Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: Das Deutschlandjahr-Kulturfiasko auf Festival „Virada Cultural“ – offenbar Nachrichtensperre, nur brasilianische Medien berichteten. Kultur-Tour-Projekt mußte bereits am Start wegen Gewaltsituation abgebrochen werden. „Deutsche Frustration“.(Folha de Sao Paulo) Deutscher Tourist in Rio de Janeiro von Banditen durch Schüsse verwundet.

 http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/22/brasilien-deutschlandjahr-goethe-institut-sao-paulo-mit-kurzer-information-zum-gescheiterten-deutschen-event-auf-kulturfestival-virada-cultural-der-megacity-2013/

Bisher haben offenbar auch die zuständigen Stellen noch nicht die deutsche Öffentlichkeit über den bemerkenswerten Vorfall in einer der gefährlichsten, berüchtigtsten Crack-Regionen Sao Paulos unterrichtet. Dies deutet auf Nachrichtensperre hin. Die brasilianischen Medien haben dagegen frei über den Sachverhalt berichtet.

Deutsche katholische ADVENIAT:  Die organisierte Kriminalität ist in Brasilien zu einem „Staat“ im Staate geworden und hat in den Peripheriegebieten zahlreicher Städte die De-facto-Herrschaft übernommen. Daran ändern auch punktuelle Aktionen von Polizei und Militär nichts, die angesichts der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaften und der Olympischen Spiele eher wie der Versuch einer Imagepflege wirken.

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/20/brasilien-deutschlandjahr-2013-2014-groses-medieninteresse-fur-gescheiterten-deutschen-kulturbus-event-auf-festival-virada-cultural-2013-in-megacity-sao-paulo/

In der UNESCO-Bildungsstatistik liegt Deutschland auf Platz 13, Brasilien nur auf Platz 88. Entsprechend gering ist in Brasilien u.a. das Verständnis für deutsche Kultur – erheblich größer in Ländern Lateinamerikas, die bessere Plätze belegen.  http://www.unesco.org/new/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/ED/pdf/gmr2011-efa-development-index.pdf

Unterdessen sind die Gewaltausbrüche während des Kulturfestivals weiterhin ein wichtiges Gesprächs-und Medienthema in Brasilien – eine Eskalation dieser Art als Folge der unter der Rousseff-Regierung betriebenen Politik der öffentlichen Sicherheit hatte es bisher noch nie auf derartigen Kulturevents des Landes gegeben.

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Ausriß – Festivalbesucher in seinem Blut.

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/09/brasilien-report-2012-uber-die-menschenrechtslage-amnesty-international/

Die  Medien berichten über immer mehr haarsträubende Gewalt-Fälle, in Leserbriefen ist von „Zuständen wie im Mittelalter“ die Rede, wird auf Desorganisation, Dreck und Verwahrlosung verwiesen.

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Cracksüchtiger Junge schläft 2013 in der City von Sao Paulo auf Fußweg.

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/21/brasilien-nach-wie-vor-schweigen-zum-eklat-um-geplatzten-deutschen-beitrag-auf-kulturfestival-virada-cultural-von-sao-paulo-bisher-keine-stellungnahmen-von-zustandigen-amtlichen-stellen-medienf/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/20/brasilien-kopfschus-opfer-des-kulturfestivals-virada-cultural-beerdigt-wie-der-morder-des-festivalbesuchers-reagiert-brasilianischer-zeitgeist-heute/

Reisewarnung:

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/06/brasilien-reisewarnung-nachts-keine-offentlichen-verkehrsmittel-benutzten-empfiehlt-frankreichs-botschaft-angesichts-jungster-gewalttaten-darunter-vergewaltigungen-von-rio-de-janeiro/

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Nix mit “KULTURTOUR – BERLIN CLUB NACHT 

VIRADA CULTURAL”

 http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/28/auslandische-kinder-zahlen-in-sao-paulo-an-brasilianische-schuler-um-nicht-verprugelt-zu-werden-berichtet-folha-de-sao-paulo-alunos-estrangeiros-de-colegio-no-bras-tem-que-dar-dinheiro-e-lanc/

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/18/brasilien-die-folter-das-militarregime-die-wunden-der-diktatur-sind-noch-nicht-verheilt-die-polizei-nutzt-weiter-ausrottungspraktiken-folter-tiago-santiago-autor-der-neuen-sbt-telenovela/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/26/die-fakten-widerlegen-das-wir-eine-reprasentative-demokratie-sind-streng-genommen-sind-wir-nicht-einmal-eine-demokratie-joao-ubaldo-ribeiro-bestsellerautor-in-einer-politischen-analyse-am-ta/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/13/brasilien-und-das-organisierte-verbrechen-unter-dilma-rousseff-die-bewertung-des-weltwirtschaftsforums-2012-platz-122-unter-144-staaten/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/25/brasilien-drogenelend-2013-cracksuchtiger-in-fortgeschrittenem-stadiumsehr-abgemagert-in-der-city-von-sao-paulo-unter-burgermeister-haddad-von-der-arbeiterpartei-pt/

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http://www.welt-sichten.org/artikel/221/der-hoelle-hinter-gittern

Was alles vorgesehen war, jedoch nicht stattfand – die Information des Goethe-Instituts:

Information des Goethe-Instituts Sao Paulo:

KulturTour und Berlin Clubnacht auf der Virada Cultural

KulturTour und Berlin Clubnacht auf der Virada Cultural São Paulo

Musik und Filme
18.05 und 19.05.2013
Rua dos Gusmões/Rua Santa Efigênia
+55-11-3296 7000
info@alemanha-e-brasil.org

Die Virada Cultural ist das größte Straßenfest São Paulos, eine Veranstaltung, die mit ihrem 24-stündigen Kulturprogramm alljährlich Millionen von Besuchern ins Stadtzentrum lockt. Anlässlich der Eröffnung des Deutschlandjahrs ist erstmals ein Club DJ-Set aus Deutschland dabei: Stars der Berliner DJ-Szene mischen sich mit DJ-Größen aus São Paulo. Das Virada-Publikum ist außerdem eingeladen, aktuelle Filme aus Deutschland Open Air zu sehen und das mobile Kulturinstitut des Goethe-Instituts, die KulturTour, zu besuchen, noch bevor es dann auf seine Reise durch Brasilien aufbricht.

Virada Cultural, Stadtzentrum von São Paulo, Rua Gusmão

Programm:

Samstag 18.05 

18:00h – 20:00h Lounge Musik
20:00h – 22:00h Film 1
22:00h – 24:00h Film 2
24:00h – 02:00h Film 3

1. Das Leben ist eine Baustelle (A vida é um canteiro de obras) – Wolfgang Becker – 1997 – 118 min – col. – Untertitel: port. – FSK: 12

2. Neukölln Unlimited – Agostino Imondi, Dietmar Ratsch – 2009/2010 – 96 Min – col. – Untertitel: port. – FSK: livre

3. Renn wenn du kannst (Corra se puder) – Dietrich Brüggemann – 2011 – 113‘ – col. – Untertitel: port. – FSK: 12

Sonntag 19.05

14:30h – 18:00h

DJ ABUD, DJ TAHIRA (Green Sunset MIS), Gebrüder Teichmann, DJ THOMASH (Voodoohop)

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Foto Roberto Stuckert/Regierung

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/16/deutscher-bundesprasident-joachim-gauck-in-sao-paulo-2013-begrust-durch-burgermeister-fernando-haddadpt/

Deutliche Kritik aus Kirchenkreisen Brasiliens,  aus der Gemeinde der deutschen evangelischen Kirche in Brasilien, an der fehlenden Positionierung des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zur gravierenden Menschenrechtslage Brasiliens: 

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/08/brasilien-katholische-nachrichtenagentur-adital-zur-grauenhaften-lage-der-191000-untersuchungshaftlinge-des-landes-menschenrechtsorganisation-conectas-prangert-die-rechtsverletzungen-vor-uno-mensche/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/20/brasilien-teuerung-druckt-22-millionen-brasilianer-wieder-ins-elend-laut-landesmedien-langst-wegen-starken-preissteigerungen-uberholter-indikator-versteckt-jene-22-millionen-verelendeten-hies-es/

Rede von Bundespräsident Gauck im Theatro Municipal von Sao Paulo:

São Paulo/Brasilien, 13. Mai 2013

Glückliche Beziehungen sind solche, bei denen man im Anderen Vertrautes findet – zugleich aber auch immer wieder etwas entdeckt, was einen fasziniert und anregt, etwas, woran man sich reiben und wodurch man – im besten Falle gemeinsam – wachsen kann.

Mir scheint, mein Land und Ihres stehen in genau so einer glücklichen Beziehung zueinander – es wissen nur noch nicht alle! Und darum freue ich mich, heute mit Ihnen zusammen das Deutschlandjahr in Brasilien zu eröffnen. Gut 400 Kulturveranstaltungen und Kongresse, Ausstellungen und Begegnungen sind bis jetzt geplant und es werden, so hörte ich, mehr hinzukommen – ein beeindruckendes Programm!

Es zeigt, wie viel uns schon verbindet – und wie viel wir noch voneinander lernen können.

In der kurzen Zeit, die ich nun bei Ihnen bin, habe ich beides schon erlebt, das Vertraute, Verbindende wie auch das Andere und Faszinierende. Zum Beispiel, wenn ich – wie heute Nachmittag – Mitgliedern der jüdischen Gemeinde von São Paulo begegne und mit ihnen zugleich auch der deutschen Geschichte. Wenn ich die Namen der ursprünglich deutschen Siedlungen höre: Blumenau und Rolândia, Novo Hamburgo und Nova Friburgo – Zeugnisse jahrhundertealter Verbindungen zwischen Menschen unserer beiden Länder. Und ziemlich amüsant fand ich es zu erfahren, dass manch ein jüngerer Brasilianer Volkswagen für eine alte brasilianische Traditionsmarke hält!

Umgekehrt wissen nur wenige Deutsche, dass Thomas Mann, wohl einer unserer berühmtesten Schriftsteller, seine künstlerische Ader der in Brasilien geborenen Mutter zuschrieb – die übrigens Zeit ihres Lebens sehnsüchtig an den Ort ihrer Kindheit, an Paraty zurückdachte. Ich habe selbst gestaunt in der Vorbereitung auf diesen Besuch, dass manches Brasilianische in Deutschland steckt. Wenn Sie mich etwa auf den „Edifício Copan“ ansprechen, dann werde ich kontern: Haben wir auch! Ein paar hundert Meter neben meinem Berliner Amtssitz, dem Schloss Bellevue, steht nämlich auf Stelzen ein mehrstöckiges Wohnhaus von Oscar Niemeyer!

Was mir vor allem auffällt, was faszinierend und ungewohnt ist für einen älteren Deutschen – zu sehen, wie viele Menschen mit verschiedenen Ursprüngen, wie viele Geschichten und Lebensschicksale sich in Brasilien kreuzen. Ich habe mir sagen lassen, Sie feiern heute den „Dia do Mulato“, die offizielle Abschaffung der Sklaverei. Auf den Tag genau 125 Jahre ist es her. Der Tag erinnert an ein freudiges Ereignis – und zugleich an die Not derer, die hierher verschleppt wurden. Andere Ihrer Vorfahren kamen aus wirtschaftlicher Not, aus Abenteuerlust oder als politische Flüchtlinge – darunter, wie wir wissen, auch mehrere Hunderttausende Deutsche. Es ist bewundernswert, wie es Brasilien geschafft hat und noch immer schafft, aus dieser Vielfalt etwas Gemeinsames entstehen zu lassen. Hier können wir Deutsche von Ihnen lernen, denn auch Deutschland wird immer mehr und immer bewusster ein Einwanderungsland.

Lernen, Neugier, Offenheit für die Stärken und Erfahrungen des jeweils anderen: Das sind für mich ganz wesentliche Impulse des Deutschlandjahres. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die Sie ja beide Länder vielfach schon gut und viel besser kennen als ich: Laden Sie andere ein, Deutschland unvoreingenommen zu begegnen.

Ich habe im Vorfeld meiner Reise in einem Buch von João Ubaldo Ribeiro geblättert. Es heißt „Ein Brasilianer in Berlin. Innenansichten eines Außenseiters“ und entstand vor über 20 Jahren, als Ribeiro kurz nach dem Mauerfall für ein Jahr in Berlin lebte – übrigens mit einem Stipendium des DAAD. Er portraitiert sehr liebevoll die pünktlichen, präzisen und disziplinierten Deutschen und ihr merkwürdiges Land, in dem Busse nach Fahrplan fahren und die Bäume Nummern tragen. Nun können Klischees durchaus auch Wahrheiten enthalten.

Und wenn sie so schön beschrieben werden wie von Ribeiro, kann es lustig sein, sich darin zu spiegeln. Aber Gesellschaften verändern sich, und vielleicht würde auch Ribeiro Deutschland heute etwas anders beschreiben. Unser Land ist in den letzten zwei Jahrzehnten offener geworden, internationaler und auch gelassener. Die Deutschen haben angefangen, sich selbst wieder zu mögen – eine gute Voraussetzung dafür, auch anderen mit Wärme und Neugier zu begegnen.

Manchmal wünsche ich mir von den Deutschen allerdings noch etwas mehr Mut! Das Goethe-Institut, dem wir viele schöne Projekte des Deutschlandjahres zu verdanken haben, buchstabiert in seiner Ausstellung „Deutschland für Anfänger“ unser Land gewissermaßen durch, von „A“ wie „Arbeit“ bis „Z“ wie „Zukunft“. Ich musste schmunzeln, als ich las, was bei „Z“ steht. Ich zitiere: „Die Zukunft wird in Deutschland eher mit einem Hang zum Pessimismus betrachtet.“ Nun schimpfe ich selbst häufig über den deutschen Hang zur Ängstlichkeit. Aber vielleicht müssen wir diesen Hang auch bejahen: Es ist der Zweifel, der uns Deutsche zu Eigen ist. Positiv betrachtet heißt das: Wir geben uns nicht zufrieden, ruhen uns nicht auf dem Erreichten aus, sondern wollen immer noch ein bisschen besser werden.

Für mich steht jedenfalls fest, dass wir allen Grund haben, beim Buchstaben „Z“ das Wort „Zuversicht“ zu gebrauchen – das können uns zum Beispiel die Brasilianer beibringen! Deutschland hat viel zu bieten. Wir haben in unterschiedlichen Epochen gern von anderen gelernt – und heute teilen wir mit anderen auch unsere Erfahrungen. Auf ökonomischem Gebiet heißt das zum Beispiel: Wir haben einen soliden und unglaublich innovativen Mittelstand. Und mit unserer dualen Ausbildung haben wir Generationen von jungen Deutschen eine solide Basis für ein erfolgreiches Berufsleben geschaffen; sie mussten nicht studiert haben, um erfolgreich zu sein. Aber auch was die akademische Ausbildung betrifft, können wir Erfolge vermelden. Unsere Universitäten ziehen Studierende aus aller Welt an. Und mit der so genannten „Energiewende“ hat sich Deutschland ein ehrgeiziges Ziel gesetzt.

Auf all diesen und noch vielen anderen Gebieten können Deutschland und Brasilien gemeinsam lernen, gemeinsam wachsen – so wie es in einer guten Partnerschaft sein sollte. Das Fundament dafür ist unsere Wertegemeinschaft. Vielleicht gebrauchen wir das Wort manchmal etwas zu leichtfertig – auf unsere beiden Länder trifft es tatsächlich zu!

Jetzt muss es aber endlich ans Eröffnen gehen. Wir könnten das Deutschlandjahr in Brasilien nicht passender eröffnen als mit Ihnen, liebe Gäste. Sie pflegen die deutsch-brasilianische Freundschaft, als Unternehmer, Kulturschaffende oder Politiker, als engagierte Menschen. Wir könnten es nicht schöner tun als mit einem Konzert – schließlich heißt concerto „Übereinstimmung“ und concertare „wetteifern“. Und wir könnten es schließlich nicht besser tun als mit dem Orchester, das wir gleich wieder hören werden. Die jungen deutschen und brasilianischen Musiker werden sich in den kommenden Monaten noch besser kennenlernen, von gleich zu gleich, sie werden sich aufeinander einstimmen und dann, über alle sprachlichen und kulturellen Unterschiede hinweg, gemeinsam etwas schaffen, was uns bereichert: Was für ein schöner Ansatz für „Deutschland + Brasilien 2013-2014″!

Deutscher Tourist in Rio durch Schüsse verwundet:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/31/brasilien-deutscher-tourist-frank-daniel-benjamin-in-rio-favela-rocinha-durch-schusse-schwer-verwundet/

Brasilien: Gewalt und Menschenrechte – unterschiedliche Sichtweisen der Lage im Tropenland(Verschlechterung) und in deutschen Medien(Verbesserung). Wahrnehmung und neoliberale Wertvorstellungen. “Eine Metropole in Panik.” **

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“Sao  Paulo – Hauptstadt des Verbrechens”. Brasilianisches Nachrichtenmagazin “Istoé”, Kiosk an der Avenida Paulista. 

http://www.istoe.com.br/reportagens/305154_UMA+METROPOLE+EM+PANICO

Deutschlandjahr-Fiasko in Sao Paulo 2013:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/22/brasilien-das-deutschlandjahr-kulturfiasko-auf-festival-virada-cultural-offenbar-nachrichtensperre-nur-brasilianische-medien-berichteten-kultur-tour-projekt-muste-bereits-am-start-wegen-gewal/

Während in deutschen Medien von einer Verbesserung der Lage selbst in Rio de Janeiro dank energischer staatlicher Anstrengungen die Rede ist, sehen es Bürger und Medien vor Ort in Brasilien wegen anderer Kriterien und Wertvorstellungen genau entgegengesetzt,  konstatieren eine deutliche Verschlechterung der öffentlichen Sicherheit, der Basis-Menschenrechte. Ähnlich ist es bei der Bewertung der Wirtschaftssituation Brasiliens. 

Am grauenhaftesten ist die Lage in den Slums – weshalb gemäß heutiger neoliberaler Logik entsprechende authentische Informationen am wenigsten gefragt sind.

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Ausriß. Wie die Medien von Rio de Janeiro die Realitäten deutlich abbilden – Foto vom 10. Juni 2013. 

Brasilien: Gevatter Tod in Sao Paulo. Top-Karikaturist Angeli reflektiert die Gewaltsituation in Brasiliens Wirtschaftsmetropole. Katholischer Bischof Milton Kenan Junior von Brasilandia:”Wir leben heute in einer Kultur des Todes.” Unternehmerschaft kritisiert hohe Staatskorruption. **

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Fotoserie:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/26/brasiliens-zeitungen-brasilianischer-fotojournalismus-teil-2-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/26/die-fakten-widerlegen-das-wir-eine-reprasentative-demokratie-sind-streng-genommen-sind-wir-nicht-einmal-eine-demokratie-joao-ubaldo-ribeiro-bestsellerautor-in-einer-politischen-analyse-am-ta/

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Ausriß. “Sao Paulo. Ich will nicht stören, Gouverneur, ich rufe nur an, um zu gratulieren.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/06/10/brasilien-gewaltverbrechen-fur-gangster-immer-risikoloser-laut-neuer-studie-auf-100-gewaltverbrechen-nur-3-festnahmen-in-sao-paulo-viel-offizielles-lob-aus-mitteleuropa-fur-brasilianisches-politik/

Während die brasilianischen Medien frei über die alltäglichen Resultate der Gewaltkultur von Städten wie Rio de Janeiro und Sao Paulo berichten, herrscht offenbar in deutschsprachigen Medien dafür Nachrichtensperre, wie sich per Google-Suche rasch feststellen läßt. Regierungspropaganda wird massiv und kritiklos verbreitet, die Scheiterhaufenpraxis oder die Slum-Sondergerichte sind indessen als Thema bisher tabu. 

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Ausriß, Karikaturist Angeli, Folha de Sao Paulo

ADVENIAT:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/28/die-organisierte-kriminalitat-ist-in-brasilien-zu-einemstaat-im-staate-geworden-und-hat-in-den-peripheriegebieten-zahlreicher-stadte-die-de-facto-herrschaft-ubernommen-adveniat-lateinamerika-h/

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Ausriß,Karikaturist Angeli: “Besuche Sao Paulo”. “Graffiti? Ich weiß nicht, sieht mehr nach Blutbad aus.” Folha de Sao  Paulo, größte Qualitätszeitung Brasiliens, 25.11. 2012, Tag der Friedensdemonstration der katholischen Kirche.    http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/26/brasilien-regierungskritische-friedensdemonstration-in-sao-paulo-slum-madchen-beobachtet-caminhada-pela-paz-da-brasilandia-am-tag-des-formel-1-rennens-der-autoindustrie/

http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/terror-rap-statt-samba/763272.html

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/09/13/brasilien-und-das-organisierte-verbrechen-unter-dilma-rousseff-die-bewertung-des-weltwirtschaftsforums-2012-platz-122-unter-144-staaten/

“Perfekte Partner”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/06/09/wirtschaftswoche-uber-brasilien-perfekte-partner-rohstoffe-im-uberfluss-wachsende-kaufkraft-junge-bevolkerung-was-brasilien-zu-bieten-hat/

Die Sicht der katholischen Kirche Brasiliens – Bischof Milton Kenan Junior:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/11/24/brasilien-sao-paulo-brasiliandia-bischof-milton-kenan-juniorweiterhin-regionen-mit-extremem-elend-groser-armut-im-lande-bischof-ist-initiator-einer-friedensdemonstration-an-der-slumperipherie/

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http://www.welt-sichten.org/artikel/221/der-hoelle-hinter-gittern

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/30/brasilien-slum-bischof-milton-kenan-junior-und-menschenrechtspriester-julio-lancelotti-in-sao-paulo/

Erzbistum Köln sagt Rio-Reise ab:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/06/04/erzbistum-koln-sagt-rio-reise-ab-kolner-stadt-anzeiger-dramatische-sicherheitslage-mit-hoher-kriminalitat-brasiliens-mutige-engagierte-katholiken/

Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck in Brasilien 2013:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/

Brasilien – die Pastoral das Favelas in der Erzdiözese Rio de Janeiro, Pastoralleiter Monsenhor Luis Antonio Pereira Lopes vor der Gemeindekirche in Jardim America. Katholische Kirche und gravierende Menschenrechtsverletzungen in Brasilien. **

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Monsenhor Lopes beim Website-Interview 2012.

Laut Monsenhor Lopes dauert der Terror der Banditenkommandos gegen die Favelabewohner weiter an.

Die Slums von Rio de Janeiro vor Fußball-WM und Olympischen Sommerspielen

 

In der Millionenstadt Rio de Janeiro hat ein weiteres Blutbad, bei dem mindestens acht junge Menschen ermordet wurden, jüngste Analysen der Kirche über gravierende Menschenrechtsverletzungen in den über eintausend Elends-und Armenvierteln bestätigt. Die Slum-Seelsorge wirft den Regierenden Brasiliens vor, viele Milliarden für die Vorbereitung von Fußball-WM und Olympischen Sommerspielen auszugeben, statt für die Lösung dringlichster sozialer Probleme.

„Die Herrschaft des organisierten Verbrechens über die Slums bedeutet, daß die Bewohner wie in einem System der Sklaverei, der Versklavung leben. Daß der Staat diese Menschen allein läßt, kostet soviele Menschenleben“, sagt Priester Luis Antonio Lopes, der die Slum-Seelsorge der Erzdiözese von Rio leitet und zudem Gemeindepfarrer in einer Peripherie-Region ist. „Das organisierte Verbrechen herrscht ungehindert dort, wo es keine sogenannten Befriedungseinheiten der Polizei gibt, also in den allermeisten Favelas. Und selbst in einigen Slums, wo der Staat angesichts der herannahenden Sportevents solche Befriedungseinheiten stationierte, geschehen weiter Morde.“

Anfang September 2012 verübte ein Banditenkommando just im Seelsorgebereich von Padre Lopes  ein Blutbad an mindestens acht jungen Menschen, deren Leichen mit grauenhaften Folterspuren an der Stadtautobahn gefunden wurden. Entsprechend empört ist die brasilianische Öffentlichkeit, zumal die meisten dieser Blutbäder den Medien garnicht bekannt werden. Denn in die Parallelstaaten der Slums, wie es Soziologen nennen, wagt sich kaum jemand hinein, der dort nicht gezwungenermaßen hausen muß. Padre Lopes von der Slum-Seelsorge macht folgende Rechnung auf:

“Alle mehr als eintausend Favelas von Rio de Janeiro haben gravierende Gewaltprobleme – der Staat müßte dort etwa 200000 Sicherheitsbeamte stationieren – tut es aber nicht. Wie die Investitionen für Fußball-WM und Olympische Sommerspiele in Rio zeigen, sind Mittel durchaus vorhanden – aber eben nicht für soziale Zwecke, nicht für menschenwürdige Behausungen. Wie kann man angesichts so vieler drängender Probleme soviel Geld für Sportevents ausgeben, die nur ganz kurze Zeit dauern!“

Ein mehrstündiger Gang durch Slums an der Seite eines Priesters, der von den Banditenkommandos die nötige Zutrittserlaubnis hat, führt zu den Brennpunkten der barbarischen, bedrückenden Situation. Zu den Verhaltensregeln zählt: Nicht fotografieren, keine Mikrophonaufnahmen, weil sonst sofortige Ermordung drohte. So tun, als ob man die überall lauernden bewaffneten Banditen garnicht bemerkt und fast durchweg ein angeregtes Gespräch mit dem Priester über Religiöses führt. Elendskaten, Müll und Gestank, Unmengen von geraubten und zu Schrott gefahrenen Autos, sadistischer Gangsta-Rap in Hardrock-Lautstärke rund um die Uhr.

Eine Mitarbeiterin des Priesters berichtet über zahlreiche willkürliche Morde und Folterungen, teils direkt vor ihrer Katentür. Wer sich von den Slumbewohnern weigert, Raubgut oder Drogen zu transportieren, wird sofort erschossen – wer des Kontakts mit der Polizei verdächtigt wird, ebenfalls. Indessen – oft innerhalb von nur Monaten sind die Killer ebenfalls tot – kamen beispielsweise bei Schießereien zwischen rivalisierenden Banditenkommandos um. Und schon werden andere die neuen Slum-Herrscher. Für Padre Lopes von der Slum-Seelsorge handelt es sich  bei jenen jungen Gangstern um Brasilianer, denen Staat und Gesellschaft keinerlei Chance gaben, sich zu bilden und zu entwickeln. Laut neuesten Studien ist beispielsweise der Handel mit harten Billig-Drogen wie Crack und Kokain landesweit der einfachste Weg für junge Menschen, um an Geld für schicke Markenklamotten und andere attraktive Dinge zu kommen.

“Wir haben jetzt bei der UNO und bei Amnesty International Anzeige erstattet, weil wegen der Fußball-WM gleich drei Stadtautobahnen durch Favelas gezogen werden, Zehntausende von Slumbewohnern ihre Behausung verlieren.“

Brasiliens Menschenrechtsministerin Maria do Rosario räumte wegen des neuesten Blutbads von Rio ein, daß bei den Heranwachsenden des Landes Gewalt die Haupt-Todesursache sei. Die katholische Kirche hatte deshalb bereits vor Jahren eine „Kampagne gegen Gewalt und gegen die Ausrottung von Jugendlichen“ gestartet. Priester Geraldo Nascimento zählt zu den Wortführern, den Organisatoren.

“Wir wollen, daß die ganze Welt sieht, was hier vor sich geht. Der brasilianische Polizeiapparat dient nicht dem Verteidigen der Bevölkerung – alle Arten von  Verbrechen existieren weiter, weil die Polizei verwickelt ist.“

Derartige neofeudale Machtstrukturen existieren in den Slums von Rio seit Jahrzehnten – der dokumentarische Spielfilm “Tropa de Elite 2? zeigt auch, wie politisch einflußreich das organisierte Verbrechen ist.

Die Situation u.a. in den Rio-Slums 2012 zeigt anschaulich, daß von ernsthafter Bekämpfung  der Drogenmafia keine Rede sein kann – zumal die Wachstumsbranche Crack weiter stark im Aufwind ist. Daher wird viel offizielle Propaganda über Drogenbekämpfung nach Europa durchgeschaltet.

Weil die Herrschaft des organisierten Verbrechens über die Slumbewohner von den zuständigen Autoritäten zugelassen wird, stößt auch die Seelsorge der katholische Kirche, deren Sozial-und Politisierungsarbeit auf immense, für durchschnittlich über Brasilien informierte Mitteleuropäer schwerlich vorstellbare Schwierigkeiten.

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Die Kirche – von den Gemeindemitgliedern in gemeinsamer Arbeit errichtet.

http://www.ila-web.de/brasilientexte/slumdiktatur.htm

Geistliche, kirchliche Menschenrechtsaktivisten wirken in den Favelas in permanenter Lebensgefahr, erleben tagtäglich bizarre, empörende Situationen. Das in mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland u.a. vom neoliberalen Mainstream gezeichnete Bild der katholischen Kirche ist angesichts ihrer Menschenrechtsarbeit daher entsprechend.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 22. Mai 2013 um 14:38 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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