/
Rainer Stadler, NZZ:
“Die Stresssymptome sind bereits jetzt unübersehbar. Was man aus ökonomischer Sicht gelassen als Verdrängungswettbewerb bezeichnen kann, bedeutet in publizistischer Hinsicht: schmalbrüstige Redaktionen, schrumpfende Kompetenz bei der journalistischen Bewältigung der nahen und fernen Ereignisse, aggressivere Schlagzeilen als Folge wachsender Ahnungslosigkeit, Hysterien, Missachtungen der Unschuldsvermutung und mehr Übergriffe in die Privatsphäre, weil gerade dort attraktive Unterhaltungsstoffe zu holen sind.
Was sonst Wirtschaftsmanagern vorgeworfen wird – der bloss kurzfristige Blick auf die Quartalszahlen –, ist im Journalismus weiterhin das dominierende Richtmass: die Deadline, der Redaktionsschluss. Er gewährt in der Internet-Ära kaum noch Besinnungszeit. Das ist umso verheerender, wenn es an Ressourcen mangelt. Die Gefahr schrumpfender publizistischer Kompetenzen kontrastiert scharf mit den wachsenden Ansprüchen einer Gesellschaft, die auf die Vermittlung von komplexem Wissen angewiesen wäre. Sie begibt sich im «Easy-News-Jet» auf einen gefährlichen Blindflug.
Der Ausleseprozess wird schon bald den Blätterwald drastisch auslichten. Es entsteht eine andere (Medien-)Schweiz. Die Annahme, dass künftig gerade noch zwei bis drei Medienunternehmen den hiesigen Markt prägen werden, scheint nicht mehr abwegig. Die Spannung zwischen dem von Zürich aus gesteuerten Kommunikationsmarkt und der föderalistisch geprägten politischen Schweiz wird wachsen, die gesellschaftliche Verständigung wird unübersichtlicher und instabiler.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/22/luis-antonio-pereira-silva-leiter-der-slum-pastoral-in-der-erzdiozese-rio-de-janeiro-gesichter-brasiliens/
ai-Journal Dezember 1996
Die “Hölle auf Erden”
BRASILIEN
Die “Hölle auf Erden”
Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.
Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.
Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen “Real” von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.
Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: “Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.” Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.
Pervertieren statt resozialisieren
Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder “Human Rights Watch” prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der “Pastoral Carceraria” im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: “Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.” Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: “Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!” Der Padre geht seit 1973 in die “Presidios” – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt
nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.
Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: “Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.”
Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen
Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: “Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.” Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.
Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: “Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.” Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.
Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen “politisch korrekten” Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. “Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt”, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: “Diese ist schuld an der Situation.”
Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. “Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist”, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, “wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?”
Amnestie nur Kosmetik
Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.
Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.
Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.
Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis “Carandiru” von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In “Carandiru” ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
Der Autor ist freier Korrespondent in Rio de Janeiro
Hintergrund von 2001:
„Unerklärter Bürgerkrieg“ in Brasilien
Über 40000 Morde jährlich/Zunahme von Attentaten
Im Kontext der jüngsten internationalen Konflikte weisen brasillianische Experten immer nachdrücklicher darauf hin, welche hohen Menschenopfer der sogenannte „unerklärte Bürgerkrieg“ in Brasilien kostet. Wie die Universitätsprofessor und Politik-Berater Gaudencio Torquato jetzt in einer Analyse mit dem Titel „Wir und Afghanistan“ betonte, werden aus politischen und kriminellen Motiven selbst laut den geschönten offiziellen Angaben jährlich rund 40000 Menschen ermordet.
Hätte Deutschland, mit einer etwa halb so großen Bevölkerung, diese Rate, wären es pro Jahr etwa 20000 Getötete. Tatsächlich waren es im Jahr 2000 laut BKA-Angaben nur 1015.
Torquato zählte zu den Gründen der hohen Opferzahlen, daß die zehntgrößte Wirtschaftsnation anders als Afghanistan zwar sämtliche Hochtechnologie der letzten Generation nutze, die soziale Polarisierung zwischen den Privilegierten und den armen Schichten sich jedoch weiter verschärft habe. Die hohe Gewaltrate habe dazu geführt, daß nachbarschaftliches Zusammenleben immer weniger gepflegt werde, die brasilianische Gesellschaft sich von der menschlichen Solidarität verabschiede. Gängige Reaktion angesichts der täglichen Morde sei leider nur:“Gut, daß es mir nicht passiert ist.“
Derartige Verfallsprozesse resultieren laut Torquato aus einer „politisch-institutionellen Kultur“, die sich mit den alltäglichen Skandalen um hohe Volksvertreter und den Fällen von Regierungskorruption weiter degradiere.
Brasilianischer Menschenrechtsaktivist
“Generation eiskalter Killer“ wächst heran
Brasilien züchtet nach den Worten des angesehenen Menschenrechtsaktivisten Eduardo Capobianco „eine Generation eiskalter Killer“heran.“Sie töten einen Menschen mit der selben Leichtigkeit, mit der sie eine Coca-Cola trinken“, sagte er im Dezember während der Auszeichnung mit einem Bürgerrechtler-Preis in Sao Paulo. Capobianco, Präsident von zwei regierungsunabhängigen Institutionen, die das organisierte Verbrechen sowie die tiefverwurzelte Korruption in Politik und Wirtschaft bekämpfen, hatte erst Anfang Dezember in der City der 17-Millionen-Stadt ein Attentat überlebt. „Brasilien hat gravierende soziale Ungleichheiten und eine kapitalistische Kultur, die auf dem Konsum basiert, Städte des Konsumismus wie Sao Paulo. Das stimuliert letztlich Gewalt – Armut allein ist dafür nicht verantwortlich zu machen.“ In entwickelten Ländern wie Japan entfalle statistisch pro Jahr ein Mord auf hunderttausend Einwohner – in einer Stadt wie Sao Paulo seien es dagegen gemäß offiziellen Zahlen immerhin fünfzig. Indessen gebe es bereits leichte Fortschritte bei der Verbrechensbekämpfung, die Arbeit seiner beiden Institutionen mißfalle der Gegenseite sehr und habe das Attentat bewirkt.
Capobianco überlebte den Anschlag nur, weil er eine Mappe mit Büchern vor die Herzgegend hielt, Kugeln darin steckenblieben bzw. nur seine Beine trafen. Weder die Polizei noch er selbst haben einen Hinweis auf die Täter und deren Hintermänner.
In den letzten drei Monaten kam es in Brasilien zu einer Attentatsserie, bei der mehrere Gewerkschaftsführer, ein progressiver Großstadtbürgermeister sowie Umweltaktivisten getötet wurden, Bombenanschläge forderten glücklicherweise keine Opfer. Eine bislang unbekannte rechtsextreme Organisation schickte Morddrohungen an 37 Bürgermeister der linkssozialdemokratischen Arbeiterpartei PT im Industrie- Teilstaat Sao Paulo, dessen Bruttosozialprodukt das von ganz Argentinien übertrifft.
Systematische Folterungen weiter alltäglich – trotz Anti-Folter-Gesetz
Menschenrechtler skeptisch über offizielle PR-Kampagne
Der Dreißig-Sekunden-TV-Spot ist gut gemacht, drastisch-realistisch: Ein Mann, halbnackt, blutend, gefesselt, wird von einem Sadisten gequält, mit dem Kopf immer wieder in einen Wassertank getaucht, soll Informationen preisgeben, ein Geständnis ablegen. Ein Dritter sieht die Szene, rennt zum Telefon, wählt die neue Gratis-Nummer von „SOS Tortura“, erstattet anonym Anzeige. Jeder sollte ab sofort genauso handeln, lautet der Appell an die Fernsehzuschauer – „denn Folter ist ein Verbrechen!“ Daß Brasiliens Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Ehrendoktor der FU Berlin, jetzt auch in Rundfunk und Presse eine solche Medienkampagne starten ließ, einmalig in der Geschichte Brasilien, könnte die Menschenrechtler des In-und Auslands optimistisch stimmen. Doch Skepsis überwiegt. Befürchtet wird, daß Brasilia damit lediglich auf Imageverbesserung bei den Vereinten Nationen zielt. Deren Experte für Folterfälle, Nigel Rodley, hatte letztes Jahr nach einer Reise durch mehrere Teilstaaten die Zustände als erschreckend und eigentlich unbeschreiblich angeprangert. Nicht anders sieht es Amnesty International, stellte deshalb in der 17-Millionen-Stadt São Paulo, Lateinamerikas führendem Wirtschaftszentrum, im Oktober kurz vor Kampagnebeginn der brasilianischen Öffentlichkeit den neuesten Bericht über Folter und Mißhandlungen vor. Tatverdächtige, Festgenommene, Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene systematisch Torturen zu unterwerfen, auch von völlig Unschuldigen Geständnisse unter Folter zu erpressen, gehört danach weiterhin zur Alltagsroutine im Apparat der Militär-und Zivilpolizei. Laut Patrick Kopischke, Brasilien-Experte von Amnesty International, hat der starke politische Druck, die überbordende Kriminalität zu bekämpfen, dazu geführt, daß Folter andere Ermittlungsmethoden ersetzt. Allein in São Paulo, wo über eintausend deutsche Unternehmen, von VW bis Daimler-Benz, ansässig sind, werden laut offiziellen Angaben monatlich über 440 Menschen ermordet. Zum üblichen Nachrichtenangebot der Radio-und TV-Stationen gehören die unaufhörlichen Gefangenenrevolten in den mit fast 100000 Insassen völlig überfüllten Polizeiwachen, Haftanstalten und provisorischen Gefängnissen der Metropole. Pro Monat werden rund eintausend weitere mutmaßliche oder tatsächliche Straftäter in teils fensterlose Zellen gepreßt, wo bereits bis zu 168 Männer auf einem Raum zusammenhocken müssen, der eigentlich nur für höchstens dreißig gedacht war. Wegen der schlechten Luft, der unhygienischen Zustände, des ständigen Fäkaliengeruchs und des damit verbundenen psychischen Drucks sind Aufstände die logische Folge – niedergeschlagen werden sie mit äußerster Brutalität, gibt es fast immer Tote. „Man greift auf Folter und Mißhandlungen zurück, um ein katastrophales Gefängnissystem unter Kontrolle zu halten“, betont deshalb Kopischke, grundlegende Reformen seien nötig, nicht nur kosmetische Verschönerungen. Aktivisten von Amnesty und anderen Menschenrechtsgruppen Brasiliens empört zudem besonders, daß das auf ihren Druck hin erlassene Anti-Folter-Gesetz von 1997 an den Zuständen kaum etwas änderte, Täter gewöhnlich straffrei ausgehen, selbst aus der Diktaturzeit berüchtigte Folterer weiter im Dienst sind. Gemäß neuen UNO-Angaben verzeichnet der Teilstaat Minas Gerais die meisten bekanntgewordenen Folterfälle, ist die Polizeibrutalität traditionell besonders hoch. Dies gilt als Erbe des Militärregimes(1964-1985), als Fachleute der CIA gemäß Angaben von Zeitzeugen den Militär-und Zivilpolizisten in Kursen auch Foltertechniken beibrachten. „Heute noch sind es die gleichen“, so der renommierte Menschenrechtsanwalt Antonio Aurelio, „vor allem Elektroschocks, Aufhängen kopfunter an einer Stange, Eintauchen in Wassertanks, Schläge auf beide Ohren, Erstickungsanfälle mittels über den Kopf gestülpten Plastiksäcken“. Im Juni letzten Jahres wurden in einer Polizeiwache São Paulos etwa zweihundert Gefangene, einer nach dem anderen, völlig unbekleidet, mit Elektroschocks gepeinigt. Bei weiteren Mißhandlungen starb ein Insasse, dreißig weitere erlitten teils schwere Verletzungen. Die beteiligten Polizeikommissare sind weiterhin im Dienst. Beim Interview mit dem Polizeichef einer nordostbrasilianischen Stadt fand dieser nichts dabei, den an den landesüblichen Elektroschock-Apparaturen verwendeten Regler sichtbar auf seinem Schreibtisch liegen zu lassen.
Über 40000 brasilianische Kinder arbeiten auf stinkenden Müllbergen
Unicef und NGO entwickeln Alternativprojekte
Im Kriechgang, fast mit Vollgas, arbeitet sich der Müll-LKW in Serpentinen fast bis zur Haldenspitze vor, kippt dort, an der Peripherie der 17-Millionen-Stadt São Paulo, bei 35, 40 Grad Tropenhitze stinkende Abfälle aller Art ab. Auf diesen Moment haben Schwärme von Schmeißfliegen, aber auch Dutzende von Kindern und Jugendlichen nur gewartet. Mit Säcken über der Schulter stürzen sie sich auf die Ladung, sinken bis zu den Knien ein, wühlen neben schwarzen Aasgeiern nach Essensresten, Glas-und Plastikflaschen, Papier und Getränkebüchsen aus Aluminium. Alles wird getrennt, sortiert, ein Stück entfernt bei anderen Familienmitgliedern angehäuft, Alu-Büchsen tritt man mit dem Fuß platt. Metallfirmen oder Papier-und Textilfabriken nehmen alles für lächerlich geringe Preise ab – jedes dreckverschmierte, oft von Hautkrankheiten gezeichnete Müll-Kind kommt pro Tag höchstens auf umgerechnet vier, fünf Mark – überlebenswichtig für die Familien an der Slum-Peripherie von Lateinamerikas reichster Stadt und Wirtschaftslokomotive, aber auch von Rio de Janeiro, Salvador da Bahia oder Recife. In ganz Brasilien sind es über vierzigtausend „Crianças do Lixo“, Müll-Kinder – die nie zur Schule gehen, oder es aufgaben, weil man sie lächerlich machte, diskriminierte. Vor ein, zwei Jahren waren es indessen noch über dreizehntausend mehr – bevor das UN-Kinderhilfswerk Unicef und die regierungsunabhängige Organisation „Agua e Vida“(Wasser und Leben) Projekte starteten, Druck auf den Staat, lokale Behörden ausübten, um diese schändliche Form der Kinderarbeit zu bekämpfen.
Hautkrankheiten, Cholera
Daß Minderjährige in einem Land, das zu den zehn größten Wirtschaftsnationen gehört, den ganzen Tag im Müll waten müssen, anstatt zu spielen und zu lernen, nennt Afonso Lima, Unicef-Mitarbeiter in São Paulo, einfach entsetzlich, unmenschlich. Die Regierung hat zudem internationale Konventionen, darunter gegen Kinderarbeit unterzeichnet, die derartiges eigentlich verbieten. „Weil die meisten Kliniken ihre sämtlichen Abfälle unsortiert und unbehandelt ebenfalls auf die Halde kippen, können sich die Kinder sogar gefährliche Krankheiten holen, finden Spritzennadeln, Chemikalien aller Art.“ Für seine Kollegin Paula Claycomb aus den USA fehlt es auch an politischem Willen. „Die brasilianische Gesellschaft muß endlich verstehen, daß stinkende Abfallhalden nicht der richtige Ort für Kinder sind.“ Dabei wurde bereits eine Menge erreicht: Unicef und die NGO „Agua e Vida“ brachten in geduldiger Überzeugungsarbeit Gouverneure und viele Gemeinden dazu, Mittel für die Gründung von Müll-Recycling-Kooperativen freizugeben, sogar Gebäude bereitzustellen. Der Vorteil: Wiederverwertbares wird bereits an Wohngebäuden, Supermärkten, Bürohäusern aussortiert – und nicht erst, mit organischen Abfällen verschmutzt, auf der Halde. Resultat: Das Familieneinkommen steigt, die Kinder brauchen nicht mehr mitzuarbeiten, gehen stattdessen zur Schule. Eine geringe staatliche Hilfe von monatlich umgerechnet über zehn Mark pro Kind wird auch an viele andere verelendete Familien nur gezahlt, wenn sie ihre Kinder kontinuierlich in die Schule schicken. „Und das funktioniert“, bekräftigt die NGO-Koordinatorin Teia Magalhaes in São Paulo. „Nur ist es leider oft so: Wir holen eine Familie aus dem Müll, doch andere treten sofort an deren Stelle – Folge der Misere in Brasilien.“ Da die Cholera im Lande längst nicht ausgerottet ist, man sich gerade auf den riesigen Abfallbergen leicht anstecken kann, verbreitet Teia Magalhaes auch ein entsprechendes Aufklärungs-Video, organisiert zusammen mit Präfekturen Musik-und Tanzkurse, um frühere „Crianças do Lixo“ in der Schule zu halten, an Kultur heranzuführen.
Banker und Müllsammler
Auch über Lateinamerikas Wallstreet, die Banken-Avenida Paulista, zerren täglich ungezählte schwitzende, zerlumpte Catadores do Lixo, Müllsammler, ihre hölzernen Karren, hochbeladen mit Verpackungen und anderem Material. Eigentlich sollten die Catadores allen Respekt verdienen: Nur ihnen ist es zu verdanken, daß immerhin achtzig Prozent der Aluminium-Getränkebüchsen, siebzig Prozent der Pappe und dreißig Prozent der Flaschen recycelt werden. Nur hier und da trifft man bereits auf jene Hausmüll-Container wie in Deutschland – ausgerechnet in einem Drittweltland wie Brasilien ist Ressourcenverschwendung weiterhin die Regel. Was vergeudet wird, ob Nahrungsmittel, Strom oder Wasser, hat laut neuesten Studien immerhin einen Wert von jährlich umgerechnet über einhundert Milliarden Mark. Besonders provozierend in einem Land mit ernsten Hungerproblemen: Was São Paulos Supermärkte an Lebensmitteln wegwerfen, reichte wertmäßig bequem aus, um monatlich 600000 Slum-Familien mit Grundnahrungsmitteln zu versorgen.
Padre Julio Lancelotti kämpft gegen Folter an Kindern und Jugendlichen
Hohes Lebensrisiko, Morddrohungen, tätliche Angriffe
Auch von Unicef wegen Engagements für Kinderrechte ausgezeichnet
„Erstmals konnten wir jetzt achtzehn Aufseher, sogar drei Direktoren, wegen Folter vor Gericht bringen“, sagt Padre Julio Lancelotti im Büro des von ihm geleiteten „Zentrums zur Verteidigung von Kindern und Jugendlichen“ der Millionenstadt São Paulo. Aber Freude, Zufriedenheit über diesen kleinen Sieg ist ihm nicht anzumerken. Denn auf einen Schlag hat er damit noch mehr erbitterte Feinde unter den Mitarbeitern der gefängnisähnlichen Anstalten für straffällig gewordene Minderjährige(Febem). Von den letzten Attacken hat er sich noch nicht erholt: Als in einer Febem-Einheit wiederum Jugendliche gegen Mißhandlungen, Überfüllung rebellierten, fuhr er sofort hin – eine Gruppe von Febem-Angestellten schlug ihm Zähne aus, trat auf ihn ein, zerbrach die Brille. Militärpolizisten schauten bewußt eine ganze Weile zu, griffen erst spät ein. „Sogar das Kreuz, das ich um den Hals trug, ein Geschenk aus Osnabrück, wurde mir abgerissen – hier ist die Situation eben längst außer Kontrolle.“ Lancelotti, der auch ein Heim für Aids-infizierte Kinder führt, erhält regelmäßig Morddrohungen – andere Pfarrer São Paulos haben ihr Engagement für Menschenrechte bereits mit dem Leben bezahlt – in Brasilien kommt es täglich zu politischen Morden, Attentaten. Theoretisch können er und seine Anwälte sich auf das Anti-Folter-Gesetz, das Statut zum Schutze der Heranwachsenden berufen. „In Brasilien dominiert aber leider Straflosigkeit, Folterer bleiben gewöhnlich ungeschoren, werden nicht einmal entlassen, sind durch die Autoritäten geschützt.“
„Kultur der Folter“
Daß die Gesetze nicht funktionieren, erklärt Lancelotti mit für manchen Europäer sicher überraschenden Gründen:“In diesem Land existiert die Sklavenhalterkultur, auch eine Kultur der Folter weiter – ein Großteil der Brasilianer befürwortet Torturen, die Todesstrafe, die Herabsenkung des Strafmündigkeitsalters auf sechzehn, teils sogar vierzehn Jahre.“ Im Teilstaate São Paulo, dem reichsten ganz Brasiliens, mit weit über eintausend deutschen Unternehmen, sind in den Febem-Anstalten derzeit mehr als viertausend Heranwachsende konzentriert, täglich kommen etwa dreißig hinzu. Wo eigentlich gemäß den Vorschriften nur Platz für sechzig Minderjährige ist, werden in Zellen bis zu vierhundert zusammengepfercht, sind gewöhnlich völlig sich selbst überlassen. „Als letztes Jahr der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nigel Rodley, hier war, erklärte man ihm allen Ernstes, Jugendliche hätten sich Verletzungen selber beigebracht, im Streit miteinander.“ Der Padre, die eng mit ihm kooperierende Anwältin Francisca de Assis Soares, wissen von solchen Fällen, auch von sexueller Gewalt unter den Jugendlichen. Doch das sind Ausnahmen. Die Struktur dieser Anstalten ziele auf Unterdrückung, Entwürdigung, Verrohung – „über viele besonders sadistische Folterungen“, so Lancelotti“, reden wir öffentlich gar nicht mehr, weil es uns ja doch keiner glaubt.“ In einer Febem-Anstalt hatte man allen Ernstes Skinheads angestellt, wegen ihrer Aggressivität von den Minderjährigen nur „Pitbulls“ genannt.
Sadismus der Aufseher
Bekommen Lancelotti und sein Team Wind von Mißhandlungen, fahren alle sofort los, um gerichtsverwertbare Beweise zu sammeln, Torturen zu unterbrechen. „In einer Anstalt trafen wir auf über vierzig gefolterte Jugendliche – mit schweren Verletzungen, gebrochenen Armen und Beinen!“ Rebellieren Insassen einer Febem-Einheit, toben sich bei der Niederschlagung Aufseher, herbeigerufene Polizisten sadistisch aus.“Jugendliche mußten tagelang nackt hintereinander aufgereiht und aneinandergepreßt auf dem Boden hocken, das Geschlechtsteil am Gesäß des Vordermanns, durften nur in Plastikflaschen urinieren, die man dann über ihnen ausschüttete. Scharfe Hunde wurden rudelweise zwischen die Insassen gehetzt – wer deshalb aufstand, erhielt sofort Schläge. Und selbst das – Wärter zwingen Jugendliche, auf andere Insassen zu urinieren. Alles Folterpraktiken, tief entwürdigend!“
Aber könnte die Mitte-Rechts-Regierung unter Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, Bewohner São Paulos, Ehrendoktor der Freien Universität Berlin, diese Zustände nicht ändern? „Brasilien ist nur eine formale Demokratie“, analysiert Lancelotti, „die Politiker in Brasilia leben wie auf einem anderen Planeten, fern der Realität, wollen von diesen Dingen nichts wissen – Zugang zu Präsident Cardoso haben wir nicht.“ Bestenfalls mit Galgenhumor registriert der Padre, welches Prestige Cardoso gerade in Europa, auch in Deutschland genießt:“Der Präsident führt sich wie ein Prinz auf, erhält überall Doktortitel. Aber wenn man in europäischen Zeitungen oder in der Genfer UN-Menschenrechtskommission über diese Zustände hier spricht – das mag er, seine Regierung, garnicht.“
Lancelotti räumt ein, daß ihn die Menschenrechtsarbeit zugunsten der Minderjährigen Brasiliens streßt, psychisch ermüdet. „Der Haß auf uns ist groß, wir werden verfolgt, lächerlich gemacht, sind nur wenige – und die Folter nimmt zu!“ Mit seiner Wochenkolumne in einer Tageszeitung São Paulos erreicht er wenigstens einen Teil der Öffentlichkeit. Und ein bißchen Mut macht, daß ihn das UN-Kinderhilfswerk Unicef im neuesten Jahresbericht ausdrücklich als Anwalt der Heranwachsenden Brasiliens hervorhebt.
Brasilien – Kirche und Gesellschaft, Sammelband: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/05/brasilien-%E2%80%93-kirche-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
Jurandir Freire Costa, Therapeut, Professor an der Staatsuniversität von Rio de Janeiro(UERJ). “In Brasilien herrscht ethisch-moralische Schizophrenie.” Claudio Guimaraes dos Santos. Scheiterhaufen-Rap. **
Costa in Rio de Janeiro beim Website-Interview
Komponist Chico Buarque nennt die tonangebende Oberschicht zunehmend kulturloser – und für Jurandir Freire Costa, einen der führenden Intellektuellen Brasiliens, ist sie sogar sozial verantwortungsloser als je zuvor. ”Die alten Eliten fühlten sich wenigstens minimal der Tradition, der Geschichte, der Zukunft ihres Landes verpflichtet – den Eliten von heute fehlt dazu jegliche Bindung, zudem jeglicher Sinn für Zivilisation. Sie sind erschreckend belanglos, oberflächlich, drücken das kulturelle Niveau. Und schauen auf den Rest des Landes, als gehe er sie nichts an, verlassen ihre privilegierten Zirkel nur, um in die USA, in reiche Länder Europas zu fliegen, dort genauso weiterzuleben.”
Steinigen im Iran und in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/
Für den Universitätsprofessor und Therapeuten Costa aus Rio ist verhängnisvoll, daß diese Eliten indessen beispielgebend wirken, kopiert werden, Verhaltensweisen formen, bis tief hinein in die Unterschicht. Ein enormer Kulturverlust, die Masse leichter manipulierbar. In seinem elitekritischen Buch „Die Spur und die Aura”, beschreibt er, wie das öffentliche Leben der Logik des Spektakels, der Show, der Unterhaltung unterworfen wird – Autoritäten wie Staatschef Lula inbegriffen. Die Eliten mit einer Idee vom Leben als ewig währendem Vergnügungspark. ”Diese Leute mit ihrem provozierenden Lebensstil, dem hohen Drogenkonsum, sind in ihrer sozio-kulturellen Wahrnehmungsfähigkeit so dressiert, daß sie die Misere, die Verelendeten überhaupt nicht mehr sehen, sogar negieren. Pure Verantwortungslosigkeit, die sich reproduziert, in der Gesellschaft Schule macht.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Ein Resultat der von den Eliten aufrechterhaltenen scharfen Sozialkontraste ist laut Costa die überbordende Gewalt, mit mehr Toten als im Irakkrieg. Entführungen von Geldleuten, Prominenten, Bandenüberfälle in Nobelvierteln – das zumindest wird von der Upperclass als störend wahrgenommen. Sie könnte intervenieren, sei jedoch inkonsequent und provoziere damit noch mehr Misere, Banditentum. ”Denn ein Teil der Verelendeten wird gewalttätig, will an das Geld der Reichen, um dann den Lebensstil der Eliten zu kopieren – weiter nichts. Die verarmten Massen in den Metropolen Rio de Janeiro und Sao Paulo ohne ethisch-moralische Wurzeln, eine junge Generation, die keinerlei Respekt mehr hat für das tatsächlich Wertvolle in einer Gesellschaft. Zynismus, Individualismus, Verantwortungslosigkeit – das haben sie von Geburt an überall beobachtet. Doch Leute wie ich dürfen deswegen nicht in Nihilismus verfallen, wir müssen Zivilcourage zeigen, anklagen, anprangern.” Costa stellt klar, daß nicht nur in Brasilien, sondern in aller Welt die Leute nicht mehr an die Politiker glauben. „Denn alle wissen, daß die Staatsmänner doch nur Verwalter im Dienste großer Unternehmen sind. Ob es sich nun um die Regierungen der USA, Deutschlands, Japans, Frankreichs, Großbritanniens handelt – alles nur eingesetzte Administratoren. Wer regiert, sind nicht die Regierungen. In der Demokratie können die Leute auch falsch wählen.”
Costa hat eine Erklärung für das Desinteresse der Bessergestellten am Los der Slumbewohner:”Die Mittel-und Oberschicht spricht diesen den Gleichheitsgrundsatz ab, definiert sie quasi als Nicht-Menschen, reagiert daher mit extremer Indifferenz und Akzeptanz auf jede Art von Gewalt gegen diesen Bevölkerungsteil. Daß Slumbewohner kaum ein Minimum an Menschenrechten genießen, ist somit irrelevant.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/15/dr-claudio-guimaraes-dos-santos-mediziner-therapeut-schriftsteller-sprachwissenschaftler-publizist-unter-den-wichtigsten-denkern-brasilien/
Inacio de Loyola Brandao, einer von Brasiliens großen Schriftstellern, war einst Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, lebte für ein Jahr in Deutschland. Heute nennt er sich desiludido, exausto, desillusioniert und erschöpft. „Lula und seine Arbeiterpartei waren Hoffnungen – alles nur Lüge – eine mehr in der politischen Geschichte Brasiliens. Ich bin es müde, an den Ampelkreuzungen weiter von verelendeten Kindern, Menschen in Rollstühlen angebettelt zu werden. Kinder zu sehen, die Crack rauchen, sich in den Schulen umbringen. Und ich bin es müde, mich an einen Tisch zum Essen zu setzen – während durch die Scheiben hungrige Augen auf meinen Teller starren.”
Scheiterhaufen “Microondas” in Rio de Janeiro – laut Lokalzeitung.
Rio de Janeiro “ Stadt der modernen Scheiterhaufen
Sozialwissenschaftlerin Alba Zaluar „Microondas sind alltäglich”
Bei einer Podiumsdiskussion über den neuen Spielfilm” Tropa de Elite” hat die brasilianische Sozialwissenschaftlerin Alba Zaluar in Sao Paulo erklärt, daß es zu den alltäglichen gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Rio de Janeiro gehöre, Menschen so wie in dem Streifen gezeigt, auf modernen Scheiterhaufen aus Autoreifen lebendig zu verbrennen. In der betreffenden Szene des Films, der in Deutschland erstmals auf der  Berlinale zu sehen ist, wird dargestellt, wie ein sadistisches Banditenkommando weithin sichtbar hoch über Rio de Janeiro über einen Mann Autoreifen gestapelt hat, das Opfer dann mit Benzin übergießt und anzündet. „Derartige Vorgänge”, so Alba Zaluar vor einem größtenteils aus Universitätsstudenten bestehenden Publikum, „sind alltäglich “ ich habe indessen Berichte von weit grauenhafteren Untaten.” Danach würden in dem Armenviertel „Cidade de Deus” von Banditenkommandos sogar Menschen den Alligatoren lebendig zum Fraß vorgeworfen. „Der dortige Verbrecherboß befiehlt, mit Personen, die er nicht mag, so zu verfahren.” In den Slums, so Brasiliens führende Gewaltexpertin, „ist eine neue tyrannische Kultur feudalistisch-machistischer Werte inzwischen fest installiert “ alles hingenommen von den Autoritäten.”
Der Regisseur von „Tropa de Elite”, Josè Padilha, bezeichnete Alba Zaluar als wichtigsten Ideengeber für den brasilianischen Film „City of God”, der auch in Europa erfolgreich lief.
Eine schwarze Menschenrechtsanwältin kennt einen Zeugen, dem zufolge inmitten von Bailes Funk Jugendliche lebendig verbrannt wurden. Baile-Funk-Fans haben nach der Massendisco wiederholt Bettler verbrannt.
Bereits ab 1990 hatte in Rio de Janeiro das vielgelesene Boulevardblatt „A Noticia” regelmäßig auch Fotos von modernen Scheiterhaufen, den sogenannten „Microondas”(Mikrowelle) gedruckt. Auch eine auf dem Uni-Campus von Rio vergewaltigte und danach lebendig verbrannte 20-jährige Frau wurde in „A Noticia” als „Presunto”(Schinken) bezeichnet. Das Opfer wurde sexistisch-appellativ fotografiert und kannibalistisch mit zubereitetem Grillfleisch verglichen, im Bildtext mit Toastbrot. Der Beitrag war humorig gehalten.
Der renommierte Therapeut und Direktor des Instituts für Sozialmedizin an der Bundesuniversität von Rio, Jurandir Freire Costa, erklärte dazu, in Brasilien herrsche „ethisch-moralische Schizophrenie”. Arnaldo Jabor, Filmemacher und Brasiliens meistgelesener Kolumnist:”Auffallend ist die Katastrophe unserer wachsenden Unsensibilität angesichts des Horrors. Die Fakten rufen nach mehr als Mitleid. Der Überdruß angesichts von Katastrophen nimmt zu, die Seele wird zur Rhinozeros-Haut.” Der damalige Primas von Brasilien, Kardinal Lucas Moreira Neves, sprach von „Anstiftung zur Gewalt, Verblödung ganzer Bevölkerungsschichten, Vermischung von Gewalt und Pornographie.”
Die Scheiterhaufen betreffenden Fakten und Hintergründe sind mindestens seit den 80er Jahren in allen Details den für solche Tatsachen Zuständigen auch in den deutschsprachigen Ländern genau bekannt.
Zeitungsausriß NZZ.
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/06/08/jose-murilo-de-carvalho-mitglied-der-brasilianischen-dichterakademie-fuhrender-historiker-brasiliens/
http://www.amnesty.de/journal/2009/juni/kolumne-kopf-unter-wasser
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/04/28/para-mim-o-que-caracteriza-realmente-o-povo-brasileiro-e-sua-imensa-passividade-brasilianische-mentalitat/
Goethe-Gesellschaft Brasilien, Präsident Dr. Marcus Mazzari: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/22/prof-dr-marcus-mazzari-prasident-der-goethe-gesellschaft-brasiliens-associacao-goethe-do-brasil-gesichter-brasiliens/
Mittelschicht und Slums: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/08/07/wie-tickt-eigentlich-brasiliens-mittelschicht-die-classe-media-ein-genialer-song-von-max-gonzaga-auf-youtube/
Scheiterhaufen-Rap: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/16/rio-de-janeiro-popularen-scheiterhaufen-rap-microondas-der-scheiterhaufen-stadt-anklicken-vacilou-bem-na-favela-microondas-te-torrou-a-tua-chance-acabou/
Wie starb der mehrfach preisgekrönte TV-Reporter Tim Lopes? Laut Polizeibericht entdeckten ihn Banditen in der Favela Vila Cruzeiro von Rio de Janeiro – Tim Lopes wurde zuerst gefoltert, dann rammten ihm die Gangster einen Spieß in den Brustkorb, hackten seine Füße ab und verbrannten ihn lebendig in Autoreifen – siehe Szene aus ”Tropa de Elite.Â
Glückszahl und Flugzeugunglück: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/06/02/flugzeugungluck-und-jogo-do-bicho-flugnummer447-und-airbustyp330-massiv-als-gluckszahl-ausgewahlt-a-vida-como-ela-e/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/28/brasiliens-abgebrochene-schul-aufklarungskampagne-uber-schwule-lesben-transvestiten-wir-machen-keine-propaganda-fur-sexuelle-optionen-laut-staatsprasidentin-dilma-rousseff-morde-an-homosexu/
Yoani Sanchez, Mitarbeiterin des deutschen Regierungssenders Deutsche Welle/DW, beim Treffen mit Barack Obama 2016 in der USA-Botschaft von Havanna. Sanchez über Brasilien: “Ich will diese Demokratie in meinem Land.” Brasilianische Bürgerrechtler lehnen in Brief an Deutsche Welle/DW ab, von Yoani Sanchez interviewt zu werden…Personalpolitik deutscher Medien häufig in der Kritik. **
Ausriß.
Die Botschaft der USA in Havanna:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/12/30/die-botschaft-der-usa-in-havanna-und-die-politisch-kulturelle-kubanische-nachbarschaft-denkmaeler-historische-informationen-konzerte-festivals-direkt-der-botschaft/
Rd. 40 % der brasilianischen Strafgefangenen, etwa 250000 von insgesamt etwa 622200, sind nicht rechtskräftig endgültig verurteilt, laut offiziellen Angaben 2016. Die Strafgefangenenrate pro 100000 Einwohner ist doppelt so hoch wie im Weltdurchschnitt – indessen befindet sich eine sehr große Zahl von Schwerverbrechern, darunter Mördern, auf freiem Fuß.
Der Teilstaat Rio de Janeiro liegt bei Zika-Fällen landesweit an der Spitze, laut offizieller Statistik im April 2016.
Deutsche Reisewarnung für Brasilien – hohe Kriminalität: “Besonders betroffen sind Elendsviertel (Favelas). Von Favela-Besuchen wird dringend abgeraten. Diese Gebiete werden teilweise von Kriminellen kontrolliert. Bewaffneten Auseinandersetzungen, auch mit der Polizei, fallen häufig auch Unbeteiligte zum Opfer.”
Deutsche und schweizerische Reisewarnungen für Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/03/09/das-menschenrecht-auf-personliche-sicherheit-unter-lula-die-deutsche-botschaft-in-brasilia-informiert/
Brasilianische Bürgerrechtler-NGO und Yoani Sanchez:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/27/yoani-sanchez-2016-buergerrechtler-brasiliens-lehnen-interview-mit-der-kubanischen-regierungsgegnerin-yoani-sanchez-ab-die-zur-tv-mitarbeiterin-des-deutschen-regierungssenders-deutsche-welle-avancie/
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/27/steinmeier-gibt-colonia-dignidad-akten-frei-tagesschau-27-4-2016-waehrend-der-diktatur-von-augusto-pinochet-1973-1990-diente-die-siedlung-zudem-als-folterzentrum-des-geheimdienstes/
Olympia, IOC, Scheiterhaufenstadt:http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Die kubanische Regierungsgegnerin Yoani Sanchez und die Menschenrechtslage in Brasilien.
Ausriß. Scheiterhaufenopfer(Microondas), Januar 2013, Rio de Janeiro. http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263
“Von allen linken Präsidenten hat Lula, der als am wenigsten links eingeschätzt wird, die größten Erfolge.” Gregor Gysi
Per Internetsuche findet man regelmäßig Medienberichte mit Fotos, Videos über die Scheiterhaufenpraxis in Brasilien – ob in der WM-und Olympia-Stadt Rio de Janeiro oder in Curitiba – viele Fälle bleiben unregistriert:
“HOMEM É QUEIMADO VIVO ENTRE PNEUS NO BOQUEIRÃO/Curitiba, 2015
Na manhã desta sexta-feira (03) a polícia foi acionada após uma denúncia de assassinato. De acordo com informações, um homem teria sido queimado vivo. A vítima foi envolta sobre pneus e não resistiu às queimaduras. Devido às circunstancias do crime, não foi possível identificar o corpo.”
“PMs choram em velório de policial queimado vivo em favela do RJ/2015
Thalita Aquino – Policiais Militares se emocionaram e choraram durante o enterro do PM Neandro Santos de Oliveira, no Rio de Janeiro. Neandro, que estava desparecido desde a semana passada, foi queimado vivo por traficantes da favela Final Feliz, em Costa Barros.”
Wie Barack Obama den Tropenstaat Brasilien bewertet(Rede in Rio de Janeiro): “Brasilien ist eine beispielhafte Demokratie. Dieses Land ist nicht länger das Land der Zukunft – die Menschen in Brasilien sollten wissen, daß die Zukunft gekommen ist, sie ist hier, jetzt”.
Ausriß: “Yoani: Ich will diese Demokratie in meinem Land.” Kubanische Regierungsgegnerin Yoani Sanchez während ihres Brasilien-Besuchs. In neoliberalen Ländern wie Deutschland sehen es viele genauso wie Yoani Sanchez – Kuba hat viele falsche Freunde.
Rousseff-Impeachment, Bolsonaro, Yoani Sanchez:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/21/brasilien-2016-die-impeachment-hintergruende-bundesstaatsanwaltschaft-in-brasilia-muss-sich-auf-oeffentlichen-druck-mit-bisher-ueber-17000-anzeigen-und-protesten-gegen-rechtsgerichteten-abgeordnete/
Erwartungsgemäß hat sich Yoani Sanchez u.a. auch nicht von der Verbrennung brasilianischer Bürgerrechtler auf Scheiterhaufen distanziert, nicht einmal beim Besuch der Scheiterhaufenstadt Rio de Janeiro. Wie stark Führungsfiguren der Arbeiterpartei PT Lulas mit dem rechten und rechtsextremen Lager Brasiliens verbunden sind, demonstrierte der PT-Kongreßsenator Eduardo Suplicy, der Yoani Sanchez auf einem großen Teil ihrer Brasilienreise begleitete, darunter bei ihren Auftritten im Nationalkongreß von Brasilia. Suplicy wies Kritik an Yoani Sanchez, darunter von NGO und kirchlichen Menschenrechtsaktivisten, scharf zurück. Politisch bemerkenswert waren seit Jahren die engen Beziehungen von Eduardo Suplicy und seiner Ehefrau Marta Suplicy zu Symbolfiguren der Rechten, darunter Oligarch José Sarney, Ex-Präsident der Diktatorenpartei ARENA, starker Mann der Rechtspartei PMDB, die derzeit mit Michel Temer den Vize-Staatschef stellt. Erwartungsgemäß ist Kongreßsenatorin Marta Suplicy, inzwischen von Eduardo Suplicy geschieden, erst unlängst von der Arbeiterpartei PT zur PMDB von Sarney/Temer gewechselt. Vor diesem Hintergrund wird u.a. verständlich, warum die Alibi-Pseudo-Linke in Ländern wie Deutschland just die PT als links einstuft.
Ausriß 2016. “Yoani Sánchez’ neue Interviewserie im Kanal der Deutschen Welle Lateinamerika”. Viel Lob von Yoani Sanchez für das brasilianische Politikmodell – keine Distanzierung von Folter, Todesschwadronen, Sklavenarbeit, Massenelend der Slums, extrem schlechtem Bildungs-und Gesundheitswesen in Brasilien.
Falls Kuba nach dem Willen von Yoani Sanchez und ihrer vielen Sympathisanten und Unterstützer (u.a. in deutschen Medien, NGO, Parteien) das brasilianische Demokratiemodell übernimmt, kommen auf den Inselstaat(und dessen Touristen) schwierige Zeiten zu.
Brasilien – strategischer Partner der Berliner Regierung – Fotoserie zum Gewalt-Gesellschaftsmodell:
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Westerwelle in Rio de Janeiros Scheiterhaufen-Favela Mangueira:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/15/brasilien-scheiterhaufen-microondas-bis-2011-auch-rio-favela-mangueira-sitz-der-gleichnamigen-beruhmten-sambaschule-laut-qualitatszeitung-o-globo/
Das gefesselte Opfer in Autoreifen wird mit Benzin übergossen…Wie hochrangige deutsche Politiker zur Scheiterhaufenpraxis in Brasilien, strategischer Partner der Merkel-Gabriel-Regierung, schweigen:
http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263
Brasilien, Geldfußballweltmeisterschaft und Berichterstattungsvorschriften – Parallelen zu Olympischen Sommerspielen 2016: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/20/fusball-weltmeisterschaft-2014-in-brasilien-inzwischen-wird-deutlich-welche-berichterstattungsvorschriften-bereits-gelten-aspekte-folterstaat-paulo-coelho-position-rekord-bei-morden-an-homosexuel/
Katholischer Priester Günther Zgubic aus Österreich, langjähriger Leiter der Gefangenenseelsorge Brasiliens, zum beredten Schweigen ausländischer Medien angesichts gravierender Menschenrechtsverletzungen in dem Tropenland: „Die internationalen Medien sind total manipuliert – wenn eine Oberschicht einfach nicht will, daß international hinterfragt wird, dann wird darüber eben nicht berichtet.”
“Erfolgsmodell Brasilien”. taz Berlin 2014
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/29/brasiliens-scheiterhaufen-erstmals-in-einer-anklagenden-inszenierung-der-scheiterhaufenstadt-rio-de-janeiro-zu-sehen/
Bisher keine Distanzierung Berlins von Scheiterhaufenpraxis Brasiliens, die u.a. Protestpotential der Slums einschüchtern soll.
Banditendiktatur zwecks Einschüchterung, Paralysierung von Protestpotential – Methode findet offenbar auch Anklang bei Autoritäten in Deutschland – Schaffung von immer mehr No-Go-Areas: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/15/wem-nutzen-banditendiktatur-und-immer-mehr-no-go-areas/
“Gegen den Staatsterrorismus”. Systemkritikerinnen in Sao Paulo.
Brasilien 2016 – die Impeachment-Hintergründe: Bundesstaatsanwaltschaft in Brasilia muß sich auf öffentlichen Druck mit bisher über 17000 Anzeigen und Protesten gegen rechtsgerichteten Abgeordneten Jair Bolsonaro befassen, der bei der Impeachment-Abstimmung die brasilianische Folterdiktatur und einen berüchtigten Folterer lobte. Bolsonaro machte wegen seiner Kontakte zur kubanischen Regierungsgegnerin Yoani Sanchez weltweit Furore. Yoani Sanchez ist inzwischen Mitarbeiterin des deutschen Regierungssenders Deutsche Welle. Die sehr engen Beziehungen von Willy Brandt(SPD), Helmut Schmidt(SPD) und Hans-Dietrich Genscher zur brasilianischen Folterdiktatur. **
http://g1.globo.com/sao-paulo/noticia/2016/04/pgr-vai-analisar-mais-de-17-mil-denuncias-contra-jair-bolsonaro.html
https://pt.wikipedia.org/wiki/Jair_Bolsonaro
Laut brasilianischen Medienberichten hatte sich Bolsonaro während der Abstimmung auch gegen den Einsatz von derzeit rund 14000 kubanischen Ärzten in Armen-und Elendsvierteln Brasiliens gewandt. Die “kubanische Diktatur”, so Bolsonaro, werde mit dem Geld des Brasilianers finanziert.
“A ditadura cubana é financiada com dinheiro de brasileiro. R$ 1,3 bilhão por ano vai para Cuba em nome desse programa conhecido como Mais Médicos. Alguém acha que oPT está preocupado com pobre?”
Vor dem Hintergrund der engen Kontakte zu Rechtsextremisten, Diktatur-und Folterbefürwortern war Yoani Sanchez u.a. in Ländern wie Deutschland zum Medienstar avanciert, wurde u.a. von Grünen-Kretschmann und dem damaligen Außenminister Guido Westerwelle empfangen. Der Fall Sanchez zeigte zudem, wie gut das weltweite Netzwerk der Rechten und Rechtsextremisten auch in Redaktionen des straff gesteuerten deutschen Mainstreams funktioniert.
Weil die Lula-Rousseff-Regierung just Personen wie Bolsonaro, entsprechende Rechtsparteien mit ins Regierungsboot holte, wurde sie u.a. von der deutschen Alibi-Pseudo-Linken, aber auch von Alibi-Pseudo-NGO als “links”, “progressiv” eingestuft.
Die Foltergeneräle betonten in der Begründung des Putsches von 1964 immer wieder die “kubanische Gefahr”.
Regierungskrise und Manipulationstricks:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/13/brasiliens-regierungskrise-2016-und-die-manipulationstricks-im-mitteleuropaeischen-gesteuerten-mainstream-brasilianische-privatwirtschaft-als-hauptbestecher-wichtiger-politischer-akteur-auch-in-der/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/
Ausriß. Über die engen Kontakte zwischen Bolsonaro und Yoani Sanchez kursieren im Internet zahlreiche Karikaturen, Montagen, Wortspiele. Inzwischen ist Yoani Sanchez Mitarbeiterin des deutschen Regierungssenders Deutsche Welle, der vom Steuerzahler finanziert wird.
Ausriß, Sanchez und Assange.
El célebre caricaturista brasileño Carlos Latuff. Ausriß.
Bolsonaro und Yoani Sanchez – die aufschlußreichen Videos:https://www.youtube.com/watch?v=ejviJ_PKM5c
https://www.youtube.com/watch?v=15TJUfNUZ8E
https://www.youtube.com/watch?v=TXoaI9UacWw
Ausriß 2016. “Yoani Sánchez’ neue Interviewserie im Kanal der Deutschen Welle Lateinamerika”. Viel Lob von Yoani Sanchez für das brasilianische Politikmodell – keine Distanzierung von Folter, Todesschwadronen, Sklavenarbeit, Massenelend der Slums, extrem schlechtem Bildungs-und Gesundheitswesen in Brasilien.
Falls Kuba nach dem Willen von Yoani Sanchez und ihrer vielen Sympathisanten und Unterstützer (u.a. in deutschen Medien, NGO, Parteien) das brasilianische Demokratiemodell übernimmt, kommen auf den Inselstaat(und dessen Touristen) schwierige Zeiten zu.
Brasilien – strategischer Partner der Berliner Regierung – Fotoserie zum Gewalt-Gesellschaftsmodell:
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Scheiterhaufen in Brasilien heute: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Fotoserie, Teil 2:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/26/brasiliens-zeitungen-brasilianischer-fotojournalismus-teil-2-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Katholischer Priester Günther Zgubic aus Österreich, langjähriger Leiter der Gefangenenseelsorge Brasiliens, zum beredten Schweigen ausländischer Medien angesichts gravierender Menschenrechtsverletzungen in dem Tropenland: „Die internationalen Medien sind total manipuliert – wenn eine Oberschicht einfach nicht will, daß international hinterfragt wird, dann wird darüber eben nicht berichtet.”
“Gegen den Staatsterrorismus”. Systemkritikerinnen in Sao Paulo.
Kriminalität und Verhaltensänderungen:http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/20/brasiliens-burgerfreiheiten-uber-8o-prozent-veranderten-wegen-zunehmender-gewalt-und-kriminalitat-die-lebensgewohnheiten-54-prozent-verlassen-nachts-nicht-mehr-das-haus-laut-neuer-studie/
Ausriß: “Yoani: Ich will diese Demokratie in meinem Land.”
Erwartungsgemäß hat sich Yoani Sanchez u.a. auch nicht von der Verbrennung brasilianischer Bürgerrechtler auf Scheiterhaufen distanziert.
Westerwelle in Rio de Janeiros Scheiterhaufen-Favela Mangueira:http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/15/brasilien-scheiterhaufen-microondas-bis-2011-auch-rio-favela-mangueira-sitz-der-gleichnamigen-beruhmten-sambaschule-laut-qualitatszeitung-o-globo/
Das gefesselte Opfer in Autoreifen wird mit Benzin übergossen…Wie hochrangige deutsche Politiker zur Scheiterhaufenpraxis in Brasilien, strategischer Partner der Merkel-Gabriel-Regierung, schweigen:
http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263
Katholischer Priester Günther Zgubic aus Österreich, langjähriger Leiter der Gefangenenseelsorge Brasiliens, zum beredten Schweigen ausländischer Medien angesichts gravierender Menschenrechtsverletzungen in dem Tropenland: „Die internationalen Medien sind total manipuliert – wenn eine Oberschicht einfach nicht will, daß international hinterfragt wird, dann wird darüber eben nicht berichtet.”
“Erfolgsmodell Brasilien”. taz Berlin 2014
Brasilien, Geldfußballweltmeisterschaft und Berichterstattungsvorschriften – Parallelen zu Olympischen Sommerspielen 2016: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/20/fusball-weltmeisterschaft-2014-in-brasilien-inzwischen-wird-deutlich-welche-berichterstattungsvorschriften-bereits-gelten-aspekte-folterstaat-paulo-coelho-position-rekord-bei-morden-an-homosexuel/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/29/brasiliens-scheiterhaufen-erstmals-in-einer-anklagenden-inszenierung-der-scheiterhaufenstadt-rio-de-janeiro-zu-sehen/
Mit einem brasilianischen Demokratiemodell käme auf deutsche Touristen in Cuba dann eine völlig veränderte Situation zu:
Reisewarnungen des deutschen Außenministeriums für Brasilien, strategischer Partner der Merkel-Gabriel-Regierung:
Die Gefahr, Opfer eines Raubüberfalls oder eines anderen Gewaltverbrechens zu werden, ist in Brasilien erheblich höher als in Westeuropa. Besonders Großstädte wie Belém, Porto Alegre, Recife, Salvador, Fortaleza, São Luiz, Maceio, Rio de Janeiro und São Paulo weisen hohe Kriminalitätsraten auf. Grundsätzlich ist Vorsicht angebracht, auch in als sicher geltenden Landes- oder Stadtteilen. Besonders stark von Kriminalität und Gewalt betroffen sind Armensiedlungen (Favelas). Von Favela-Besuchen wird daher dringend abgeraten. Diese Gebiete werden teilweise von Kriminellen und Drogenbanden kontrolliert. Bewaffneten Auseinandersetzungen, auch mit der Polizei, fallen häufig auch Unbeteiligte zum Opfer.
Eine Häufung krimineller Zwischenfälle ist vor allem in weniger belebten Straßen der Innenstädte, an Stränden sowie auf Zubringerautobahnen zu den Flughäfen zu verzeichnen. In größeren Flughäfen können Taxis auch schon im Flughafengebäude gebucht und bezahlt werden, was mit höherer Sicherheit verbunden ist. Bei der Reise sollten Ausweispapiere nicht im Gepäck aufbewahrt sondern „am Mann“ getragen werden. Am Zielort ist es empfehlenswert, Originale der Ausweispapiere im Safe des Hotels zu lassen und nur Kopien und eine Broschüre/Visitenkarte des Hotels mit sich zu führen. Laptops sollten unauffällig, z.B. in einer verschließbaren Reisetasche, verstaut oder auch in den Safe gelegt werden.
Es wird empfohlen, beim Straßenbummel auf auffällige Kleidung, Uhren und (Mode-) Schmuck zu verzichten und Geld und Wertsachen (Kameras, Uhren, Smartphones etc.) nur im erforderlichen Umfang mitzunehmen und verdeckt zu tragen. Bei Überfällen sollte kein Widerstand geleistet werden. Die oft unter Drogeneinfluss stehenden Täter sind in aller Regel bewaffnet und schrecken vor Gewaltanwendung auch aus nichtigem Anlass nicht zurück. Es ist ratsam, stets einen geringeren Geldbetrag zur widerstandslosen Herausgabe mitzuführen.
Auf Straftaten im Umfeld der Prostitution (Diebstähle, Raub, Überfälle etc.) wird besonders hingewiesen. Berüchtigt ist die Verabreichung von Getränken mit Schlaf- bzw. willensverändernden Mitteln. Es wird dringend empfohlen, vor allem in Bars und anderen Lokalitäten Getränke nie unbeaufsichtigt zu lassen. Von der Mitnahme von Prostituierten oder flüchtigen Bekannten in das eigene Hotelzimmer wird ausdrücklich abgeraten.
Scheiterhaufen-Praxis:
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/07/brasilien-papua-neuguinea-lebendiges-verbrennen-von-menschen-mit-benzin-und-autoreifen-toten-von-frauen-wegen-angeblicher-hexerei-in-beiden-staaten-berichte-der-landesmedien/
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/17/lynchland-brasilien-meiste-opfer-lebendig-verbrannt/
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Bolsonaro sagte im Februar 2000 dem brasilianischen Nachrichtenmagazin “Isto é” auf die Frage, ob die Polizei beim Vorgehen gegen Gefangene im Carandiru-Gefängnis korrekt gehandelt habe:”Ich denke weiterhin, daß die Möglichkeit verpaßt wurde, da drinnen 1000 zu töten.”
Möglicherweise ist auch dieses Bolsonaro-Zitat ein Hinweis darauf, aus welchen Motiven der Mainstream bisher zu dem Treffen Sanchez-Bolsonaro schweigt. Auch Blätter, die Sanchez-Kolumnen drucken, haben bisher auf eine Information der Leserschaft über die Sanchez-Treffen mit Rechten und Rechtsextremen verzichtet.
Zeitungsausriß – mit MG zusammengeschossene Carandiru-Häftlinge in ihrem Blut. http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/25/brasilien-der-massaker-oberst-von-carandiru-und-der-katholische-menschenrechtspriester-gefangenenseelsorger/
Bolsonaro befürwortete in dem Interview auch den Einsatz der Folter für heutige Straftäter, darunter Drogenhändler und Entführer. “O cara tem que ser arrebentado para abrir a boca.”
Proteste gegen die Kuba-Bloggerin Yoani Sanchez in Sao Paulo, vor dem Buchkaufhaus “Livraria Cultura” an der Avenida Paulista. “Yoani Sanchez – antikubanische Cyber-Söldnerin. Es lebe die kubanische Revolution”.
Dem Großaufgebot an Sicherheitskräften, darunter Militärpolizei und Wachpersonal, ist eine gewisse Unlust anzumerken, Anti-Sanchez-Proteste so einzuschränken, daß die Sanchez-Auftritte nicht abgesagt werden müssen. Auch der Auftritt im Veranstaltungssaal eines Buchkaufhauses wurde nach kurzer Zeit abgeblasen, auf eine Autogrammstunde mit Sanchez wurde von den Veranstaltern verzichtet.
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Die brasilianischen Rechten und Rechtsextremisten hatte nicht zufällig besonders verärgert, daß unter der Lula-Dilma-Regierung die kommerziellen Beziehungen zu Kuba ausgeweitet, u.a. rund 14000 kubanische Ärzte nach Brasilien geholt wurden, um die katastrophale bzw. nichtexistiente medizinische Betreuung in den Armen-und Elendsvierteln zu verbessern. Denn dort weigern sich die fast durchweg der hellhäutigen Mittelschicht entstammenden brasilianische Ärzte, Dienst zu tun, Arztpraxen zu übernehmen. Zudem ist nicht zu übersehen, daß der Einsatz kubanischer Ärzte gewisse soziokulturelle Sprengkraft mit sich bringt. Denn zum ersten Mal erleben brasilianische Angehörige der Unterschicht, von Medizinern zivilisiert, professionell, menschlich, nichtrassistisch behandelt zu werden – die kubanischen Ärzte sind in Brasilien bei ihrer Klientel ausgesprochen populär, angesehen.
“Ekel vor schwarzer Haut”:http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/16/wie-hindere-ich-clever-und-hinterhaltig-dunkelhautige-am-beruflichen-aufstieg-oder-bewirke-sogar-ihre-entlassung-methoden-aus-brasilien/
Das rechtsgerichtete Neves-PSDB-Lager hatte mit großem Aufwand versucht, den Einsatz kubanischer Ärzte zu hintertreiben – nach einer Amtsenthebung von Dilma Rousseff ist damit zu rechnen, daß das entsprechende Abkommen mit Kuba gekündigt wird, die Ärzte zurückgeschickt werden. Indessen besorgen sich selbst US-Regierungen per gezielter Abwerbung seit Jahrzehnten bevorzugt kubanische Ärzte – die Einstufung der Qualität des US-Gesundheitswesens in internationalen Rankings spricht Bände…
Auf den Anti-Rousseff-Kundgebungen fällt das ausgesprochen primitive Denken vieler Regierungsgegner ins Auge, die u.a. auf Plakaten, Spruchbändern just ausgerechnet Lula und Rousseff als Kommunisten kubanischer Prägung einstufen. Kubas wichtigster Wirtschaftszweig ist der Export von Fachkräften in zahlreiche unterentwickelte kapitalistische Staaten sowie in Programme der UNO, darunter in Afrika. Daß die Lula-Rousseff-Regierung ihre Kontakte zu Kuba populistisch auch etwas ideologisch verbrämte, ist verständlich, entbehrt jedoch jeder Grundlage, wie u.a. ein Blick auf die Zusammenarbeit des erklärten Nicht-Linken Lula mit der Militärdiktatur, und danach mit berüchtigten Diktaturaktivisten zeigt. Gleiches gilt für Dilma Rousseff – die gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Brasilien betreffen fast durchweg die Unterprivilegierten, Armen, Verelendeten.http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/12/brasilianische-menschenrechtsorganisationen-fordern-von-staatschefin-rousseff-definitive-erklarung-das-sie-folter-nicht-tolerieren-und-mit-allen-kraften-bekampfen-werde/
Politiker und Mythenbildung – Scheel, Genscher, Westerwelle, Schmidt, Brandt:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/01/genscher-und-brasilien/
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/06/willy-brandt-airport-helmut-schmidt-airport-gar-hans-dietrich-genscher-airport-kuriose-mythenbildung-verschweigen-von-biographie-fakten/
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/20/spd-faellt-auf-historischen-tiefstwert-in-umfragen-faz-2016-kenntnisse-der-waehler-ueber-tatsaechliche-spd-werte-nehmen-offenbar-zu/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/06/lula-erhalt-in-paris-am-27-september-ehrendoktor-der-sorbonne-melden-landesmedien-interessante-sorbonne-auswahlkriterien/
Bildungsqualität unter Rousseff(“Frauenpower”):http://www.hart-brasilientexte.de/2013/10/02/brasiliens-bildungsqualitat-nur-platz-88-in-ranking-des-weltwirtschaftsforums-2013-qualitat-des-bildungssystems-platz-105-grundschulen-qualitat-platz-109-qualitat-des-mathematik-und-wissenscha/
“Brasilien exzellent in Wirtschaft und Wissenschaft”:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/22/brasilien-exzellent-in-wirtschaft-und-wissenschaft-deutsche-bundesregierung-berichtigt-nach-wie-vor-groteske-offizielle-fehlbewertung-des-strategischen-partners-brasilien-nicht-damaliger-aussen/
Gesichter Brasiliens – Megacity Sao Paulo:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/10/31/gesichter-brasiliens-megacity-sao-paulo-2015/
Der brasilianische Kongreßabgeordnete Jair Bolsonaro widmete sein Votum für eine Amtsenthebung just jenem hochrangigen Geheimdienstoffizier Carlos Alberto Brilhante Ustra der Militärdiktatur, der seinerzeit die jetzige Staatspräsidentin Dilma Rousseff gefoltert hatte, stellen u.a. brasilianische Landesmedien heraus. Dilma Roussef hatte indessen die bisherige Partei von Bolsonaro zum Koalitionspartner erwählt. Dieser Partei gehört auch der Diktaturaktivist Paulo Maluf an, der Brasilien nicht verlassen kann, weil er auf einer Interpol-Fahndungsliste steht. Maluf votierte ebenfalls für eine Amtsenthebung von Rousseff. Ein besonders auffälliges freundschaftliches Verhältnis zu Maluf pflegte Lula.
“Bolsonaro defende torturador”(Bolsonaro verteidigt Folterer). Brasiliens größtes Nachrichtenmagazin Veja
Bolsonaro bei Abgabe des Votums: “Perderam em 64, perderam agora em 2016. Pela família, pela inocência das crianças em sala de aula, que o PT nunca teve, contra o comunismo, pela nossa liberdade, contra o Foro de São Paulo, pela memória do Coronel Carlos Alberto Brilhante Ustra, o pavor de Dilma Rousseff, pelo exército de Caxias, pelas Forças Armadas, pelo Brasil acima de tudo e por Deus acima de tudo, o meu voto é sim”.
Brasilianische Sozialwissenschaftler wie Eugenio Bucci handelte es sich dabei um ein Lob auf die Folter und einen berüchtigten Folterer – und damit um eine klare Verletzung der Würde des Parlaments.
Der Diktatur-und Folter-Befürworter Bolsonaro machte weltweit Furore wegen seiner intensiven Kontakte zur kubanischen Regierungsgegnerin Yoani Sanchez. Die intensiven Kontakte zu berüchtigten Rechtsextremisten, Diktatur-und Folter-Befürwortern hatten Yoani Sanchez zu einer außergewöhnlich positiven Bewertung durch den gesteuerten mitteleuropäischen Mainstream verholfen – Sanchez war daher nicht zufällig u.a. vom damaligen deutschen Außenminister Guido Westerwelle sowie von Grünen-Kretschmann empfangen worden. Viele deutsche Medien betrieben vor dem Hintergrund der Sanchez-Kontakte zu Rechtsextremisten folgerichtig einen regelrechten Starkult um die Kubanerin – Hinweis auf die weitverzweigten Seilschaften der Rechten heute.
Deutsche Politiker wie Willy Brandt, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher pflegten sehr enge Beziehungen zur brasilianischen Folterdiktatur:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/17/staatsakt-fuer-genscher-2016er-war-ein-glueck-fuer-unser-landgauck/
Ausriß, das historische Foto – Bolsonaro und Yoani Sanchez in Brasilia – bei Rechten und Rechtsextremisten, darunter in deutschen Medien, kam dieses Treffen sehr gut an. Inzwischen ist Yoani Sanchez Mitarbeiterin des deutschen Regierungssenders Deutsche Welle.:
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/02/23/brasilien-das-historische-foto-kuba-bloggerin-yoani-sanchez-und-der-als-rechtsextrem-eingestufte-politiker-jair-bolsonaro-im-nationalkongres-von-brasilia-bolsonaro-verteidigt-in-anwesenheit-von-s/
“Pinochet hätte mehr Leute töten müssen.” Jair Bolsonaro
- “Pinochet devia ter matado mais gente.”
- -Sobre Augusto Pinochet. [5]
Grünen-Kretschmann und Yoani Sanchez – die rechten Seilschaften von heute:http://www.hart-brasilientexte.de/tag/spd-steinmeier-kuba-yoani-sanchez/
Yoani Sanchez – das Medienexperiment:
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/14/yoani-sanchez-das-medienexperiment-2013-ist-es-moglich-fakten-und-informationen-uber-die-spektakularen-engen-kontakte-der-kubanerin-zu-einflusreichen-politikern-des-rechten-und-rechtsextremen-spe/
Bolsonaro und die nazistisch-antisemitisch orientierte Militärdiktatur Brasiliens:http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/26/brasilien-rechtsextremer-kongresabgeordneter-jair-bolsonaro-beruhmt-wegen-engen-kontakts-zu-yoani-sanchez-beantragt-parlaments-sondersitzung-zur-wurdigung-des-blutigen-militarputschs-vor-50-jah/
A ÍNTEGRA DA NOTA DO CONSELHO FEDERAL DA OAB/Estadao
O Conselho Federal da OAB repudia de forma veemente as declarações do deputado Jair Bolsonaro (PSC-RJ), em clara apologia a um crime ao enaltecer a figura de um notório torturador, quando da votação da admissibilidade do processo de impeachment da presidente República Dilma Rousseff.
Não é aceitável que figuras públicas, no exercício de um poder delegado pelo povo, se utilizem da imunidade parlamentar para fazer esse tipo de manifestação num claro desrespeito aos Direitos Humanos e ao Estado Democrático de Direito.
O Conselho Federal da OAB irá avaliar o caso em sua próxima sessão plenária.
Claudio Lamachia
Presidente Nacional da OAB
Everaldo Bezerra Patriota
Presidente da Comissão Nacional de Direitos Humanos
“Wir haben keine Elite – wir haben eine Oberschicht, fast immer dumm und grobschlächtig.” Daniel Piza, renommierter Kulturkolumnist der Qualitätszeitung “O Estado de Sao Paulo”
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/17/brasilien-2016-tag-der-abstimmung-ueber-rousseff-amtsenthebungsverfahren-im-us-hinterhof/
17.4. 2016, US-Hinterhof – Pro-Impeachment-Kundgebung auf der Avenida Paulista in Sao Paulo.Daß Eduardo Cunha die Abstimmung im Abgeordnetenhaus leitet, degradiert nach Ansicht vieler Brasilianer das Land zur Bananenrepublik. Unter Lula-Rousseff wurde Brasilien weiter spürbar u.a. soziokulturell amerikanisiert – Brasilien und die USA haben u.a. ein Gewalt-Gesellschaftsmodell als auffällige Gemeinsamkeit.
“Morden mit Effizienz” – Bestsellerautor Joao Ubaldo Ribeiro:http://www.hart-brasilientexte.de/2012/08/26/brasilien-morden-mit-effizienz-bestsellerautor-joao-ubaldo-ribeiro-in-rio-de-janeiro-analysiert-gewaltkultur-des-tropenlandes-unter-lula-rousseff-morden-in-brasilien-ist-viel-banaler-als-jed/
-http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/17/brasiliens-regierungskrise-2016-impeachment-abstimmung-und-strassenproteste-in-sao-paulo/
Abgeordnetenhaus im Moment der erreichten Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren.
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/15/brasilien-2016-amtsenthebungsverfahren-gegen-dilma-rousseff-geist-instinkte-des-mittelalters-im-scheiterhaufenland-siehe-angeli-karikatur-in-groesster-nationaler-qualitaetszeitung-folha-de-sao/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Verelendeter in Sao Paulo vor Opernhaus – am Tag vor der Abstimmung im brasilianischen Abgeordnetenhaus über das Amtsenthebungsverfahren gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff. Der Gouverneur des wirtschaftlich führenden brasilianischen Teilstaats Sao Paulo gehört zur Partei PSDB, unter den erbittertsten Gegnern der Regierung und ihrer Viel-Parteien-Koalition von Rousseff. Die sozialen Kontraste, die soziale Indifferenz in Sao Paulo, reichste Stadt Lateinamerikas, sind bemerkenswert kraß – die Megacity hat über 2500 Slums.
Brasilien, Befreiungstheologe Frei Betto, Ex-Berater Lulas: Wie biegt man einen “Linken” zurecht **
HOW TO RIGHTEN A LEFTIST
Ever since the phrase ”to be on the left” was used in reference to the French Revolution it has meant to opt for the poor, to feel indignation regarding social exclusion, to believe that any kind of injustice is unacceptable and according to Bobbio , to consider social inequality as an aberration.
To be on the right is to tolerate injustice, to consider the imperatives of the market above human rights, to see poverty as an incurable blemish, to judge that there are peoples and nations who are intrinsically superior to others.
To be a leftist “ a pathology diagnosed by Lenin as a ”childish disease of communism “ is to be against all bourgeois power until one enters into it. The leftist is a fundamentalist for his own sake. He incarnates all the religious models proper to religious fundamentalists¦ Â If the leader sneezes, he claps his hands, if he cries he becomes sad, if he changes his opinion he quickly analyses the conjuncture and tries to prove that today™s power relations are¦
The leftist loves academic categories from the left but he is like General Figueiredo on one point: he cannot stand the smell of the people. For him ”people” is an abstract noun which only becomes concrete when it comes to obtaining votes. Then, the leftist gets closer to the poor not because he is concerned about their lot but for one simple reason: to get votes for himself and/or for his gang. After the elections, goodbye suckers, until the next election!
Since the leftist only has interests and not principles, nothing is easier than to straighten him out. Give him a good job. It cannot be the sort of work which obliges common mortals to earn their bread and butter with blood, sweat and tears. Â It has to be one of those jobs which pay good wages and where there are more rights than obligations, particularly one in the civil service. It could even be in a private company. The important thing is that the leftist must feel he has received his share with a significant increase to his personal income.
This occurs when he is elected or named for public office or is given a management position in a private company. He will then undeniably lower his guard. He doesn™t even question himself. The mere smell of money, together with the position of power will produce the unbeatable alchemy capable of turning the head of the most rhetorical revolutionary.
Good pay, a position of power and plenty of perks, these are the ingredients which will intoxicate the leftist on his journey towards the shameful right “ which acts as such but won™t admit it. Right away the leftist will change his friendships and his luxuries. Instead of cachaça he drinks imported wine, Scotch whiskey instead of beer; he exchanges his flat for a condo and his evenings in the pub for elegant parties.
If a colleague from the past contacts him he beats around the bush, changes the subject, asks his secretary to deal with him and in a low voice grumbles about the ”pain in the neck”. Now all his steps move with surgical precision towards his rise to power. He loves to mix with businessmen, the rich and ranchers. He delights in his pleasures and gifts. The worst thing that could happen to him would be to return to what he once was, when he received no strokes or salaams, a common citizen struggling for survival.
Goodbye ideals, utopias, dreams! Long live pragmatism, the politics of results, co-optation, the expert practise of fraud (although there will be mistakes. In this case, the leftist depends on rapid help from his equals: accommodating silence, the pretending that nothing happened, today it was you, tomorrow it could be me¦)
I thought of this description because a few days ago at a ”do I met an old friend from the popular movements who had been a partner in the struggle against the dictatorship. He asked me if I was still involved with ”those people from the periphery[5] <#_ftn5> as he pontificated ”How silly of you to give up your job in the government. You could have done much more for those people if you had remained in it.
I felt like laughing in his face, he was someone who in the past would have made Che Guevara feel like a small bourgeois, this was how big his revolutionary fervor had been. I contained myself so as not to be rude to that ridiculous figure, with his hair smarmed down with gel, his expensive suit and his shoes fit for angels. I simply responded ”I have become a reactionary, faithful to my old principles. I prefer to run the risk of making a mistake next to the poor than to be pretentious enough to think that I can win without them.
*Frei Betto is a writer, author of ”Calendário do Poder (A Calendar of Power) (Rocco).
About the Author
He is a Brazilian Dominican with an international reputation as a liberation theologian.
Within Brazil he is equally famous as a writer, with over 52 books to his name. Â In 1985 he won Brazil™s most important literary prize, the Jabuti, and was elected Intellectual of the Year by the members of the Brazilian Writers™ Union.
Frei Betto has always been active in Brazilian social movements, and has been an adviser to the Church™s ministry to workers in Sáo Paulo™s industrial belt, to the Church base communities, and to the Landless Rural Workers™ Movement (MST).
In 2003-2004, he was Special Adviser to President Lula and Coordinator of Social Mobilisation for the Brazilian Government™s Zero Hunger programme.
Brasiliens konfuse Präsidentschaftswahlen/2010
Mit Pomp und Getöse zogen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und Nachfolge-Wunschkandidatin Dilma Rousseff mitten in der City von Sao Paulo Tage vorm ersten Pflichtwahlgang kühn eine „Siegeskundgebung“ durch – der Nation wurde per TV-Propaganda eingehämmert, dass „Dilminha“ überlegen gewinnen würde und es zwecklos sei, hinter der Pappwand der Wahlkabine gar Gegenkandidaten in den Votiercomputer einzutippen. Zugleich wurde man auf der „Siegeskundgebung“ Zeuge bizarrer Polit-Schauspielerei von Lula & Co., absurdem Victoria-Gekrähe. Denn der Stimmungswandel im Wahlvolk ist selbst hier deutlich zu spüren: Im Großraum der Megacity leben bzw. hausen rund 24 Millionen Menschen teils in grausigen Elendsvierteln, doch ins Samba-Stadion mussten von weither Anhänger mit Bussen herangekarrt werden, da sich offensichtlich in Sao Paulo freiwillig kaum jemand auf den Weg machen wollte. Lula, Dilma Rousseff und Gouverneurskandidat Aloisio Mercadante gestikulierten vor höchstens 3.000 Leuten, statt vor Zehntausenden. Der Staatschef selbst feierte bei jeder Gelegenheit angebliche Popularitätsraten von über 80 Prozent als Zustimmung zu seiner Politik, zu den Resultaten achtjähriger Amtszeit. Dilma Rousseff ist jahrelang seine Chefministerin des Zivilkabinetts – beide schmissen den Wahlkampf landauf, landab zu zweit. Da galt auch vielen im fernen Europa der Wahlsieg als todsicher. Zumal sogar brasilianische Unterschichtenfrauen nicht Dilma Rousseff als Präsidentschaftskandidaten der Arbeiterpartei nannten, sondern Lula. „Eu voto de novo pra Lula!“ Er führe doch in Wahrheit den Laden weiter, „Dilminha“ sei nur seine Marionette. Der Ex-Gewerkschaftschef selbst hatte eingeräumt, in einer Rousseff-Regierung eine aktive Rolle spielen zu wollen.
Doch die „Siegesfeier“ in Sao Paulo war verfrüht, denn bekanntlich erhielt Dilma Rousseff im ersten Wahlgang nicht einmal 47 Prozent der Pflichtwählerstimmen und muss am 31. Oktober gegen Herausforderer José Serra von der stockkonservativen bis rechten, nur dem Namen nach „sozialdemokratischen Partei“ Brasiliens in die Stichwahl. Brasiliens Politikexperten schlussfolgern daher: Wenn die Wunschkandidatin sich überraschend einer Stichwahl unterziehen muss, zeigt dies, was die Mehrheit der Brasilianer tatsächlich über die Leistungen der Lula-Regierung denkt. Und das sogar in der wichtigsten lateinamerikanischen Industrieregion, dem Proletarier-Teilstaat Sao Paulo – Wiege der Arbeiterpartei PT und ihres Führers Lula. Nicht einmal hier kam Dilma Rousseff auf eine Stimmenmehrheit – und der neue Gouverneur ist aus der Partei von José Serra.
Brasilien, 24-mal größer als Deutschland, hat 26 Teilstaaten und den Hauptstadtdistrikt Brasilia. Serras Partei PSDB stellt künftig die Gouverneure in wirtschaftlich führenden Teilstaaten wie Sao Paulo, Minas Gerais sowie Paraná, außerdem im nördlichen Tocantins und hat zudem in der Stichwahl gute Chancen auf weitere Teilstaaten. Lulas Arbeiterpartei errang im ersten Wahlgang lediglich vier Gouverneursposten, mit Ausnahme des an Argentinien und Uruguay grenzenden Rio Grande do Sul allesamt wirtschaftlich weniger wichtig.
Die Abgeordnetenkammer des brasilianischen Nationalkongresses hat 513 Sitze, doch Lulas PT kommt künftig nur auf 86 – auch auf die Kongresskandidaten färbte Lulas „Popularität“ also nicht gerade ab. Was war geschehen? Nur Wochen vor den Wahlen leistete sich die Regierung einen weiteren heftigen Korruptionsskandal. Die Hauptbelastete, Erenice Guerra, enge Vertraute von Lula und Dilma Rousseff, verteidigte der Staatschef zunächst, bescheinigte ihr unschätzbare Verdienste für Brasilien. Die Enthüllungsberichte der Medien zeigten lediglich „Intoleranz, Hass und Lüge“. Doch dann blieb Lula nichts weiter übrig, als jene Erenice Guerra zu feuern, die von Dilma Rousseff zur Nachfolgerin im Regierungskabinett gemacht worden war. Vor diesem Hintergrund änderten viele Brasilianer kurzfristig ihre Wahlabsichten, weil sie das denn doch zu fatal an den Mega-Skandal um Parteien-und Stimmenkauf in Lulas erster Amtszeit erinnerte, als der damalige Chefminister flog – und Dilma Rousseff den Posten bekam.
Die einstige Diktaturgegnerin Rousseff will in Brasilien die Abtreibung legalisieren – doch kurz vorm Urnengang Anfang Oktober bemerkten ihre Wahlmanager, dass es deshalb bei Katholiken und evangelikalen Sektenkirchen gefährlich rumorte. Überraschend erklärte sie sich deshalb zur Abtreibungsgegnerin – und machte damit alles nur noch schlimmer. Der Positionswechsel wurde von den Kirchen als plumper Anbiederungsversuch verstanden und spielte prompt Herausforderer José Serra Stimmen zu, der eine Abtreibungsfreigabe ablehnt. Doch Hauptnutznießerin wurde Marina Silva, Predigerin einer evangelikalen Wunderheilerkirche und Präsidentschaftskandidatin der Grünen Partei Brasiliens (PV), eine frühere Umweltministerin Lulas. Dessen Wahlkampfteam entdeckte zu spät, dass PV-Leute massiv religiöse Botschaften gegen Dilma Rousseff verbreiteten. Videos von Sektenpastoren wurden zu regelrechten Hits und im Internet Millionen Mal angeklickt. Abtreibung halten immerhin 56,4 Prozent der 16- bis 18-Jährigen öffentlicher Schulen Rio de Janeiros laut einer neuen Umfrage für ein „Verbrechen“ – und für rund die Hälfte wäre die Homo-Ehe entweder „Sünde“ oder eine „Verirrung“. Rund 71 Prozent der Brasilianer wollen keine legalisierte Abtreibung. Der tief konservative Grünen-Star Marina Silva liegt da sozusagen voll im Trend – und erreichte als Drittplatzierter im ersten Wahlgang rund 20 Prozent. Brasiliens Grüne erklärten sich vor der Stichwahl offiziell als neutral – doch gemäß Umfragen schwenken die allermeisten Marina-Silva-Wähler jetzt zu José Serra um. Kein Wunder – in den Teilstaaten sind sie meist dessen Parteigänger, und in der Präfektur von Sao Paulo stellen die Grünen sogar den Umweltsekretär. Dass es in der Megacity trotz oder vielleicht besser: dank grüner Macht-Teilhabe um den Umweltschutz eher katastrophal steht, ist bekannt – Flüsse sind eklige Kloaken, die Gift-Luft verursacht Kopfschmerzen, Allergien, Krebs, Infarkte, Schlaganfälle, und selbst ein Radwegnetz sucht man in der Stadt vergeblich.
Marina Silva hätte als Umweltministerin in sechs Amtsjahren durchaus mancherlei Verbesserungen bewirken können. Der renommierte Naturschutzexperte Mario Moscatelli aus Rio de Janeiro erlebte sie indessen „bürokratisch und beinahe apathisch“, Greenpeace-Experte Sergio Dialetachi empfahl ihr bereits im ersten Jahr den Rücktritt. Unter Marina Silva machte die Urwald-und Savannenvernichtung kräftige Fortschritte, kam der Gensoja-Anbau richtig in Fahrt, wurde Brasilien Weltmeister beim Agrargifteinsatz, wurden Persilscheine für den Bau großer Wasserkraftwerke in Amazonien und für die Umleitung des Nordost-Stroms Sao Francisco ausgestellt, fiel die Entscheidung für fünf Atomkraftwerke – alles Projekte, gegen die Umweltschützer Sturm laufen. Marina Silva hat in Europa eine gute Presse, bekommt sogar hochdotierte Umweltpreise. Anderen ist die Grüne womöglich sympathisch, weil sie als Ministerin zu Korruptionsskandalen, zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen, darunter alltäglicher Folter, oder Todesschwadronen den Mund hielt und auch im Präsidentschaftswahlkampf diese Themen nicht ansprach. Amnesty International hat systematische Folter, Scheiterhaufen und Killerkommandos, außergerichtliche Exekutionen, Sklavenarbeit sowie die Rechtlosigkeit der Slumbewohner unter der Diktatur neofeudaler, hochgerüsteter Banditenkommandos und paramilitärischer Milizen immer wieder angeprangert, Lulas acht Regierungsjahre als Enttäuschung bezeichnet. „Die Praxis der Folter ist als Form institutioneller Gewalt im Alltag des Sicherheitsapparats weiter präsent und richtet sich besonders gegen die Armen“, analysiert die nationale Soziologiezeitschrift.
Dies erleichtert die politische Einordnung des Staatschefs und seiner Regierung kolossal, zumal er seit Amtsbeginn von der nationalen und internationalen Geldelite mit Sympathiebekundungen überschüttet wird, die Zahl brasilianischer Millionäre und Milliardäre sprunghaft anstieg. Aber lobt nicht alle Welt, dass unter Lula die Armut deutlich sank, an die 36 Millionen Brasilianer sogar in die Mittelschicht aufstiegen? Stutzig könnte machen, dass die achtgrößte Wirtschaftsnation auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung auf den 75. Platz zurückfiel, weltweit nur in Haiti und Bolivien die gesellschaftliche Ungleichheit krasser ist. Zudem liegt Brasiliens Armutsgrenze kurios niedrig. Das Land zählt inzwischen zu den teuren Ländern – doch wer monatlich umgerechnet mehr als etwa 65 Euro verdient, ist statistisch nicht mehr arm. Und mit einem Familien-Haushaltseinkommen von umgerechnet rund 500 Euro (!) gehört man schon zur Mittelschicht. Viele, doch keineswegs alle armen oder verelendeten Familien, die anspruchsberechtigt sind, bekommen Anti-Hunger-Hilfe der Regierung, die sogenannte Bolsa Familia. Im Schnitt sind es monatlich umgerechnet an die 43 Euro. Das macht dann bei einem Slum-Ehepaar mit vier, fünf, sieben Kindern wie viel pro Kopf? Nicht zufällig spricht sogar die UNO von „offiziellen Almosen“, ungeeignet den Hunger zu beseitigen. Bolsa Familia wird überdies praktisch von der Zielgruppe selbst finanziert, nämlich über absurd hohe indirekte Steuern.
Lula hatte versprochen, das Hungerproblem auszutilgen, muss sich indessen von den Landesmedien vorrechnen lassen, dass sein U-Boot-Rüstungsgeschäft mit der Sarkozy-Regierung so teuer ist wie zwei Jahre Anti-Hunger-Programm. Gehe ich durch Sao Paulo, Lateinamerikas reichste Stadt mit über 2.000 Slums, sehe ich täglich zerlumpte, abgehungerte Gestalten, die abgestellte Müllsäcke aufreißen und dann bei Tropenhitze vergorene, grauenhaft stinkende Abfälle in sich hineinschlingen.
Präsidentschaftskandidatin Dilma Rousseff hat unterdessen eine religiöse Offensive gestartet, bezirzt Katholiken und Sekten. Abtreibung solle nicht legalisiert werden, und Beschränkungen für religiöse Predigten werde sie als Staatschefin nicht zulassen. Denn ein geplantes Gesetz sollte verbieten, dass evangelikale Pastoren Homosexuelle weiterhin als krank bezeichnen und deren medizinische Behandlung empfehlen.
Fazit: Es könnte also doch noch klappen mit Rousseffs Wahlsieg.
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Dilma Rousseffs schlechter Start/2011
Brasiliens neue Staatspräsidentin, zuvor Lulas Chefministerin, verschont die Nation bisher mit dem vom Ziehvater gewohnten Schwall aus Propagandareden – dafür haben es die politischen Ereignisse in sich.
Der angesehene kirchliche Menschenrechtsanwalt Sebastiao Bezerra da Silva wurde sadistisch gefoltert und ermordet – auch in den acht Regierungsjahren zuvor war das Verfolgen von Menschenrechtsaktivisten normal. Silva ermittelte gegen die landesweit aktiven, von Staatsangestellten geleiteten Todesschwadronen, gegen folternde Militärpolizisten und bekam deshalb Morddrohungen. Im archaischen nordöstlichen Teilstaat Maranhao, der laut Kirchenangaben bei Gefängnis-Folter an der Spitze steht, kam es zur ersten Häftlingsrevolte unter Rousseff – sechs Männer wurden getötet, Fotos der abgeschlagenen Köpfe waren in den Regionalzeitungen zu sehen. Maranhao wird von Gouverneurin Roseane Sarney regiert, die mit Dilma Rousseff befreundet ist, und bei nettem privaten Beisammensein mit ihr zur Laute allerlei populäre Liebeslieder sang. Eine unabhängige Untersuchungskommission zum Häftlingsaufstand gibt es nicht, Brasilia reichen die Angaben der Militärpolizei – ein Relikt der Militärdiktatur. Der Teilstaat ist zudem Herrschaftsgebiet des Oligarchen José Sarney, der einst die Folterdiktatorenpartei ARENA führte – und heute als Senatspräsident den brasilianischen Nationalkongress. Mit ihm, dem hochwichtigen politischen Bündnispartner, feierte Dilma Rousseff ihren Wahlsieg – auch das spricht Bände.
Auch die neue Menschenrechtsministerin Maria do Rosario beschreibt – wie ihr Vorgänger – die größte lateinamerikanische Demokratie als Folterstaat, nennt Torturen in total überfüllten Gefängnissen und selbst in psychiatrischen Anstalten ein „gravierendes nationales Problem“. Als Dilma Rousseff noch zuständige Chefministerin war, hatten derartige Eingeständnisse allerdings keinerlei praktische Bedeutung. Gleiches gilt für den jetzt auf der Berlinale gezeigten sozialkritischen Streifen „Tropa de Elite 2“, der Brasiliens bedrückende Menschenrechtslage eindrücklich abbildet. Wie im Vorgängerfilm, der 2008 den Goldenen Bären gewann, gibt es wieder eine der für Rio de Janeiro typischen Scheiterhaufenszenen – weder Lula noch Rousseff haben sich jemals zu dieser in den Slums unweit des neuen ThyssenKrupp-Stahlwerks gängigen Hinrichtungs-und Einschüchterungspraxis geäußert.
Wie es sich gehört, hat Brasilien als vielgelobte Demokratie und strategischer Partner auch der Berliner Regierung natürlich die UNO-Menschenrechtsabkommen unterzeichnet. Von möglichen Sofortmaßnahmen der Rousseff-Regierung zwecks Umsetzung ist aber nichts bekannt. Dafür erfährt man aus einer jetzt veröffentlichten Studie, was sich unter dem Gespann Lula-Rousseff noch so entwickelte. Bei Tötungen durch Schusswaffen liegt Brasilien weltweit an der Spitze – und von drei Ermordeten sind zwei schwarz. Der Soziologe Julio Waiselfisz, dessen Team die Studie erarbeitete, spricht von „Merkmalen der Ausrottung, Vernichtung“ und von fehlender öffentlicher Sicherheit für die arme, mehrheitlich schwarze Bevölkerung. Mit der öffentlichen Sicherheit passiere dasselbe wie bei Bildung, Gesundheit, Sozialversicherung – es werde privatisiert. „Wer kann, zahlt für privaten Sicherheitsdienst. Die Schwarzen gehören zu den Ärmsten, leben in Risikozonen und können nicht zahlen.“
Laut unvollständigen Statistiken werden in Brasilien jährlich immerhin etwa 55.000 Menschen ermordet. Die UNICEF ergänzt: Bei Morden an 15-bis 19-Jährigen liegt Brasilien weltweit an der Spitze, 38 Prozent der brasilianischen Jugendlichen leben in Armut und Misere. Die Rousseff-Regierung sollte daher in Programme für Gesundheit, Bildung und Sicherheit investieren, die sich gezielt an die 33 Millionen Heranwachsenden zwischen 10 und 19 Jahren richten. Aber irgendwie scheint Brasilia gar nicht so gut bei Kasse zu sein, wie Lula unter Hinweis auf angeblich fette Devisenreserven stets verkündete. Als die hausgemachte Erdrutsch-Umweltkatastrophe im Januar bei Rio de Janeiro rund tausend Todesopfer forderte – etwa 500 Menschen werden noch vermisst – fehlte es den Rettungsmannschaften arg an Mitteln und Ausrüstung, weil zuvor beim Katastrophenschutz extrem gespart worden war. Als Präsidentin Rousseff die Region besuchte, wurde sie mit ihren eigenen Fehlleistungen aus der Zeit als Chefministerin direkt konfrontiert. Das großflächige Abholzen und Bebauen von Steilhang-Risikozonen war erlaubt und wurde sogar gefördert– doch nun bettelt Rousseff gar die Weltbank um einen Milliardenkredit an, damit Slumbewohner aus entsprechenden Zonen umgesiedelt werden können. Bereits 2008 wurde die Region von einer solchen Umweltkatastrophe heimgesucht – und der Lula-Regierung vorgerechnet, für Präventivmaßnahmen nur 12 Prozent (!) der vorgesehenen Haushaltsmittel investiert zu haben. Sogar die UNO wirft Lula vor, bereits 2005 ein Katastrophenwarnsystem versprochen zu haben, das aber immer noch nicht funktioniere.
Um 2010 Rousseffs Wahlsieg zu garantieren, wurden die Regierungsausgaben, darunter für Propaganda, stark erhöht. Derzeit werden sie, notgedrungen, drastisch zurückgefahren, denn die Sozialbewegungen protestieren heftig, weil Präsidentin Rousseff die Anhebung des Mindestlohns deutlich unter der kräftigen Teuerungsrate hielt. Die umgerechnet etwa 248 Euro brutto monatlich passen schwerlich zu den erneuten Versprechen, nun aber wirklich Hunger und Misere auszutilgen. Das Mindestsalär bekommen laut offiziellen Angaben 29,1 Millionen registriert oder unregistriert Beschäftigte sowie 18,6 Millionen Sozialversicherte, darunter zwei von drei Rentnern. Doch ein Großteil der unregistriert, ohne Arbeitsvertrag und rechtliche Absicherung Beschäftigten hat deutlich geringere Einkünfte – in einem Land mit inzwischen oft deutlich höheren Preisen als in Deutschland, gerade bei Grundnahrungsmitteln als in Deutschland – und in einer Phase schmerzhafter Preisanstiege.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch das Phänomen, dass Gewerkschaften inzwischen sogar Rechtsparteien applaudieren, weil die einen höheren Mindestlohn vorschlugen. Zugleich wird an die enormen Diätenerhöhungen der Kongresspolitiker sowie an das Einkommen von „Working Class Hero“ Lula erinnert. Seit Januar bekommt er monatlich allein als Ehrenpräsident der Arbeiterpartei umgerechnet rund 6.000 Euro, dazu die satten Bezüge als Ex-Staatschef. Zudem erhält er seit seinem 51. Lebensjahr eine Entschädigung von 1.900 Euro monatlich, weil er 31 Tage in Diktatur-Haft saß. Als ihm jetzt ein Unternehmen für einen Vortrag 100.000 Dollar Honorar anbot, lehnte Lula laut Landesmedien ab – entweder 200.000 Dollar oder kein Vortrag. Da bietet sich ein Vergleich mit den Hilfen des Anti-Hunger-Programms „Bolsa Familia“ an – denn 42 Prozent der Empfänger, also 5,3 Millionen Menschen, leben gemäß neuen Studien nach wie vor im Elend. Zwischen 14 und maximal 105 Euro werden monatlich ausbezahlt – pro Familie wohlgemerkt, meist sind sie kinderreich. Die Möglichkeit, Elend und Hunger unter den Bezugsempfängern rasch durch eine angemessene Hilfe zu beseitigen, werde nicht einmal erwogen, empören sich Kommentatoren. Die Regierung kürzt jetzt stattdessen sogar die Gelder eines Hausbauprogramms für die Unterschicht fast um die Hälfte.
Im Zuge des Rousseff-Starts erfuhr man auch, wie Brasilien heute kulturell tickt. Nach der Umweltkatastrophe erklärte die Präsidentin für mehrere Tage Staatstrauer, der Teilstaat Rio de Janeiro sogar für eine ganze Woche – doch selbst am Zuckerhut gingen die Vorkarnevalsfeste der Sambaschulen und andere karnevalistische Aktivitäten auf vollen Touren weiter. Renommierte Therapeuten und Sozialwissenschaftler haben auf diesen befremdlichen Umgang mit Tragödien aufmerksam gemacht. Andererseits – beim Kulturexport kommt das Riesenland laut UNO-Daten nur auf 0,2 Prozent des Weltvolumens, liegt auf Platz 26, gleichauf mit Rumänien.
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Elitekandidat Lula/2006
Angesichts Lulas Wiederwahl als Staatschef hat der bekannte Befreiungstheologe Frei Betto die Befürchtung geäußert, die Regierung könne in der zweiten Amtsperiode zur »Geisel konservativer Kräfte« werden und damit die Möglichkeit verlieren, Wirtschaftswachstum zu fördern und die enormen sozialen Kontraste zu verringern. Auch führende Sozialwissenschaftler und die katholische Kirche sagen Lula ein weit schwieriges Regieren voraus.
Denn als Resultat der Gouverneurs- und Kongreßwahlen, die im Oktober parallel stattfanden, hat sich die politische Landkarte des größten und wirtschaftlich stärksten lateinamerikanischen Staates erheblich verändert. Die Brasilianische Bischofskonferenz (CNBB) forderte nach den zahlreichen Regierungsskandalen von Lula in einer Botschaft eine ethische Amtsführung.
CNBB-Generalsekretär Odilo Scherer betonte, in den vergangenen Jahren sei die tiefe moralische Krise der Politik für alle Brasilianer offenbar geworden, habe es immer wieder Enthüllungen über Korruption und Machtmißbrauch durch Exekutive und Legislative gegeben. Die Politik müsse ihre ethische Dimension zurückgewinnen und nicht länger nur eine auf raschen Vorteil gerichtete Aktivität bleiben. Laut Scherer warnt die Bischofskonferenz Brasilia zudem vor einer »Merkantilisierung des Lebens in einem vorrangig auf Profit und unmittelbaren Nutzen gerichteten Wirtschaftsmodell«.
In Millionenstädten wie Rio, São Paulo, Fortaleza, Recife, Belo Horizonte, Belem und Salvador, so eine neue Studie, ist die Zahl der Armen und Verelendeten heute höher als 1995. In der neuesten Unesco-Statistik über die Qualität des öffentlichen Bildungswesens liegt die zehntgrößte Wirtschaftsnation Brasilien nur auf Platz 72, sogar noch hinter Paraguay. Kuba rangiert dagegen noch vor Chile auf dem 27. Platz, China auf dem 43., Mexiko auf dem 48., Argentinien auf dem 50. Rang. Die Bischofskonferenz ist zudem sehr besorgt über die politische Zusammensetzung des neu gewählten Nationalkongresses. Staatschef Lulas Arbeiterpartei (PT) hat dort keine Mehrheit, mindestens ein Drittel der neuen Abgeordneten sind Millionäre. Auch 53 Abgeordnete, gegen die Gerichtsprozesse laufen oder gegen die wegen Verbrechen ermittelt wird, wurden wiedergewählt.
Der wirtschaftlich starke, durch Deutschstämmige geprägte südbrasilianische Teilstaat Rio Grande do Sul, in dem mehrmals das Weltsozialforum stattfand, war bisher eine Hochburg von Lulas PT, künftig wird er von der PSDB-Gouverneurin Yeda Crusius regiert.
Die Sozialdemokraten haben künftig in sechs brasilianischen Teilstaaten die Macht, in denen exakt 51 Prozent des nationalen Bruttosozialprodukts erzeugt werden und der größte Teil der Arbeiterschaft lebt. Die von Lulas Partei administrierten fünf Teilstaaten kommen dagegen nur auf acht Prozent des Bruttosozialprodukts.
Renommierte Sozialwissenschaftler wie Claudio Abramo aus São Paulo meinen, wegen der Struktur des neuen Nationalkongresses werde in Lulas zweiter Amtszeit nicht nur das Regieren, sondern auch der Kampf gegen die Korruption viel schwieriger werden. »Denn man muß ja die Ursachen bekämpfen, von denen ein beträchtlicher Teil der Abgeordneten Nutzen hat. Die Chancen sind hoch, daß Brasilien mit dem neuen Kongreß noch viel schlimmere Erfahrungen macht als mit dem bisherigen.« Unter den Abgeordneten befänden sich viele Abenteurer und egozentrische Opportunisten, denen es nur um persönliche Interessen gehe.
Abramo äußerte sich auch zu der Tatsache, daß mindestens sechs der Kongreß-Millionäre Mitglied in Lulas Arbeiterpartei sind: »Das ist keineswegs überraschend, da die Arbeiterpartei nie eine linke Partei war.« Die Universitätsprofessorin Anita Prestes aus Rio, Tochter der in Bernburg von den Nazis vergasten Olga Benario, vertritt die Position, daß es in Brasilien gar keine linken Parteien und Organisationen gibt, lediglich linke Einzelpersönlichkeiten. Claudio Abramo von Transparencia Brasil gibt ihr Recht. »Solche Parteien und Organisationen existieren tatsächlich nicht, das ist die Wahrheit, derartiges ist hier nicht verwurzelt. Wir haben hier keinen Teil der Gesellschaft, der eine linke Partei tragen könnte. Wir sind ein deutlich unterentwickeltes Land – die intellektuelle Produktion Brasiliens ist von niedrigstem Niveau.«
Zur wachsenden Zahl von Millionären im Kongreß meinte Abramo: »Das ist ein Reflex der sozialen Ungleichheit in Brasilien und zeigt den Einfluß des Geldes im Wahlprozeß. Geld ist der große Stimmenbeschaffer. Hier sieht man einen Fehler unseres Wahlsystems. Die Oberschicht wird begünstigt, Leute mit viel Geld gehen in die Politik, um ihre Interessen zu verfechten. Angehörige der Bevölkerungsmehrheit sind dagegen durch unser Wahlsystem benachteiligt.«
Der Sänger und Komponist Caetano Veloso meinte vor den Stichwahlen, Brasiliens Eliten hätten Lula bisher unterstützt – und würden dies weiter tun. Olavo Setubal, Chef und Gründer der großen Privatbank Itaù, stellte klar, keinen Unterschied zwischen Lula und den sozialdemokratischen Herausforderer Alckmin zu sehen. Brasiliens Privatbanken machten unter Lula dank dessen Hochzinspolitik die größten Gewinne ihrer Geschichte, nur in der Schweiz ist die Banken-Rentabilität höher. Statt »Vater der Armen«,Pai dos Pobres,höhnen manche Brasilianer, sollte man Lula den »Paten der Bankiers« nennen.
Für den Sozialwissenschaftler Ricardo Antunes von der Universität Campinas ist es keineswegs zufällig, daß Führer des Gewerkschaftsdachverbandes CUT in sämtliche Regierungsskandale um Stimmen- und Parteienkauf verwickelt sind. Denn laut Antunes wurde der CUT zum »Gefangenen des Staates, des Arbeitsministeriums und öffentlicher Gelder«. In den vier Lula-Amtsjahren erlebten Streikende den CUT erstmals als Streikbrecher, als Marionette der Regierung. Brasiliens Generalstaatsanwalt charakterisiert zahlreiche enge Mitarbeiter und Freunde Lulas gar als »kriminelle Organisation«, als »Bande«.
Francisco Whitaker aus São Paulo, dem jetzt der Alternative Nobelpreis zugesprochen wurde, ein Mitbegründer des Weltsozialforums, kennt die Tricks der Spitzenfunktionäre noch aus seiner Zeit als Abgeordneter der PT, Anfang 2006 trat er aus der Partei aus. Das Ethik-Image habe die Arbeiterpartei-Führung lediglich gepflegt, um Wahlen zu gewinnen, sagt er. Lula hat politische Abkommen mit berüchtigten Oligarchen und Diktaturaktivisten wie Sarney und Antonio Carlos Magalhaes geschlossen: »Das ist schon schlimmer als Verrat – die archaischen Oligarchien bleiben fortbestehen, können ganz beruhigt sein.«
Whitaker war entsetzt, wie »pragmatisch« nur zu viele aus Lulas Anhang die Regierungsübernahme sahen: »Das Motto war: Jetzt sind wir dran und fassen ab, wo es nur geht, hieven unsere Leute auf möglichst viele Posten. Das hörte ich oft in der PT – einfach furchtbar, daß sie nichts anderes wollen als die Vorgänger.«
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Ausgeträumt/2006
Der Mitgründer des Weltsozialforums, Francisco Whitaker, 74, hat die brasilianische Arbeiterpartei (PT) unter Protest verlassen. In der Partei von Staatschef Luis Inacio Lula da Silva hatte Whitaker zu den letzten hochgeachteten »Aufrechten« gehört, nachdem bereits zahlreiche seiner Mitstreiter von der zentralistischen Führungsspitze ausgeschlossen worden waren oder aus Unzufriedenheit mit dem Regierungskurs das Parteibuch zurückgegeben hatten.
Der Austritt Whitakers erregte in der brasilianischen Öffentlichkeit enormes Aufsehen. Der einstige »Hoffnungsträger« Lula und die Spitze seiner Arbeiterpartei stecken tief im Korruptionssumpf: Abgeordnetenbestechung, Parteien- und Stimmenkauf, Mittelabzweigung und Machtmißbrauch. Es sei eingetroffen, so Whitaker, was die katholischen Kirche bereits vor den Wahlen von 2002 prophezeit habe. »Die jetzige politische Krise war vorhersehbar. Um die Wahlen zu gewinnen, wurde sogar der berüchtigte PR-Manager Duda Mendonca, der zuvor für rechte Politiker arbeitete, eingekauft, es wurde mit Tricks und Täuschung, mit Lügen gearbeitet. Um an die Macht zu kommen, so die neue Logik, muß man Wahlen gewinnen, dafür ist viel Geld nötig – unwichtig, woher es kommt. Der Traum ist aus, überall spürt man Bestürzung und Enttäuschung. Doch es gab Leute wie mich, die dachten, man könnte noch manches reparieren. Das war ein Fehlschluß. Besonders gravierend, daß man im Ausland sogar auf illegalen Schwarzkonten Geld hortete. Übelste politische Machenschaften, die die Arbeiterpartei stets bekämpft hatte, gelten unter Staatschef Lula auf einmal als normal.«
Aber Lula, wende ich ein, spricht immer wieder von enormen Fortschritten. »Die brasilianischen Eliten profitieren heute von Lula, sie finden ihn optimal. Paradoxerweise sind deshalb die Privilegierten heute am meisten daran interessiert, daß er möglichst lange weiterregiert, um das neoliberale Wirtschaftsmodell zu garantieren. Nie zuvor haben die Banken solche Profite gemacht. Im Falle Lulas und derArbeiterparteiagierten unsere Machteliten wieder einmal sehr intelligent. Zudem kontrolliert Lula die Sozialbewegungen, hält das Volk mit Almosen von Unruhen ab. Seine Sozialprogramme sollen dazu dienen, die Masse unterwürfig und abhängig zu halten. Selbst die oft so kämpferisch auftretende Landlosenbewegung MST wurde gezähmt, überschreitet nie bestimmte Grenzen der Kritik an der Lula-Regierung. Statt einer für Brasilien so dringend nötigen Agrarreform, die eine enorme Nachfrage bislang vom Binnenmarkt ausgeschlossener Bevölkerungsgruppen geschaffen hätte, wurde das exportorientierte Agrobusiness gefördert.«
Francisco Whitaker, der im Rahmen der brasilianischen Bischofskonferenz die Arbeit der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden koordiniert und jahrelang enger Mitarbeiter des befreiungstheologischen Kardinals Evaristo Arns in São Paulo war, ist mit seiner Meinung kein Außenseiter. »In der Bischofskonferenz denkt man größtenteils wie ich, viele Bischöfe sehen die Dinge genauso. Allerdings gibt es in der Kirche keine Enttäuschung über die Lula-Regierung – weil man die Probleme ja ganz realistisch vorausgesehen hatte. Überrascht hat lediglich das Ausmaß der Machenschaften – mancher dachte, so weit würde es wohl doch nicht kommen.«
Francisco Whitakers neuestes Buch: »O desafio do Forum Social Mundial – um modo de ver« (Vorwort von Oded Grajew, brasilianischer Unternehmer, der die Idee des Weltsozialforums hatte), Editora Fundacao Perseu Abramo, São Paulo
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Staatschef Lulas „fortschrittliche“ Regierungspolitik/2010
Der brasilianische Präsident Luis Inacio Lula da Silva erhält am Ende der zweiten Amtszeit wegen seiner Politik geradezu überschwängliches Lob aus Europa, darunter Ländern wie Deutschland, sowie internationale Ehrenpreise. Spaniens Ministerpräsident und amtierender EU-Ratspräsident José Zapatero nennt Lula „ehrlich, integer und bewundernswert, ein Beispiel für alle Politiker“. Auch gemäß den Wertekriterien des jüngsten Weltwirtschaftsforums von Davos macht Lula offenbar alles richtig – und wird mit dem „Global Statesmanship Award“ geehrt. Hintergrund der Auszeichnung sei die hervorragende Art, in welcher der Präsident das Land seit acht Jahren führe. Europäische Parteien, darunter die deutschen Grünen, betonen ausdrücklich die „fortschrittliche Regierungspolitik“ Brasilias, die zudem nicht selten als „links“ klassifiziert wird.
Indes: Derartige Einschätzungen stehen in interessantem Kontrast zu den Analysen brasilianischer, aber auch ausländischer Menschenrechtsexperten. So konstatiert der deutsche Lateinamerikawissenschaftler Rüdiger Zoller in einer Studie der Bundeszentrale für politische Bildung, daß Brasilien auch unter Lula kein Rechtsstaat sei – und nie ein Rechtsstaat war …
Theoretisch existieren für die öffentliche Sicherheit, die Verbrechensbekämpfung zahlreiche gutformulierte Gesetze, und Polizei und Justiz erscheinen ähnlich strukturiert wie in Europa. Doch zum Beispiel von den jährlich rund 50 000 Morden in Brasilien werden nur wenige Prozent aufgeklärt, deren Täter gefaßt und abgeurteilt. Das liege, so der Wissenschaftler Bicudo, nicht zuletzt am Zeugenschutz. „Der ist eigentlich per Gesetz garantiert, funktioniert aber nicht. Zeugen sind in Brasilien überhaupt nicht geschützt. Nur zu oft ist es doch so: Kennt der Täter einen Zeugen, bringt er ihn um. Deshalb leben wir doch hier in Brasilien unter dem sogenannten Gesetz des Schweigens, will niemand aussagen. Das Schlimme ist zudem, daß unser Sicherheitsapparat aus der Militärdiktatur übernommen wurde. Wir haben in Brasilien Militärpolizisten auf den Straßen, die nicht wie Polizisten, sondern wie Militärs agieren. Und jedes Jahr tödlicher, wie die Statistiken zeigen. Doch ein Militärpolizist, der grundlos tötet, weiß, daß ihn die zuständige Militärjustiz nicht bestraft. Und an der Slumperipherie unserer Städte agieren auch noch Polizei und Verbrecherkommandos gemeinschaftlich, um diesen Schein-Frieden aufrechtzuerhalten.“
Der Kampf der demokratischen Öffentlichkeit um eine angemessene Vergangenheitsbewältigung hat in jüngster Zeit erneut einen Rückschlag erlitten. Staatspräsident Lula hatte sich bis zum Ende seiner zweiten Amtsperiode Zeit gelassen, um ein Dekret zu unterzeichnen, das die Schaffung einer Wahrheitskommission zur Aufklärung von Diktaturverbrechen vorsieht. Außerdem sollte ein Amnestiegesetz aufgehoben werden, dessen völkerrechtswidrige Auslegung es bisher unmöglich macht, berüchtigte Folteroffiziere oder Mörder von Diktaturgegnern zu bestrafen. Nicht zum ersten Mal kam es wegen dieser Problematik prompt zu einer Regierungskrise. Verteidigungsminister Nelson Jobim und die Kommandanten der Teilstreitkräfte reichten ihren Rücktritt ein – und waren mit dieser Taktik sehr erfolgreich. Staatschef Lula hätte als militärischer Oberbefehlshaber als Zeichen von Festigkeit die entsprechenden Posten sofort neu besetzen können, zog es indessen vor, die Rücktrittsgesuche abzulehnen und eine Neuformulierung des Dekrets ganz im Sinne der Militärs vorzunehmen, Schlüsselbegriffe wie „politische Repression“ zu streichen.
Überraschend gab ebenso wie Lula auch dessen Menschenrechtsminister Vannuchi nach, der zusagte, daß das Amnestiegesetz nicht angetastet werde und eine künftige Wahrheitskommission nicht gegen die Militärs gerichtet sei. Daß diese den Putsch von 1964 stets an dessen Jahrestag öffentlich gar als „Revolution“ verteidigen, die Generalspräsidenten und deren Repressionsmethoden ausdrücklich würdigen, weist auf die besondere politische Situation in Brasilien auch unter der Lula-Regierung hin. Zudem zeichnet sich ab, daß das Präsidentendekret in seiner ursprünglichen Form nicht die nötige Zustimmung des Nationalkongresses erhalten würde, in dem konservative und rechte Kräfte überwiegen. Lulas politischer Bündnispartner José Sarney, der während der Diktaturjahrzehnte als Chef der Regimepartei ARENA fungierte, wurde 1985 erster demokratischer Staatspräsident, führt heute den brasilianischen Kongreßsenat und damit de facto das gesamte Parlament. Lula, dessen Vize José Alencar ein Diktaturaktivist war, schloß Regierungsbündnisse mit dem konservativen und rechten Lager. Sein Nachfolger im Präsidentenpalast dürfte genauso vorgehen.
Der deutschstämmige Bundes-Staatsanwalt Marlon Weichert in Sao Paulo hält die Bestrafung von Diktaturverbrechern für unverzichtbar und hat deshalb 2008 sein eigenes Land sogar vor der Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington angeprangert: “Der brasilianische Staat erfüllt auch seine internationalen Verpflichtungen nicht. Er kann Verbrechen gegen die Menschlichkeit gar nicht amnestieren – wie es in Brasilien aber geschehen ist. Wenn man jene davonkommen läßt, die gestern Verbrechen gegen die Menschenrechte begingen, und wenn man solche Taten sogar vertuscht, stärkt man jenen den Rücken, die heute im Staatsapparat Menschenrechte verletzen wollen. Man beschützt Mörder, Folterer, Vergewaltiger und Entführer aus der Zeit des Militärregimes. Leider gibt es in Brasilien die Überzeugung, daß man die Wahrheit verbergen müsse und daß es vorteilhafter sei, über alle diese Probleme nicht zu reden. Das ist eine Frage der Werte und der Kultur. Käme die Wahrheit heraus, müßten Biographien völlig umgeschrieben werden.“ Die brasilianische Soziologie-Zeitschrift „Sociologia“ konstatiert Ende 2009 in einer ausführlichen Studie: „Die Praxis der Folter ist als Form institutioneller Gewalt im Alltag des Sicherheitsapparats weiter präsent und richtet sich besonders gegen die Armen.“ Auch diese Einschätzung spricht Bände über die Bewunderer heutiger Regierungspolitik Brasilias.
Als Zugpferd der Lula-Regierung wird gelegentlich das Anti-Hunger-Programm betrachtet, das indessen laut Kirchenangaben den Hunger in der achtgrößten Wirtschaftsnation Brasilien, einem der führenden Nahrungsmittelexporteure, längst nicht beseitigen konnte. Wie Brasiliens Medien unter Berufung auf den UNO-Sonderberichterstatter für Hungerfragen, Olivier de Schutter, betonen, zielen Lulas Sozialprogramme nur auf die Symptome von Armut und Elend, nicht auf deren Ursachen. Was die Regierung den Betroffenen mit der einen Hand gebe, entziehe sie ihnen mit der anderen, da ein wichtiger Teil der Programme just durch ein Steuersystem finanziert werde, das den ärmsten Schichten 46 Prozent ihres Einkommens nehme, während die reichste Schicht lediglich mit 16 Prozent belastet werde.
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Obama in Brasilien/2011
Auf Gesten und Symbolik, sorgsam abgestimmt zwischen beiden Seiten, sei besonders zu achten, hatte Brasilia vor der Ankunft des US-Präsidenten verlauten lassen. Und als Barack Obama dann in den Amtssitz von Präsidentin Dilma Rousseff schritt, ging es Schlag auf Schlag. Mitten in der persönlichen Unterredung befahl Obama über einen Mitarbeiter die Attacke auf Libyen mit zunächst 110 Tomahawk-Raketen. Und etwas später, mitten im Bankett für Obama im brasilianischen Außenministerium, ging es richtig los mit den Bombardements. „Ein historischer Tag“, titelten die Zeitungen – und „historisch“ verhielt sich Brasiliens neue Staatschefin, die einst als Guerilleira gegen die Militärdiktatur kämpfte, eingesperrt und gefoltert wurde. Erst nach der Abreise Obamas äußerte sie Missfallen über die Kriegserklärung ausgerechnet in Brasilien – vermied indessen, wie viele Brasilianer erwartet hatten, dies Obama sofort und direkt zu sagen, womöglich die offiziellen Gespräche abzubrechen. Mit einer Note, die einen Waffenstillstand in Libyen erbat, wurde ebenfalls solange gewartet, bis Obama abgereist war. Brasiliens wichtigster Befreiungstheologe, Frei Betto, nannte es gegenüber dem Blättchen „zumindest takt- und geschmacklos, den Krieg gegen Libyen just in Brasilien zu erklären, das gegen eine solche kriegerische Aggression ist.“ Der Diskurs des Westens sei Demokratie, das Interesse indessen Öl und nicht etwa die Verteidigung der Menschenrechte in Libyen. Brasilia hatte sich im UN-Sicherheitsrat, abgestimmt mit Russland, Indien und China, wenigstens der Stimme enthalten, eine friedliche Lösung befürwortet.
Absolut symbolträchtig ging es beim Bankett zu – denn wie zu hören war, hatte Rousseff offenbar mit Ziehvater Lula da Silva abgemacht, dass am Tische direkt neben den beiden Obamas just der hochwichtige Regierungspartner José Sarney sitzen sollte. Die USA hatten 1964 zur Unterstützung des Militärputschs sogar eine Kriegsflotte vor die Küste Brasiliens entsandt. Und nun prosteten sich just der Präsident dieses Landes und der damalige Chef der brasilianischen Folterdiktatorenpartei ARENA freundlichst zu, unterhielten sich auch Michelle Obama und Sarney sichtlich nett miteinander. Er gilt in Brasilien nach wie vor als der archaischste, reaktionärste und politisch mächtigste Oligarch, ist Präsident des Kongresssenats und wurde trotz seiner Verwicklung in zahllose Skandale von Lula stets hochgeschätzt und umworben. „I love this guy“, sagte Obama einmal über Lula – und wollte ihn gerne mit am Tisch. Doch der mit scharfem politischen Instinkt gesegnete Ex-Gewerkschaftsführer lehnte die Einladung ab. Als hochbezahlter Ehrenpräsident seiner Arbeiterpartei PT hatte er womöglich Rücksicht zu nehmen auf jenen Parteiflügel, der sich scharf gegen einen Libyenkrieg wandte, an die Kriege im Irak und in Afghanistan erinnerte, die Obama-Regierung als „Feind des Weltfriedens“ einstufte. Vor Obamas Ankunft brodelte es in diesem Teil der PT, der sich den Sozialbewegungen eng verbunden fühlt, die Obama zur „persona non grata“ erklärt hatten. Zorn erregte daher, dass Brasiliens Regierung, eingeschlossen Dilma Rousseff, und die Führungsspitze der Arbeiterpartei die von PT-Mitgliedern angekündigten Proteste gegen den Besuch Obamas verurteilten. Wie durchsickerte, sollten solche Aktivitäten erstickt, unzufriedene Kader auf Linie gebracht werden. Zu den Abweichlern gehörte sogar Rousseffs Frauenministerin Iriny Lopes. Zu Kriegsbeginn nicht am Tische mit Obama sitzen zu wollen, könnte Lula eines Tages Lorbeeren einbringen – wer erinnert sich dann noch an die Hintergrund-Details? Sehr aufschlussreich, was dann in Chile ganz anders lief als in Brasilia. Eine weit politisiertere Öffentlichkeit erreichte, dass beim Obama-Besuch die Diktaturproblematik nicht ausgeklammert wurde. Anders als unter Dilma Rousseff wurde im chilenischen Regierungssitz natürlich eine Pressekonferenz anberaumt, konnte ein chilenischer Journalist offen fragen, ob Obama und dessen Regierung bereit seien, sich für die Beteiligung am Militärputsch vom 11. September 1973 zu entschuldigen – und bei den gerichtlichen Ermittlungen über Diktaturverbrechen zu kooperieren. Der Journalist erinnerte an bezeichnende Fälle, darunter die Ermordung von Orlando Letelier, Außenminister von Salvador Allende, 1976 in Washington. Dem überraschten Obama blieb nichts weiter übrig, als zuzustimmen – er vermied indessen, um Entschuldigung zu bitten.
Obama plante vor Rio de Janeiros Opernhaus eine Rede ans Volk, zog sich dann aber wegen der drohenden Proteste ins Innere des imposanten Gebäudes zurück, wollte handverlesenes Publikum. Draußen PT-Fahnen und „Obama-go-home“-Plakate – drinnen fragwürdigste Symbolik. Die nationale Schwarzenbewegung forderte, dass sich der erste dunkelhäutige US-Präsident zum grauenhaften Rassismus klar positionieren muss. Schwarzen-Aktivist Mauricio Pestana: ”Es gibt keinerlei Zweifel, dass im ‚demokratischen’ Brasilien von heute schwarze Bürger mehr Opfer von Folter, Mord und Verschwindenlassen sind als in irgendeiner autoritären Epoche unserer Geschichte.“ Die Schwarzenbewegung hatte versucht, über die neue Ministerin für Rassengleichheit, Luiza Bairros, das Rassismusthema auf die Besuchs-Agenda zu setzen, wurde jedoch abgeblockt. Der Studentenverband UNEAFRO nannte Obama „den Verräter der Schwarzen in aller Welt“ – und wird sich jetzt vermutlich bestätigt fühlen. Obama hatte nicht vor, den Rassismus, andere gravierende Menschenrechtsverletzungen in Brasilien zu kritisieren. Seine Besuchsvorbereiter griffen daher tief in die Symbol-Kiste, ließen vor der Rede eine Afro-Band aufspielen und platzierten viele Schwarzen-Aktivisten gut sichtbar vor dem US-Präsidenten. Die Ansprache wurde von Brasiliens wichtigsten Kommentatoren arg verrissen: Denn Obama lobte ausgerechnet die brasilianische Demokratie als beispielhaft, stellte damit klar, welche Menschenrechtskriterien er nach eigenem Werteverständnis an Brasilien anlegt. Systematische Folter durch Staatsangestellte, Todesschwadronen, Scheiterhaufen, neofeudale Banditen-Diktatur in den Armenvierteln, Morde an Menschenrechtsaktivisten, Sklavenarbeit – „no problem“ fürs Weiße Haus. Brasilien werde zum Modell für die Welt, so Obama. In Rio wurde ganz in der Nähe seines Copacabana-Hotels kurz nach der Abreise der Systemkritiker und Anwalt Ricardo Gama, der hohe Politiker auf seiner Website aufs Korn nahm, bei einem Attentat von zwei Kopfschüssen getroffen. Er wird hoffentlich überleben. Zuvor war ein kirchlicher Menschenrechtsanwalt in Nordostbrasilien ermordet worden. In Sao Paulo liquidierten zwei Militärpolizei-Todesschwadronen seit 2006 mindestens 150 Menschen, steht in einem neuen Untersuchungsbericht. Als ausgesprochenen Folterstaat beschrieb sogar Brasiliens neue Menschenrechtsministerin Maria do Rosario ihr eigenes Land – kein einziges Massenmedium brachte die Äußerung. Nicht zufällig ist Brasilien jetzt auf dem britischen Welt-Demokratie-Index vom 41. auf den 47. Platz zurückgefallen – liegt auf dem neuesten UNO-Ranking für menschliche Entwicklung nur auf Platz 73. – Libyen immerhin auf dem 53., Chile auf dem 45., Argentinien auf dem 46 und der Iran auf dem 70. Platz.
Aber heißt es nicht immer, seit Lula zeige Brasilia gegenüber den USA zunehmend Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit? Brasiliens Qualitätsmedien analysierten ironisch Wikileaks- Enthüllungen. Öffentlich habe es nur zu oft leere antiamerikanische Rhetorik gegeben – „ im vertraulich-privaten Umgang indessen Liebkosungen für die Brüder im Norden, Anerkennung der Hegemonie des Partners.“ US-Diplomateneinschätzungen lauteten, das Tropenland sei noch gar nicht reif, um ein Global Player zu sein. Für US-Sozialwissenschaftler sind die brasilianischen Regierenden unfähig zu längst überfälligen strukturellen Reformen, gibt es „gravierende interne Probleme“. Menschenrechtsaktivist Fabio Konder Comparato, Rechtsprofessor an Brasiliens führender Bundesuniversität in Sao Paulo: “Wir hatten bis heute nie Demokratie, leben immer unter einem oligarchischen Regime. Unsere Politik hat stets zwei Gesichter. Eines für außen, zivilisiert – und eines für innen, grausam. Wir halten diese Doppelzüngigkeit des Charakters im gesamten politischen Leben aufrecht. Die Wahlen sind Theater. Lula bewies, dass er für die Oligarchie nicht gefährlich ist. Ich widerspreche dem Begriff Redemokratisierung.“
Brasiliens Lula: Wer als Älterer noch links ist, ist nicht ganz bei Troste/Hintergrund von 2006
Brasiliens „Alt-Linke“ reagieren kritisch-ironisch
Zu den Kuriositäten im deutschen Medienzirkus aller politischen Couleur gehört, ausgerechnet den brasilianischen Staatschef Luis Inacio Lula da Silva zum linken, gar progressiven Lager zu rechnen. Obwohl dieser regelmäßig klarstellt, daß er sein ganzes Leben lang nicht als Linker, Linksgerichteter klassifiziert werden wollte. Im Dezember 2006 hat Lula in Sao Paulo vor Bankiers und anderen Unternehmern erneut für entsprechende Klarstellungen gesorgt. Wer sich mit über sechzig Jahren immer noch zur Linken rechne, sei nicht ganz bei Troste. „Wenn sie jemanden kennen, der alt ist und zur Linken zählt, heißt das eben, daß er Probleme hat“. Im Kontext der Rede waren mentale Probleme gemeint. Die Geldleute reagierten zufrieden und mit großer Heiterkeit, oder wie manche Zeitungen vermeldeten, lachten sich kaputt. „Wenn man die Sechzig erreicht, kommt man ins Alter des Gleichgewichts, ist man weder das eine noch das andere. Wer mehr rechts war, ist dann mehr in der Mitte – und wer mehr links war, wird sozialdemokratisch, also weniger links.“ Bankiersliebling Lula illustrierte das am persönlichen Beispiel, bezog sich auf den Kongreßpolitiker Delfim Netto, der zur Zeit des grausamen 21-jährigen Diktaturregimes der auch mit Pinochet eng kooperierenden Foltergeneräle wichtige Ministerposten, darunter das Amt des Finanzministers, bekleidete. „Heute bin ich ein Freund von Delfim Netto. Zwanzig Jahre lang habe ich Delfim kritisiert – doch jetzt ist er mein Freund und ich bin seiner.“ Das Publikum aus der Geldelite quittierte dies erneut mit Heiterkeitsausbrüchen.
Daß Lula tatsächlich nie der Linken angehörte, haben Politikwissenschaftler, aber auch Menschenrechtsaktivisten, die ihn aus seiner Zeit als Gewerkschaftschef gut kannten, immer wieder bekräftigt.
Die neuesten Lula-Äußerungen wurden von linken Persönlichkeiten Brasiliens zumeist mit Spott kommentiert. Soziologieprofessor Chico de Oliveira, 73, aus Sao Paulo nannte Lula ein Chamäleon – intellektuell, politisch und ideologisch schwach. Er passe sich jedem Ambiente an, um zu überleben.
Helio Bicudo, aus Lulas Arbeiterpartei ausgetretener katholischer Menschenrechtsaktivist:“Mit 84 stehe ich heute mehr links als mit 60.“
Poet Ferreira Gullar:“Lula geht es nur um die Macht – je nach Publikum redet er jedwedes Zeug.“
Senator Cristovam Buarque, von Lula gefeuerter Bildungsminister :“Die Klarstellung Lulas festigt meine Position, daß diese Regierung rechts steht.“
Architekt Oscar Niemeyer, der sich stets als Kommunist bezeichnet, und heftig für Lulas Wiederwahl geworben hatte, gab sich just an seinem 99. Geburtstag heftig überrascht. So etwas, sagte er gegenüber Freunden, habe man von einer Persönlichkeit mit dieser politischen Biographie nicht erwartet.
Waldemar Rossi aus Sao Paulo, Führer der katholischen Arbeiterseelsorge aus Sao Paulo, hatte einst mit Lula Streiks organisiert und stets betont:“Lula war nie ein Linker. All dies erklärt seine teilweise Bewunderung für Adolf Hitler.“ Bereits als Gewerkschaftsführer hatte Lula zur Diktaturzeit in einem Interview wörtlich gesagt, nie dementiert oder berichtigt:“Hitler irrte zwar, hatte aber etwas, das ich an einem Manne bewundere – dieses Feuer, sich einzubringen, um etwas zu erreichen…Was ich bewundere, ist die Veranlagung, Bereitschaft, die Kraft, die Hingabe.“
Auch angesichts dieses berühmten Lula-Satzes lassen sich klare Rückschlüsse auf die politischen Positionen jener ziehen, die ihn als links, progressiv definieren.
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Bizarrer Wahlkampf und Lulas Korruptionsskandal(2006)
Anti-Korruptions-NGO „Transparencia Brasil“ mobilisiert gegen Wiederwahl von belasteten Politikern
Man stelle sich folgendes in Deutschland vor: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat keine stabile Mehrheit im Bundestag, muß die Parlamentsunterstützung Tag für Tag neu aushandeln. Ihre rechte Hand im Kanzleramt sowie andere ihr nahestehende Politiker organisieren deshalb Stimmenkauf, illegale Geldtransaktionen im Millionenhöhe an Parteien und Parlamentarier. Um Mehrheiten zu garantieren, werden Bundestagsabgeordnete mit Geld gefügig gemacht. Die Sache fliegt indessen auf, parlamentarische Untersuchungsausschüsse erbringen die nötigen Beweise. Die Bundeskanzlerin erklärt im Fernsehen, von den finsteren Machenschaften engster Mitarbeiter nichts gewußt zu haben, lehnt jegliche politische Verantwortung für Stimmen-und Parteienkauf ab, bleibt im Amt. Genau so schildert Claudio Weber Abramo, Exekutivdirektor von „Transparencia Brasil“ die Lage, allerdings auf Brasilien, die Regierung von Staatschef Lula und auf die regierende Arbeiterpartei PT bezogen. Lula hat allergrößte Chancen, am ersten Oktober bereits im ersten Durchgang wiedergewählt zu werden. Wie wäre in solcher politischen Situation das Wählerverhalten in Deutschland?
–Flucht in die parlamentarische Immunität—
In Brasilien sollen nun über einhundert verwickelte Politiker, aber auch Unternehmer, vor Gericht gestellt werden. Zahlreiche hochbelastete Kongreßabgeordnete wollen sich indessen durch eine Wiederwahl im Oktober in die parlamentarische Immunität flüchten, einem Prozeß entkommen. Weil Brasiliens populärste NGO „Transparencia Brasil“, die dem weltweiten Anti-Korruptions-Dachverband „Transparency International“ angeschlossen ist, dagegen eine öffentliche Kampagne gestartet hat, die betreffenden Politiker beim Namen nennt, hat sie jetzt gerichtlichen Ärger mit Staatschef Lulas Arbeiterpartei.
Noch im letzten Jahr hatte Staatschef Lula die Bestrafung aller Schuldigen vesprochen: “Das brasilianische Volk hat dies alles wirklich nicht verdient, was da geschehen ist. Doch jetzt tut die Regierung alles erdenkliche, um den Fall aufzuklären. Nach den Ermittlungen werden die entsprechenden Gerichtsprozesse stattfinden – und die Justiz wird ihre Pflicht erfüllen. Wir alle sind auf die Welt gekommen, um ehrlich, ethisch und würdig zu handeln – und wer dies nicht tut, muß eben dafür bezahlen.“ Dies ist indessen keineswegs sicher. Denn über 150 Politiker , die in die verschiedensten Korruptionsskandale der jüngsten Zeit verwickelt sind oder wegen anderer Delikte ebenfalls als schwerbelastet gelten, stehen derzeit in der Kampagne für die Wiederwahl und verschweigen den rund 120 Millionen Pflichtwählern natürlich ihre Probleme mit der Justiz. „Transparencia Brasil“ hat deshalb alle Kandidaten in einem umfänglichen Internet-Register namens „Excelencias“ charakterisiert und eine Aufklärungskampagne unter das Motto gestellt: Votiert nicht für Politiker, die Dreck am Stecken haben. Gemeint waren Männer und Frauen fast aller Parteien, doch nur die Arbeiterpartei Lulas reagierte ärgerlich. Claudio Weber Abramo: “Hier in Sao Paulo ging die Führung der Arbeiterpartei mit einer Unterlassungsklage gegen uns vor Gericht – und hatte damit auch Erfolg. Wir haben natürlich Berufung eingelegt, die allerdings abgelehnt wurde. Jetzt sind wir vors Oberste Wahlgericht in Brasilia gezogen und hoffen, daß wir dort Recht bekommen. Die Unterlassungsklage ist für die Arbeiterpartei wie ein Schuß in den eigenen Fuß, denn jetzt ist die Öffentlichkeit auf unsere Kampagne erst richtig aufmerksam geworden. Gestandene Politiker der Arbeiterpartei haben sich enormen politischen Schaden eingehandelt. Alle Welt sagt hier, sind die denn verrückt geworden?“ Abramo erschreckt die PT-Klage umso mehr, da die Partei im wirtschaftlich führenden Teilstaat Sao Paulo gegründet wurde, hier ihre Wurzeln, die meisten Sympathisanten hat. Abramo, womöglich Brasiliens führender Korruptionsexperte, hat den Regierungsskandal bis in die Detail begleitet:“Ja, es geht dabei um Stimmenkauf, um illegale Geldtransaktionen zwischen der regierenden Arbeiterpartei sowie Parteien und Parlamentariern, die der sogenannten Regierungsbasis im Nationalkongreß angehören. Die Angeklagten erfanden eine Story, wonach es sich lediglich um unsaubere Wahlkampffinanzierung, schwarze Wahlkampfkassen gehandelt habe. Doch man muß immer wieder hervorheben – diese Story ist eine reine Erfindung. Es geht um Korruption zwischen der dominierenden Partei der Lula-Regierung und Kräften im Parlament, die man eben bearbeiten, gefügig machen muß, um die nötigen Mehrheiten zu garantieren.“ Abramo bringt auf, daß Lula öffentlich erklärte, von all dem nichts gewußt zu haben. „Das ist eine weitverbreitete Haltung in Ländern, wo man stets vor der eigenen Verantwortung flieht. In Staaten wie Deutschland ist politische Verantwortung klar definiert – doch in Brasilien eben nicht. Hier haben wir so etwas im öffentlichen und im privaten Sektor – eine schlechte Sache, aber leider für Brasilien charakteristisch. Der oberste Verantwortliche erklärt sich nicht verantwortlich für das, was in seinen Strukturen, in seinem Laden passiert.“
–niedriges Bildungsniveau der Pflichtwähler—
Claudio Weber Abramo von Transparencia Brasil macht sich indessen keine Illusionen über den Erfolg der Aufklärungskampagne. Drei Viertel der erwachsenen Brasilianer sind aufgrund des Bildungsniveaus gemäß neuen Studien nicht in der Lage, einen simplen Zeitungs-oder Buchtext zu lesen und zu verstehen. Und wie Umfragen ergaben, haben die allermeisten daher auch gar nicht begriffen, um was es bei dem Regierungsskandal eigentlich ging.
Laut Abramo gibt es in Brasilien etwa 750000 NGO – doch „Transparencia Brasil“ mit nur sieben festen Mitarbeitern habe die beste Verbreitung, werde am meisten angeklickt. „Wir finanzieren uns schlecht und recht über Mitgliedsbeiträge von dreißig Real monatlich, machen Projekte gemeinsam mit dem Staat, auch mit der Lula-Regierung, mit Gouverneuren und Präfekten der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei PSDB. Kurios, wenn uns daher die einen als PT-ler, die anderen als PSDB-ler beschimpfen. Wenn wir von beiden Seiten attackiert werden, machen wir offenbar irgendetwas richtig.
–Chico-Buarque-Hit als Kampagne-Leitmotiv—
Abramo hat sich zum musikalischen Leitmotiv seiner Kampagne einen alten Hit des großen brasilianischen Liedermachers Chico Buarque ausgewählt – „Meu Caro Amigo“ aus der Diktaturzeit, wegen der Textzeile „A coisa aqui ta preta“ – es steht schlecht um die Sache hier.
–Neue Kriterien für „links“ und „progressiv“–
Auch in Deutschland haben sich die Kriterien vielerorts dafür verschoben, was „links“ und „progressiv“ ist. Zwar wird Staatschef Lula nicht müde, immer wieder öffentlich zu betonen, niemals der Linken angehört zu haben und dies durch seine Politik, etwa bei den Menschenrechten, bei Bildung und Sozialem, der Umwelt, auch deutlich zu unterstreichen. Doch kurioserweise hat offenbar gerade der Stimmen-und Parteienkauf-Skandal nicht wenige europäische Beobachter dazu veranlaßt, in Lula einen aufrechten Linken zu sehen. Denn just seit der Korruptionsskandal kocht, just vor dem Hintergrund der Enthüllungen und Ermittlungen häufen sich in Deutschland bizarre Analysen, daß es sich bei Lula um einen Linken, bei seiner Regierung um eine Linksregierung handelt. Stimmen-und Parteienkauf sowie alltägliche Folter, gewöhnlich an den Ärmsten der Armen praktiziert, gelten damit offenbar als Kriterien für Progressivität.
–hohes Bußgeld für Lula—
Unterdessen hat Brasiliens Oberstes Wahlgericht Staatschef Lula dazu verurteilt, wegen illegaler vorgezogener Wahlpropaganda umgerechnet über 300000 Euro Bußgeld aus der eigenen Tasche zu zahlen. Gemäß einer Erhebung der größten Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ haben Brasiliens Pflichtwähler weiterhin ein starkes konservatives Profil. Danach definieren sich 47 Prozent als rechts, während sich 23 Prozent zur politischen Mitte und 30 Prozent zur Linken rechnen. Vor dem Hintergrund der oft politischer Fiktion entsprungen scheinenden Regierungsskandale bemerkte jetzt der Wirtschaftswissenschaftler und Kolumnist Gustavo Ioschpe in der „Folha de Sao Paulo“:“Wäre Brasilien ein ernstzunehmendes Land, dürfte Lula nicht mehr im Amt sein. Und wäre er noch im Amt, dürfte er nicht erneut kandidieren. Und falls er für eine Wiederwahl kandidierte, dürfte er nicht an der Spitze der Wählerumfragen stehen.“
Auch die Wahlpropaganda ist in Brasilien ganz anders organisiert als in Deutschland. So müssen die Radiohörer vor den Oktoberwahlen derzeit morgens von sieben bis acht Uhr durchgehend auf sämtlichen Sendern Kandidatenwerbung ertragen, die nur zu oft an Infantilität nicht zu überbieten ist. Im Fernsehen wird täglich zur besten Sendezeit von 20.30 bis 21.20 Uhr auf sämtlichen TV-Kanälen Wahlpropaganda durchgeschaltet, für die das gleiche gilt.
–Multis und Korruption—
Die vierzehnte Wirtschaftsnation Brasilien zählt zu den korruptesten Ländern der Erde – Claudio Weber Abramo untersucht natürlich auch, wie hier die über zehntausend ansässigen Unternehmen Deutschlands im allgemeinen Korruptionsklima zurechtkommen:“Sie agieren gemäß den in Brasilien geltenden Spielregeln – andernfalls könnten sie hier gar nicht funktionieren.“
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Das Flugzeugunglück(2007)
Die Piste des Airports Congonhas mitten in der Megacity Sao Paulo ist nicht mal halb so lang wie die in Tegel oder Frankfurt. Anders als in Europa üblich, hat Congonhas keine Auslaufzone, können Maschinen also nicht bequem ausrollen. Jeder Laie, der die vorbeiführende Stadtautobahn benutzt, begreift den Irrsinn auf den ersten Blick. Starts und Landungen ähneln denen auf Flugzeugträgern. Die Männer im Cockpit agieren notgedrungen wie erfahrene Militärpiloten. Sie reißen die Maschinen extrem steil hoch oder bringen sie so abrupt zum Stehen, daß man als durchgerüttelter Passagier den Eindruck hat, gleich bricht der Jet auseinander. Leute beten beim Anflug das Vaterunser, Erleichterung auf allen Gesichtern, wenn die Maschine doch nicht ins angrenzende Häusermeer gekracht ist. So geht das schon seit Jahrzehnten. Der kleine, enge Airport Congonhas, sagen die Piloten, ist der komplizierteste und gefährlichste Brasiliens. Trotzdem der meistfrequentierte – 44 Starts und Landungen pro Stunde. 1963 stürzt erstmals eine Maschine in die nahen Häuser – 34 Tote. 1996, als es eine Fokker 100 erwischt, sogar 99. Beinahe-Tragödien alle paar Tage. Ich habe deshalb möglichst vermieden, in Congonhas mein Leben zu riskieren – selbst brasilianische Flugsicherheitsexperten verfahren genauso. Und Marc Baumgartner, Präsident der internationalen Fluglotsenvereinigung, sagte vor dem neuesten Unglück, das über 200 Menschenleben forderte, er selbst würde derzeit überhaupt nicht nach Brasilien fliegen, dies auch seinen Freunden nicht empfehlen – wegen der unhaltbaren Zustände.
Bewußte Fahrlässigkeit, nicht nur im Flug-und Straßenverkehr, sowie eine schockierende Abwertung menschlichen Lebens gehören zu den für Europäer beinahe unbegreiflichen soziokulturellen Besonderheiten des Tropenlandes. Seit vor zehn Monaten die viel zu wenigen, schlecht ausgebildeten und total überlasteten brasilianischen Fluglotsen eine Boeing und eine kleinere Maschine über Urwald auf Kollisionskurs bringen, 154 Menschen umkommen, wurde tagtäglich in sämtlichen Medien heiß über die haarsträubende Flugsicherheit und das Chaos auf den Airports diskutiert, vor neuen Katastrophen gewarnt, besonders in Congonhas. Doch die Regierung von Staatschef Lula, der die Zivilluftfahrt direkt untersteht, nennt die Flugsicherheit so hoch wie in der Ersten Welt, streicht dafür vorgesehene Haushaltsmittel stark zusammen, gibt nur einen Bruchteil frei. In den Kontrolltürmen der zivilen Airports sitzen fast nur blutjunge Unteroffiziere, bekommen für die anstrengende, stressige Arbeit umgerechnet gerade einmal 620 Euro monatlich – brutto. Radaranlagen, andere Überwachungstechnik stammen teils noch aus den sechziger Jahren. Gemäß internationalen Vorschriften darf sich ein Fluglotse maximal um 14 Maschinen gleichzeitig kümmern – in Brasilien sind über zwanzig üblich.
Bedrückend, wie man mit der neuesten Katastrophe von Congonhas umgeht: Am Abend des Unglücks wird die TV-Live-Berichterstattung der Sender immer wieder von fröhlicher, frivoler Bierwerbung unterbrochen. Als noch Menschen in dem Airbus verglühen, ändert Brasiliens größte und quotenstärkste Fernsehanstalt TV-Globo keineswegs das Programm, sondern bringt die beliebteste, frech-laszivste Humorsendung des Landes. Gleich hinterher die Spätnachrichten mit dem aktuellsten Horror aus Congonhas. Der Flugverkehr wird wegen der Katastrophe von den Regierungsbehörden keineswegs unterbrochen und umgeleitet, sondern gegen den Protest der Piloten weitergeführt, als wäre nichts geschehen – die Maschinen preschen beim Start direkt in Richtung der hoch lodernden Flammen von der Unglücksstelle, überfliegen das Inferno in niedriger Höhe. Brasilia manifestiert Zynismus und Kaltschnäuzigkeit ohnegleichen – klagen hinterher viele Piloten.
All dies wäre in Deutschland wohl undenkbar. Zwar verkündet Brasilia eine dreitägige Staatstrauer, doch die gilt traditionell nur pro forma – selbst in Sao Paulo wird keine einzige Lustbarkeit, kein Fest, keine Comedy etwa aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen abgeblasen. Als jetzt polnische Pilger in Frankreich verunglücken, eilen Nicolas Sarkozy und Lech Kaczynski sofort an die Unglücksstelle, zu den Überlebenden. Auch Brasilien Medien kreiden Staatschef Lula an, daß ihm derartiges nicht im Traume einfiel, die Regierung extreme Taktlosigkeit manifestiert. Erst nach öffentlicher Empörung bequemt sich Lula vier Tage nach der Flugzeugkatastrophe zu einer kurzen TV-Ansprache. Zuvor werden hohe Funktionäre der staatlichen Flugaufsichtsbehörde Infraero dabei fotografiert, wie sie am Unglücksabend mit lachenden Gesichtern aus nächster Nähe die grauenhaften Vorgänge beobachten. Und im Präsidentenpalast feiert man die Nachricht, daß möglicherweise ein technischer Fehler ausschlaggebend für die Tragödie von Congonhas ist. Lulas Kumpel und außenpolitischer Berater Marco Aurelio Garcia sowie dessen Assistent werden dabei gefilmt, wie sie die TV-Nachricht frohgelaunt, überglücklich mit abstoßend obszönen Gesten kommentieren. Jetzt sind all jene total gefickt, die der Regierung die Schuld an dem Unglück geben, bedeuten die Gesten im Klartext. Mitgefühl in Brasilia gleich Null, stattdessen Hohn und Spott für eine kleinlichen Machtinteressen ausgelieferte Gesellschaft, kommentieren Angehörige der Opfer und die Medien. Die obszönen Gesten symbolisierten die „Ethik“ der Lula-Regierung, die dominierende Scheinheiligkeit. Und die Besessenheit Brasilias, aus allem, wirklich allem, und sei es eine Flugzeugkatastrophe, politischen Nutzen zu ziehen. Kumpel Marco Aurelio Garcia kennt man auch in Deutschland gut – er ist es, der stets erklärt, daß Lulas „Partido dos Trabalhadores“ zu keiner anderen Partei so enge Beziehungen unterhält wie zur SPD.
Entsetzliche, unglaubliche, empörende Taktlosigkeiten folgen: Noch bevor Lula vor die Mikrophone tritt, werden nur drei Tage nach dem Unglück bei einem großen Festakt in Brasilia die Führungsleute der staatlichen Luftfahrtbehörden für „hervorragende Leistungen“ geehrt.
Was ist mit unserem Land los, fragen sich Sozialwissenschaftler und Kulturschaffende, war dieses Unglück nicht eigentlich Mord? Viele sprechen von einem Verbrechen, für das die Lula-Regierung verantwortlich sei. Ja, wir sind ein Land der Fahrlässigkeit, Verantwortungslosigkeit und Scheinheiligkeit, sagen viele auf den Straßen. Das Schlimmste an diesem Brasilien mit seinen zahllosen Anomalien sei, daß jedermann sich daran gewöhne. Gesellschaftliche Apathie und Lethargie seien typische soziale Phänomene in einem Land mit so verkümmerter Protestkultur. Brasilien stehe heute für „Chaos, Korruption, Straflosigkeit, Barbarei“. Daß im Parallelstaat der Slums beinahe täglich von den regierenden Banditenmilizen auf modernen Scheiterhaufen aus Autoreifen Mißliebige lebendig zwecks Einschüchterung der Armen öffentlich verbrannt werden – wen kümmerts, ob in Brasilien oder Deutschland?
Die Tragödie von Congonhas war vorhersehbar, betont auch der renommierte Psychologe und Therapeut Jorge Forbes: „Wir alle haben es gewußt – und wir alle haben es zugelassen.“
Deutschland zählt jährlich um die 5000 Verkehrstote, die zehntgrößte Wirtschaftsnation Brasilien mit nur etwa doppelt so hoher Bevölkerungszahl und weit geringerem Autobestand immerhin über 35500. Gemordet wird meist aus nichtigem Anlaß, jährlich über fünfzigtausendmal. Auch das sagt genug.
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Moderne Scheiterhaufen/2007
Stellen wir uns vor, in Havanna oder Moskau würden Oppositionelle, Bürgerrechtler lebendig verbrannt. Wie dann sofort westliche Medien, Regierungen, Institutionen, Parteien reagieren würden, weiß jeder. Aber halten wir uns an die Fakten.
In Lateinamerikas größter bürgerlicher Demokratie ist das lebendige Verbrennen von Mißliebigen jahrzehntelange Praxis, jenen Medien, Regierungen, Institutionen, Parteien von Anfang an bestens bekannt. Selbst Fotos, Augenzeugenberichte gehen schließlich regelmäßig durch brasilianische Zeitungen. Doch erwartete Reaktionen bleiben aus, brasilianische Menschenrechtsaktivisten sind tief enttäuscht. Jetzt hat der mehrfach preisgekrönte brasilianische Fotograf Rogerio Reis aus Rio de Janeiro seine neueste Arbeit den modernen Scheiterhaufen im Parallelstaat der Slums seines Landes gewidmet. Reis wird die Fotoinstallation in Paris zeigen, will die Weltöffentlichkeit über diese „Akte der Barbarei“ informieren, darüber eine Debatte in Gang bringen. Die Installation aus 24 Fotos heißt „Microondas“, Mikrowelle. So nennen die Slumdiktatoren des organisierten Verbrechens – und inzwischen auch der Volksmund – jene Scheiterhaufen aus Autoreifen, auf denen regelmäßig Menschen lebendig verbrannt werden. Auch, um damit Millionen von Bewohnern der Elendsviertel einzuschüchtern. Man stellt sich in die Installation von Rogerio Reis, ist dann umzingelt von großen Farbfotos, die sinnbildlich Autoreifen in Flammen abbilden. Auf journalistischen Schwarzweißfotos ist der Horror ganz konkret zu sehen. Die Reifen werden gewöhnlich über das gefesselte Opfer gestapelt und dann angezündet. „Aus Empörung über diese Akte der Barbarei, diesen unglaublichen Terror habe ich die Fotoinstallation geschaffen – eine Art von engagierter Kunst“, sagt Reis. „Daß da willkürlich Menschen gefoltert, außergerichtlich zum Tode verurteilt und schließlich verbrannt werden – das darf man doch nicht hinnehmen. Ein enger Freund von mir, der brasilianische Fernsehjournalist Tim Lopes, erlitt dieses Schicksal, ist eines der vielen Opfer. Ich will mithelfen, diese Zustände zu beseitigen – man muß endlich damit anfangen. Ich will die Mittel der Kunst nutzen, um anzuklagen.“
Reis stellte seine Installation jetzt sogar im Kulturzentrum der brasilianischen Bundesjustiz in Rio de Janeiro aus. Die Qualitätszeitung „O Globo“ schilderte zeitgleich – und zum wiederholten Male – in einer Artikelserie die Zustände in der Slumdiktatur. Die Zahl der Verschwundenen sei heute 54-mal höher als während des 21-jährigen Militärregimes. O Globo berichtete auch über die Sondergerichte der Slumdiktatoren, die drakonischen Strafen, die Scheiterhaufen. Sie sind kein neues Phänomen in der brasilianischen Demokratie, und wie Reis betont, wissen verantwortliche Politiker, internationale Menschenrechtsorganisationen und auch Intellektuelle Brasiliens seit langem detailliert darüber Bescheid. Auffällig indessen das Schweigen, die Indifferenz. “Diese Akte der Barbarei sind ein solcher Rückschritt im zivilisatorischen Prozeß, daß viele Leute den Tatsachen nicht ins Auge sehen, dies alles nicht wahrhaben wollen. Ich sehe da auch viel Scheinheiligkeit. Über diese grausamen Menschenrechtsverletzungen muß man diskutieren – doch just dies ist nicht erwünscht. Der Staat hat sämtliche Machtmittel, um diese Barbarei sofort zu beenden, doch dazu fehlt politischer Wille.“ Vertreter der Kirche, doch auch der renommierte Historiker Josè Murilo de Carvalho von der Bundesuniversität Rios, Mitglied der nationalen Dichterakademie, sind der Auffassung, daß durch die Slumdiktatur, das neofeudale Normendiktat der hochgerüsteten Banditenmilizen Protestpotential paralysiert, Rebellionen der Slumbewohner verhindert werden sollen. Eine Politisierung der Verarmten und Verelendeten werde ebenfalls blockiert. Die Gangsterkommandos dienten damit der Aufrechterhaltung politischer Stabilität – ganz im Sinne der Eliten. „Ich sehe das genau so“, sagt Fotograf Reis, „hier sind starke wirtschaftliche, politische Interessen im Spiel. Hochgestellte Figuren der Gesellschaft sind verwickelt, sind Nutznießer des organisierten Verbrechens. Auch darüber muß man debattieren. Zu meiner Ausstellung in Paris haben alle dortigen Vertreter der brasilianischen Regierung, angefangen vom Botschafter, offizielle Einladungen erhalten – das war mir wichtig.“
Der dunkelhäutige Schriftsteller Paulo Lins schrieb den sozialkritischen Bestseller „Cidade de Deus“, Gottesstadt, über einen Rio-Slum, war Co-Regisseur der Buchverfilmung. Die kam als „City of God“ in die europäischen Kinos, kippte bei vielen sozialromantische Brasilienklischees. „In City of God spiele ich den Pressefotografen – mit Paulo Lins arbeite ich ebenso eng zusammen wie mit dem Musiker und Poeten Marcelo Yuka, der auf seiner neuesten CD einen Titel diesen modernen Scheiterhaufen gewidmet hat. Da beschreibt er die Gefühle der Slumbewohner, wenn ihnen der Geruch brennender Autoreifen in die Nase steigt – und alle genau wissen, was ganz in ihrer Nähe geschieht. Marcelo Yuka wurde von neun Banditenschüssen getroffen, sitzt gelähmt im Rollstuhl.“
Auch in Deutschland macht man derzeit Gangsta-Rap und HipHop aus brasilianischen Slums hoffähig, tut wider besseres Wissen so, als handele sich um genuine, eigenständige, ganz wundervolle Kulturprodukte. Marcelo Yuka analysiert indessen, daß in der Slumdiktatur auch die Musikzensur heute oft schlimmer sei als in den 21 Jahren der Militärdiktatur Brasiliens. „Betrete ich einen Slum und benutze verbotene Begriffe, verbotene Kleidung, kann ich ermordet werden“, sagt Yuka zum Blättchen. „Zudem verhängen die Banditenkommandos Besuchsverbote für gegnerische Armenviertel. Musiker ihres Herrschaftsbereichs dürfen dort nicht auftreten. Das Verbrennen von Menschen mittels Autoreifen, das Zerstückeln von Opfern, die Folter sind heute in den Slums alltäglich. In einem Jahr werden mehr Menschen umgebracht als in der gesamten Diktaturepoche. Ich bin eingeladen worden, über diese Realität im Oktober in der UNO zu sprechen.“
Carla Rocha zählt zu den wichtigsten investigativen Journalistinnen Brasiliens, hat Yuka in ihrer O-Globo-Artikelserie auch zur Kulturzensur zitiert:“HipHop und Funk sind heute die typische Musik der Slums von Rio, es gibt viele Gruppen, Bands. Doch die gesamte kulturelle Produktion wird heute von den Gangstersyndikaten kontrolliert, zensiert. Natürlich darf in den Musiktiteln nur die Polizei kritisiert werden, nie das organisierte Verbrechen. Andernfalls würden die Musiker mit dem Tode bestraft. Die NGOs dort müssen sich ebenfalls dem Normendiktat unterwerfen. Um die Kontrolle über den Informationsfluß des Slums zu halten, hören Banditenkommandos die Telefongespräche der Bewohner ab, überwachen selbst den Austausch von E-Mails. Gangstermilizen befehlen, daß Kleidung bestimmter Marken, Geschäfte, Farben nicht getragen werden darf.“
Auf seiner neuesten CD „Sangueaudiencia“, erschienen bei Sony-BMG, beschreibt Marcelo Yuka all diese Zustände – zu hören sind auch Mano Chao, Marisa Monte und selbst der Landlosenführer Joao Pedro Stedile. Kuba hat annähernd so viele Einwohner wie Rio de Janeiro.
An Fakten orientierte Berichterstattung über soziokulturelle Tatbestände bestimmter Länder wird heute in Deutschland zunehmend durch Zensur behindert, verhindert. Wo, wie, in welchen Medien und Institutionen kräftig zensiert wird, kriegt man heute auch dank Google-Suche rasch heraus. Machen Sie einfach mal den Test, etwa mit einigen Stichwörtern aus diesem Beitrag.
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Einkommen, Armutsgrenze in Brasilien:
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/19/social-inequality-in-brazil-brasiliens-wichtigster-befreiungstheologe-frei-betto-lula-regierungsresultat/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/17/mit-rund-500-euro-familieneinkommen-in-brasilien-schon-mittelschicht-was-in-europa-gut-ankommt/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/20/brasiliens-kuriose-sozialstatistiken-mit-umgerechnet-rund-112-euro-monatseinkommen-laut-regierung-schon-mittelschicht/
Die hausgemachten Ursachen der gravierenden brasilianischen Wirtschaftskrise sind überall spürbar – nahezu ein ganzes Land in der Mentalitätsfalle. So dauern viele Arbeitsvorgänge in Brasilien zehnmal länger als in Nachbarländern wie Uruguay oder Argentinien, gar in Ländern der Ersten Welt – und mehr. Zumeist liegt es an der Lustlosigkeit der Beschäftigten sowie fehlender Qualifikation – ein Bewußtsein für Effizienz scheint bei einem Großteil schlichtweg nicht zu existieren. Daher bringt man beispielsweise derzeit in Sao Paulo durchaus bis zu einer Stunde in der Schlange der Supermarkt-Schnellkasse zu – auch weil etwa eine Halbanalphabetin darauf besteht, mit der Kreditkarte zu bezahlen – und x-mal den falschen Zahlencode eingibt, die Kassiererin dies zum Schaden der immer längeren Käuferschlange x-mal zuläßt. Man packt also seine Waren wieder in den Korb, wechselt in eine andere Schlange – und erlebt dort irgendeine andere Version brasilianischer Unterentwicklung.
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/27/boomland-brasilien-die-angeblich-aufstrebende-wirtschaftsmacht-warum-sind-wir-so-unproduktiv-fuhrende-wirtschaftszeitschrift-exame-beschreibt-brasiliens-enormen-wirtschaftlichen-ruckst/
- Kategorie: Brasilien
- Veröffentlicht: 18. April 2016
Wir dokumentieren nachstehend eine Erklärung des Außenministeriums der Republik Kuba zum laufenden institutionellen Staatsstreich in Brasilien:
Sektoren der rechten Vertretung der Oligarchie im Zusammenspiel mit der reaktionären Presse Brasiliens, mit offener Unterstützung der Transnationalen der Kommunikation und dem Imperialismus, haben im Abgeordnetenhaus dieses Landes den ersten Schritt hin zu einem parlamentarischen Staatsstreich gegen die legitime Regierung der Arbeiterpartei (PT) und der Präsidentin Dilma Rousseff vollzogen, den sie seit Monaten planen.
Es handelt sich um einen Angriff gegen die brasilianische Demokratie und die Rechtmäßigkeit einer von der Mehrheit des Volkes an den Urnen gewählten Regierung, der auf Beschuldigungen basiert, für die es weder Beweise noch rechtliche Grundlagen gibt, wie dies von der Präsidentin selbst, vom ehemaligen Präsidenten und Führer der PT Luiz Inacio Lula Da Silva und zahlreichen Führern linker politischer Parteien und sozialer Bewegungen Brasiliens angeprangert wurde.
Seit dem Jahr 2003, als zum ersten Mal, angeführt von Lula, die Arbeiterpartei die Regierung übernommen hatte, wurden in Brasilien wichtige soziale Programme mit großen Auswirkungen für die weniger besgünstigten Teile der Bevölkerung durchgeführt. Laut Aussage der Weltbank konnten 25 Millionen der Brasilianer dank Programmen wie „Bolsa Familia“ „Mi Casa, Mi Vida“ und „Hambre Cero“ der Armut entkommen. Brasilien wurde international zu einem einflussreichen Akteur in Verteidigung der gerechten Sache und zu einem Förderer der lateinamerikanischen und karibischen Integration.
Die putschende Opposition sucht den Zyklus der volksnahen Regierungen der Arbeiterpartei zu schließen und so dem ein Ende zu setzen, was an sozialen Leistungen für das brasilianische Volk erreicht wurde, um eine neoliberale Regierung einzusetzen, die die Plünderung der natürlichen Reichtümer dieses lateinamerikanischen Bruderlandes durch große transnationale Unternehmen ermöglicht, insbesondere die seiner immensen Reserven an Erdöl, Mineralien, Wasser und Artenvielfalt und die ihre Außenpolitik den hegemonischen imperialen Interessen unterordnet.
Dieser Putsch gegen die brasilianische Demokratie ist Teil einer reaktionären Gegenoffensive der Oligarchie und des Imperialismus gegen die lateinamerikanische Integration und die progressiven Prozesse in der Region. Zudem ist sie auch gegen die Länder der sogenannten BRICS – Gruppe gerichtet, die eine wichtige Einheit von mächtigen Ökonomien bildet, die die Hegemonie des US- Dollar herausgefordert hat.
Das Außenministerium der Republik Kuba verurteilt energisch den parlamentarischen Staatsstreich, der in Brasilien stattfindet und unterstützt entschlossen das Volk und die legitime Regierung dieses Bruderlandes, sowie die Präsidentin Dilma Rousseff, in Verteidigung der politischen und ökonomischen Fortschritte und des während der Regierungen der Arbeiterpartei auf sozialem Gebiet Erreichten.
Havanna, 17. April 2016
Quelle: Granma / RedGlobe
Mensch und Müll 2016 – die verelendete Sklavennachfahrin von Sao Paulo/Brasilien. Mülltüten, Müllsäcke als einzige Kleidung – vergebliches Betteln um ein paar Münzen, keinerlei Zeichen von Solidarität mit dem Opfer von Rassismus, Neoliberalismus, vertiefter Wirtschaftskrise. ” „Man setzt sie mit Müll gleich. Und das Schlimme ist: Die Obdachlosen sagen selber schon, ich bin kein Mensch, ich bin Müll.” Sandra Stalinski, Missionarin auf Zeit aus Deutschland. **
Müllsäcke an Sao Paulos “Avenida Paulista” der Großbanken und Shopping Center – oder ein verelendeter Mensch?
Rund zwei Monate vorher:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/12/28/brasilien-2015-die-krise-und-die-alltagsdramen-halbnackte-obdachlose-sklavennachfahrin-nur-mit-plastetuetenresten-notduerftig-bekleidet-bettelt-auf-stadt-avenida-von-sao-paulo-reichste-stadt-lat/
Brasilien – US-Hinterhof, strategischer Partner der Merkel-Gabriel-Regierung…
Nicht ungewöhnlich, wenn einem in Amazonasstädten wie Manaus nachts in der Hafenregion eine völlig nackte, verelendete Frau auf der Straße begegnet.
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/02/12/brasiliens-aktuelle-epidemien-2016-starke-zunahme-bei-denguefieber-faellen-laut-offiziellen-angaben/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/05/brasilien-%E2%80%93-kirche-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/22/brasilien-die-barbarischen-regeln-des-organisierten-verbrechens-von-sao-paulo-hat-ein-drogensuchtiger-der-slums-drogen-schulden-bei-den-dealern-werden-ihm-sofort-die-schulden-erlassen-wenn-er-e/
http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/05/brasilien-%E2%80%93-kirche-und-gesellschaft-sammelbandtexte/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/22/brasilien-die-barbarischen-regeln-des-organisierten-verbrechens-von-sao-paulo-hat-ein-drogensuchtiger-der-slums-drogen-schulden-bei-den-dealern-werden-ihm-sofort-die-schulden-erlassen-wenn-er-e/
Gelegentlich ein paar Münzen ergattern durch Sammeln von Alubüchsen, Flaschen…
Weiterziehen im Tropengewitter.
H
Hintergrund von 2008:
Sao Paulo – Reichtum, Elend, Obdachlose. Hedwig Knist, Sandra Stalinski. **
Bei Brasilien denken die meisten Europäer immer zuerst an Rio de Janeiros kleine Schokoladenseite, den Zuckerhut, den Copacabanastrand, Samba und Karneval. Dabei ist das 430 Kilometer entfernte subtropische Sao Paulo zwar keineswegs schöner, aber viel interessanter und nicht nur Brasiliens, sondern ganz Lateinamerikas Kultur-und Gastronomiehauptstadt. Hier dirigierte John Neschling das beste Sinfonieorchester Lateinamerikas, hier leben die populärsten Musiker des Tropenlandes “ das Sertaneja-Duo Zeze di Camargo und Luciano. Hier werden jährlich an die tausend Theaterstücke inszeniert.
Nicht zufällig bildet das kosmopolitische Sao Paulo vor Rio den wichtigsten touristischen Anziehungspunkt des Tropenlandes. Viel mehr Deutsche steuern Sao Paulo an, nicht Rio. Die nach Tokio und Mexico-City drittgrößte Stadt der Welt ist zudem Lateinamerikas Industriemetropole, zählt an die tausend deutsche Unternehmen und erwirtschaftet ein höheres Bruttosozialprodukt als ganz Argentinien. Extreme Sozialkontrasten fallen indessen beinahe überall ins Auge – auch die über zweitausend Slums sind nicht zu übersehen. Sao Paulo zählte einmal zu den schönsten Städten des Erdballs – hemmungslose Geldgier, kollektive Unvernunft und provozierender Individualismus haben sie in eine der häßlichsten verwandelt. Sao Paulo ist heute auch Symbol lateinamerikanischen Sozialdarwinismus. Manche verdrängen lieber, schauen nicht hin – doch die Situation der marginalisierten Paulistanos, darunter der Obdachlosen, schockiert.
„Unser Land ist besudelt von Korruption, Gewalt und Lügen”, ruft Padre Julio Lancelotti vor der Kathedrale von Sao Paulo aus und ärgert damit manche Vorübergehenden. Übertreibt der Kirchenmann nicht unverschämt? Aus dem Präsidentenpalast in Brasilia kommen schließlich permanent positive Nachrichten über Wirtschaftswachstum, Rekordausfuhren und sozialen Fortschritt, was auch in Europa Beifall findet. Doch Lancelotti zählt zu Brasiliens führenden Menschenrechtsaktivisten, kordiniert in Sao Paulo das weltweit einzige Vikariat für Obdachlose und sieht die riesigen, entsetzlichen Slums an den Peripherien der Millionenstädte auch unter der Lula-Regierung immer rascher wachsen. Vor der Kathedrale prangert er mit Gleichgesinnten an, daß ein im August 2004 an Obdachlosen verübtes Massaker immer noch nicht aufgeklärt ist, tatverdächtige Militärpolizisten unbehelligt bleiben. Acht Männer und Frauen wurden damals mit Eisenstangen totgeschlagen, weiteren sechs wurde der Schädel zertrümmert – doch sie überlebten. „Das Blutbad gehört zur Schande Brasiliens”, so Lancelotti, „selbst Sklavenhalterkultur und Folter existieren weiter.” Der Padre erhält Morddrohungen, wurde mehrfach von Unbekannten attackiert, man setzte sogar einen bezahlten Killer auf ihn an. „Jetzt fürchten wir mehr denn je um sein Leben”, sagt die Deutsche Hedwig Knist, die seit acht Jahren in Sao Paulo die katholische Obdachlosengemeinde nahe dem Luz-Bahnhof leitet. Wegen der zunehmenden Arbeitslosigkeit verlieren immer mehr Familien ihre Bleibe, kampieren direkt an der Gemeindekirche, unter den vielen Hochstraßen Sao Paulos – Szenen wie in Haiti, Kalkutta oder Lagos. Den Bessergestellten sind die Verelendeten vor allem in der City ein Dorn im Auge. An Lateinamerikas Leitbörse, protzigen Bankenpalästen, Oper und Pinakothek, Shopping Centers und Nobelrestaurants ärgern sich High Society und Schickeria über die zerlumpten, verzweifelten, teils übelriechenden und psychisch gestörten Gestalten, wollen von denen nicht angebettelt werden. Die Stadtverwaltung will deshalb das Zentrum von ihnen säubern. „Die sollen alle weg, an die überfüllte Peripherie, werden teilweise rausgeprügelt”, so Hedwig Knist, „immer mehr Obdachlose und Straßenkinder werden mißhandelt.” Natürlich wenden sich die Erzdiözese und ihre Obdachlosenseelsorge gegen eine solche Vertreibungspolitik, pochen auf die Menschenrechte der „Moradores da Rua”(Straßenbewohner). „Deshalb werden wir von den Autoritäten gehaßt.” Die Gemeindereferentin aus der Diözese Mainz macht interessante Rechnungen auf: Allein in der City stehen vierzigtausend Wohnungen leer – mehr, als es Obdachlose in Sao Paulo gibt. Würde jede Firma der lateinamerikanischen Wirtschaftslokomotive einem einzigen Obdachlosen Arbeit geben, wäre das Problem aus der Welt. Was auch Hedwig Knist besonders provoziert: Sao Paulo ist Lateinamerikas reichste Stadt, Brasilien immerhin die zehnte Wirtschaftsnation – genügend Geld für Soziales ist de facto vorhanden. Spenden aus Deutschland wären gar nicht nötig. Doch im neoliberal regierten Brasilien wollen die Betuchten nicht abgeben, ist eine gerechtere Einkommensverteilung nicht in Sicht. Ohne Spenden kirchlicher deutscher Hilfswerke wie Adveniat wäre auch wirkungsvolle Obdachlosenbetreuung nicht möglich. „Hedwig hat mir Auswege gezeigt, mich in Momenten der Schwäche und Unsicherheit bestärkt, bis ich es geschafft habe”, sagt Eliana de Santana. „Mit meiner kleinen Tochter lebte ich im Dreck – doch dank Hedwig und ihren Gemeindeprojekten konnte ich öffentliche Gesundheitsbetreuerin werden, habe jetzt eine winzige Wohnung.” Sie kümmert sich in der City um kranke Obdachlose, erzwingt notfalls deren Behandlung in Kliniken. „Straßenbewohner werden diskriminiert – eine Frau hat man vor der Hospitalpforte sterben lassen!” Hedwig Knist umarmt vorm Gottesdienst die über dreißigjährige Berenice. ”Zehn Jahre hauste sie wie ein Tier zwischen Müll” – jetzt macht sie Abendschule, arbeitet in der Gemeindewerkstatt, lebt in einem Wohnprojekt.
Obdachlose in Deutschland – Obdachlose im riesigen Brasilien – überhaupt kein Vergleich. Jene wenigen, die in deutschen Fußgängerzonen, auf Straßen und Plätzen betteln, schlafen, herumhängen, sind gegenüber ihren brasilianischen Schicksalsgenossen geradezu in einer luxuriösen Situation. Niemand käme auf die Idee, an denen von Berlin, Frankfurt oder München Massaker zu verüben, sie lebendig zu verbrennen, gar beim Vorbeifahren aus dem Auto heraus zu erschießen. In Brasilien ist das alltäglich, Sandra Stalinski aus Aschaffenburg erlebt es als „Missionarin auf Zeit” mit. „Von den Opfern in Sao Paulo habe ich einige gut gekannt, alles hilflose Menschen, die Schwächsten der Schwachen, gezielt ausgesucht. Ich bin deshalb psychisch richtig zusammengebrochen, habe stundenlang geweint. Die Tatorte sind ja immerhin mein Arbeitsbereich. Das Massaker, denke ich, wurde aus politischen Gründen kurz vor Kommunalwahlen inszeniert, um es politisch auszuschlachten.” Denn Sandra Stalinski macht der ganze Medienrummel um den Fall stutzig, die gegenseitigen Anschuldigungen der Politiker. Soviel öffentliche Resonanz sei nicht normal, man hätte alles auch unter den Tisch kehren können.
–„Ich bin kein Mensch, ich bin Müll”
Wie üblich, wenn es „Sem-Teto”, Obdachlose, trifft, die häufig von der autoritären, egozentrischen Gesellschaft Brasiliens wie Nicht-Menschen betrachtet werden. „Man setzt sie mit Müll gleich. Und das Schlimme ist: Die Obdachlosen sagen selber schon, ich bin kein Mensch, ich bin Müll.” Um so nötiger ist soziale Betreuung, die „Missionaria” Stalinski nicht etwa weit entfernt an der Slumperipherie, sondern sogar mitten in der modernen City, neben dem pompösen Gebäude der lateinamerikanischen Leitbörse und den Großbanken, unweit feiner Manager-Restaurants, leistete. Oder selbst auf den Stufen der Kathedrale, oft gleich unter Gruppen tief verzweifelter, teils stark betrunkener Obdachloser. Unter all den Menschenmassen quält diese, einsam, ausgestoßen, ausgeschlossen zu sein – um so dankbarer für Hilfe, ein tröstendes Wort, ein Gespräch.
„Auf dem Platz davor sieht man alles – Überfälle, Streit und Tod.” Denn die skandalösen Sozialkontraste Brasiliens liegen noch so offen wie zur Sklavenzeit: Manager in feinem Tuch, aufgeputzte Chefsekretärinnen kreuzen in Sao Paulos Innenstadt tagsüber alle paar Schritte Obdachlose, Bettler, Verkrüppelte, gar alte, zerlumpte schwarze Frauen, die sich ächzend vor hochbeladene Lastkarren spannen. Das Massaker geschah just in der trubeligen City – nur zu viele der Privilegierten haben sich an den Anblick jener etwa 16000 Straßenbewohner Sao Paulos, „Moradores da Rua”, schlichtweg gewöhnt, nehmen sie kaum noch wahr, unglaubliche Indifferenz dominiert. In Deutschland gäbe es nach solchen Untaten einen öffentlichen Aufschrei – hier stößt Sandra Stalinkski sogar während eines kleinen Protestmarsches auf offene Abweisung – ihre Flugblätter werden von nicht wenigen Schlipsträger aus Banken, Geschäftshäusern abgelehnt:”Nee, kannste behalten, interessiert mich nicht. Da ist mir die Galle hochgekommen – soviel Ignoranz!” Obdachlosen, so sagen viele, „verschmutzen” das Stadtbild, verrichten ihre Notdurft überall – auch wegen ihnen stinkt es in den brasilianischen Großstädten vielerorts barbarisch nach Urin und Menschenkot.
Sandra Stalinski arbeitete vorwiegend in einem Nachtasyl für 120 Männer, wird zwangsläufig Expertin in hausgemachter brasilianischer Sozialproblematik, auch brasilianischer Religiosität. Denn überall stößt sie auf einen ihr völlig neuen Bezug zu Gott:”Die Brasilianer sind viel religiöser als wir Deutschen, leben den Glauben wesentlich emotionaler, feiern Gottesdienste viel gefühlvoller, mit Liedern und Gesten. Man tanzt dort sogar, was ich gleich gar nicht kannte. Auch die Obdachlosen sind religiös und sagen, daß es letztendlich in Gottes Hand liege, ob sie sich aus dieser Situation befreien können. Sie sind fatalistisch, passiv, finden sich mit ihrem Schicksal ab, meinen, daran nichts ändern zu können. Ihre Lage sei scheinbar Gottes Wille. Und so eine Haltung kritisiere, hinterfrage ich natürlich.” Doch kaum Resonanz, wie die Missionarin verkraften muß. „Mit denen darüber zu reden, ist ganz schwierig, da habe ich eigentlich keine Chance.” Sie beobachtet zudem, wie sogar direkt vor der Kathedrale tagtäglich zahlreiche Sektenprediger agieren, mit der Bibel in der Hand allen Ernstes wie wild herumspringen. Das einerseits so moderne Sao Paulo ist auch Zentrum archaischster Wunderheiler-und Exorzisten-Sekten, die man bestenfalls weit im Hinterland vermutet hätte. „Ich empfinde das schockierend, laufe in den Straßen an Hallen vorbei, wo gerade ein Sektenpriester schreit, über den Satan spricht. Manche Obdachlose erzählen von Sekten, haben einen sehr fundamentalistischen Glauben, nehmen die Bibel wortwörtlich. Bei ihnen hat jedes zweite Wort mit Gott zu tun. Auf der Straße, unter den Obdachlosen gibts alle möglichen Religionen, wahnsinnig viele Freikirchen. Wir sind daher in den Projekten von „Rede Rua” ökumenisch, nicht nach einer bestimmten Religion ausgerichtet, halten keinen rein katholischen Gottesdienst, aber Gebetsstunden ab, feiern natürlich religiöse Feste wie Ostern und Weihnachten. Ganz besonders wichtig für die Bewohner der Straße.”
Die ganze zwiespältige, komplexe, widersprüchliche Obdachlosenproblematik wird von der Missionarin sachlich, illusionlos gesehen, ohne sozialromantische Scheuklappen. Da in Brasilien ein soziales Netz wie in mitteleuropäischen Ländern fehlt, geht der Absturz in die Obdachlosigkeit ganz rasch, oft von heute auf morgen. ”Man verliert die Arbeit, dann ganz schnell auch die Wohnung “ und wohin dann? Auf die Straße.” Andere sind aus tausende Kilometer entfernten Regionen Brasiliens quasi nach Sao Paulo eingewandert, hofften in der Industriestadt auf einen Job, hörten wohl nichts von grassierender Rekordarbeitslosigkeit.
–Machismus, Alkoholismus und harte Drogen”
„Wenn Ehen auseinanderbrechen, gehen die Männer oft aus Wut und Trotz einfach weg, landen auf der Straße – fast nie die Frauen. Das hat viel mit dem lateinamerikanischen Machismus zu tun. Die Männer sind unheimlich stolz, sehr machistisch, sehen es nicht ein, etwa ihren Teller abzuwaschen, ihre Sachen zu säubern. Und bei Entlassung halten sie es einfach nicht aus, daß die Frau für den Lebensunterhalt der Familie sorgt – und flüchten einfach, greifen zur Flasche.” Absurderweise ist simpler Zuckerrohrschnaps, Cachaca, in Brasilien billiger als Milch – was würde sich in Deutschland abspielen, wenn der Liter Wodka oder Korn weit weniger als einen Euro kostete? „Für die brasilianischen Männer ist es fast normal, Cachaça zu trinken und in einer schwierigen Situation in den Alkoholismus abzurutschen.” Kokain, Crack kosten im Vergleich zu Deutschland ebenfalls nur Spottpreise, sind daher selbst für Slumbewohner erschwinglich. Schnaps, Rauschgift dienten zum Ruhigstellen von Problemgruppen, etwa Strafgefangenen, würden deshalb in die Knäste bewußt hineingelassen – sagen selbst katholische Pfarrer. „In unserem Nachtasyl sind 98 Prozent alkohol-oder drogenabhängig”, so Sandra Stalinski, „ein Problem, mit dem wir ganz viel zu kämpfen haben, das sie aber nicht thematisieren.” Abends deshalb immer dasselbe Ritual: „Wenn die Leute unheimlich betrunken ankommen, würden sie in der Herberge Streit anfangen, gäbe es Konflikte. Also lassen wir sie erst vor der Tür warten, etwas nüchterner werden.” Bei den Männern stößt sie teils auf tiefste Verwahrlosung, gar Verrohung – auf einen Teufelskreis, nur ganz schwer zu durchbrechen. Denn das Leben auf der Straße ist unbeschreiblich hart, auch grausam:”Da kann man nicht zartbesaitet sein, da muß man auch zum Messer greifen und töten, um sein eigenes Leben zu schützen – diese Leute leben in einer ganz anderen Welt.” Viele lehnen es ab, nachts eine Herberge aufzusuchen, weil sie sich dort bestimmten Gemeinschaftsregeln unterwerfen müßten:”Da wird man nur gedemütigt, ich bin doch kein Hund, der an der Kette laufen muß!” Sie schlafen lieber in der „Freiheit” der Straße, trotz aller Gefahren. Doch jenen „Sem-Teto”, die in Sandra Stalinskis Asyl kommen, soll ihre Autonomie, Selbständigkeit wiedergeben werden – dafür dienen die Seelsorge, die unzähligen stundenlangen nächtlichen Einzelgespräche, all die Kurse. „Wir wollen nicht, daß sich die Leute an das Straßenleben gewöhnen, nur jeden Abend im Asyl essen, duschen, schlafen, ohne etwas dafür tun zu müssen. Das kann zu einer Form von Bequemlichkeit werden. Es gibt Leute, die das Asyl als angenehme Möglichkeit empfinden, Geld einzusparen – weil sie weniger verdienen oder auch weniger arbeiten.” Sandra Stalinski macht mit allen Kunstworkshops, malt, zeichnet mit ihnen, entdeckt die unglaublichsten Talente. Was denken sie über Deutschland? „Das Paradies, das gelobte Land, wo jeder reich ist, das Geld schier vom Himmel fällt.” Doch was weiß der deutsche Normalbürger über Brasilien? „Fußball, Samba, Caipirinha, Rio de Janeiro und die Strände als weltweit verkauftes Markenzeichen – das Elend hier ist in Deutschland niemandem bewußt.”
An der Peripherie Sao Paulos wachsen die Slums um über zehn Prozent jährlich, das Obdachlosenproblem verschärft sich zunehmend. „Weitere Massaker können geschehen”, schreibt die kleine Zeitung des „Rede-Rua”-Hilfswerks, bei der Sandra Stalinski ebenfalls mitarbeitet. „Präfektur, Staat und die Obdachlosen selber müssen endlich aktiv werden!”
In Rio de Janeiro ist die Lage keineswegs anders – die nach dem Diktator, Judenhasser und Hitlerverehrer Getulio Vargas benannte City-Avenida wird nachts zum Schlafsaal. Auf einem Kilometer nächtigen stets rund zweihundert Obdachlose. In Sao Paulo sprießen überall „Mini-Favelas” gar an Straßenecken, Fabrikmauern. Diözese-Soziologin Eva Turin analysiert, daß die Gesellschaft heute abgrundtief individualistisch, immer weniger solidarisch sei. Daß die Gutbetuchten der besseren Viertel ihren Konsumismus, den zunehmend stärker konzentrierten Reichtum nicht etwa verstecken, sondern sogar immer offener zur Schau tragen, sei „eine Aggression, eine Provokation, ein direkt obszöner Akt gegenüber den Armen.” So wie an der Avenida Paulista – „der eine liegt krank vor Hunger auf der Straße, der andere fährt mit dem Importauto für hunderttausend Dollar vorbei.” Eva Turin meint, daß die Mittel-und Oberschicht diese Sozialkontraste bewußt verdrängt.
Marcio Pochmann, renommierter Wirtschaftsexperte, sieht einen Zusammenhang zwischen Bereicherung und Dekadenz. Die Reichen von heute entstammten immer weniger den legalen produktiven Sektoren der Gesellschaft, Geldgier mache sie zunehmend entfremdeter. Der Prozeß unproduktiver Bereicherung gehe unverändert weiter, damit auch die sozioökonomische Dekadenz im Lande.
Obdachloser, stark abgemagert und geschwächt, bei Apriltemperatur 2016 von 15 Grad, ohne Hemd, in Lateinamerikas reichster Stadt Sao Paulo. Die Erfahrung zeigt, daß Menschen dieses Elendsstadiums rasch Opfer einer Unterkühlung oder irrationaler Gewalt werden, diese gar ein Auto überrollt. Mangels Ausweispapieren, fehlender staatlicher Bemühungen um eine Identifikation werden tote Verelendete dann gewöhnlich in Massengräber geworfen. Der Mann sieht täglich, wie Madames ihre wohlgenährten, exzellent gepflegten Hunde an ihm vorbeiführen – er kann als Mensch nicht erwarten, wenigstens annähernd so gut behandelt zu werden wie ein Hund. Sozialdarwinismus pur, neoliberale Herzenskälte allerorten.
http://das-blaettchen.de/2010/08/brasiliens-massengraeber-2172.html
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/22/brasilien-die-barbarischen-regeln-des-organisierten-verbrechens-von-sao-paulo-hat-ein-drogensuchtiger-der-slums-drogen-schulden-bei-den-dealern-werden-ihm-sofort-die-schulden-erlassen-wenn-er-e/
Die Ära der Desinformation, “Era da Desinformacao” – Stephen KaDer Mann sieht täglich, wie Madames ihre wohlgenährten, exzellent gepflegten Hunde an ihm vorbeiführen – er kann als Mensch nicht erwarten, wenigstens annähernd so gut behandelt zu werden wie ein Hund. Sozialdarwinismus pur, neoliberale Herzenskälte allerorten.nitz. “Die Inszenierung der Politik in den Medien” – Ulrich Saxer, Publizistikwissenschaftler, Universität Zürich. Joachim Gauck und Guido Westerwelle in Brasilien. **
http://www.kanitz.com/veja/era_da_informacao.asp
Ulrich Saxer, Publizistikwissenschaftler: “Das Ereignismanagement zur Erreichung einer wunschgemäßen Medienpräsenz stellt ein strategisches Instrument der politischen Akteure dar.
Während Journalisten Gefahr laufen, quasi instrumentalisiert zu werden, ist bei der Nutzung der technologischen Innovation zur Erreichung der unterschiedlichen Ziele gleichzeitig ein symbiotisches Verhältnis zwischen Medienwirtschaft und Politik zu beobachten…Unter den Nachrichtenwerten hat sich im Gefolge szenischer Medien derjenige der Personalisierung, der Anbindung des politischen Geschehens an bestimmte Persönlichkeiten und deren Eigenschaften, weiter an Gewicht gewonnen, gewissermaßen umgekehrt proportional zur wachsenden Abstraktheit durchorganisierter moderner Politik…Daß all dies der Erhöhung der Rationalität von demokratischer Politik dienlich sei, darf füglich bezweifelt werden. Und wie sehr diese unter dem Einfluß von Multimedia gar noch zum virtuellen Theater verkommt, wird die Zukunft weisen.”
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/26/pressefreiheit-in-brasilien-von-58-auf-99-platz-zuruckgefallen-auf-welt-ranking-von-reporter-ohne-grenzen/
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/01/26/brasiliens-autor-und-filmemacher-paulo-linscity-of-god-zur-pressefreiheitwurde-ich-die-realitat-so-schildern-wie-sie-ist-konnte-man-das-garnicht-publizieren/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Brasiliens sichtlich erfolgreiche Auslandspropaganda: http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/10/medienqualitat-heute-weitere-gezielte-niveauabsenkung-konstatiert-und-offenbar-wissen-wir-trifft-der-trend-allgemein-zu-der-in-der-schweiz-beobachtet-wurde-von-der-gesellschaft-und-der-welt-im/
Joachim Gauck in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/
Guido Westerwelle in Brasilien: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/12/26/guido-westerwelle-war-gestern-der-spiegel-westerwelle-in-brasilien-keinerlei-kritik-an-gravierenden-menschenrechtsverletzungensystematische-folter-todesschwadronen-liquidierung-von-menschen/
Wer hatte Recht – der brasilianische Systemkritiker oder Lob-und-Hudel-Steinmeier(SPD) neben Lula? Systemkritiker Machado hatte Spruchbänder entrollt: “Brasilien ist das Land der Korruption – Brasilien verbreitet Lügen über seine wirtschaftliche Realität”.
Im Website-Interview des August 2015, kurz vor dem Eintreffen Merkels, erinnert sich Marcelo Machado Pereira, der heute bei Sao Paulo als Informatiker tätig ist, noch einmal an die näheren Umstände seines Protestes – und wie ihn SPD-Funktionäre aus der Steinmeier-Lula-Veranstaltung wiesen, ihm die Protestplakate wegnahmen. Pereira sieht Parallelen zwischen der SPD-CDU-Koalition in Berlin und dem Regierungsbündnis zwischen Lulas Arbeiterpartei PT und PMDB in Brasilia. Er bekräftigt seine Kritik an in-und ausländischen Medien, die Brasiliens wirtschaftlich-politische Realität falsch darstellen. Bemerkenswert, daß die gewöhnlich so auf Dissidenten versessene deutsche Journaille 2012, die Tagesschau, andere Staatsfunksendungen, nicht die Gelegenheit ergriffen, um mit Pereira sofort Interviews zu führen…Während seines Deutschland-Aufenthalts hatte Pereira erstaunt, amüsiert, daß nicht wenige politisierte Deutsche Lula regelrecht für einen “Gott” hielten – “obwohl doch Deutschland gar kein spirituelles Land ist. Lula wurde von diesen Leuten ein Heiligenschein verpaßt”, seien absurde Mythen über Lula kultiviert worden.
Wer sich die Mühe macht, einmal die Kritik von Marcelo Machado Pereira von 2012 mit dem damaligen Lob-und Hudel-Brasilien-Agitprop des straff gesteuerten deutschen Mainstreams zu vergleichen, kommt ins Staunen…Berufslügner von damals sind weiter in Amt und Würden.
“Südamerikas Vorzeigestaat”. Illustrierte DER SPIEGEL 2012, im Jahre des Protests von Marcelo Machado Pereira.
Lula in Berlin 2012 – brasilianischer Systemkritiker “rasch entfernt” aus Steinmeier-Veranstaltung: http://www.hart-brasilientexte.de/2012/12/07/brasiliens-ex-prasident-lula-in-berlin-diskussion-mit-frank-walter-steinmeier/
Lula 2016 – die Bundespolizei führt ihn zum Verhör ab, durchsucht sein Haus – eine Positionierung von SPD-Steinmeier?
SPD-Politiker Steinmeier und Lula 2012 in Berlin – heikle Menschenrechtsfragen, darunter die fortdauernde Folter, Todesschwadronen, Scheiterhaufen, Sklavenarbeit. gravierender Rassismus etc. offenbar bewußt ausgeklammert. Das offizielle Thema der Steinmeier-Lula-Veranstaltung: “Auf dem Weg zur Weltmacht: Brasiliens Rolle in der globalen Ordnung”. Bekanntlich kann von einem Weg Brasiliens auf dem Weg zur Weltmacht keine Rede sein, wie bereits 2012 die Basisdaten und Basisfakten des Landes zeigten.
Aus der Veranstaltungsanzeige:“In wenigen Jahren wird Brasilien zu den fünf wichtigsten Volkswirtschaften der Welt zählen. Auf der internationalen Bühne hat sich Brasilien als global player etabliert, der seine Interessen selbstbewusst vertritt.”
Ausriß.http://www.hart-brasilientexte.de/2011/09/20/brasilien-daten-statistiken-bewertungen-rankings/
Offizielles Regierungsfoto – Steinmeier und Dilma Rousseff 2015 in Brasilia.
Meinungsführer, Machteliten, gesteuerte Medien:
“Ich glaube, ihr seid auf einem fabelhaft gutem Wege.” Schmidt zu Lula 2009 in der Merkel-Stadt Hamburg…Ausriß. 2016 wird Lula von der Bundespolizei zum Verhör abgeführt, wird sein Haus durchsucht. Warum Lula unter hohen deutschen Politikern, in deutschen Islamisierungsparteien soviele Freunde, Unterstützer hat…
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/12/05/bodo-ramelow-und-die-wertvorstellungen-seiner-spd-partner/
Schmidt:”Ich kenne Oskar Niemeyer – und ich habe einen großen Respekt vor ihm…Ich war einer, der dafür gesorgt hat, daß er den japanischen kaiserlichen Kunstpreis für Architektur bekommen hat. So habe ich Oskar Niemeyer in Tokio kennengelernt.”(Extrem stark beschnittenes Gespräch Schmidt-Lula auf youtube)
“Ist Brasilia unmenschlich?” DIE ZEIT 1967, Helmut Schmidt/SPD ist noch nicht Mitherausgeber, steuert noch nicht die Inhalte:http://www.zeit.de/1967/50/ist-brasilia-unmenschlich/komplettansicht?print=true
Oscar Niemeyer und das Massaker an Bauarbeitern während der Errichtung von Brasilia:
http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/11/brasilia-50-und-das-massaker-an-bauarbeitern/
Lula bei Schmidt in Hamburg. http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/11/helmut-schmidt-2015-gestorben-mainstream-verbreitet-falschmeldungen-kuriose-mythen-schmidt-hatte-angeblich-den-damaligen-gewerkschaftsfuehrer-lula-begehrt-bei-unternehmern-als-verhandlungs-und-g/
Annette Schavan, Deutschlands Bildungs-und Forschungsministerin, mit Brasiliens Forschungsminister Sergio Rezende in Sao Paulo. “Mit Brasilien die Fragen der Zukunft beantworten.” Brasilien liegt auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung weit abgeschlagen nur auf Platz 84. **
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/14/annette-schavan-deutschlands-bildungs-und-forschungsministerin-in-sao-paulo/
In der UNESCO-Bildungsstatistik liegt Deutschland auf Platz 13, Brasilien nur auf Platz 88. Entsprechend gering ist in Brasilien u.a. das Verständnis für deutsche Kultur – erheblich größer in Ländern Lateinamerikas, die bessere Plätze belegen. http://www.unesco.org/new/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/ED/pdf/gmr2011-efa-development-index.pdf
Hausen an stinkender Kloake 2011 – in Lateinamerikas reichster Stadt Sao Paulo. “Ich lebe hier schon 14 Jahre so in dieser Kate.”(Mutter von vier Kindern)
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/12/07/brasiliens-boom-und-die-slumhutten/
Rezende zur Atomenergie: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/03/29/%e2%80%9eatomenergie-erweist-sich-als-alternative-%e2%80%93-fahig-dazu-den-bedarf-selbst-in-grosen-dimensionen-zu-decken-in-sauberer-und-sicherer-weise-die-regierung-von-prasident-lula-unterstutzt/
Willy Brandt und sein Diktatur-Amtskollege José Magalhaes Pinto: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/14/steinigen-im-iran-unter-ahmadinedschad-und-in-brasilien-unter-lula-lula-konnte-sich-uber-die-tatsache-beunruhigen-das-brasilien-zu-den-landern-gehort-in-denen-am-meisten-gelyncht-wird-jose/
Bundespräsident Horst Köhler in Sao Paulo.
http://www.hart-brasilientexte.de/2011/01/09/todesschwadronen-in-brasilien-menschenrechtspolitik-unter-lula-rousseff-polizisten-kommandieren-ausrottungskommandos-im-ganzen-land-viel-lob-aus-europa-fur-brasilias-kurs/
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/07/05/scheiterhaufen-in-sao-paulo-mindestens-15-menschen-in-der-megacity-seit-jahresbeginn-lebendig-verbrannt-laut-landesmedien-fogo-para-matar-rivais/
http://www.deutsch-brasilianisches-jahr.de/de/184.php
http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/
Katholischer Bischof Angelico Sandalo Bernardino in Sao Paulo 2011: “Brasiliens durchlebt derzeit eine enorme politische Krise. Brasilien ist zwar theoretisch eine Republik, doch die republikanischen Prinzipien werden mißachtet. In der Verfassung von 1988 heißt es, alle Brasilianer hätten die gleichen Rechte. Doch in Wahrheit ist dies eine Lüge. Es reicht aus, in die Slums zu gehen. Wir müssen uns von der Diktatur der wirtschaftlichen Macht befreien – und von einer politischen Macht, die sich der wirtschaftlichen Macht unterwirft.”
Der Unterschied zwischen der katholischen Kirche Brasiliens und den Staats-und Regierungskirchen Deutschlands ist sehr groß.
“Steinmeier gibt “Colonia Dignidad”-Akten frei”. Tagesschau, 27.4. 2016. “Während der Diktatur von Augusto Pinochet (1973-1990) diente die Siedlung zudem als Folterzentrum des Geheimdienstes.” Wann werden die wichtigsten Geheimakten zum Thema freigegeben, die zu den Folterdiktaturen in Brasilien und Argentinien, zur engen Zusammenarbeit von Willy Brandt, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher mit diesen Regimes? Bemerkenswert, daß Grünen-Außenminister Joseph Fischer nichts zur Öffnung von hochbrisanten Geheimakten unternahm… **
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/colonia-dignidad-frank-walter-steinmeier-rede-auswaertiges-amt
http://www.hart-brasilientexte.de/2014/03/31/foltertechnologie-der-bundesrepublik-deutschland-fur-die-militardiktatur-brasiliens-regimegegner-ivan-seixas-direktor-der-gedenkstatte-memorial-des-widerstands-in-sao-paulo-bekraftigt-im-websit/
http://www.hart-brasilientexte.de/2016/04/06/willy-brandt-airport-helmut-schmidt-airport-gar-hans-dietrich-genscher-airport-kuriose-mythenbildung-verschweigen-von-biographie-fakten/
Diktaturopfer – getötete Regimegegnerin, Foto von kirchlichen Menschenrechtsaktivisten Brasiliens.
Wie die Militärdiktatur Frauen folterte: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/15/brasiliens-militardiktatur-uberlebende-von-verfolgung-und-folter-clarice-herzog-witwe-des-ermordeten-judischen-journalisten-vladimir-herzog-und-regimegegner-waldemar-rossi-heute-fuhrer-der-bisch/
Dimas Lins – Brasilien, Landesmentalität
Em Porto Alegre, desde o dia anterior, um homem velho está jogado numa maca no corredor de um hospital público e agoniza. Sem assistência médica, apesar da insistência dos parentes, ele morrerá em alguns minutos. Faltam leitos, médicos, medicamentos e solidariedade, embora sobrem justificativas injustificáveis por todos os lados.
No Rio de Janeiro, um jovem de classe média sobe o morro para conseguir mais drogas. Com seu dinheiro, traficantes compraráo novas armas e, entre elas, estará um fuzil AK-47 com capacidade para despejar 650 tiros por minuto. Dali a cinco dias, uma bala perdida disparada deste fuzil matará acidentalmente um jovem estudante morador do morro. Ele chegará em casa no momento em que policiais e bandidos trocaráo tiros na favela.
Numa esquina de Recife, uma professora, em poucos instantes, receberá uma bala na cabeça durante um assalto. Ela estará aguardando a luz verde do semáforo e tentará arrancar a toda velocidade ao perceber que uma arma está sendo apontada para a janela do seu carro. O ladráo fugirá, em seguida, carregando consigo uns poucos trocados e um celular.
Em BrasÃlia, polÃticos rasgam diariamente a constituiçáo federal, e legislam em causa própria. Numa inversáo de papéis, estes servidores públicos servem-se daqueles a quem juraram servir, para aumentar suas riquezas, prestÃgio e poder.
Em poucas horas, numa favela em Salvador, um homem espancará seu filho de menos de um ano de idade até a morte. O pai alcoólatra alegará, em sua defesa, a irritabilidade causada pelo choro do bebê. O choro da criança virá da fome.
Em Belo Horizonte, na volta de um feriado, um motorista em alguns minutos atropelará um pedestre que caminha no acostamento. Preso em flagrante, ele alegará que apenas tentava fugir do engarrafamento e ganhar alguns minutos na viagem. O homem morto, um simples camponês, deixará mulher e filhos.
Em Sáo Paulo, uma empregada doméstica baterá contra a parede a cabeça de uma velha dona da casa, uma mulher sozinha presa a uma cadeira de rodas, e causará traumatismo craniano. Os filhos ficaráo horrorizados e esqueceráo que foram responsáveis por deixar a própria máe aos cuidados de ninguém.
Em Maceió, amanhá neste mesmo horário, um adolescente será assassinado por um cidadáo comum por haver molhado suas calças, enquanto passeava de bicicleta numa rua alagada da cidade.
Somos um paÃs infecto, bacterializado e apodrecido. Corre em nossas veias um sangue contaminado de coisas vis. Valorizamos a individualidade, a covardia, o egoÃsmo, a corrupçáo e a violência. Em contraponto, desprezamos a boa vontade, o respeito à vida, a compaixáo e o amor ao próximo.
Somos um paÃs de acomodados, de homens e mulheres voltados com os olhos para o próprio umbigo. Assistimos indiferentes à fome estender a máo nas janelas dos nossos carros, à miséria se deitar embaixo das marquises nas noites frias e à desesperança invadir os corações dos desprovidos do necessário.
Escondemos o sol dos desassistidos, semeamos a pobreza, cultivamos o desespero e colhemos bestialidades. Fingimos compaixáo, imaginamo-nos solidários, mas pregamos o abandono. Somos homens e mulheres vÃtimas e algozes da nossa própria brutalidade.
Faltam-nos a generosidade de desejar bom dia e o interesse sincero pelo outro, pois nos acostumamos ao ”cada um por si. Faltam-nos o desejo da felicidade alheia e o querer bem do outro, sem a expectativa da contrapartida.
Faltam-nos a sensatez, a civilidade, a caridade, o perdáo e o sacrifÃcio. Faltam-nos Justiça, Estado e Governo. Faltam-nos coragem, vontade e indignaçáo. Faltam-nos compreensáo, amizade, razoabilidade e açáo. Faltam-nos ser homens e mulheres de verdade. Falta-nos vergonha. Falta-nos sensibilidade. Falta-nos desapego. Falta-nos serenidade. Falta-nos poesia. Falta-nos razáo. Falta-nos educaçáo. Falta-nos querer.
Faltam um gesto, um abraço, um aperto de máo e um sorriso. Faltam gratidáo aos pais e respeito aos desiguais. Falta-nos tolerância. Falta-nos esperança. Falta-nos carinho e atençáo. Falta-nos amar.
Há um desencanto em mim. Há também afliçáo e temor. Quero ter um filho e vê-lo acordar disposto. Quero levá-lo para brincar nas praças e nos parques da minha cidade, como eu fiz um dia. Quero vê-lo sorrindo, maravilhado com o mundo e encantado com as pessoas. Quero muito um filho, mas tenho medo de despertá-lo no paÃs da delicadeza perdida.
http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/24/der-mythos-von-der-herzlichkeit-des-brasilianers-ist-vorbei-wir-sind-eine-grausame-gesellschaft-joao-ricardo-moderno-prasident-der-brasilianischen-akademie-fur-philosophie/
Ausriß. Scheiterhaufen in Rio de Janeiro, Zuschauer.
Südddeutsche Zeitung, Klaus Hart 1999, “Brasilien”.
Silvester 2016 in Bolivien, das wie Brasilien ein Gewalt-Gesellschaftsmodell realisiert: 52-jährige Bolivianerin erleidet unter der Beschuldigung des Autoraubs “Lynchjustiz”, wird von Menschenmenge geschlagen, an einen Baum gefesselt, stirbt laut Landesmedien wegen giftigen Stichen von Baum-Ameisen.
Ausriß. “Gerhard Wisnewski. ungeklärt – unheimlich – unfassbar. Die spektakulärsten Kriminalfälle 2013. KNAUR
“Moderne Scheiterhaufen aus Autoreifen”:
-http://www.deutschlandradiokultur.de/moderne-scheiterhaufen-aus-autoreifen.1013.de.html?dram:article_id=167263
…auch die “Stadt der Scheiterhaufen”….
…
Ausriß.
TV-Ausriß, deutsche und brasilianische Politiker.
“Ich glaube, ihr seid auf einem fabelhaft guten Wege.” Helmut Schmidt(SPD) zu Lula 2009 in Hamburg…
“Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhält den Eugen-Bolz-Preis 2017 für praktizierte christliche Verantwortung in der Politik. Merkel werde ausgezeichnet, weil sie auch unter Kritik und Anfeindungen zu ihrer Überzeugung stehe und Verantwortung übernehme, teilte die Eugen-Bolz-Stiftung am Montag in Rottenburg am Neckar mit. Der Preis wird am 1. Februar in Stuttgart überreicht. Die Lobrede hält der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.” Kirche+Leben Netz