Der katholische Padre Marcelo Rossi aus Sao Paulo hat vergangenes Jahr 3,3 Millionen CDs und DVDs abgesetzt und damit nicht nur Popstars aus Lateinamerika weit in den Schatten gestellt. Wie seine Plattenfirma SONY-BMG mitteilte, ist Rossi bereits das zweite Jahr hintereinander größtes Phänomen der Musikbranche des Tropenlandes.
Franziskanerbischof Fernando Figueiredo und Padre Marcelo Rossi in der neuen Kirche der Diözese Santo Amaro von Sao Paulo 2012.
Allein von seiner neuesten Lieder-CD „Minha Bençao” (Mein Segen) gingen bisher mehr als 1,3 Millionen über die Ladentische. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins „Veja“ kamen führende Namen der Populärmusik wie Ivete Sangalo, Kulturminister Gilberto Gil, Caetano Veloso oder Roberto Carlos nicht einmal auf ein Zehntel der Verkäufe von Rossi. Würden die in Brasilien überall auf den Straßen vertriebenen Raubpressungen mitgerechnet, wären Rossis Resultate noch um ein Mehrfaches höher. Der vierzigjährige Priester investiert den Gewinn durchweg in kirchliche Sozialprojekte. Durch Rossi erfuhr die katholische Musik Brasiliens in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung, zahlreiche Priester sind inzwischen ebenfalls wegen ihrer Lieder landesweit bekannt. Gemäß den Statistiken wird inzwischen religiöse Musik mehr gehört und gekauft als beispielsweise Samba. Priester Rossi hatte bereits in den Neunziger Jahren erklärt, daß das Erfolgsgeheimnis der evangelikalen Sekten vor allem die Nutzung populärer Rhythmen sei, worauf die katholische Kirche entsprechend reagieren müsse. So hat die Sektenkirche „Renascer em Cristo”, deren Führer derzeit in den USA im Gefängnis sitzen, Gospelmusik nach nordamerikanischen Vorbild mit großem kommerziellen Erfolg in Brasilien heimisch gemacht. Evangelikale Sekten besitzen über dreißig gutgehende Plattenfirmen, produzieren eigene Hardrockbands und Boygroups, haben ihre religiöse Britney Spears, Shakira oder Madonna. Rossi hatte dieser Konkurrenz als erster erfolgreich Paroli geboten und sogar eine CD mit Disco-Hits herausgebracht. Diese hatte sich über dreimillionenmal verkauft – der Priester bekam dafür den begehrten Grammy aus den USA. Er produziert zudem religiöse Spielfilme und TV-Serien, teils in Koproduktion mit Columbia Pictures, spielt in manchen selbst mit. Sein Streifen über das Leben der Jungfrau Maria zählt zu den meistgesehenen der brasilianischen Filmgeschichte. Millionen von Brasilianern hören zudem Rossis tägliches Radioprogramm und schalten seine vom größten Privatkanal „TV Globo” übertragene Sonntagsmesse ein. „Padre Marcelo”, wie man ihn in Brasilien nennt, ist Mitgründer und Idol der katholischen Bewegung „Charismatische Erneuerung”, seine Diözese liegt in Sao Paulo nahe der berühmten Formel-Eins-Rennstrecke von Interlagos.
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