Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

„Kiffen vergiftet die kreativsten Köpfe.“ Warum in neoliberalen Ländern Risiko-Lebensweisen, darunter Drogenkonsum gefördert werden. Die Kifferkinder von Westberlin.

Sonntag, 05. Juli 2015 von Klaus Hart

http://www.faz.net/aktuell/wissen/kiffen-vergiftet-die-kreativsten-koepfe-13675745.html

„Die politischen, ökonomischen und juristischen Gründe für die Legalisierung von Cannabis mögen viele überzeugen. Sie lassen aber die Risiken des nichtmedizinischen Gebrauchs dieser Droge in den Hintergrund treten. Beispiele dafür kennt die Wissenschaft inzwischen viele. ..„Marihuana beruhigt und entspannt. Aber genau das macht auch unproduktiv. Wenn ich Cannabis konsumierte, war ich vollkommen unkreativ, aber es quälte mich nicht.“ Er fügte hinzu: „Viele meiner Kommilitonen sind auf der Strecke geblieben: Schlichte Lustlosigkeit, aber auch Depressionen und Ängste und am schlimmsten sind die Psychosen.“

 

… Diejenigen Konsumenten, die schwer geschädigt werden, erscheinen seltener in den Medien. Dies ist einer der vielen Gründe, warum die negativen Wirkungen nicht ausreichend bekannt sind.

An prominenter Stelle finden sich auch gezielte Fehlinformationen. InWikipedia wird behauptet, dass hirnorganische Veränderungen nicht nachgewiesen wurden. Auch der Zusammenhang von Cannabiskonsum mit schizophrenen Psychosen wird bezweifelt. Ähnliches findet sich beim zweiten Google-Treffer, dem Deutschen Hanfverband. Auch hier wird behauptet, dass länger andauernde schizophrene Psychosen, die bei einem Prozent der Bevölkerung aufträten, bei Cannabiskonsumenten mit 1,2 Prozent nur geringfügig häufiger vorkämen. Dies wäre allerdings eine beträchtliche Steigerung auf 160 000 Erkrankte mehr allein in Deutschland. Die in angesehenen Fachzeitschriften veröffentlichten Studien vermitteln dementsprechend ein weniger harmloses Bild.

…Im „New England Journal of Medicine“ wurden 2014 die wissenschaftlichen Daten zusammengefasst und bewertet. Bei häufigem Konsum von den heute üblichen hochdosierten Cannabisprodukten verdoppelt sich das Psychoserisiko. Schädigungen der Hirnentwicklung, die mit Störungen von Motivation, Konzentration und Gedächtnis einhergehen, gelten als wissenschaftlich bewiesen. Die substantiellen Hirnveränderungen bei Cannabiskonsumenten, insbesondere des heute üblichen, stark konzentrierten THC, zeigen sich vorwiegend im Hippocampus, der für Gedächtnisfunktionen von großer Bedeutung ist, und in den Amygdala-Kernen, die für die Emotionsregulation wichtig sind. Die Funktionsstörungen des Gehirns lassen sich auch durch einen Abfall des Intelligenzquotienten objektivieren. Auch das kombinatorische Denken wird durch Cannabis beeinträchtigt. Die Störungen von Hirnfunktionen und Hirnstrukturen sind bei frühzeitigem, längerem und hochdosiertem Gebrauch oft dauerhaft. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bei häufigem Cannabiskonsum vermehrt Ängste und Depressionen auftreten. Statistisch ist chronischer Marihuanagebrauch mit geringerem Einkommen, Arbeitslosigkeit, sozialer Hilfsbedürftigkeit, kriminellem Verhalten und geringerer Lebenszufriedenheit assoziiert.

Cannabis kann auch zu Vergiftungen und im Straßenverkehr zu tödlichen Unfällen führen. Eine Meta-Analyse zeigt, dass das Unfallrisiko doppelt so hoch ist, wenn eine Person kurz nach Marihuana-Konsum Auto fährt. Es ist atemberaubend, wie solche Befunde, die man auch unlängst im „Deutschen Ärzteblatt“ nachlesen konnte, ignoriert werden. 

Besonders gefährlich ist der Cannabiskonsum während der Pubertät. Diese Lebensphase ist wegen der in dieser Zeit stattfindenden neuronalen Umbauprozesse besonders anfällig. Deswegen ist es katastrophal, wenn Jugendliche schon mit zwölf Jahren oder früher beginnen, Haschisch und Marihuana zu rauchen und große Mengen Alkohols zu trinken. Dabei wird gebetsmühlenhaft wiederholt, dass Cannabis weniger Menschen schade als Alkohol. Ist das ein Trost angesichts der viel weiteren Verbreitung von Alkohol?

 

…Neben Hirnveränderungen und psychotischen Erkrankungen kann Cannabis zu weniger deutlichen, aber doch gravierenden Entwicklungsbeeinträchtigungen führen. Nicht nur aus neurobiologischer, sondern auch aus psychoanalytischer Sicht ist die Adoleszenz, das typische Eintrittsalter für Cannabisgebrauch, eine hochkreative Umbauphase. Sie ist mit Spannungen und Konflikten verbunden. Wenn man diese persönlichen und sozialen Spannungen nicht durchlebt, sondern chemisch dämpft, geht persönliches Entwicklungspotential verloren. So dient Cannabis eben nicht dem emanzipatorischen Unabhängigkeitsbestreben, sondern dem resignativen Einfügen in bestehende Missstände.

Bei frühem Beginn und hochdosiertem Gebrauch sprechen Patientinnen und Patienten rückblickend oft von einem „Loch in ihrer Entwicklung“. Dennoch werden in der letzten Zeit wieder Stimmen lauter, die Cannabis und anderen Drogen kreativitätsfördernde Wirkungen zuschreiben. Es ist so, als wären Janis Joplin, Jimmy Hendrix, Brian

Jones, Jim Morrison und Amy Winehouse, die durch Alkohol und Drogen ihre Kreativität und sich selbst zerstörten, in Vergessenheit geraten. Dabei zeigen Einzelfallstudien, dass Alkohol und Drogen konsumierende Künstler nicht kreativ waren, weil, sondern obwohl sie Drogen einnahmen. Diejenigen, die länger schöpferisch sind, verzichten irgendwann einmal auf Cannabis und andere Drogen sowie auf regelmäßig zu hohe Mengen Alkohols. Viele sind aber schon vorher auf der Strecke geblieben.

In meiner Beratungs- und Therapiepraxis kontaktieren mich viele jugendliche Patienten wegen diffuser Verstimmungen, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit und Beziehungsproblemen. Die Betroffenen und ihr Umfeld kommen erstaunlicherweise nicht auf die Idee, dass dies auch an ihrem Cannabiskonsum liegen könnte. Sie reagieren manchmal sogar ärgerlich, wenn man diese Möglichkeit nur in Betracht zieht. Gelingt es ihnen aber, ihren Cannabis-konsum zu reduzieren, verbessert sich ihre Stimmung, die Konzentrationsfähigkeit nimmt zu, und ihre Beziehungen werden lebendiger.

Viele erleben den Cannabis-Konsum als angenehm und entspannend. Aber ist diese Entspannung beispielgebend? Es ist naheliegend, dass bei verbreitetem Gebrauch auch Pubertierende ihre Energien durch Cannabis zähmen möchten. Dabei gibt es bessere Rituale, die Turbulenzen des Erwachsenwerdens zu gestalten, etwa Musik, Kunst, Literatur, Sport und nicht zuletzt schulisches Lernen. Diese verlangen allerdings mehr Aktivität und kosten Geld. Schließlich sind auch Freundschaften, Liebesbeziehungen und Sexualität kreative Aufgaben, die durch Cannabis eher gedämpft werden können

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/04/27/brasiliens-gesundheits-und-bildungspolitik-unter-lula-rousseff-weitere-grose-erfolge-bei-der-neoliberalen-rauschgiftforderung-hoher-krankenstand-hohe-behindertenratein-entwickelten-landern-rd-1/

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Ausriß, Sao Paulo.

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Brasiliens Schriftsteller Joao Ubaldo Ribeiro zum Polizei-und Militäreinsatz in Rio de Janeiro:“Ein Krieg, der nicht aufhört.“ „Wo sind die Getöteten?“ (Folha de Sao Paulo) „Fast ein Afghanistan-Krieg ist die Arbeit, die noch zu tun ist.“(Lya Luft)

Montag, 06. Dezember 2010 von Klaus Hart

Ribeiro fragt in seiner Wochenkolumne, warum der blutige Krieg gegen die Drogenmafia weitergeführt wird:“Weil kein Interesse an einem Sieg und weniger noch an einem Ende besteht. Wer denkt, daß solch ein Interesse besteht, sind wir, die Doofen….der Drogenhändler bedankt sich für die Repression, weil sie ihm lukrative Geschäfte ermöglicht – die Repression und deren Instrumente bedanken sich beim Drogenhändler, weil er sie prosperieren läßt – und der Korrupte dankt beiden für den Geldsegen, der auf geheimen Konten landet.“

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/02/der-militar-und-polizeieinsatz-von-rio-de-janeiro-ist-eine-farce-und-entbehrt-jeglicher-rechtsstaatlichkeit-luis-de-barros-vidal-prasident-der-brasilianischen-richtervereinigung-fur-demokratiea/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/29/rio-de-janeiro-armee-major-von-banditen-erschossen-in-slumregion/

Gilberto Dimenstein, Folha de Sao Paulo: „Je größer die Repression, um so größer der Wert der Produkte – und daher die Attraktivität des Marktes – und logisch, umso größer die Bestechungsgelder. Jetzt kommt es nicht zum Ende des Drogenhandels, sondern zu dessen Perfektionierung, also weniger primitiv und gewalttätig.“

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/02/der-militar-und-polizeieinsatz-von-rio-de-janeiro-ist-eine-farce-und-entbehrt-jeglicher-rechtsstaatlichkeit-luis-de-barros-vidal-prasident-der-brasilianischen-richtervereinigung-fur-demokratiea/

„Wo sind die Getöteten?“, fragt Brasiliens größte Qualitätszeitung „Folha de Sao Paulo“ :“Bei den Operationen in Vila Cruzeiro und Complexo do Alemao gab es 37 Tote – man weiß nicht, wie es zu den Tötungen kam und auch nicht, wer Bandit oder Unschuldiger war.“

Zu den kuriosen Fakten des Polizei-und Militäreinsatzes von Rio de Janeiro zählt nach Darstellung der Landesmedien, daß die mit Guerrilhataktik operierenden Banditenkommandos des Complexo do Alemao ausreichend Zeit hatten, sich in andere der über 1000 Slums von Rio zurückzuziehen. Dadurch, so hieß es, sei es nicht zu der erwarteten End-Schlacht gegen die konzentrierten Kräfte des organisierten Verbrechens gekommen. In Medien der Ersten Welt hieß es dagegen, es sei der Complexo do Alemao gestürmt worden, in dem sich bis zu 600 Drogengangster aufhielten. Kurios war auch das unablässige heftige Feuern der Spezialeinheiten auf nicht vorhandene Feinde im Gassengewirr der Slumregion – was vor allem von den in-und ausländischen TV-Teams fleißig abgefilmt wurde.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/12/04/lula-lobt-in-rio-uberschwenglich-auslandsmedien-fur-deren-berichterstattung-stets-harsche-kritik-an-nationalen-medien-elogios-para-a-imprensa-de-fora/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/05/brasiliens-zeitungen-eine-fundgrube-fur-medieninteressierte-kommunikations-und-kulturenforscher/

Die Zeitung nennt u.a. den Fall einer Schülerin, die einen tödlichen Schuß in den Rücken erhielt, als sie zuhause vor dem Computer saß und für die Schule lernte. Zudem seien eine Hausfrau, ein alter Mann und ein weiterer Unbewaffneter getötet worden.

Gewalttätigste Region Brasiliens sei nicht etwa der Südosten mit Rio de Janeiro, sondern der Nordosten – zu Gewalt-Explosionen um das Drogengeschäft komme es in den Slums von Salvador da Bahia, Maceio und Belem, hieß es weiter in den Landesmedien.

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Nordöstliche Provinzhauptstadt Sao Luis – auffällig gewaltgeprägt.

„Fast ein Afghanistan-Krieg ist die Arbeit, die noch zu tun ist.“ Schriftstellerin Lya Luft, in Veja-Kolumne.

Kuba-Systemvergleich:

http://www.hart-brasilientexte.de/2016/05/03/kuba-2016-islamisierung-und-forcierte-installierung-des-organisierten-verbrechens-treiben-dem-islamisierungsfreien-nationalstaat-immer-mehr-touristen-zu-denen-frueher-weit-mehr-interessante-urlaubsz/

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    NEU: Fotoserie Gesichter Brasiliens

    Fotostrecken Wasserfälle Iguacu und Karneval 2008

    23' K23

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