Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Reichskristallnacht – „Noite dos Cristais“ – Brasiliens deutschstämmige Juden gedenken der Schrecken von damals. Antisemitismus im Tropenland. Buchkaufhaus von Pedro Herz.

„Meine Eltern haben all den Horror in Berlin miterlebt, konnten in letzter Minute von Italien mit dem Schiff nach Argentinien flüchten”, sagt Sao Paulos jüdischer Buchhändler Pedro Herz. Brennende Synagogen, zerstörte Geschäfte, ermordete Juden, die SA-Horden  – Herz und mit ihm die große jüdische Gemeinde Brasiliens erinnern sich in diesen Tagen besonders an die Schrecknisse von 1938.

In der Megacity Sao Paulo ist der 9.November sogar offizieller Gedenktag. Dabei wird vielen jungen Brasilianern erstmals schmerzlich bewußt, daß die verfolgten Juden damals im Tropenland keineswegs mit offenen Armen aufgenommen wurden. „Diktator Getulio Vargas war Hitler-freundlich, verbot per Geheimdekret Einreisevisa für Juden”, so Pedro Herz. Seit 1936 läßt Vargas sogar von der GESTAPO in Deutschland Polizei-und Armeeoffiziere ausbilden. 1938 wird die „Noite dos Cristais” daher in Brasilien keineswegs nur von Deutschstämmigen gefeiert. Der Diktator fördert die NSDAP, läßt Nazi-Instrukteure ins Land, die auch an den deutschen Schulen indoktrinieren. Dort grüßt man „Heil Hitler”, singt alle gängigen SA-Lieder “ wie bei den Aufmärschen der NSDAP-Ortsgruppen Rio de Janeiro und Sao Paulo seit 1933. Nirgendwo außerhalb Deutschlands hat die Nazi-Partei mehr Mitglieder. Und aus Deutschland, Österreich geflüchtete Juden, die illegal die brasilianische Grenze passieren, um zu ihren längst im Tropenland lebenden Angehörigen zu gelangen, müssen sich vorsehen. Maria Luiza Tucci Carneiro, Antisemitismus-Expertin von der Bundesuniversität Sao Paulo, liegen zahlreiche anonyme Briefe nicht deutschstämmiger Brasilianer vor, die solche verfolgten Juden bei der Polizei denunzieren. Ungezählte werden nach Nazi-Deutschland deportiert, enden in den KZs. „Brasilien kooperierte bei der Judenvernichtung, die Vargas-Regierung ist mitschuldig an nazistischer Ausrottung, was sich jeder Brasilianer endlich einmal bewußt machen sollte”, betont Tucci Carneiro. Anläßlich des Jahrestages der Reichskristallnacht verurteilen Deutschlands Juden zunehmenden Antisemitismus “ und auch die jüdischen Gemeinden Brasiliens sind besorgt. Noch 1949 werden Einreisevisa für Juden erneut per Geheimdekret mit dem Argument verboten, es handele sich um Überlebende der KZs, also psychisch gestörte Leute, an denen Brasilien kein Interesse haben könne. Der polnische Jude Aleksander Laks hat Auschwitz überlebt, schafft es dennoch, in Brasilien unterzukommen. Seine Mutter wird in Auschwitz vergast, sein Vater erschlagen “ er selbst wird von KZ-Arzt Josef Mengele selektiert, der seinen Lebensabend geruhsam und ungestört wie viele andere Kriegsverbrecher in Brasilien verbringt. Laks leitet heute in Rio eine Vereinigung der Holocaust-Überlebenden und nennt entsetzlich, daß Hakenkreuzornamente aus der Nazizeit in brasilianischen Häusern nicht beseitigt werden, in den Modegeschäften Kleiderständer in Hakenkreuzform stehen, die man praktischerweise auch gleich „Suastica”, Hakenkreuz nennt. Und ein Blick in die brasilianischen Telefonbücher zeigt: Ungezählte Brasilianer tragen allen Ernstes den amtlichen Vornamen „Hitler” und sogar „Adolf Hitler”. Auch Dora Finkielsztajn in Rio, heute fast blind, trifft in Auschwitz auf Dr. Mengele, verliert dort fast alle Angehörigen. Der heutige Judenhaß, die nazistischen Vornamen erschrecken die über 80-Jährige, ebenso wie antisemitische Beschimpfungen. Die von 1964 bis 1985 währende Militärdiktatur ist nazistisch und antisemitisch inspiriert, rückhaltlose Vergangenheitsbewältigung bleibt indessen aus. Aber wird wenigstens Judenhasser Getulio Vargas inzwischen kritisch gesehen? 2004 bekommt er in Rios City ein großzügig gestaltetes Memorial “ in der Ausstellung kein Wort über seine dunklen Seiten. Aleksander Laks und Dora Finkielsztajn leben nahe einem nach Filinto Müller benannten Platz, ein ganzer Flügel des Nationalkongresses trägt ebenfalls dessen Namen. Als Chef der Politischen Polizei von Vargas sorgt Filinto Müller u.a. für die Auslieferung der deutschen Jüdin Olga Benario “ in Bernburg wird sie vergast.

1953 wird Ex-Diktator Getulio Vargas unter Bundeskanzler Adenauer von der Bundesrepublik Deutschland mit dem ersten deutschen Bundesverdienstkreuz der Spitzenklasse, der nur an Staatschefs verliehenen „Sonderstufe des Großkreuzes“ ausgezeichnet.  Adenauers rechte Hand ist damals Hans Globke, der als Referent für Staatsangehörigkeitsfragen im Reichsinnenministerium Adolf Hitlers den offiziellen Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzen der Nazis verfaßte und antijüdische Gesetze mitformulierte.

herzlyraklein.jpgBuchhändler Pedro Herz(links) mit Bossa-Nova-Star Carlos Lyra in der Livraria Cultura an der Avenida Paulista, mit dem besten Sortiment Brasiliens an Büchern über Juden, Antisemitismus und Nazismus. Lyra signierte sein Buch „Eu & Bossa“.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/07/17/von-den-juden-und-ihren-lugen1543-martin-luther-und-die-antisemitismus-diskussion/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/05/juden-in-brasilien-hintergrundtexte-der-letzten-jahre-mit-dem-arsch-zum-publikum/

Beziehungen Bonn-Brasilia während der nazistisch-antisemitisch orientierten Militärdiktatur:

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-pinto/

Diktator Geisel und Bundeskanzler Schmidt.

Presidente Ernesto Geisel e Primeiro-Ministro Helmut Schmidt. Der Geisel-Besuch von 1978 in der Bundesrepublik Deutschland – Geisel nimmt im TV auch zur Kritik an der Menschenrechtslage Stellung – die offiziellen Dokumente Brasiliens: http://cafemundorama.files.wordpress.com/2011/11/rpeb_16_jan_fev_mar_1978.pdf

herzog1.jpg

Die Amtszeit von Diktator Ernesto Geisel: Das offizielle Foto vom angeblichen Selbstmord des jüdischen Journalisten und Fernsehdirektors von TV Cultura, Vladimir Herzog 1975 in einer Polizeizelle Sao Paulos – in Wahrheit wurde er totgefoltert.  Bundesrichter Marcio José de Morais annullierte 1979 das offizielle Dokument der Diktatur über die Todesursache, gab indessen Zeugen recht, denen zufolge Herzog gefoltert worden war, machte den Staat für den Tod des Juden verantwortlich. Unterdessen wurde ermittelt, daß unter Geisel gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht wurden, das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutierte.

1978 traf General Geisel in der Bundesrepublik Deutschland während des offiziellen Besuchs nach eigenen Angaben mit Bundeskanzler Helmut Schmidt, Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Walter Scheel, Helmut Kohl, Franz-Josef Strauß, Hans Filbinger(Schloß Schwetzingen) zusammen, sprach etwa anderthalb Stunden mit Willy Brandt, Präsident der Sozialistischen Internationale. Geisel war zudem im Kernforschungszentrum Jülich. In Bonn auf einer Pressekonferenz auf die Menschenrechte angesprochen, sagte Geisel, Brasilien sorge sich außerordentlich um die Menschenrechte – obwohl oft in schlecht informierten oder tendenziösen Organen anderes gesagt werde. 

brandtgeisel.JPG

Diktator  General Ernesto Geisel(Operation Condor), deutschstämmig, in dessen Amtszeit der jüdische Journalist Herzog gefoltert und ermordet wurde –  und Willy Brandt, Ausriß. General Geisel war 1976 zu einem offiziellen Besuch in Großbritannien.

Wikipedia:

A morte[editar]

Serviço Nacional de Informações recebeu uma mensagem em Brasília de que naquele dia 25 de outubro: „cerca de 15h, o jornalista Vladimir Herzog suicidou-se no DOI/CODI/II Exército„. Na época, era comum que o governo militar divulgasse que as vítimas de suas torturas e assassinatos haviam perecido por „suicídio“, fuga ou atropelamento, o que gerou comentários irônicos de que Herzog e outras vítimas haviam sido „suicidados“ pela ditadura. O jornalista Elio Gaspari comenta que „suicídios desse tipo são possíveis, porém raros. No porão da ditadura, tornaram-se comuns, maioria até.“

Conforme o Laudo de Encontro de Cadáver expedido pela Polícia Técnica de São Paulo, Herzog se enforcara com uma tira de pano – a „cinta do macacão que o preso usava“ – amarrada a uma grade a 1,63 metro de altura. Ocorre que o macacão dos prisioneiros do DOI-CODI não tinha cinto, o qual era retirado, juntamente com os cordões dos sapatos, segundo a praxe naquele órgão.14 No laudo, foram anexadas fotos que mostravam os pés do prisioneiro tocando o chão, com os joelhos fletidos – posição em que o enforcamento era impossível. Foi também constatada a existência de duas marcas no pescoço, típicas de estrangulamento15 5

Vladimir era judeu, e a tradição judaica manda que suicidas sejam sepultados em local separado. Mas quando os membros da Chevra kadisha – responsáveis pela preparação dos corpos dos mortos segundo os preceitos do judaísmo – preparavam o corpo para o funeral, o rabino Henry Sobel, líder da comunidade, viu as marcas da tortura. „Vi o corpo de Herzog. Não havia dúvidas de que ele tinha sido torturado e assassinado“, declarou.16 Assim, foi decidido que Vlado seria enterrado no centro do Cemitério Israelita do Butantã, o que significava desmentir publicamente a versão oficial de suicídio. As notícias sobre a morte de Vlado se espalharam, atropelando a censura à imprensa então vigente. Sobel diria mais tarde: „O assassinato de Herzog foi o catalisador da volta da democracia“.17

Anos depois, em outubro de 1978, o juiz federal Márcio Moraes, em sentença histórica, responsabilizou o governo federal pela morte de Herzog e pediu a apuração da sua autoria e das condições em que ocorrera. Entretanto nada foi feito.6 Em 24 de setembro de 2012, o registro de óbito de Vladimir Herzog foi retificado, passando a constar que a „morte decorreu de lesões e maus-tratos sofridos em dependência do II Exército – SP (Doi-Codi)“, conforme havia sido solicitado pela Comissão Nacional da Verdade.18

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 07. November 2008 um 17:28 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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