Während der Mainstream die Regierungsgegner herausstellt und auf Personalisierung der Politik setzt, betonen Brasiliens Qualitätsmedien, daß „Kampfflugzeuge der NATO bei der Rebellenoffensive in Tripoli entscheidend waren“. Die NATO habe eine aktive Rolle nicht nur beim Vorrücken der Rebellen, wie der Übergangsrat bestätigte, sondern auch bei der politischen Artikulation der Zukunft Libyens, analysiert Brasiliens wichtigste Qualitätszeitung „O Estado de Sao Paulo“. Gegen Libyen sind der Zeitung zufolge 7459 Luftangriffe geflogen worden – besonders die Kirche hatte auf die vielen zivilen Opfer der Bombardements verwiesen.
Brasiliens Qualitätsmedien berichten über geheime Waffen-Transportflüge der NATO zu Behelfspiste kurz vor Tripolis:
Eine brasilianische Delegation von Abgeordneten und Menschenrechtsaktivisten berichtete gegenüber der brasilianischen Presse über das Aushungern der libyschen Bevölkerung. Danach wurde durch die Rebellen die Lieferung von Lebensmitteln und Treibstoff nach Tripolis gestoppt. Viele abgehungerte und verletzte Libyer seien zwangsläufig nach Tunesien geflüchtet.
Ausriß.
Gemäß den Konflikt-Anfangsberichten wurden die Regierungsgegner von NATO-Bodeneinheiten auf libyschem Territorium militärisch gedrillt und mit NATO-Waffen ausgerüstet. Berichterstattung über den Fortgang der militärischen Aufrüstung der Regierungsgegner verstummte indessen später kurioserweise. So hatte der brasilianische Außenminister Patriota gefragt: „Wie kann man denn beispielsweise Waffen an die Rebellen liefern, wenn es ein entsprechendes Embargo gegen Libyen gibt?”
“Die Zeit” hatte anfangs über Waffenlieferungen auf dem Seeweg an pro-westliche Rebellen in Misrata, darunter deutsch-französische Milan-Raketen, berichtet:
“Der 26 Meter lange Schlepper ist voller Waffen und Munition. Gewehre unterschiedlichster Typen, in graue Decken eingewickelt, liegen auf dem Boden der Kajüten. Auch unter den Tischen der kleinen Messe stapeln sich Gewehre, die Waschküche ist angefüllt mit Panzerfäusten. Patronengurte hängen aus den Deckenverkleidungen wie anderswo Isolierwolle. Das Schiff ist eine schwimmende Bombe…
Die wichtigste Fracht der Ezzarouk ist eine neue Waffe im Kampf gegen Gadhafis Panzer. Das Milan-Raketensystem, eine deutsch-französische Entwicklung, die sich die Rebellen aus dem Ausland besorgt haben.”
Der Spiegel:
“Jetzt haben sie belgische Sturmgewehre, die Schiffe aus Bengasi gebracht haben. Abdul Latif schießt mit einer FN-FAL, Kaliber 7,62 x 51 mm. Das Zielfernrohr ist von der amerikanischen Firma Bushnell. “Der rechte Arm der freien Welt”, hieß das Gewehr im Kalten Krieg, weil es von so vielen Nato-Soldaten verwendet wurde.”
Laut “Folha de Sao Paulo” wurden die französischen Raketen vermutlich per Schiff nach Bengasi gebracht. Barack Obama habe sich dafür bei Katar bedankt. Brasiliens führende Qualitätszeitung betont, daß das Emirat Katar Truppen auf Anforderung ins Königreich Bahrein entsandte, um dort Proteste der Bevölkerung niederzuschlagen. Auch Saudi-Arabien hatte Truppen entsandt. Das mittelalterliche Königreich Bahrein ist Hauptquartier der 5. US-Flotte.
Brasiliens Qualitätsmedien über die NATO-Militärs auf libyschem Boden, Erinnerungen an den Vietnamkrieg:
Brasiliens Qualitätszeitung “O Globo” erinnert in einer Analyse an “Frankreichs finstere Kolonialvergangenheit just in Nordafrika, Folter und Massaker an Zivilisten”. Frankreich sollte daher wenig Lust verspüren, ein Geschrei über Menschenrechte in dieser Region zu erheben. Ähnlich liege die Situation im Falle der USA, die als einziges Land des Planeten systematisch Napalm gegen Menschen eingesetzt hätten, darunter in Vietnam, und zahllose blutige Diktaturen rund um den Erdball an der Macht hielten, hieß es. Die US-Außenpolitik habe die bizarre Kategorie der “guten Tyrannen” geschaffen – Diktatoren also, die als Freunde der USA betrachtet wurden, ungeachtet von deren Grausamkeit und Korruption. Niemals habe diesen Diktatoren US-Hilfe gefehlt, ob beim Veto gegen Sanktionen in der UNO oder durch Militärhilfe, Folter-Kurse der Repressionsorgane. Zum Fall der erschossenen Demonstranten in Jemen, einem engen Bündnispartner der USA, schrieb das Blatt, hätten sich Sarkozy und Cameron schlichtweg tot gestellt, auch Hillary Clinton nichts unternommen. Gaddafi, der “böse Tyrann”, solle indessen detoniert werden, ironischerweise nicht wegen seiner Sünden, sondern der Tugenden – der Unabhängigkeit der Außenpolitik, was ein gefährliches Beispiel für die Nachbarvölker sei, die den Weg der Freiheit wählten. Warum, so heißt es in der Analyse, werde nur Libyen als Ziel ausgewählt? Es fehle dafür Legitimität.
Libyen, das entwickeltste Land Afrikas, lag vor den Bombenangriffen auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung auf dem 53. Platz, Brasilien auf dem 73. Auf dem UNO-Bildungsindex liegt Libyen auf dem 66. Platz, Brasilien weit abgeschlagen auf dem 93.
Ausriß.
Radio Vatikan in einer Bewertung des Tripolis-Bischofs Martinelli und des Libyen-Kriegs – Vergleich mit dem Irakkrieg:
Der Italiener Martinelli ist seit 1985 Bischofsvikar in der libyschen Hauptstadt. Von Anfang an hat er sich gegen die Nato-Operationen ausgesprochen. Er sieht das wie der italienische Friedensbischof Giovanni Giudici, der die italienische Sparte der katholischen Friedensbewegung Pax Christi leitet:
„Was die Ineffizienz eines Krieges betrifft, was die Tatsache betrifft, dass ein Krieg große Probleme schafft und Wunden schlägt, die so schnell nicht verheilen, kann man den Libyen-Einsatz durchaus mit dem Irakkrieg vergleichen. Hier sieht man, dass nicht nur Menschen sterben, sondern auch auf lange Sicht Ungleichgewichte entstehen, dass das Zusammenleben der Menschen schwierig wird, dass die Entwicklung eines Landes blockiert wird!“
Tags: Libyen-Intervention, psychologischer Krieg
Für das unerwartet rasche Vorrücken der Rebellen auf Tripolis waren die verstärkten Luftangriffe der Nato in den letzten Tagen entscheidend. Auch die Amerikaner beteiligten sich wieder mit unbemannten Predator-Drohnen an der Luftoffensive, die das Ziel hatte, den Aufständischen den Weg freizuschießen. Allein hätten sie, wie Militärexperten diskret enthüllen, den Durchbruch nicht geschafft.
Noch weniger wird an die große Glocke gehängt, dass französische, britische und amerikanische Spezialtruppen das Vorgehen der Rebellen auf dem Boden unterstützten. Das UN-Mandat für den Nato-Einsatz, das auf Schutz der libyschen Bevölkerung vor Gaddafis Unterdrückungsapparat lautet, wurde damit klar durchbrochen.” Süddeutsche Zeitung
New York Times:
TRIPOLI, Libya — The euphoria that followed the rebels’ triumphant march in Tripoli gave way to confusion and wariness on Monday, as Col. Muammar el-Qaddafi remained at large, his son Seif al-Islam made a surprise appearance at a hotel with foreign journalists, and pockets of loyalist forces stubbornly resisted rebel efforts to take control of the capital.
Brasiliens Wissenschaftler Fiori zur Ölfrage:
„Das Bombengeschäft“:
Gaddafi-Sohn Saif al-Islam 2010 in Lateinamerikas Kulturmetropole Sao Paulo – Eröffnung einer Ausstellung:
“Der Vietnamkrieg war illegal” Süddeutsche Zeitung 2011.
“Der illegale Krieg. Die Pentagon Papers werden erstmals vollständig freigegeben. An diesem Montag wird ein bislang streng gehütetes Staatsgeheimnis preisgegeben: Der Vietnamkrieg war illegal. Er wurde unter falschen Voraussetzungen begonnen, mit Lügen fortgesetzt,und zu gewinnen, auch das wird jetzt offiziell bekanntgemacht, war er auch nicht.”
« Brasiliens OSESP-Chor von Naomi Munakata – anklicken. Isaac Karabtchevsky dirigiert. „Janequin: La Bataille de Marignan“. – Brasiliens Korruptionskrise: Enthüllungsmedien fordern Bestrafung der entlassenen Regierungsmitglieder, was bislang ausbleibt. »
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