Zerstückelter Häftling im Teilstaat Espirito Santo
“Von allen linken Präsidenten hat Lula, der als am wenigsten links eingeschätzt wird, die größten Erfolge.” Gregor Gysi
Lula war Informant der Diktatur-Geheimpolizei Dops, laut neuem Buch: http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/12/brasilien-die-folterdiktatur-lula-und-die-arbeiterpartei-pt-rufmord-ein-kapitalverbrechen-buch557-seiten-mit-schweren-vorwurfen-gegen-lula-macht-schlagzeilen/
Günter Nooke, April 2009 in Brasilia: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/04/07/unsagliche-folterpraxis-in-brasilien-gunter-nooke-menschenrechtsbeauftragter-der-deutschen-bundesregierung-kritisiert-in-brasilien-folter-und-andere-menschenrechtsverletzungen-druck-ist-noti/
Die deutschstämmige Maria Nacort, Mutter eines exekutierten Sohnes, die im Teilstaat Espirito Santo eine Menschenrechtsgruppe leitet, legte dem Tribunal erschütternde Fotos über Greueltaten in den total überfüllten Haftanstalten vor.
Die Jurymitglieder des Tribunals, darunter Waldemar Rossi als Vertreter der bischöflichen Sozialpastoralen, erklärten, daß es sich angesichts dieser Zustände bei Brasilien keineswegs um einen Rechtsstaat handele, weniger noch um eine echte Demokratie. Der Staat mache sich mit derartigen Methoden zum Instrument neoliberaler Politik sowie perverser Eliten. Außerdem wurde betont, daß der Staat für das Ausmaß von Verbrechen und Gewalt, für eine Gesellschaft der Angst, für den Terror des organisierten Verbrechens sowie von Banditenkommandos gegen wehrlose Slumbewohner verantwortlich sei. Käme der Staat laut Gesetz und Verfassung seinen Verpflichtungen nach, gäbe es Kriminalität dieses Ausmaßes nicht. Nur zu oft wende die brasilianische Polizei gerade gegen Arme, Bewohner der Slumperipherien in völlig ungesetzlicher Weise Gewalt an.
Es sei zudem unglaublich, daß Brasiliens Justizapparat 20 Jahre nach dem Erlaß einer demokratischen Verfassung sogar zahlreiche Grundrechte der Arbeitenden immer noch nicht in geltendes Recht umgesetzt habe. Chefankläger Sampaio plädiert daher für die moralisch-politische Verurteilung des brasilianischen Staates. Jury und Nebenkläger stimmen zu. Die jeweils zuständigen Stellen in Regierung und Teilstaaten wurden vom Menschenrechtstribunal ganz offiziell eingeladen, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. Doch kein einziger Staatsvertreter erscheint oder nimmt anderswie Stellung, was Bände spricht.
Aber wimmelt es im großen Auditorium der Rechtsfakultät, die einst ein Hort der Diktaturgegner war, wenigstens von TV-Teams und Reportern der brasilianischen Medien, gar Mitteleuropas, großen Fernsehanstalten Deutschlands? Ebenfalls totale Fehlanzeige – das hochkarätige Expertentribunal arbeitet drei Tage lang sozusagen unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Nicht zufällig setzt daher Chefankläger Plinio Sampaio die großen Landesmedien mit auf die Anklagebank und wirft ihnen vor, die Masse der Bevölkerung gegen die Menschenrechtsverteidiger aufzubringen. Auf dem Tribunal, bei dem festangestellte Richter und Richterinnen den Vorsitz führen, fehlen auch die großen Auslandsmedien sowie Vertreter sogenannter Menschenrechtsorganisationen Europas.
An dem Tribunal nahmen auch die Franziskaner Sao Paulos teil, deren Kloster direkt an die Rechtsfakultät grenzt.
Kurz vor dem 60.Jahrestag der UNO-Deklaration ringt sich indessen Paulo Vannuchi, Lulas Menschenrechtsminister, zu dem bemerkenswerten Eingeständnis durch, daß in Brasilien täglich außergerichtliche Exekutionen und Blutbäder teils sogar von Todesschwadronen verübt würden. „Es gibt keinen einzigen Tag, an dem in Brasilien die Menschenrechte nicht verletzt werden.”
”Betroffen von Tötungen sind vor allem junge Schwarze und Arme, weil der Staat seine eigenen Gesetze verletzt, sagte Dr. Marisa Feffermann im Website-Exklusivinterview in Sao Paulo. ”Es gibt einen Teil der Bevölkerung, der wie Wegwerf-Ware behandelt wird – und niemand spricht darüber.“
Besonders erschreckend sei die Lage in den ”unmenschlichen Gefängnissen des nordöstlichen Teilstaats Bahia, der von Gouverneur Jaques Wagner aus Lulas Arbeiterpartei PT regiert wird. Man kann nicht länger so tun, als sei bei den Menschenrechten alles wunderbar in diesem Land. Dabei handelt es sich hier keineswegs um eine Diktatur, sondern um einen demokratischen Staat. Nicht nur Lula, sondern auch die Regierungen der Teilstaaten sind für die Situation politisch verantwortlich.“ Dr. Marisa Feffermann beklagt ferner ”soziale Säuberungen, die politische Apathie in Brasilien sowie die außerordentliche Rolle des organisierten Verbrechens. ”Wäre der Staat ehrlich und gesetzestreu, gäbe es kein organisiertes Verbrechen. Weil der Staat es zuläßt, organisieren sich die Verbrecher in PCC oder CV. Die existierende staatliche Ordnung ist pervers und macht den Kriminellen erst möglich. In Sao Paulos Slums sorgt der PCC dafür, daß weniger als früher gemordet wird, um Ruhe und Ordnung im eigenen Markt-und Machtbereich zu haben. Fälle von Einbruch, Diebstahl und sogar Ehestreit werden von den Tribunalen des PCC, den sogenannten `Disciplina`gelöst. Wer beispielsweise in der Favela klaut, wird vom Disciplina des PCC gerufen, dann verwarnt bzw. bestraft. Es ist erschreckend, daß die Slumbewohner mehr an die PCC-Gesetze glauben als an die Gesetze des Staates. Der PCC kooperierte früher mit dem CV von Rio de Janeiro, trennte sich von diesem aber, weil diese Organisation zuviel mordet.“
Auswärtiges Amt, Berlin:
Die deutsch-brasilianischen Beziehungen sind politisch, wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich breit verankert. Sie basieren auf gemeinsamen Werten und übereinstimmenden Auffassungen zur globalen Ordnung. Im Aktionsplan der deutsch-brasilianischen strategischen Partnerschaft (Mai 208) vereinbarten beide Länder den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit im bilateralen und multilateralen Bereich.
Die bilateralen Beziehungen werden überwölbt von der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und Brasilien.
Menschenrechts-
aktivistin Maria das Gracas Nascimento Nacort, Präsidentin der Associacao de Maes e Familiares de Vitimas da Violencia de Espirito Santo.
Jurymitglieder – links Waldemar Rossi, Führer der bischöflichen Arbeiterseelsorge in Sao Paulo, neben ihm Wagner Santos, Überlebender des Massakers an der Candelaria-Kirche von Rio de Janeiro. Rechts neben Santos das Jurymitglied Paulo Arantes, Philosophieprofessor an Brasiliens führender Bundesuniversität USP in Sao Paulo – neben ihm die renommierte Schriftstellerin, Psychoanalytikerin und Kolumnistin Maria Rita Kehl.
Jurymitglied Marcelo Yuka, Musiker und Komponist, Menschenrechtsaktivist aus Rio de Janeiro: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/11/der-brasilianische-musiker-und-poet-marcelo-yuka1/
Chefankläger Plinio Sampaio
Ausriß, Radio Vatikan . “Die Stimme des Papstes und der Weltkirche”. “Brasilien: Kirchliche Menschenrechtler enttäuscht über Merkel”.
Jurymitglied Cecilia Coimbra, stehend, Präsidentin der Menschenrechtsorganisation „Nie mehr Folter“(Tortura nunca mais), vor ihr Marcelo Yuka.
„Salao Nobre“ der Rechtsfakultät, einst Hochburg der Diktaturgegner, in Sao Paulo.
Landlosenführer Gilmar Mauro, Zeuge auf dem Menschenrechtstribunal von Sao Paulo. „Barbarie social“: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/09/10/unter-lula-hat-sich-die-soziale-ungleichheit-die-kluft-zwischen-armen-und-reichen-in-brasilien-vergrosert-landlosenfuhrer-gilmar-mauro/
Frei Betto zu Folter in Brasilien unter Lula-Regierung: http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/22/ich-bin-christ-und-sehe-mich-als-revolutionar-brasiliens-wichtigster-befreiungstheologe-frei-betto/
Gefangenenseelsorger Günther Zgubic aus Österreich, Brasiliens katholische Kirche und die deutsch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen:
Den Regierungen mitteleuropäischer Länder wie Deutschland wirft der Pfarrer vor, derartige Menschenrechtsverletzungen einfach nicht anzuprangern. „Ökonomische Interessen haben Vorrang – für Deutschland soll wirtschaftlich möglichst viel herausschauen – deshalb unterbleibt Kritik, prangert man beim brasilianischen Partner nichts an – das ist für uns völlig klar. Ich rechne nicht damit, daß wir Menschenrechtler da in Deutschland in dieser Frage viel ändern können.”
Deutschlands „Grüne“ stufen Brasiliens Regierungspolitik als „fortschrittlich“ ein:
„Trotz der fortschrittlichen Regierungspolitik steht Brasilien weltweit an vorderster Stelle bei
Morden an Homosexuellen und Transgendern.“
Paulo Lins, „City of God“: „Brasilien ist ein Mörderstaat“. http://www.swr.de/swr2/programm/extra/lateinamerika/stimmen/beitrag21.html
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/01-Laender/Brasilien.html
http://www.bpb.de/themen/AG8OHL,0,0,Brasiliens_Widerspr%FCche.html
„Brasil de Fato“ über Menschenrechtstribunal: http://www3.brasildefato.com.br/v01/agencia/agencia/nacional/entidades-responsabilizam-estado-brasileiro-por-politica-de-exterminio
„Das Leben in Brasilien ist leicht und unbeschwert. Probieren Sie es selbst.“ (Reisepropaganda)
Expertenseminar des Goethe-Instituts Sao Paulo: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/
BRASILIEN
Die „Hölle auf Erden“
Revolten, Hungerstreiks und Aids bestimmen den Alltag in den völlig überfüllten brasilianischen Gefängnissen. Brasilien gilt zwar als die zehntgrößte Wirtschaftsnation, leistet sich aber Haftanstalten, die man eher in Ruanda oder Burundi vermuten würde. Eine im April verkündete Amnestie entspannte die Situation nicht.
Eine mittelalterlich anmutende Gefangenenzelle in Rios Stadtteil Realengo: Jeder der mehreren Dutzend Insassen hat laut Gesetz Anspruch auf mindestens acht Quadratmeter – hier ist es nicht mal ein einziger. Geschlafen wird deshalb in Schichten. Während ein Teil der Gefangenen auf feuchtem Boden liegt, schlafen die anderen in Hängematten, die an den Gitterstäben befestigt sind. In einer Zelle im Stadtteil Bangu ein ähnliches Bild: 35 fast nackte, schwitzende Männer auf nur sechzehn Quadratmetern bei beißendem Fäkaliengeruch und nächtlichem Besuch von Ratten. Die psychische Spannung ist fast mit Händen greifbar. Neun von zehn Gefangenen haben Furunkel, in der heißesten Jahreszeit herrschen bis zu 60 Grad. Dann fallen täglich etwa 20 Insassen ohnmächtig um, werden von den Wärtern herausgezerrt und durch andere ersetzt.
Um aus dieser Hölle herauszukommen und in eine weniger überfüllte Zelle verlegt zu werden, bestechen Häftlinge ihre Aufseher mit bis zu umgerechnet 5.000 Mark. Es gibt brasilianische Gefängnisse, in denen die Insassen das nötige Geld sammeln, um dann die Begünstigten auszulosen. In Bangu kommen die notwendigen „Real“ von der Familie oder Verbrechersyndikaten – je unerträglicher die Hitze, desto höher die Preise auf diesem Schwarzmarkt. Einmal am Tag gibt es schlechtes Essen; die Lebensmittelpakete der Angehörigen werden gewöhnlich nicht ausgehändigt.
Folter ist üblich. Ein Anwalt beschreibt einen Fall von 1996: „Polizisten mit Kapuzen mißhandelten 116 Gefangene, unter anderem mit Elektroschocks. Alle wiesen Blutergüsse auf, wurden zudem zu sexuellen Handlungen gezwungen.“ Fast täglich werden Fälle zu Tode gefolterter, erschlagener Häftlinge bekannt – die politisch Verantwortlichen bleiben meist passiv. Nur wenige Intellektuelle protestieren, die Gesellschaft scheint sich an die grauenvollen Zustände gewöhnt zu haben.
Pervertieren statt resozialisieren
Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international oder „Human Rights Watch“ prangern die Zustände in den brasilianischen Haftanstalten an – und auch die Gefangenenseelsorge der Katholischen Kirche läßt nicht locker. Padre Geraldo Mauzeroll von der „Pastoral Carceraria“ im Teilstaat Sao Paulo gegenüber dem ai-Journal: „Wer ins Gefängnis kommt, wird pervertiert, wird angesehen und behandelt wie ein Tier – niemand ist an einer Besserung oder Resozialisierung interessiert. Die Gesellschaft rächt sich an ihnen, läßt sie intellektuell, spirituell, moralisch und kulturell und nicht selten sogar physisch sterben.“ Mauzeroll hört in Polizeiwachen und Gefängnissen sehr häufig den Ausspruch: „Nur ein toter Häftling ist ein guter Häftling!“ Der Padre geht seit 1973 in die „Presidios“ – was er täglich sieht, sind Bilder wie aus Horrorfilmen: Tuberkulose grassiert, über die Gesichter Todkranker laufen Ameisen. Häftlinge verfaulen buchstäblich in Zellen. Die Gefängnisärzte sind selbst kriminell, weil sie Kranke bewußt
nicht behandeln, sondern sterben lassen. Sie werden aber nie zur Rechenschaft gezogen. Kriminell handeln auch Richter und Staatsanwälte, die über Folter und alle anderen Menschenrechtsverletzungen detailliert informiert sind, jedoch nicht eingreifen.
Das Gefängnispersonal verkauft Lebensmittel, die für Häftlinge bestimmt sind und ermöglicht Rauschgifthandel und -konsum hinter Gitterstäben. Ein Gefängnisdirektor: „Drogen müssen dort drin sein, damit die Gefangenen ruhig bleiben.“
Erzwungenes Schweigen, Morddrohungen
Ein dunkles Kapitel ist auch die sexuelle Gewalt, von Aufsehern sogar gefördert. Mauzeroll zum ai-Journal: „Wird ein wegen Vergewaltigung Verurteilter eingeliefert, stecken die Wärter ihn in bestimmte Massenzellen, damit er dort von 15 oder 20 Häftlingen vergewaltigt wird. Dies ist Gesetz in den Kerkern, und so verbreitet sich Aids sehr schnell.“ Nach amtlichen Angaben infizierten sich bereits mehr als 20 Prozent aller Inhaftierten mit dem HIV-Virus – ein Großteil der rund 150.000 brasilianischen Gefangenen hat homosexuellen Verkehr, gewöhnlich ungeschützt.
Vitor Carreiro teilte in Rio de Janeiro jahrelang eine Zelle mit 47 Gefangenen. Er ist von Aids gezeichnet und sagt: „Alle Welt weiß, daß die Frau des Gefangenen der andere Gefangene ist.“ Promiskuität ist der Alltag: José Ferreira da Silva, HIV-positiv, berichtet von vier festen und acht gelegentlichen Partnern – keiner benutzt Präservative.
Padre Mauzeroll drückt sich im Gegensatz zu vielen „politisch korrekten“ Landsleuten nicht um unbequeme und unangenehme Wahrheiten. Er hat keine Probleme, die von den Autoritäten gerne versteckten und verdrängten Probleme offen anzusprechen. „Wer über die Zustände redet und informiert, stirbt“, lautet eine andere Regel. Berufskiller erledigen das – Mauzeroll weiß, daß auch sein Leben in Gefahr ist. Dennoch klagt er offen die soziale Ordnung Brasiliens an: „Diese ist schuld an der Situation.“
Gemäß einer neuen Studie der Vereinten Nationen lebt heute fast die Hälfte der 150 Millionen Brasilianer in verhältnismäßig entwickelten Gebieten. „Wenn in Sao Paulo und Rio de Janeiro die Lage in den Gefängnissen bereits so schlimm ist“, gibt Padre Mauzeroll zu bedenken, „wie muß sie dann erst in den stark unterentwickelten Regionen des Nordens und Nordostens sein?“
Amnestie nur Kosmetik
Die Rechtsanwältin Zoraide Fernandez weist darauf hin, daß Häftlinge nach verbüßter Strafe oft noch jahrelang gefangengehalten werden. 1995 waren es allein in Rio mindestens 560.
Brasiliens Staatschef Fernando Henrique Cardoso verkündete im April die, wie es offiziell hieß, größte Amnestie in der Geschichte des Landes: Etwa zehn Prozent der Gefangenen sollten freikommen. Wie die Gefängnisbehörden inzwischen einräumten, werden beispielsweise im Teilstaat Rio de Janeiro nur wenig mehr als ein Prozent amnestiert. Die 511 Gefängnisse bieten Platz für höchstens 60.000 Personen, sind aber nach jüngsten offiziellen Angaben mit 148.760 Häftlingen belegt – das sind 15 Prozent mehr als 1994. Notwendig, so hieß es, sei der Bau von 145 zusätzlichen Haftanstalten. Die Lage in der Metropole Sao Paulo ist den Angaben zufolge am dramatischsten. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Per Haftbefehl suchte man allein 1996 rund 275.000 Straftäter.
Rund 95 Prozent der Häftlinge sind Arme, 96 Prozent sind männlich und etwa drei Viertel Voll- und Halbanalphabeten. Der typische Gefangene, so eine Studie, ist dunkelhäutig und jünger als 25 Jahre. Jeden Monat kommt es laut Statistik zu mindestens drei großen Häftlingsrevolten, die meisten werden allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen. Eine Ausnahme bildet lediglich der südliche, relativ hochentwickelte Teilstaat Rio Grande do Sul – nur dort soll es auch keine irregulär festgehaltenen Häftlinge geben.
Wärter und Spezialeinheiten gehen gewöhnlich äußerst brutal gegen meuternde Häftlinge vor: 1992 wurden im berüchtigten Gefängnis „Carandiru“ von Sao Paulo mindestens 111 Insassen erschossen. Die politisch Verantwortlichen und die direkt Beteiligten blieben bisher straffrei. In „Carandiru“ ereignete sich auch Ende Oktober wieder eine Revolte: 670 Gefangene nahmen 27 Wärter als Geiseln und forderten die Verlegung in eine andere Haftanstalt. Fünf Häftlinge versuchten währenddessen in einem Müllwagen zu fliehen, vier von ihnen wurden von Militärpolizisten erschossen.
Klaus Hart
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