Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Diktaturverbrechen und Lula-Regierung: Bleiben Folteroffiziere von einst unter Lula weiter straffrei, die Regime-Geheimarchive weiter geschlossen? „Brasilien droht Verurteilung vor internationalen Gerichtshöfen.“ Willy Brandt und Brasilien.

In Lateinamerikas größter Demokratie macht die permanente Schonung von Diktaturverbrechern, darunter berüchtigten Folteroffizieren, unter der Regierung von Staatschef Lula derzeit täglich Schlagzeilen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/02/22/franzosischer-general-brachte-brasiliens-diktaturmilitars-das-foltern-bei/

Wie die Militärdiktatur Frauen folterte:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-des-teilstaats-sao-paulo-zur-aufklarung-der/

Willy Brandt und sein Diktatur-Amtskollege José Magalhaes Pinto:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/

Die Diktatur begann mit dem Militärputsch von 1964 – 1969 schloß Bonn mit dem Militärregime laut Jahreschronik ein Kulturabkommen. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/13/die-cia-luge-folter-im-namen-der-demokratie/

Im August hatten Justizminister Tarso Genro und der Menschenrechts-Staatssekretär im Ministerrang, Paulo Vannuchi die Bestrafung solcher Personen gefordert und damit eine Krise mit den Streitkräften ausgelöst, die Wochen dauerte und lediglich durch direkte Intervention Lulas gedämpft wurde. Konkret ging es um Gerichtsprozesse gegen Alberto Brilhante Ustra und Audir Santos Maciel, die zur Diktaturzeit das Repressions-und Folterzentrum DOI-CODI der politischen Polizei geleitet hatten. Ihnen werden u.a. die Ermordung, das „Verschwinden“ sowie das Foltern von 64 Regimegegnern zur Last gelegt. Zahlreiche Überlebende hatten seit Jahrzehnten konkret in Brasiliens Medien beschrieben, wie sie u.a. von Ustra persönlich gefoltert worden waren. Gemäß Zeitungsberichten planen Justizminister Genro und Menschenrechts-Staatssekretär Vannuchi derzeit eine gemeinsame Strategie, um die bisherige Auslegung des Amnestiegesetzes von 1979 zu Fall zu bringen. Wie es heißt, setzten sich in der Lula-Regierung bisher jene durch, die eine Konfrontation mit den Militärs und Verteidigungsminister Nelson Jobim vermeiden wollen. Inzwischen hat erstmals auch Brasiliens Innenministerium den bisherigen Regierungsstandpunkt in Zweifel gezogen. Falls der brasilianische Staat seine Haltung nicht ändere, drohe ihm die Verurteilung vor internationalen Gerichtshöfen, hieß es in einem entsprechenden Dokument. Staatsanwältin Eugenia Favero erklärte, die jetzige Situation zeige auch deutlich, wie die soziale Ungleichheit Brasiliens funktioniere. Bekräftigt werde die Idee, daß das Recht für bestimmte Brasilianer eben anders ausgelegt werde.

Chile, Argentinien und Uruguay arbeiten zügig Diktaturverbrechen auf, weährend in Brasilien die Vergangenheitsbewältigung kaum vorankommt. Jetzt hat indessen der jahrelang schwelende Streit um die Bestrafung berüchtigter Folteroffiziere erstmals sogar eine Regierungskrise ausgelöst, was auch die Menschenrechtsaktivisten der katholischen Kirche hoffen läßt. Paulo Vannuchi kündigte offiziell seinen Rücktritt an, falls die Bundesanwaltschaft weiter solche Folteroffiziere vor Gericht verteidige. Denn bislang sieht der brasilianische Staat auch die Folterverbrechen der Diktaturzeit als vergeben an und beruft sich dabei auf das Amnestiegesetz. Chile, Argentinien und Uruguay haben ebenfalls solche Amnestiegesetze, entschlossen sich aber, diese nach dem Ende der Militärdiktatur gemäß internationalen Rechtsabkommen neu zu interpretieren “ und Folterer zu bestrafen. Brasilia hat solche Abkommen ebenfalls unterzeichnet, scheut sich aber, dem Beispiel der Nachbarländer zu folgen. Um Brasiliens Militärspitze ruhig zu halten, die nach wie vor die Diktatur verteidigt, weist Staatschef Lula kürzlich an, die neu aufgeflammte, so unangenehme Kabinettsdebatte zu beenden und pfeift sogar Justizminister Tarso Genro zurück, der ebenfalls Folterer bestraft haben möchte. Stattdessen geht die Diskussion erst richtig los. Zumal die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAE) jetzt brasilianische Regierungsvertreter nach Washington zitierte, damit sie über die als absurd empfundene Auslegung des Amnestiegesetzes Rede und Antwort stehen. Die erste Anhörung dieser Art geht für Brasilia mißlich aus, da die OAE-Menschenrechtskommission just von einem angesehenen brasilianischen Justizvertreter, Sao Paulos Staatsanwalt Marlon Weichert, wichtige Argumentshilfe bekommt. Weichert wirft in Washington der Lula-Regierung vor, Offiziere der politischen Polizei zu schützen, die nach dem Militärputsch von 1964 Regimegegner verfolgten, folterten und „verschwinden” ließen. Auf diese Weise fördere Brasilia heutige Polizeigewalt in den brasilianischen Gefängnissen. Straflosigkeit und Unterdrückung der Wahrheit hätten Wirkung und inspirierten jene Staatsfunktionäre, die heute im Polizeiapparat und im Gefängnissystem „Folter und Ausrottung” betrieben. Nicht einmal die Öffnung der Geheimarchive aus der Diktaturzeit sei unter Lula veranlaßt worden. Just in Sao Paulo führt Staatsanwalt Weichert mehrere Prozesse gegen frühere Offiziere des Repressionsapparats und hatte erst unlängst den bekannten spanischen Richter Baltazar Garzón zu Gast. Dieser hatte 1998 die Verhaftung des chilenischen Ex-Diktators Augusto Pinochet angeordnet. In Brasiliens Megacity bekräftigt Garzón an der Seite Weicherts, daß Folter ebenso wie Völkermord ein Verbrechen gegen die Menschheit sei und niemals verjähre. Kardinal Evaristo Arns, emeritierter Erzbischof Sao Paulos, hört es mit Genugtuung “ schließlich zählt er zu den erbittertsten Gegnern der Diktatur, hat sich unschätzbare Verdienste bei der Aufklärung von Regimeverbrechen erworben. Brasiliens Bischofskonferenz(CNBB)bekräftigt erneut ihre Grundposition ganz offiziell: Alle Folterer von einst müssen bestraft, die Diktatur-Geheimarchive endlich geöffnet werden. „Straflosigkeit darf es nicht geben”, so CNBB-Präsident Geraldo Lyrio Rocha in Brasilia. Hunderte kirchliche Menschenrechtsaktivisten wurden damals gefoltert, ermordet. Befreiungstheologe Frei Betto erinnert gegenüber dieser Website in Sao Paulo daran, was er und viele seiner Dominikaner-Ordensbrüder in den Kerkern erleiden mußten.:”Der gravierendste Fall war Frei Tito, der als Folge der unsäglichen Torturen den Verstand verlor, 1984 in einem französischen Kloster bei Lyon mit 28 Jahren Selbstmord beging.”

In Ländern wie Deutschland hat die 2003 gestartete Lula-Regierung wegen ihrer Menschenrechtspolitik sehr viele Freunde.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/10/taglich-ausergerichtliche-exekutionen-in-brasilien-menschenrechts-minister-paulo-vannuchi/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/30/barbarie-nao-se-anistia-brasilianische-zeitschrift-caros-amigos-in-der-auch-frei-betto-wichtigster-befreiungstheologe-des-tropenlandes-eine-grose-kolumne-hat-mit-einer-sonderausgabe-zur/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/10/26/die-fakten-widerlegen-das-wir-eine-reprasentative-demokratie-sind-streng-genommen-sind-wir-nicht-einmal-eine-demokratie-joao-ubaldo-ribeiro-bestsellerautor-in-einer-politischen-analyse-am-ta/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/05/28/o-antisemitismo-nas-americas-der-antisemitismus-in-amerika-738-seiten-98-real-das-neue-werk-von-brasiliens-fuhrender-antisemitismus-expertin-maria-luiza-tucci-carneiro-diesmal-herausgeberin/

ila und Wahrheitskommissionen: http://www.ila-bonn.de/aktuelles/letzteausgabe.htm

Paulo Lins und „City of God“: http://www.swr.de/swr2/programm/extra/lateinamerika/stimmen/beitrag21.html

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 31. Oktober 2008 um 13:56 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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