Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Unbekannter Indianerstamm in Brasilien „entdeckt“? Interessante Unterschiede zwischen brasilianischer und europäischer Berichterstattung.

Während europäische Medien in teils sensationeller Aufmachung klischeehaft von der „Entdeckung“ eines isoliert lebenden, unbekannten Indianerstammes, gar von „Wilden“ in Amazonien berichten, verbreiten die brasilianischen Qualitätsmedien – erheblich näher dran an den Dingen und Fakten –  wie üblich völlig andere, gegenteilige  Informationen – Tag für Tag. Danach wurde gemäß den Angaben der staatlichen Indianerschutzbehörde FUNAI  die Anwesenheit des fotografierten Stammes bereits seit 1910(!) registriert. Die FUNAI habe die betreffende Indianergruppe bereits seit zwanzig(!) Jahren beobachtet, beaufsichtigt.

http://www.sueddeutsche.de/wissen/17/443755/text/

Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Ethnologie:
http://www.hart-brasilientexte.de/2012/04/01/ludwig-maximilians-universitat-munchen-institut-fur-ethnologie-hauptseminar-indianische-realitaten-in-sudamerika-ethnographie-der-yanomami-kindstotung-frauenraub-auch-mit-massenvergewaltigunge/

…und die Halb-Berichtigung: http://www.sueddeutsche.de/wissen/405/444143/text/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/11/07/infantizid-blog-visao-missionario-brasilien/

Jene Indianer pflanzten Maniok, Bananen und Kartoffeln an, hieß es weiter. Von diesen Indios besitze man bereits über 1000(!)Fotos, erklärt die Behörde. Die Gruppe lebe in einer Region, in der sich drei Indianerreservate befänden. Der Anthropologe Gersem Baniwa, von Stamme der Baniwa, bezweifelte gegenüber der Presse, daß es in Brasilien noch Indios gebe, die isoliert von der weißen Zivilisation lebten. Zudem gebe es häufig indirekte Kontakte  – so erhielten Indianergruppen von anderen Stämmen unter anderem Streichhölzer. Wenigstens eine große europäische Zeitung hat den anfangs verbreiteten Unsinn über „entdeckte Indios“ rasch korrigiert, die falsche Fassung flugs  getilgt.

Hintergrund:

Kindermord bei brasilianischen Indianerstämmen: ”Every year, hundreds of children are buried alive in the Amazon. Kurzvideo der NGO Atini gegen das ”politisch korrekte Schweigen. **

Tags:

http://hakani.org/en/

Website von Atini: http://www.vozpelavida.org.br

Siehe die Texte zu Kindermord/Infantizid auf dieser Webseite.

Brasilia plant Gesetz gegen Kindstötungen bei Indiostämmen – ”Barbarisches, schändliches VerbrechenÂ **
Tags:

Kindermord schockiert katholische Urwaldmissionare

Verurteilten  Menschenrechtsorganisationen und Politiker Europas  den Mord an Indianerkindern?

Die Arbeiterpartei(PT) des brasilianischen Staatspräsidenten Luis Inacio Lula da Silva will per Gesetz die bei Indianerstämmen übliche Kindstötung wirkungsvoll bekämpfen. Wie der für die Gesetzesinitiative zuständige PT-Abgeordnete Henrique Afonso im Exklusivinterview erläuterte, sei beabsichtigt, daß damit die universelle Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen sowie internationale Abkommen über den Schutz des Lebens endlich auch für alle Indianerkinder des Landes gelten. In Europa werden zur Frage der Euthanasie, des Mordes an Behinderten während der Nazizeit klare, eindeutige Positionen vertreten. Solche vermißt man jedoch in Bezug auf den seit Jahrhunderten in Brasilien bei den Stämmen anzutreffenden Infantizid, also die systematische Tötung von Kindern im Falle von Geburtsfehlern und Behinderungen, sowie von Zwillingen und Drillingen. Während in Brasilien diese Praxis immer wieder auch von Rechtsexperten verurteilt wird, ist selbst von großen internationalen Menschenrechtsorganisationen durchaus denkbare Kritik, gar Protest, bisher ganz offensichtlich mit Bedacht ausgeblieben. Zählt Kindstötung  damit offenbar zu den schützenswerten Indio-Traditionen?

Ziel des geplanten Gesetzes ist gemäß dem Arbeiterpartei-Abgeordneten, daß solche schädlichen Praktiken künftig nicht mehr vorkommen. Brasilien habe seit der Gründung vor über fünfhundert Jahren zu den Kindstötungen geschwiegen, die ein barbarisches Verbrechen seien. Bei mindestens dreizehn Ethnien, darunter den Yanomami, so Afonso, würden jährlich Hunderte von Kindern durch Vergiften, lebendiges Begraben, Schüsse mit Bogenpfeilen, Ablegen im Wald oder andere Methoden getötet. Die genaue Zahl sei nicht bekannt. „Wir müssen noch genauer herausfinden, wieviele Kinder tatsächlich umgebracht werden “ denn von vielen Opfern haben wir keine Kenntnis. Zudem gibt es noch völlig isoliert lebende Indiogruppen, von denen nicht bekannt ist, inwieweit sie Kindstötung betreiben.” Nach dem Fall des Indianerjungen Amalé, der von seiner alleinstehenden Mutter gemäß Stammesnorm lebendig verscharrt, dann aber von der engagierten Tante wieder ausgegraben und so gerettet worden war, hätten er und viele Sympathisanten parlamentarische und öffentliche Aktionen gestartet, sodaß inzwischen selbst die Stammesführer über das komplexe Thema debattierten. Von Kindstötung betroffen seien gemäß den indianischen Normen sowohl die Kinder aus Zwillings-und Drillingsgeburten sowie Babies, die unter anderem wegen Geburtsfehlern als nicht perfekt betrachtet würden. Zudem seien eben alleinstehende Mütter gezwungen, ihre Neugeborenen umzubringen. Da es sich um Vorschriften handele, die bei diesen Stämmen gesellschaftlich akzeptiert seien, sehe das geplante Gesetz keine Bestrafung der an Kindstötung beteiligten Indios vor. Nicht-Indios, die von vorgesehenen Tötungen Kenntnis haben und nicht eingreifen, sollen nach den Worten des PT-Abgeordneten indessen wegen unterlassener Hilfeleistung zur Rechenschaft gezogen werden. Heute gebe es kaum noch Indianersiedlungen ohne Mitarbeiter der staatlichen Indioschutzbehörde FUNAI, des Gesundheitsdienstes FUNASA sowie Anthropologen und Missionare. Diese wüßten stets, daß ein Indiokind getötet werden solle und seien künftig gesetzlich verpflichtet, dieses Kind zu den staatlichen Autoritäten zu bringen. Von diesen könne es zur Adoption freigegeben werden, erläuterte Afonso weiter. „Doch man muß zwischen den Kulturen auch Bewußtseinsarbeit leisten. Unsere Indiodörfer haben heute Internetkontakt, es gibt technologische Interaktion. Warum sollte man dann nicht auch im Fernsehen, auf Konferenzen und Seminaren deutlich machen, daß wir es hier mit einer Kultur des Todes zu tun haben. In jeder Kultur, auch in jener der Weißen, finden wir solche Seiten, Aspekte. Haltungen, die zum Tode führen, die entmenschlichen und die Menschenrechte tief verletzen, müssen in einer Kultur aber überwunden werden. Unabhängig davon, ob es sich nun um eine Indiokultur oder eine andere Kultur handelt. Kinder, die mit Geburtsfehlern zur Welt kamen oder von alleinstehenden Müttern sind, dürfen doch nicht einen so furchtbaren Tod erleiden!” Der Abgeordnete Henrique Afonso zitierte Staatschef Lula, nach dessen Worten traditionelle Kulturen respektiert werden müssen, sofern sie nicht fundamentale Prinzipien des in der Verfassung garantierten Rechts auf Leben oder internationale Abkommen, darunter der UNO, verletzen. „Unglücklicherweise regiert in unserer Postmoderne der Relativismus, wonach all jenes, das gesellschaftlich akzeptiert ist, auch respektiert werden muß. Wir dürfen aber nicht schweigen, um uns nicht an Todbringendes, an die Verletzung der Menschenrechte zu gewöhnen. Und dies ist der Fall bei diesen furchtbaren Indiopraktiken. Wir fühlen derzeit keinerlei Schande bei unseren politischen Aktionen, sondern sind stolz, etwas für die Menschenrechte zu tun. Immer noch Kinder wegen Geburtsfehlern, Erbkrankheiten zu töten, ist absurd, da viele längst geheilt werden können. Auch die Yanomami haben derartige Praktiken.” Wie Afonso weiter sagte, bekomme er zahlreiche schockierende Anzeigen sogar über Kannibalismus, wobei indessen dafür noch Beweise fehlten. In detektivischer Kleinarbeit gehe man auch Informationen nach, denen zufolge Kinder bei satanischen Riten geopfert würden. „Wir wissen, daß in Brasilien viele Kinder verschwinden “ was von manchen mit Organhandel und Adoption, aber auch derartigen Riten erklärt wird.” Ein Großteil der Stämme habe bereits von der früher üblichen Praxis der Kindstötung gelassen – notwendig sei indessen, daß die nationale Bewegung für den Schutz aller Indiokinder auch internationale Unterstützung erhalte. Der Abgeordnete Afonso verurteilte zudem die bei Indiostämmen übliche Pädophilie, welche durch keinerlei kulturellen Kodex zu rechtfertigen sei. „Pädophilie ist feige und verbrecherisch, ein barbarischer Akt – nicht nur bei den Stämmen, sondern auch im Rest der brasilianischen Gesellschaft häufig anzutreffen. Unser Gesetz soll auch auf vergewaltigte, sexuelle mißbrauchte Kinder anzuwenden sein.” Bei Indianerkindern dürfe der Beginn des Sexuallebens nicht erzwungen werden. Betroffen seien Indiomädchen sogar im Alter von acht und neun Jahren. Die durch sexuellen Mißbrauch verursachten Schäden, so Afonso, seien aus der Psychologie genau bekannt. „Der Dialog zwischen den Kulturen muß erreichen, daß in den Indiodörfern verstanden wird, daß der Beginn des Sexuallebens eines Heranwachsenden nicht an Kulturen gebunden ist, sondern sondern einfach seine ganz bestimmte Zeit hat. Keine Gesellschaft hat das Recht, ein Kind verfrühtem Sex zu unterwerfen. Vieles aus der Kultur der Weißen wurde von den Indiodörfern rasch und problemlos übernommen “ doch solche schändlichen Praktiken werden beibehalten. Das muß im kulturellen Dialog mit der globalisierten Welt überwunden werden. Es gibt universale Prinzipien der Menschenwürde und des Lebens, die nicht verhandelbar sind.” Afonso nannte es eine unglaubliche Scheinheiligkeit, daß unter anderem von den Anhängern sogenannter politischer Korrektheit all diese Tatbestände über viele Jahrzehnte systematisch versteckt, unter der Decke gehalten wurden. „Ein Kind ist ein Kind an jedem Ort der Welt, in jedem beliebigen Umfeld. Wir dürfen unsere Utopien von einer brüderlichen Welt der Gleichheit und Menschenwürde nie aufgeben!”

Der Yanomami-Stamm in Amazonien wird in manchen deutschsprachigen Medien besonders positiv hervorgehoben. Indessen fehlt stets ein Fakt, den der für Gesundheitsbetreuung im Stammesgebiet zuständige Mediziner Marcos Pelegrini gegenüber der „Folha de Boa Vista” betonte: Allein 2004 wurden mindestens 98 Yanomami-Kinder von den eigenen Müttern per Infantizid umgebracht.

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 30. Mai 2008 um 16:04 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Naturschutz abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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