Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien: Marlon Weichert, deutschstämmiger Bundesstaatsanwalt, Teilnehmer des Expertenseminars über Vergangenheitsbewältigung, Goethe-Institut Sao Paulo. Marianne Birthlers aufschlußreiches Auftreten.

http://www.youtube.com/watch?v=XR2CBX4qT7s&feature=PlayList&p=7EE1ABB313DF709C&index=0&playnext=1

 http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/27/marianne-birthler-bundesbeauftragte-fur-die-stasi-unterlagen-expertenseminar-des-goethe-instituts-sao-paulo-uber-vergangenheitsbewaltigung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2012/07/17/brasiliens-armeepolizei-unter-der-rousseff-regierung-schlage-zu-prugele-schlage-zu-bis-zum-tod-reis-den-kopf-ab-und-wirf-ihn-ins-meer-trainingsgesange-der-soldaten-in-rio-de-janeiro-laut-lan/#more-13209

Diktator Geisel nennt die Ermordung von Regimegegnern eine Notwendigkeit – in Gespräch mit General Dale Coutinho(zitiert in Nachrichtenmagazin Veja 2003): 

Geisel: „Brasilien wird heute als eine Oase angesehen.“

Dale Coutinho: „Ah, die Dinge haben sich sehr verbessert. Unter uns gesagt, läuft es besser, seit wir begonnen  haben zu töten. Wir haben begonnen zu töten.“

Geisel:“Denn vorher hat man einen festgenommen – und der kam dann wieder frei. Coutinho, Töten ist zwar barbarisch, aber ich denke, das muß sein.“

Veja:“Der Kongreßabgeordnete Ulysses Guimaraes verglich Geisel mit Ugandas Diktator Idi Amin…Geisel, General der demokratischen Öffnung, war für politischen Mord…Geisel wollte die Fortsetzung der  Ausrottungspolitik.“

Die brasilianische Militärdiktatur produzierte in Rio de Janeiro Napalm im Stadtteil Bonsucesso und setzte es gegen Regimegegner u.a. 1972  in Araguaia ein. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/

 

 

Kommentar/2001Falsche Mutter CourageMit Claudia Roth, tönen Deutschlands Medien, kam eine Parteilinke guter alter Öko-Werte an die Grünen-Spitze. Ein schlechter Witz – die Populistin ist eine knallharte Neoliberale. Ihre verheerende Rolle als Chefin des Menschenrechtsausschusses im Bundestag sagt genug. Die Zustände in Brasiliens total überfüllten Haftanstalten werden selbst von kirchlichen Gefangenenseelsorgern mit denen in Nazi-KZs verglichen, Todesschwadronen wüten schlimmer als zur Diktaturzeit, die grausigsten Massaker an Landlosen sprachen sich auch bis nach Deutschland herum. Den politisch Hauptverantwortlichen für die Blutbäder benennt bereits 1996 ein Internationales Tribunal, dem Persönlichkeiten der UNO und des Weltkirchenrates angehören. Es ist Fernando Henrique Cardoso, Präsident des Tropenstaates, selber Großgrundbesitzer, natürlich Ehrendoktor der Freien Universität Berlin – noch nicht einmal der ASTA findet das irgendwie anstößig. Claudia Roth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen, erst recht nicht. Die ist immer nett zum Massaker-Demokraten, so wie Joseph Fischer, Jürgen Trittin oder gar Gerhard Schröder. Deutsche, brasilianische Menschenrechtsaktivisten hatten erwartet, daß mit Rot-Grün Cardoso bei seinen Deutschland-Visiten ein eisiger Wind entgegenschlagen, die Hofiererei wie unter Helmut Kohl jäh enden würde. Zu dessen Zeiten wurden auch Präsidenten-Vize Marco Maciel und Kongreßchef Antonio Carlos Magalhaes besonders herzlich empfangen – niemand störte sich daran, daß beide tonangebend in der Arena-Partei des Militärregimes waren und damals schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit deckten. Doch – nur für manche überraschend – setzt Rot-Grün die Kohl- Linie fort: Ist Staatschef Cardoso in Berlin bei Schröder & Co., unterbleibt jede Kritik an dessen Verantwortung für Killerkommandos, Massenfolterungen sowie an der Amazonasvernichtung – laut Greenpeace steht immerhin bereits fest, daß die Cardoso-Regierung als absoluter Rekordhalter bei der Regenwaldzerstörung in die Geschichte eingehen wird. Wer noch Zweifel über Claudia Roths politische Philosophie hat, verliert die ausgerechnet zur EXPO-Eröffnung: Denn
Sozialdemokrat Schröder wählt unter den Staatschefs dieser Erde zielsicher den “Social-Democrata” Cardoso, um mit ihm in Hannover die Weltausstellung zu eröffnen, ihn auf dem festlichen Bankett als einzigen ausländischen Ehrengast eine Rede halten zu lassen. Da spätestens hätte die “Menschenrechtsexpertin” Roth dem Kanzler in den Arm fallen, ihn vor einem historischen Fehlgriff bewahren müssen. Doch sie tut es nicht – selbst in Kenntnis neuester Anklagen von Amnesty International und des US-State Department. Es stellt bereits 1998 fest, daß unter Cardoso Folter, außergerichtliche Exekutionen und Polizeigewalt weiter zunehmen. Beamte der aus Diktaturzeiten berüchtigten Militärpolizei betätigen sich in der Freizeit als Berufskiller und Entführer. Folterungen regelmäßig selbst in den Streitkräften. 
In Hannover kommt es noch schlimmer. Cardoso, heißt es offiziell, repräsentiere durch seine Biographie, sein Land, seine Regierung die Hauptthemen der EXPO – Mensch, Natur und Technik. Er sei jene Persönlichkeit mit den besten Voraussetzungen, Lösungsvorschläge für die Probleme des nächsten Jahrhunderts zu machen. Tags darauf ist Cardoso in Berlin einer von – laut Eigendarstellung der Teilnehmer – “fünfzehn fortschrittlichen” Staatschefs, darunter auch Clinton und Blair, die im Kanzleramt auf der Konferenz “Modernes Regieren im 21.Jahrhundert” ein gewichtiges Wort mitreden Und in der Tat – Präsident Cardoso kann den politischen Eliten der Ersten Welt nützliche Ratschläge geben, wie man neoliberale Konzepte brutal durchsetzt und dennoch recht problemlos an der Macht bleibt. Markt und MoralClaudia Roth kennt wie Fischer auch die entscheidenden ökonomischen Basisfakten nur zu genau: Brasilien ist Hauptempfänger deutschen Kapitals in der Dritten Welt, Deutschland zählt zu den vier wichtigsten Investoren in dem Tropenstaat, längst unter den zehn größten Wirtschaftsnationen der Erde. Sein Bruttosozialprodukt übertrifft das von Rußland oder China – allein jenes von Rio de Janeiro das von ganz Chile, jenes der 17-Millionen-Metropole Sao Paulo das von ganz Argentinien. In einer Bucht bei Rio hat Siemens gerade einen Atommeiler ans Netz geschaltet, will genau daneben einen zweiten des Biblis-Typs fertigbauen. Gewinnspannen wie in Brasilien sind weltweit fast einmalig, werden vor allem in Lateinamerikas Wirtschaftslokomotive Sao Paulo erzielt. Nicht zufällig nennt man die auch “größte deutsche Industriestadt” – wegen der über eintausend Niederlassungen von Konzernen wie VW, Daimler-Chrysler oder Bayer. Daß dort Lateinamerikas gräßlichster, größter Gefängniskomplex Carandiru steht, in dem es wegen der entsetzlichen Zustände auch dieses Jahr zu Häftlingsrevolten kam, hätte Claudia Roth eigentlich interessieren müssen. Schließlich ist das Massaker von 1992, bei dem eine Spezialeinheit der Militärpolizei laut offiziellen Angaben 111, laut kirchlichen weit über zweihundert Insassen durch Mpi-Salven und Bluthunde umbrachte, weiterhin ungesühnt. Der befehligende Offizier ging in die Politik, unterstützt nach wie vor Cardoso, ein anderer Armeeoffizier und Kongreßabgeordneter aus des Staatschefs Mitte-Rechts-Regierungsbündnis plädiert öffentlich für Folter, rechtfertigt ungestraft Massaker an Landlosen und Gefangenen: “Ich hätte ebenfalls geschossen.” Zum Blutbad von Carandiru erklärt er:”Man hätte noch einige neunhundert töten müssen, um Platz für andere Gefangene zu schaffen.” Reaktion von Cardoso auf diese öffentlichen Äußerungen – keine, von Claudia Roth ebenfalls nicht. Nach den jüngsten Revolten beschuldigt Marcos Rolim, der im Parlament die gleiche Funktion wie die Grüne im Reichstag hat , den Justizminister Cardosos, für die Unruhen direkt verantwortlich zu sein, spricht von “Mord, Folter, Hunger und Dreck” – laut Angaben der katholischen Kirche bricht alle sechsunddreißig Stunden im Lande ein Häftlingsaufstand aus. Doch der Staatschef kontert, das brasilianische Strafsystem sei “exzellent”. Bundeskanzler Schröder betont, daß dieser brasilianische Präsident Vertrauen verdiene. Und weiß natürlich, wie clever sein stockneoliberaler sozialdemokratischer Kollege vom Zuckerhut beispielsweise kreuzgefährliche Untersuchungsausschüsse des Parlaments abwürgt, verhindert: Die wichtigsten Bestecher der Nation, darunter Multis, werden nicht ermittelt, Cardosos Verwicklung in einen Banken-und Stimmenkaufskandal bleibt im Dunkeln.
Wenn die grüne “Übermutter” solche Zustände nicht dazu bringen, Cardoso und seinen Anhang weniger freundlich zu behandeln, hätte natürlich des FU-Ehrendoktors Position zum Fall Pinochet Anlässe geboten. Der chilenische Diktator beging Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht alleine, sondern hat bis heute Kumpane, engste Freunde und Helfershelfer auch im brasilianischen und argentinischen Militär, von der intensiven CIA-Kooperaration ganz zu schweigen. Argentiniens Präsident Carlos Menem wettert von Anfang an gegen die Verhaftung Pinochets, Schröders Staatsgast und Armee-Oberbefehlshaber Cardoso verlangt ebenfalls die Freilassung – in dessen Amtszeit lädt seine Generalität den hochverehrten chilenischen Kollegen natürlich weiterhin etwa nach Rio de Janeiro ein. 
Deutsche Waffen für die Slum-WarlordsIn den rasch wachsenden Slums der brasilianischen Großstädte haben die Gewaltexzesse gegen schutzlose Bewohner die letzten Jahre für Europäer nahezu unvorstellbare Ausmaße angenommen – täglich werden ungezählte Opfer gefoltert, verstümmelt, geköpft, in Stücke gehackt, angezündet. Zeitungen zeigen die Verbrechen in Großaufnahme. Täter sind vor allem Banditengangs und Todesschwadronen, die auch deutsche Heereswaffen tragen, die Polizei agiert ebenfalls brutal. Die Herrschaft des organisierten Verbrechens über die Slums, betonen selbst kirchliche Menschenrechtler, verhindert auf perfide Weise, daß deren Bewohner politisch für ihre Rechte kämpfen. Denn immer wieder werden engagierte Bürgerrechtler, die Slumassoziationen leiten und sich dem Normendiktat des mit der Politik verzahnten organisierten Verbrechens nicht beugen wollen, zur Einschüchterung ermordet. Für AI ist besonders schwerwiegend, daß die skandalöse Untätigkeit der Cardoso-Regierung vor allem in den unteren Bevölkerungsschichten das Gefühl des Ausgeliefertseins noch verstärke. Der Präsident habe im Ausland versichert, sich für die Menschenrechte der Unterprivilegierten einzusetzen – der Widerspruch zur tatsächlichen Lage sei eklatant. Anwalt James Cavallaro, Leiter des brasilianischen Human-Rights-Watch-Büros, spricht wiederholt von “niederschmetternder Indifferenz” der Cardoso-Regierung. Yvonne Bezerra de Mello, eine der angesehensten Bürgerrechtlerinnen Brasiliens, prangert seit Jahren an, wie das organisierte Verbrechen mit Duldung der Politiker Straßenkinder rekrutiert, sie zu Kindersoldaten macht, die auch deutsche G-3 oder schweizerische Sig-Sauer-Sturmgewehre benutzen. Wer nicht mehr mitzieht, wird kurzerhand eliminiert, die Leichen läßt man meist verschwinden. In den Slums, so die auch in Europa durch Buchveröffentlichungen bekannte Expertin, gebe es Ställe mit Schweinen, die Überreste von Kindern auffräßen. Oder:”Ein Junge, oft nur dreizehn Jahre oder jünger, muß dem an einen Baum gebundenen Opfer mit einer Rasierklinge solange ins Fleisch schneiden, bis es stirbt – sogar das Herz wird herausgetrennt, alles zur Einschüchterung auch der Slumbewohner.” Nicht nur im deutschen Außenministerium dürfte bekannt sein, wie Yvonne Bezerra de Mello die Waffenexportgesetze der Ersten Welt scharf kritisiert. Daß sich unter Rot-Grün 1999 die Kriegswaffen-Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahr der Kohl-Regierung mehr als verdoppelten, kam, man ahnt es schon, auch Brasilien zugute. Menschenrechtsaktivisten, die all dies kritisieren, deshalbverfolgt, mit Morddrohungen überhäuft werden, erhalten ebenso wie verfolgte Homosexuelle politisches Asyl in den USA, Kanada oder Australien – und das fünfzehn Jahre nach der Militärdiktatur. Der brasilianische Präsident ist gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte, könnte die Öffnung der geheimen Militärarchive anweisen, in denen die Zusammenarbeit mit Pinochet, auch das Schicksal der Verschwundenen Brasiliens dokumentiert ist. Wie in Argentinien kollaborierten deutsche Multis eng mit dem Repressionsapparat der Diktatur, bespitzelten Arbeiter; in den Archiven dürften darüber Dokumente liegen. Doch Cardoso läßt die Finger davon, nimmt Rücksicht auf die Generalität. Präsident Cardoso fördert geradezu Folterknechte von einst, in seiner “Sozialdemokratischen Partei”/PSDB wimmelt es von schwerbelasteten Diktaturaktivisten.Brasiliens Neonazis ermorden Schwule – “Hitler” als registrierter VornameIn jenem Brasilien, das so vielen NS-Kriegsverbrechern Unterschlupf und Aufstiegschancen bot, werden auch andere Minoritäten ihr Stigma nicht los. Besonders die vor Hitlers Gaskammern geflohenen Juden schmerzt, daß die brasilianische Gesellschaft überhaupt nichts gegen den Vornamen Hitler hat, der einen sogar in Zeitungsüberschriften anspringt. Selbst in den besten brasilianischen Wörterbüchern steht unter “Judeu” immer noch: “Schlechter Mensch, Habgieriger, Geizhals”. Der jüdische Abgeordnete und Therapeut Gerson Bergher, Mitglied von Cardosos Sozialdemokratischer Partei/PSDB, fordert diesen brieflich auf, etwas gegen die widerliche nazistische Charakterisierung zu unternehmen, sie austilgen zu lassen. In seinem Abgeordnetenkabinett in Rios City sagt Bergher:”Ich habe nicht mal eine Antwort bekommen.”Als Staatschef Cardoso letzten Oktober erneut in Berlin bei Schröder aufkreuzt, alle Ehren erhält, schweigen Roth & Co. wiederum im Kollektiv, ebenso natürlich die angepaßte PDS-Spitze, während einzig die Grüne Liga, Ostdeutschlands größter Umweltverband, mit dem Appell “Kein Staatsempfang für Regenwaldzerstörer!” deutlich Flagge zeigt. Cardoso wird – bisher einmalig in Deutschland – als “Regenwaldzerstörer und Menschenrechtsverletzer” definiert. “Wir fordern als Umweltverband die Bundesregierung auf, alle diplomatischen Beziehungen zur brasilianischen Regierung einzufrieren, solange die Menschenrechtslage nicht verbessert und die Regenwaldabholzung toleriert wird.” Doch Deutschland, so Cardoso hocherfreut an der Spree, gehöre zu den Ländern, mit denen Brasilien die besten Beziehungen überhaupt unterhalte. Jetzt wolle man die Präsenz in Europa weiter verstärken. Da ist es ganz offensichtlich sehr nützlich, verständnisvolle Grünen-Funktionäre wie Claudia Roth zu haben.Keine Reaktion auf Todesstrafe für Schwule in TschetschenienÜber sie können auch die von den afganischen Taliban kräftig unterstützten radikal-islamischen Rebellen Tschetscheniens nicht klagen: Als 1996 das neue tschetschenische Parlament den Islam zur Staatsreligion erklärt, erwartungsgemäß die Sharia, den islamischen Strafkodex, bindend einführt, fordert Holger Beck, rechtspolitischer Grünen-Sprecher, in einer von Joseph Fischer mitunterschriebenen Kleinen Anfrage die Kohl- Regierung auf, “alle diplomatischen Mittel einzusetzen, um die Einführung der Todesstrafe für Homosexuelle in Tschetschenien zu verhindern.” In Afghanistan gibt es diese Rechtsnorm, seit die vom Westen aufgerüsteten Gotteskrieger die Macht übernahmen, in Saudi-Arabien, Deutschlands wichtigem Waffenkunden, ebenfalls. Doch Bonn denkt nicht daran, Becks und Fischers Appell zu folgen – also mußte erwartet werden, daß sich nach dem Regierungswechsel Rot-Grün, insbesondere aber ihre oberste Menschenrechtlerin Claudia Roth vehement nicht nur für die tschetschenischen Schwulen, sondern für alle von Sharia-Strafen wie Steinigen oder Handabhacken Betroffenen einsetzen würde. Doch die Grüne bleibt untätig – bis heute. In den Medien wird für die Schwulenehe in Deutschland gestritten, gegen den Homosexuellen-Artikel 148 der Sharia-Rechtsnormen Präsident Aslan Maschadows jedoch nicht. Wenigstens regt sie sich öffentlich furchtbar auf, als BND-Chef August Hanning im März letzten Jahres mit einer kleinen Pullacher Delegation das tschetschenische Konfliktgebiet besucht, vor Ort mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB Informationen über Terrorismusbekämpfung austauscht. Zeitpunkt und Zielort dieser BND-Reise seien “unanständig” – für das Abschlachten von Schwulen, das Abtrennen von Gliedmaßen, öffentliche Hinrichtungen, im Fernsehen übertragen, findet Claudia Roth solche oder ähnliche Begriffe nicht. Die fundamentalistischen Milizen passen halt ins neoliberale geopolitische Konzept, wie zuvor deren afghanische Brüder im Geiste. 

Im Website-Interview nahm Marianne Birthler nicht Stellung zur gravierenden Menschenrechtslage in Brasilien, darunter Folter und außergerichtlichen Exekutionen, was zu den Hauptthemen des Expertenseminars zählt. Der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Günter Nooke hatte zuvor bei seinem Brasilienbesuch im Interview u.a. die “unsägliche Folterpraxis” angeprangert.

Die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland, darunter von Willy Brandt,  zur Militärdiktatur, wurden auffälligerweise nicht debattiert, die Rolle Brandts nicht einmal erwähnt.   Marianne Birthler verlor über diese Frage kurioserweise nicht ein einziges Wort – obwohl man gerade von ihr, wegen ihres Postens,  dazu sehr ausführliche, tiefschürfende Bewertungen erwartet hatte – darunter zu ausgebliebenen Protesten hochrangiger Bonner Politiker gegen die gravierenden Menschenrechtsverletzungen während des Militärregimes.

Besonders fiel auf, daß Marianne Birthler, auch im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit, über diese bemerkenswerten Sachverhalte nicht sprach:

Zusammenarbeit von multinationalen Unternehmen mit dem Militärregime:

Wie brasilianische Medien unter Berufung auf Dossiers und Aktenfunde berichten, wurden bei VW und Mercedes-Benz Spitzel in die Versammlungen der Metallarbeiter und ihrer Gewerkschaften geschickt, die Spitzelberichte sofort  an die politische Polizei Deops weitergegeben. Brasilianische Qualitätsblätter wie das „Jornal do Brasil“ schrieben bereits vor über einem Jahrzehnt ausführlich darüber.  Gewerkschafter und andere „verdächtige“ Angestellte seien beim  Deops denunziert worden, auch Streikende.  Zudem sei angefragt worden, ob gegen Mitarbeiter, die eingestellt werden sollten,  „etwas vorliegt“. Unter Diktator Ernesto Geisel wurde  VW do Brasil  um Angaben über oppositionelle Arbeiterinnen gebeten – und gab derartige Daten  auch heraus, wie es hieß.

 http://www.hart-brasilientexte.de/2014/02/06/brasiliens-folterdiktatur-wahrheitskommission-uber-regimeverbrechen-untersucht-wie-privatunternehmen-den-militarputsch-von-1964-und-die-darauffolgende-repression-unterstutzten-deutsche-multinationa/

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/12/08/brasiliens-diktatur-verbrecher-endlich-bestrafen-deutschstammiger-bundesstaatsanwalt-marlon-weichert-video-anklicken/

Die Diktatur begann mit dem Militärputsch von 1964 – 1969 schloß Bonn mit dem Militärregime laut Jahreschronik ein Kulturabkommen. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/12/der-brasilianische-staat-schutzt-heute-folterer-morder-vergewaltiger-entfuhrer-der-militardiktatur-marlon-weichert-deutschstammiger-bundes-staatsanwalt-in-sao-paulo-im-website-exklusivintervi/

Warum ein berüchtiger Diktaturaktivist Brasiliens einen hohen Orden der Bundesrepublik Deutschland erhält: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/12/28/brasilien-der-beruchtigte-diktaturaktivist-antonio-carlos-magalhaes-ausgezeichnet-mit-dem-groskreuz-des-verdienstordens-der-bundesrepublik-deutschland/

Außenminister Genscher und sein brasilianischer Amtskollege Azeredo da Silveira unterzeichnen das Atomabkommen in Bonn 1975 – im selben Jahr wird in Sao Paulo der jüdische Journalist Vladimir Herzog totgefoltert. 

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Ausriß.

Politik muß der Freiheit und der

Würde jedes einzelnen Menschen
dienen.
Aber Freiheit und Verantwortung
gehören für uns Liberale
untrennbar zusammen.  Hans-Dietrich Genscher

Der Juso-Bundesvorstand erklärt 1978:”Es ist geradezu eine abenteuerliche Politik, einer Diktatur, die zur Nutzung ihrer machtpolitischen Interessen noch nie Skrupel bei der Auslöschung von Menschenleben gezeigt hat, die radikalsten Vernichtungsmöglichkeiten in die Hand zu geben.Die Anwesenheit des Diktators Geisel in der BRD ist eine Provokation für alle Demokraten.” Der damalige Juso-Vorsitzende heißt Gerhard Schröder.

Bei Demos in Köln und Düsseldorf, gegen die Polizeieinheiten des damaligen SPD-Ministerpräsidenten Kühn mit aller Härte vorgehen, werden Parolen wie”Völkermorde und KZ findet der Herr Geisel nett” oder „Kein Atomgeschäft mit Folterern” gerufen.

Willy Brandt und sein Diktatur-Amtskollege José Magalhaes Pinto:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-folter-diktatur1964-1985-mit-wem-bundesausenminister-willy-brandt-damals-bilaterale-vertrage-unterzeichnet-das-massaker-an-stahlarbeitern-unter-gouverneur-jose-magalhaes-

“Wir wollen mehr Demokratie wagen”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/22/mehr-demokratie-wagen-willy-brandt-1969-jahr-in-dem-er-in-bonn-vertrage-mit-der-brasilianischen-folterdiktatur-unterzeichnete/

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Das offizielle Foto vom angeblichen Selbstmord des jüdischen Journalisten und Fernsehdirektors von TV Cultura, Vladimir Herzog 1975 in einer Polizeizelle Sao Paulos – in Wahrheit wurde er totgefoltert. Bundesrichter Marcio José de Morais annullierte 1979 das offizielle Dokument der Diktatur über die Todesursache, gab indessen Zeugen recht, denen zufolge Herzog gefoltert worden war, machte den Staat für den Tod des Juden verantwortlich. Unterdessen wurde ermittelt, daß unter Geisel gefolterte Regimegegner auch durch Giftspritzen umgebracht wurden, das Militär zahlreiche Oppositionelle außergerichtlich exekutierte.

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/14/brasilien-bau-des-judischen-museums-in-sao-paulo-deutsche-regierung-beteiligt-sich-mit-rund-300000-euro-prasident-des-museums-dr-sergio-simon-und-der-deutsche-generalkonsul-friedrich-dauble-unte/

Der Fernsehdirektor und Journalist war eine bekannte Person der Mittelschicht und vom Militärregime nicht festgenommen oder verhaftet, sondern  für den 25.  Oktober 1975 zwecks Erteilung von Auskünften zum Sitz der politischen Polizei bestellt worden – das macht vorstellbar, wie die Diktatur mit nicht bekannten Oppositionellen, mutmaßlichen Oppositionellen etwa der Unterschicht, in den Slums umging, Aktionsfeld der Todesschwadronen des Regimes. 

“Du hättest alle Juden töten sollen”:  http://www.hart-brasilientexte.de/2012/03/21/brasiliens-nazistisch-antisemitische-militardiktatur-hohe-militars-zu-herbert-cukurs-massenmorder-von-rigadu-hast-einen-einzigen-fehler-begangen-du-hattest-alle-juden-toten-sollen-hintergrun/

Walter Scheel(FDP) und die nazistisch-antisemitisch orientierte Militärdiktatur Brasiliens:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/26/bundesprasident-walter-scheel-1978-anlaslich-des-besuchs-von-diktator-ernesto-geisel-in-bonndie-freundschaft-zwischen-brasilien-und-der-bundesrepublik-deutschland-kann-als-modell-fur-die-nord-sud/

Wie das Militärregime Frauen folterte – welche deutschen Politiker nicht protestierten:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-des-teilstaats-sao-paulo-zur-aufklarung-der/

Wie Bundesstaatsanwalt Marlon Weichert im Website-Exklusivinterview sagte, werden Diktaturverbrechen vertuscht, um “Biographien bestimmter Leute  zu schützen,  Biographien in der jetzigen Form aufrechterhalten zu können. Viele Leute wollen nicht Rechenschaft darüber ablegen, was sie damals taten.” Käme die Wahrheit heraus, so Weichert, müßten einige Biographien erheblich umformuliert werden. Dies könnte auch Persönlichkeiten der Regierungsallianz betreffen.

 

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Ausriß. Lula bei Schmidt/SPD in Hamburg. Sozialdemokratische Politik in Brasilien, strategischer Partner der Merkel-Gabriel-Regierung:http://www.hart-brasilientexte.de/2008/11/14/hunger-nach-macht-brasiliens-wichtigster-befreiungstheologe-frei-betto-uber-den-sinn-von-bolsa-familia/

 

DIE ZEIT und der Tod des Mitherausgebers Helmut Schmidt/SPD 2015 – was alles in den Nachrufen fehlt:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/12/die-zeit-und-der-tod-des-mitherausgebers-helmut-schmidtspd-2015-was-alles-in-den-zeit-nachrufen-fehlt/

Staatliche Terroristenförderung, Import von Gewalt-Gesellschaftsmodellen 2015, Attentate von Paris:

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/11/14/verhersehbare-terroranschlaege-von-paris-im-november-2015-reaktion-reflexionen/

 

Marianne Birthler, Kandidatin von Angela Merkel für Bundespräsidentenamt:http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/29/foltertechnologie-der-bundesrepublik-deutschland-an-brasilianische-folter-diktatur-in-den-siebziger-jahren-erlautert-menschenrechtsaktivist-ivan-seixas-auf-expertenseminar-des-goethe-instituts-sao-pa/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/27/marianne-birthler-verelendete-brasilianische-obdachlose-an-der-rechtsfakultat-sao-paulos-neben-franziskanerkloster-wahrend-des-expertenseminars-goethe-institut/

“Kämpferin”(DER SPIEGEL 2018) Marianne Birthler/GRÜNE:

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Ausriß DER SPIEGEL, 14.4. 2018: “…denn sie wurde in den Jahren der DDR, in der Zeit der Wende zu einer Kämpferin, natürlich ist sie für viele auch die Frau, die lange die Stasiakten verwaltet hat und beinahe Bundespräsidentin geworden wäre.”

Birthler – Deutsche Welle:

http://www.dw.com/de/brasilien-h%C3%A4lt-archive-verschlossen/a-4607671

“Folter ohne Ende”: http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/12/folter-ohne-ende-tortura-sem-fim-brasiliens-soziologiezeitschrift-sociologia-uber-folter-unter-der-lula-regierung/

“Der Mann, der keine Angst hatte”:http://www.hart-brasilientexte.de/2016/12/16/der-mann-der-keine-angst-hatte-brasiliens-wichtigster-katholischer-befreiungstheologe-frei-betto-dez-2016-ueber-den-verstorbenen-kardinal-erzbischof-paulo-evaristo-arns/

“Während der Militärdiktatur (1964-1985) protestierte der deutschstämmige Arns gegen die Verbrechen des Regimes. Seit dem Übergang zur Demokratie mobilisierte er Kirche und Sozialbewegungen gegen Ungerechtigkeit, Folter und unmenschliche Arbeitsbedingungen.” Vatikan-Nachruf 2016 (Welche sehr hochrangigen Bonner Politiker gegen die Verbrechen des Regimes nicht protestierten – sondern mit diesem Regime sehr eng zusammenarbeiteten – und mit jenen, die nach 1985 die Kontinuität des Folterregimes wahrten … Wie agierten Willy Brandt, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher, CDU, CSU, FDP?)

Militärdiktatur – Kirche in Brasilien, Kirche in Deutschland…

Marianne Birthler geb. Radtke (* 22. Januar 1948 in Berlin) ist eine deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen) und war von 2000 bis März 2011 die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Marianne_Birthler

…Zugleich arbeitete sie ehrenamtlich aktiv in der evangelischen Kirche mit und organisierte Gesprächskreise zu gesellschaftlichen und politischen Themen. Birthler begann 1976 eine fünfjährige gemeindepädagogische Fernausbildung zur Katechetin und Gemeindehelferin. Von 1981 bis 1987 war sie in der Kinder- und Jugendarbeit der evangelischen Elias-Gemeinde im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg tätig. 1987 wurde sie Jugendreferentin im Stadtjugendpfarramt von Ost-Berlin…Wikipedia

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http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/27/marianne-birthler-bundesbeauftragte-fur-die-stasi-unterlagen-expertenseminar-des-goethe-instituts-sao-paulo-uber-vergangenheitsbewaltigung/

Die Neue Zürcher Zeitung 1994 zum 30. Jahrestag des Militärputsches von 1964:

Exponenten der Diktatur als starke Männer demokratischer Parteien

Politik-und Wirtschaftswissenschaftler sowie die führenden Kommentatoren der Qualitätszeitungen begründen die Rückständigkeit Brasiliens in Artikelserien zum Putschjubiläum unter anderem damit, daß nach 1985 kein echter demokratischer Wandel begann, sondern die Kontinuität gewahrt blieb. Politiker, Bürokraten und Parteien, die die Diktatur aktiv unterstützten, behielten Einfluß und Macht.  Sie gehen heute auch Koalitionen mit einstigen Gegnern ein, was bisweilen irrational erscheint. Erster Zivilpräsident nach dem Generalsregime wurde der frühere Chef der Militärpartei PDS José Sarney. Der derzeitige Finanzminister Fernando Henrique Cardoso, Inhaber des wichtigsten Kabinettsressorts, fungierte damals als Sarneys Interessenvertreter(portugiesisch: „Lider do Governo“) im Senat. Bei der Übernahme des Ministerpostens sagte 1993 das bisher zu den Linksintellektuellen gerechnete Mitglied der Sozialdemokratischen Partei(PSDB):“Vergessen Sie alles, was ich bisher geschrieben habe.“…Führende Intellektuelle, wie etwa der Schriftsteller Antonio Callado, nennen es bezeichnend für Brasiliens Zustand, für fehlende politische Kultur und kollektiven Gedächtnisschwund, daß hohe Amtsinhaber der Diktaturregierungen , die sich damals schamlos bereicherten, heute immer noch zu den wichtigsten Meinungsmachern zählen und ihre Wochenkolumnen auch noch in den Provinzblättern der entlegensten Amazonasregionen erscheinen…Der ehemalige Justizminister Armando Falcao bekommt derzeit nicht weniger Platz  in den Medien für schönfärberische Interpretationen. Seiner Meinung nach begann 1964 eine vom Volk gewollte demokratische Revolution. Exekutionen, Folter, Gewalt und illegale Verhaftungen habe es nicht gegeben, von Diktatur könne keine Rede sein, behauptet er. Der damalige Planungsminister und heutige PPR-Abgeordnete Roberto Campos hebt seinerseits den „triumphalen Erfolg“ des sogenannten „brasilianischen Wunders“ 1968-1973 hervor, als Brasilien jährlich über zehnprozentige Wachstumsraten in der Wirtschaft verzeichnete.  Laut Campos erhöhten sich damals das Pro-Kopf-Einkommen und der Lebensstandard für die gesamte Bevölkerung. Davon kann indessen keine Rede sein; vom „Milagre brasileiro“ profitierten lediglich die Eliten, die Mittelschicht und nur ein Bruchteil der unterprivilegierten Bevölkerungsmehrheit, während die Arbeitslosigkeit erheblich zunahm. Campos verschweigt natürlich auch, daß 1964 Brasiliens Schuldenlast bei nur fünf Milliarden Dollar lag, von den Generalsregierungen aber auf über 100 Milliarden hochgetrieben wurde. Zu den hyperteuren pharaonischen Projekten jener Zeit ist auch das mit der Regierung des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt vereinbarte Nuklearprogramm zu zählen.

Spätfolgen in Mentalität und Psyche

Das autoritäre Regime von 1964 hinterließ in Mentalität und Psyche der Brasilianer tiefe Spuren.  Politische Gefangene wurden damals lebendig den Haien zum Fraß vorgeworfen, Studentenführer zuerst gefoltert und dann vor die Wahl gestellt, entweder zu sterben oder im Fernsehen vorfabrizierte Erklärungen abzugeben. Bis heute fordern Menschenrechtler und Angehörige vergeblich  Aufklärung über die „Verschwundenen“, deren Zahl nicht einmal annähernd bekannt ist.  Aus Angst vor Repressalien gehen wichtige Zeugen barbarischer Diktaturverbrechen nicht an die Öffentlichkeit – schließlich gibt es weiterhin die Todesschwadronen und auch die berüchtigte Militärpolizei, die immer noch nicht auf Folter verzichtet.

Für den Anthropologen Gilberto Velho  resultiert das Ausmaß an Gewalt in der heutigen brasilianischen Gesellschaft unter anderem aus der vom Militärregime entwickelten „Kultur der Brutalität“. Die seinerzeit institutionalisierte Gewalt und Korruption ist nach Darstellung von Rechtsexperten hauptverantwortlich  für die tiefe ethisch-moralische Krise Brasiliens, für den extremen Egoismus, das Fehlen von Solidarität und das Mißtrauen gegenüber den sogenannten demokratischen Institutionen, für die kalte Indifferenz und den Zynismus der Politiker…

Aus Neue Zürcher Zeitung, Brasiliens Last der Militärdiktatur, Klaus Hart, Freitag/Samstag 1./2.April 1994

Wie die brasilianische Militärdiktatur Frauen folterte:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/03/26/brasiliens-komplizierte-vergangenheitsbewaltigung-maria-amelia-de-almeida-teles-grauenhaft-gefolterte-regimegnerin-heute-mitglied-der-wahrheitskommission-des-teilstaats-sao-paulo-zur-aufklarung-der/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/26/internationaler-druck-wichtig-andrea-genest-zentrum-fur-zeithistorische-forschung-potsdam-angesichts-von-folter-ausergerichtlichen-exekutionen-in-brasilien-expertenseminar-des-goethe-institu/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/24/marlon-weichert-deutschstammiger-bundesstaatsanwalt-teilnehmer-des-expertenseminars-uber-vergangenheitsbewaltigung-goethe-institut-sao-paulo/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/08/20/goethe-institut-sao-paulo-seminar-mit-marianne-birthler-uber-vergangenheitsbewaltigung-in-brasilien/

Potsdam 1989 – 1992  – wer erinnert sich?

MechtelBuch1

“Hartmut Mechtel. Im Osten nichts Neues. Protokolle und Notizen zur Zeitgeschichte 1989 bis 1992?. Neudruck 2019

ImOsten1

Ausriß. “Ich hätte diese Revolution nicht so machen können, wenn ich gewußt hätte, was auf uns zukommt. Daß dieses Land BRD so unbeweglich in sich ist und so voller anderer Zwänge steckt, so voller Gelddiktatur, das habe ich nicht geahnt.”

ImOsten2

Ausriß. “Als ich auf die Straße ging, wollte ich Demokratie und Offenheit erreichen. Herausgekommen ist, daß wir statt von verkalkten idealmordenden Greisen von einer Geldmafia regiert werden. Die Politiker nehmen uns die Illusionen über Demokratie…”

Ex-Bürgerrechtler Hartmut Mechtel 2019:https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Zeitzeugen-berichten-Warum-die-gefaelschte-Kommunalwahl-1989-das-Ende-der-DDR-eingelaeutet-hat

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Einwurf zu den Wahlen des Jahres 1990

Mit der rechten Opposition der DDR – Eppelmann & Co. – hatte ich nie was am Hut, ich bin denen nie begegnet. Ich habe mich aus dem Neuen Forum zurückgezogen, als die Aktivisten der letzten Sekunde (Gauck, Merkel und tausende andere) zu den Bewegungen stießen (als klar waren, dass wir nicht erschossen werden, strömten sie herbei und waren schon immer dagegen gewesen) und auf einmal die Mehrheit waren; alle eher linken Oppositionellen wurden im letzten Jahr der DDR aus der Opposition gedrängt (oder arrangierten sich mit den Grünen oder der SPD). Ich bin seit meinem Austritt (Rücktritt von Leitungsfunktionen im Neuen Forum im Dezember 1989, Austritt aus dem Forum Mitte 1990) unpolitisch; ich sage durchaus gelegentlich meine Meinung (die von der aller, wirklich aller mir bekannten Parteien abweicht), bin aber politisch nicht mehr aktiv. Insofern habe auch ich zum Jugoslawienkrieg geschwiegen – und zu vielem anderen. Den Exkurs zur Depression erspare ich uns hier; es geht nicht um mich, sondern um die Wahlen.

Am 18. 3. 1990 war ich bei der ersten freien Wahl in der DDR Wahlleiter im Kreis Rathenow. Da gab es keine Unregelmäßigkeiten oder sonstigen Einmischungsversuche. Die Bürgerbewegungen schmierten schon kräftig ab. Und die SPD Ost war spätestens mit der Entlarvung ihres Vorsitzenden Ibrahim Böhme (durch den Spiegel) als Stasispitzel abgeschmiert, Böhme trat zurück, stritt aber alles ab, bekam wieder Ämter, bis er noch gründlicher entlarvt wurde. Da Böhme der erste in mein Umfeld eingeschleuste Informant war (er wurde 1978 in Neubrandenburg ziemlich vergeblich auf mich angesetzt), weiß ich, dass er trotz seines Leugnens bis zum Tode wirklich ein Spitzel war. Der demokratische Aufbruch (später mit der CDU fusioniert) kränkelte auch unter dem Stasiverdacht; ihr Chef Wolfgang Schnur war Spitzel, aber die hatten ja noch Eppelmann, der wenigstens nicht bei der Stasi war. Also litt der “Aufbruch” – im Wahlbündnis “Allianz für Deutschland” mit der CDU und anderen Rechten (DSU) vereinigt – weniger als die Ost-SPD unter den Enthüllungen, die CDU-Allianz hatte in ihrer Gesamtheit den Kohlbonus, und Eppelmann wurde gar Minister in der ersten wirklich gewählten und nicht durch Falten bestimmten DDR-Regierung. Warum hatten die Leute diese Allianz gewählt? Weil aus “Wir sind das Volk” (so waren wir angetreten; die Partei betonte gern und oft die Übereinstimmung mit dem Volk, und wir sagten: Wir sind nicht einverstanden) (das war die revolutionäre Phase der “friedlichen Revolution”) längst der Ruf geworden war: Wir sind ein Volk. Der Ruf stimmte zwar sachlich auch, das waren wir ja wirklich, aber damit begann die Anschlusspropaganda, und die ging (erst mal) nicht (nur) vom Westen aus. Kohl griff sie auf, unterstützte die ostdeutsche “Allianz” beim Zusammenschluss, aber das war eine von vielen erwünschte Einmischung. Die bei der ersten freien Volkskammerwahl dann mit absoluten Mehrheiten belohnt wurde.

Ein Dreivierteljahr später gab es dann die erste gesamtdeutsche Wahl. Da war ich nur noch Wähler, keiner Partei verbunden. Hintergrundeinsichten hatte ich nun nicht mehr. Aber ich habe vom Rande aus zugesehen, wie alles den Bach runtergeht. Und wäre die Wahl dreckig gewesen, wäre mir das aufgefallen. Was Bahr gesagt hat, ist das Gewinsel eines schlechten Wahlverlierers. Natürlich hat die Dampfwalze Kohl alles überrollt. Natürlich machte die CDU den besseren Wahlkampf. Natürlich log Kohl (wie alle Politiker) über die blühenden Welten im Osten, die er schaffen wollte. So what! Alle anderen Parteien logen und heuchelten auch. Darum bin ich ja raus aus der Politik. Ich wollte mit denen allen nichts zu tun haben. Und die SPD hat sich ihren Misserfolg im Osten selber zuzuschreiben. Lafontaine wollte die Vereinigung ausbremsen, sagte nicht das, was die meisten Leute im Osten hören wollten. Kohl sagte es: Blühende Landschaften! Da brauchte es keine Gewaltmaßnahmen, keine Bestechungen, nicht mal geheimdienstliche Einmischungen: Die Leute waren mehrheitlich so drauf. Die Einheit war ihnen wichtiger als alles andere. Sie war nun vollzogen, und bei der ersten gesamtdeutschen Wahl wurde Kohl dafür belohnt. Der wollte ja wirklich die runtergewirtschaftete Ex-DDR zum Blühen bringen, glaubten viele. Und die SPD wurde abgestraft. Schmutziger Wahlkampf ist, mit Verlaub, Blödsinn. Der war nicht schmutziger als jeder andere westliche Wahlkampf auch (und gegen das, was die Amerikaner gemeinhin propagandistisch abziehen, nachgerade blitzsauber). Die Verbrechen spielten sich auf einer anderen Ebene ab. Der Einigungsvertrag (auf DDR-Seite von den rechten Allianzlern um Eppelmann und de Maizière ausgehandelt) zog die DDR über den Tisch, das Eigentum geriet in Westhand, die Treuhand trampelte später gründlich auf den Trümmern herum. Kein Anschluss unter dieser Nummer (Artikel 23 des Grundgesetzes) hatten die Überreste der eher linken Opposition skandiert (wir wollten Artikel 147 – gesamtdeutsche neue Verfassungsgebung; ich hatte im Vorfeld auch ein paar Vorschläge eingereicht); unsere Leute (das damals noch moderatere Neue Forum, später Bündnis 90/Die Grünen) wurden (schon bei der ersten 90er-Wahl) nicht akzeptiert, die Mehrheit wollte Kohls Osthelfer haben. Und bekam sie. Und den Anschluss unter der falschen Nummer. Und den Ausverkauf der DDR. Und die Übernahme durch Westbesitzer. Den Triumphzug des Kapitalismus. Harter Wahlkampf? War gar nicht nötig. Schmutzig ist eher die Uminterpretation der Wahlniederlage der SPD. Bahrs Blödsinn steht auf einer Stufe mit dem Gewimmer der Demokraten und deren höriger Mainstreampresse darüber, dass Trump gewählt wurde, weil Putin die Wahl beeinflusst habe. Es gibt dafür keine Belege, aber sie jammern weiter. Ich denke, das Gerede über schmutzige Wahlen (die es nicht gab) lenkt nur ab von den tatsächlichen Verbrechen. Es verkleinert die kriminelle Übernahme, weil sie mit dümmlicher Hinterzimmerpropaganda kaschiert wird.

Die blitzgewendete Ost-CDU und deren verbündete Allianzler (und später die vereinigte CDU) setzten sich nicht durch, weil Schläger die potentiellen SPD-Wähler vertrimmt haben (was es im Einzelfall sogar gegeben haben mag), sondern weil eine Mehrheit von denen beschissen werden wollte und nicht von den Einheits-Zauderern. Bei den Wahlen wurde nicht geschummelt. Kriminell ist das, was dazwischen und danach geschah. Die Eppelmänner und Birthlers und Gaucks (und deren in Vor- und Hinterzimmern engagierten Dunkelmänner) haben durch Ernsteres als Wahlgeschummel das Recht verwirkt, als Stimme der Aufrechten akzeptiert zu werden: Durch den Ausverkauf der DDR. Die Unterwerfung unter den Kapitalismus. Die Arschleckerei bei den neuen Herren. Die Auslöschung der DDR-Geschichte in der Erinnerung durch deren Reduzierung auf SED und Stasi.Wie auch immer: Ich bleibe unpolitisch.

Hartmut Mechtel

Dieser Beitrag wurde am Montag, 24. August 2009 um 22:10 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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