Zahlreiche Politiker, sogenannte Experten sowie Medien verurteilen derzeit in Deutschland den Babymord, befassen sich mit möglichen Hintergründen, Ursachen. Doch Politiker, sogenannte Experten sowie Medien Deutschlands fordern zugleich auch die Achtung der sozialen, kulturellen, religiösen und geistigen Werte und Gepflogenheiten von Indianervölkern, die nach wie vor unter anderem die Kindstötung(Infantizid), frühe Euthanasie sowie Sex mit Kindern praktizieren. Bislang wurde der interessante Widerspruch zumindest öffentlich noch nicht bemerkt. In europäischen Ländern wird vor allem aus kommerziellen Gründen an der Idealisierung der Indianer in der Art von Karl May festgehalten.
 Hintergrundtexte:
http://www.swr.de/swr2/programm/extra/lateinamerika/stimmen/beitrag32.html
Brasiliens Nachrichtenmagazin „Veja“, 15/2007:“Verbrechen im Wald – viele brasilianische Stämme töten immer noch Kinder – die FUNAI tut nichts, um den Infantizid zu verhindern“
Tötungsmethode ist das lebendige Eingraben des Kindes
Das brasilianische Nachrichtenmagazin „Isto è” hat der staatlichen Indianerschutzbehörde FUNAI vorgeworfen, statistische Angaben über die bei Indiostämmen übliche Ermordung von Kindern, den sogenannten Infantizid, zu verheimlichen. Edson Suzuki, Direktor der NGO Atini, erklärte gegenüber „Isto è”, es sei absurd, unter welchem Vorwand auch immer, die Augen vor diesem Genozid an Kindern zu verschließen. „Man darf keine Kultur schützen, die gegen das Leben ist. Schwarze Sklaven zu besitzen, war auch bereits einmal ein kulturelles Recht.”
Die Anwältin Maira Barreto, die den Infantizid für ihre Doktorarbeit an der Universität von Salamanca untersucht, nennt ihn gegenüber dem Nachrichtenmagazin eine „schädliche traditionelle Praxis”. „Am schlimmsten ist, daß die FUNAI vom Kulturrelativismus angesteckt ist , der den Genozid als richtig hinstellt”, erklärte zudem Henrique Afonso, Kongreßabgeordneter der Arbeiterpartei PT. Afonso formulierte laut „Isto è” einen Gesetzesentwurf, der vorsieht, jeden Nicht-Indio zu bestrafen, der ein Kind nicht rettet, das zur Tötung vorgesehen ist. Geschildert wurde der Fall des Indiojungen Amalè vom Stamme der Kamaiurà im Teilstaate Mato Grosso: Im November 2003 wird er von seiner Mutter Kanui kurz nach der Geburt lebendig eingegraben. Kanui folgte damit einer Stammesvorschrift, derzufolge Kinder alleinstehender Frauen lebendig verscharrt werden müssen. Damit das Kind auch wirklich umkommt, treten die Großeltern die Erde über dem Baby fest. Zwei Stunden später entschließt sich die Tante von Amalè, ihn auszugraben. Laut „Isto è” wiederholt sich diese Praxis bei vielen Stämmen in ganz Brasilien mit Duldung der FUNAI. „Bevor ich Amalè ausgrub, hatte ich dort bereits die Schreie von drei anderen lebendig begrabenen Kindern gehört”, sagte Kamiru, 36. „Ich versuchte sie alle wieder auszugraben, aber Amalè war der einzige, der überlebte.” Wissenschaftler haben laut Isto è die Praxis des Infantizids bei mindestens 13 Ethnien, darunter den Yanomami, Tapirapè und Madiha entdeckt. Yanomami-Führer Davi Kopenawa Yanomami weilte unlängst in Berlin, besuchte Politiker und wurde interviewt, jedoch auch von den über solche Tötungen bestens informierten Menschenrechtsorganisationen nicht auf den Infantizid angesprochen. 2004 wurden laut Angaben von „Isto è” 98 Yanomami-Kinder per Infantizid ermordet. Die Kamaiurà , Stamm des Jungen Amalè, töten danach zwischen 20 und 30 Kinder pro Jahr. „Außer den Kindern alleinstehender Frauen sind Babies mit körperlichen und geistigen Behinderungen zum Tode verurteilt. Zwillinge können ebenfalls umgebracht werden¦Zu den sehr banalen Motiven zählt, wenn Indiokinder wegen simpler Hautflecken getötet werden – denn solche Kinder, heißt es, könnten dem Stamme Schlechtes bringen. Tötungsmethoden sind das lebendige Eingraben, das Ertränken oder Ersticken der Babies. Im allgemeinen muß die eigene Mutter das Kind töten, doch gibt es Fälle, in denen sie dabei vom Medizinmann unterstützt wird.”Laut „Isto è” überlebten dank der NGO Atini, der protestantische Missionare und katholische Aktivisten angehören, mindestens zehn Indiokinder, die derzeit in Brasilia betreut werden.
Indianerführer Davi Kopenawa Yanomami in Deutschland “ kein Interesse für spezifische Indiotraditionen wie Infantizid und Sex mit Kindern?
Davi Kopenawa Yanomami vom nordbrasilianischen Stamme der Yanomami weilte Ende Oktober 2007 in Berlin, um von der deutschen Regierung die Ratifizierung der ILO-Konvention 169 zu fordern. Diese bestimmt unter anderem, daß die sozialen, kulturellen, religiösen und geistigen Werte, Bräuche und Gepflogenheiten der Indiostämme anzuerkennen und zu schützen sind. Wie aus vorliegenden Medienberichten hervorgeht, wurde dabei in Berlin offenbar die Chance vertan, sich von Davi Kopenawa Yanomami sozusagen aus erster Hand über derartige Gebräuche und Gepflogenheiten der Amazonasindianer informieren zu lassen; auch über genau dokumentierte Naturzerstörung durch die Indios selbst.
Dieses Desinteresse an speziellen soziokulturellen Indio-Traditionen ist verwunderlich. So hatte der für das Yanomami-Stammesgebiet zuständige Mediziner Marcos Pelegrini gegenüber der „Folha de Boa Vista” erklärt, daß allein 2004 mindestens 98 Yanomami-Kinder von den eigenen Müttern per Infantizid umgebracht worden sind. Das Töten von Kindern, der sogenannte Infantizid, sowie der Geschlechtsverkehr mit Kindern, zählen zu Stammestraditionen, über die zahlreiche gutfundierte anthropologische und soziologische Studien existieren.
Die Medizinerin Ana Lucia Salazar von der Indianerorganisation Coiab: „Bei Stämmen, wie den Yanomami läuft es so “ ab der ersten Menstruation werden die Mädchen von den Männern als tauglich für Sex angesehen und dafür ausgewählt. Gewöhnlich werden die Indianerinnen mit zehn, zwölf Jahren schwanger und leben dann mit jemandem zusammen.”
Aber Sex und Schwangerschaft in diesem Alter “ ist das nicht extrem verfrüht? Brasiliens Mediziner und Psychologen betonen doch stets, wie schädlich solche Frühschwangerschaften für die Gesundheit, für die Persönlichkeitsentwicklung der Mädchen sind? ”Sicherlich ist das so. Von meinem fachlichen Standpunkt aus halte ich es für sehr verfrüht, wenn ein Mädchen von neun Jahren an bereits sexuell aktiv ist. Aber die Indianer sehen es eben nicht so, für sie ist das gar nicht zu früh.”
Edgar Rodrigues gehört zum Stamme der Barè und ist Chefadministrator der Indianerschutzbehörde FUNAI im Teilstaate Amazonas. Er argumentiert ähnlich:
„Sex mit acht, neun Jahren ist sicherlich sehr früh, für Weiße abnorm und strafbar, aber in der Apurina-Kultur eben erlaubt.”
Brasiliens Öffentlichkeit und sogar staatliche Stellen hatten gefordert, daß das nationale Kinderschutzstatut auch für die Indianer gelten müsse.
„Doch das Statut wurde von den Weißen geschaffen, ohne die Indianer zu hören und deren Kultur zu respektieren. Ich finde, es sollte stets Ausnahmegesetze für Indianer, für Indiokinder geben.”
Streit gibt es auch um die Frage der Kindstötung im Falle von Geburtsfehlern. Laut Medizinerin Ana Lucia Salazar von der Coiab wird der Infantizid bei den Yanomami praktiziert. ”Für sie ist es ein Akt der Liebe zum Kind. Die Indios sehen es so: Wenn ein Kind mit Geburtsfehlern, mit Behinderungen zur Welt kommt, wird es leiden, auch später als Erwachsener, wird es diskriminiert, wird es eben Gesundheitsprobleme haben.”
Indianer Edgar Rodrigues von der FUNAI nennt die Kindstötung bei den Stämmen etwas Natürliches: ”Ein Kind mit Behinderungen, mit Mängeln würde aus deren Sicht nicht für die Arbeit hier auf der Erde nützen, hätte nicht alle Potenzen für den Dienst an der Gemeinschaft. Und damit dieser Mensch eben nicht das ganze Leben leidet, praktizieren sie diese frühe Euthanasie. Sie ist nicht nur bei den Yanomami, sondern auch bei anderen Stämmen Amazoniens üblich.”
Im größten katholischen Land der Erde sind all diese Ethik und Moral betreffenden Fragen für die Kirche sehr heikel, sehr delikat, existieren unterschiedliche Auffassungen. Richter Oswaldo Palotti, gleichzeitig Professor für Strafrecht an der angesehenen Katholischen Universität von Sao Paulo, klassifiziert den Infantizid ganz klar als Verbrechen, als Mord. Tausende Kilometer entfernt im Urwald Amazoniens arbeitet der renommierte Indioexperte Francisco Loebens für den Indianermissionsrat CIMI der brasilianischen Bischofskonferenz: ”Wir Missionare sind in einer komplizierten Situation, da wir eine Erziehung mit humanistischen Werten genossen haben. Mit der Realität des Infantizids konfrontiert zu sein, ist daher schockierend, ja, ist ein gewaltiger Kulturschock. Die Kindstötung gehört zur sozialen Praxis dieser Stämme “ das Kind wird erst dann als Teil der Indiogesellschaft angesehen, wenn es von der eigenen Mutter akzeptiert wird. Wenn die Mutter es indessen nicht akzeptiert, wird das Kind von diesen Stämmen dann eben auch nicht als Person angenommen. So ist es unter anderem bei den Yanomami üblich.”
Anthropologen und auch Missionar Loebens wissen, daß bei Stämmen wie den Yanomami machistische Väter nicht selten nur die Geburt eines Jungen akzeptieren. Dies heißt, daß Fälle vorkommen, in denen die Ehefrau statt des gewünschten Jungen hintereinander vier Mädchen zur Welt bringt, erst die fünfte Geburt einen Jungen ergibt. Die Mädchen fallen dann durchweg dem Infantizid zum Opfer. Für Loebens ist dies eine weitere ethisch heikle Frage.
”Doch Infantizid wird bei den Yanomami nicht nur bei Mädchen praktiziert, sondern auch, wenn es sich um das Kind einer alleinstehenden Mutter handelt. Denn dieses Kind hätte beim Aufwachsen keinen gesellschaftlichen Platz in diesem Stamm.”
Angesichts der in großer Zahl von den eigenen Eltern getöteten Indiokinder stellt sich die Frage, ob der immer wieder beklagte Rückgang der Indiobevölkerung Brasiliens mit dem Infantizid zu tun hat. Laut Saulo Feitosa, Vizepräsident des Indianermissionsrats gebe es darüber keine Erkenntnisse. Um das Überleben des Stammes zu gerantieren, müssen Indiomütter laut Feitosa notfalls mit ihren eigenen Söhnen schlafen und sich schwängern lassen. So gebe es immer wieder Stämme, die von Auslöschung bedroht sind und denen es an Frauen im gebärfähigen Alter fehlt. „Um überhaupt Nachkommenschaft und damit die Weiterexistenz des Stammes zu sichern, muß die Mutter Geschlechtsverkehr mit ihrem Sohn haben. Extremsituationen rechtfertigen solche Handlungen “ für die Indio-Gruppe sind sie moralisch akzeptiert.” Sex mit Kindern, gewöhnlich von zehn, elf oder zwölf Jahren an, ist laut Feitosa bei den brasilianischen Stämmen noch weithin üblich.
Der Experte äußert sich auch zu der Tatsache, daß bei den häufig extrem machistischen Stämmen meist ein deutlicher Männerüberschuß herrscht, die Männer gewöhnlich den besten, wertvollsten Teil der Nahrung für sich beanspruchen. Den Frauen werden nur zu oft lediglich armselige Reste übriggelassen. Der Korrespondent hat dies selbst beobachtet. Wegen dieser Praxis sind Indiofrauen anfälliger für Krankheiten, haben eine höhere Todesrate. Saulo Feitosa: ”Bis in die siebziger Jahre haben sich die Stämme als kriegerische Gesellschaften gegenseitig bekämpft. Der soziale Status des Kriegers war im Stamm klar definiert und rechtfertigte die besondere Sorge um dessen Kondition. Da der Krieger stets ein Mann ist, schuf dies eine Lage, in der die Frau entwertet wurde. Diese Struktur hat man bei den Stämmen indessen beibehalten. Daher haben wir dort eine machistische Realität, in der die Männer eindeutig privilegiert sind.”
Anthropologische Studien mit vielen Details – Tötungsmethoden
Die renommierte Anthropologin Ligia Simonian von der Bundesuniversität in Belèm/Parà hat die Praxis der Kindstötung(Infantizid) bei machistischen brasilianischen Indianerstämmen seit langem intensiv untersucht und darüber immer wieder auch in Büchern entsprechende Feldstudien veröffentlicht.
Die Wissenschaftlerin nennt die verschiedensten gängigen Methoden der Tötung: So wird das betreffende Kind von der Mutter bei den Fußknöcheln gepackt und mit dem Kopf gegen einen Baumstamm geschlagen. Kinder werden zudem mit Pfeilen oder Wurfspießen ermordet; Babies erstickt oder irgendwo im Regenwald noch lebend zurückgelassen. Aus anderen Studien ist bekannt, daß Indianermütter die Kleinkinder lebendig begraben.
Infantizid, so die Wissenschaftlerin, sei ein soziokultureller Imperativ in vielen Gesellschaften und werde u.a. als Strategie der Populationskontrolle, etwa beim Fehlen ausreichender Ressourcen, gerechtfertigt. Der Infantizid könne bei der Geburt, kurz danach oder sogar noch in der Kindheit und Jugend ausgeführt werden. Zu den Gründen zählten die Geburt von Zwillingen, aber auch Motive der Ästhetik. Bekannt ist zudem, daß Albinos gewöhnlich umgebracht werden.
Infantizid, so Simonian, habe es bereits bei den Hindus, Chinesen, Ägyptern, Römern und Griechen gegeben. Auch im Europa des Mittelalters sei der Kindsmord sehr verbreitet gewesen. Trotz vieler moralischer Restriktionen existiere Infantizid weiterhin in zahlreichen Gesellschaften.
Ligia Simonian widmet sich besonders den brasilianischen Stämmen der Amundawa und Urueu-wau-wau. Dabei führt sie eine Reihe von Infantizid-Gründen aus dem Untersuchungszeitraum der neunziger Jahre auf: Mädchen werden getötet, weil sie als Erwachsene in ihrem Stamm nur einen gering bewerteten Status haben. Die Möglichkeit, daß niemand die Vaterschaft für ein Kind erklärt, „rechtfertige” ebenfalls die Tötung. Die Geburt von Zwillingen, Drillingen motiviere den Tod von einem oder allen Neugeborenen “ vor allem dann, wenn die Gruppe häufig den Ort wechsle. Im Falle von Zwillingsgeburten werde gewöhnlich das Mädchen getötet, sofern noch ein Junge mit zur Welt gekommen sei. Außerdem würden mißgebildete Babies getötet.
Zu den Überlegungen der Tötenden zählt laut Simonian, daß Neugeborene die Tötung nicht fühlten, daß Mißgebildete „unnütz” seien. Katholische Missionare hätten den Infantizid unter Stämmen wie den Bororo als barbarischen Akt, als unmoralisch und kriminell charakterisiert.
“„Mauer des Schweigens” aus politischer Korrektheit”
Bemerkenswert, wie die Anthropologin darauf hinweist, daß Forscher über den Kindermord bei Stämmen schlichtweg schweigen.
In der Tat reagieren in Brasilien gerade weibliche Indioforscher regelrecht geschockt, wenn man sie auf politisch unkorrekte Tatsachen aus der Indianerkultur anspricht. Manchen verschlägt es buchstäblich vor Schreck regelrecht erst einmal die Sprache “ andere leiern routiniert herunter, trotz intensiver Feldstudien von all dem nie und nimmer etwas bemerkt, gar gehört zu haben. Ligia Simonian fühlt sich indessen offenbar ausschließlich der Wahrheit verpflichtet.
Wie es in ihren Studien weiter heißt, seien gewöhnlich die Indiofrauen für die Kindstötung verantwortlich, würden daher gelegentlich als widernatürlich und unmenschlich, als gefühlsarm hingestellt.
Die Amundawa und Urueu-wau-wau leben seit den achtziger Jahren im Kontakt mit Nicht-Indios, darunter mit Angestellten der staatlichen Indianerschutzbehörde FUNAI. In der Periode vor der Entdeckung des heutigen Brasilien hätten die Indiomänner die Tötung ausgeführt, erst später die Frauen. Falls eine Mutter das betreffende Kind nicht umbrachte, habe eine andere Frau diese Aufgabe übernommen. Im Falle von deutlichen Mißbildungen seien Babies kurz nach der Geburt getötet worden. Hatten Kinder das Down-Syndrom, stellten Eltern dies gewöhnlich erst später fest und praktizierten dann den Infantizid. Laut Simonian haben viele Nicht-Indios Druck auf die Indianer ausgeübt, aus Gründen der Menschlichkeit, der Religion und selbst angesichts der geringen Zahl der Stammesmitglieder mit dem Infantizid aufzuhören, der als animalische, feige Tat charakterisiert worden sei. Die geringe Zahl von Stammesangehörigen, so die Nicht-Indios, folge schließlich aus der Kindstötung.
Geschildert wird auch folgender Fall: Ein verheirateter Mann schwängert außerehelich zweimal eine andere Frau “ seine eigene Frau ist jedoch nicht einverstanden, daß er sich eine zweite nimmt. Daraufhin werden die beiden unehelichen Kinder getötet.
Simonian beobachtete indessen auch, daß Kritik von Nicht-Indios, darunter Missionaren und FUNAI-Angestellten bewirkten, daß sich Indianer mit einer Adoption von zur Tötung vorgesehenen Kindern durch Nicht-Indios einverstanden erklärten.
Die Zahl der Kindstötungen bei beiden Stämmen nennt die Anthropologin hoch. Zitiert wird ein weiter zurückliegender Fall, bei dem 18 Indianerinnen bestätigten, von ihren insgesamt 98 Kindern exakt 38 Mädchen getötet zu haben. Der Männerüberschuß bei den beiden Stämmen ist beträchtlich.
Berichtet wird zudem ein Fall aus dem kolonialen Venezuela, bei der eine Indianerin die Tötung all ihrer weiblichen Kinder damit begründete, diesen ersparen zu wollen, was sie selbst erlitten habe. Später wären diese Mädchen zwangsläufig zu Ehefrauen geworden, würden durch ihre Indio-Männer ausgebeutet und mißhandelt. Und später, als alte Frauen, hätten sie zudem auch noch die Mißhandlungen durch die neuen, jüngeren Ehefrauen des eigenen Mannes zu ertragen.
Eine Amundawa-Frau, so Simonian, habe 1990 darauf verzichtet, auf Anraten des Bruders ihr Kind unmittelbar nach der Geburt zu töten. Der Bruder habe ihr geraten, den Vater des Kindes aufzusuchen und argumentiert, daß die Weißen ihre Kinder nicht töteten, „wir das daher auch nicht tun sollten”. Doch auf dem Weg zum Dorf des Vaters habe die betreffende Frau ihr Kind dann doch umgebracht.
All diese komplexen Situationen, so Simonian, weisen auf die Problematik menschlicher Sensibilität, wenngleich häufig die Infantizid-Verantwortlichen jegliche emotionale Anteilnahme negieren. Kindstötung sei nicht nur kulturelle Praxis dieser beiden Stämme, sondern existiere auch bei vielen anderen. Es handele sich um eine widersprüchliche Realität, die diskutiert werden müsse.
Der Yanomami-Stamm in Amazonien wird in vielen deutschen Medien besonders positiv hervorgehoben. Indessen fehlt stets ein Fakt, den der für Gesundheitsbetreuung im Stammesgebiet zuständige Mediziner Marcos Pelegrini gegenüber der „Folha de Boa Vista” betonte: Allein 2004 wurden mindestens 98 Yanomami-Kinder von den eigenen Müttern per Infantizid umgebracht.
Indianische Umwelt-Bräuche
Indianer “ Naturschützer oder Naturzerstörer?
In der südbrasilianischen Millionenstadt Porto Alegre, wo zweimal das Weltsozialforum stattgefunden hatte, betonten die Guarani-Indianer Südamerikas auf ihrer „Kontinentalversammlung”, stets mitten in der Natur gelebt und diese Natur stets respektiert zu haben. Andere Stämme Lateinamerikas bekräftigen ebenfalls die Harmonie zwischen Indio, Tier und Pflanze. Indianer, so liest man auch in Deutschland immer wieder, seien die reinsten Ökologen, geradezu geniale Naturschützer. Indianer agierten durchweg umweltfreundlich, entnähmen der Natur nur, was unbedingt nötig sei. Zerstörung der Natur durch Indianer “ undenkbar, unmöglich. Selbst der bekannte brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff nennt die Indios „unsere großen Meister im Hinblick auf die Haltung gegenüber der Natur.” Technologisch gesehen, seien die Indianer rückständig, aber zivilisatorisch seien sie reicher als wir. Indianer respektierten auf natürliche Weise die Bäume, das Wasser und die Tiere. In Europa ist diese Sicht der Dinge weit verbreitet. Doch renommierte brasilianische Biologen und Umweltaktivisten sagen, es handele sich um Unsinn, Dummheiten, sogar Lügen. Was Indianer allein die letzten zehn Jahre in ihren eigenen Reservaten, dazu in großen Schutzgebieten angerichtet hätten, spreche Bände.
Bereits ein Blick in die brasilianische Qualitätspresse fördert Verwirrendes bis Beunruhigendes zutage. Antonio Miquiles, Stammesführer der Saterè-Mauè in Amazonien erklärt, daß Indios seiner Region mit Dynamit fischten und deshalb die Fische selten wurden. Amazonasindianer, liest man weiter, benutzten zur Jagd nicht mehr Pfeil und Bogen, gar Blasrohre, sondern moderne Gewehre und sogar Maschinenpistolen. Indios mit Jagdflinten sind in der Tat immer wieder auf Fotos abgebildet “ Maschinenpistolen tatsächlich illegal für jedermann leicht zu beschaffen. Primaten waren früher im Amazonasurwald häufig. Doch heute sind weiten Teilen größere Arten bereits extrem selten oder gar lokal ausgerottet, betonen dieses Jahr die Umweltschutzorganisationen Pro Wildlife und Care for the Wild International(CWI). Und nennen einen wichtigen Verursacher:
”Nahezu alle indigenen Gruppen verwenden inzwischen statt traditioneller Blasrohre die effektiveren Gewehre. Während die Jagd auf Gorillas und Schimpansen in Afrika seit Jahren in den Schlagzeilen ist, ist die drohende Ausrottung von Affen in Lateinamerika nahezu unbekannt.” Brasiliens Zeitungen berichten, daß sich der Konflikt zwischen Indianern und Umweltschützern ständig verschärft, weil Indianerstämme die eigenen, teils riesigen Reservate abholzen, dabei Komplizen von Holzunternehmen sind. Und weil Indianerstämme systematisch in Schutzgebiete mit vom Aussterben bedrohten Arten eindringen, diese Regionen kommerziell ausbeuten, systematisch zerstören. Im Mai hat die Bundespolizei deshalb erstmals fünf Indioführer verhaftet, die zu einer Bande von illegalen Edelholzvermarktern gehörten.
Wer hätte es gedacht “ Indianer roden mit Motorsägen sogar Urwald in einem Unesco-Welterbe-Schutzgebiet, dem Nationalpark „Monte Pascoal” in Bahia.
Wie steht Mario Mantovani, Präsident der angesehenen Umweltstiftung „SOS Mata Atlantica” in Sao Paulo, zu Auffassungen, wonach den Indios als exzellenten Hütern des Regenwaldes jede zerstörerische, gar kommerzielle Nutzung der Natur völlig fremd sei? ”Das ist natürlich eine idealisierte Sicht. Diese idyllische, vereinfachende Darstellung der Indios lassen wir lieber beiseite. Die Indianer handeln wie jeder andere Naturzerstörer auch. Und deren Fähigkeit zur Zerstörung, deren Druck auf die Natur wächst “ je mehr sich der Staat zurückhält, untätig bleibt. Indioführer verursachen in der Natur ein Desaster.”
Vor allem Häuptlinge wurden durch illegalen Handel mit Edelhölzern, Edelsteinen und Rauschgift zu Millionären. Jeder Brasilientourist kann es beobachten: Indianer bieten vom Aussterben bedrohte Tiere feil und beliefern Souvenirläden, Souvenirfirmen selbst mit den Federn seltenster Vögel. Und man kann Indiofamilien antreffen, die gerade per Taxi mit vollen Einkaufstüten vom nächsten Supermarkt zurückkehren.
Die große Schriftstellerin Rachel de Queiroz, die zu den Klassikern der brasilianischen Literatur zählt und sich intensiv mit den Ureinwohnern beschäftigte, erklärte einmal: „Der Indianer war nie ein Naturschützer. Einen größeren Schaden hat er nur deshalb in der Natur nicht angerichtet, weil ihm dazu die Hilfsmittel fehlten. Ich habe noch nie von einem Indianer gehört, der ein Tier nur deshalb nicht tötete, um die Art zu erhalten.”
So argumentiert auch Brasiliens bekanntester Umweltjournalist Marcos SÃ Correia: ”Daß der Indianer Natur schützt, ist ein romantischer Mythos und eigentlich schon längst widerlegt. Doch dieser Mythos hält sich, weil er einfach so schön ist, dazu gutgemacht. Doch um diesen Mythos aufrechtzuerhalten, will man einfach bestimmte Fakten nicht zur Kenntnis nehmen. Soetwas wie eine Philosophie der Naturerhaltung haben die Ureinwohner nicht.”
Natürlich sei es politisch unkorrekt, soetwas zu publizieren. „Und wenn man es trotzdem tut, braucht man ein dickes Fell, weil man sich viele Unverschämtheiten gefallen lassen muß.”
Nur zu oft heißt es beispielsweise, die portugiesischen Kolonialisten hätten die grauenhaften Brandrodungen in Brasilien eingeführt, die bis heute landesweit, und nicht nur in Amazonien, die Wälder, die Savannen dezimieren, den entsetzlichen Feuertod ungezählter Tiere bewirken. Marcos SÃ Correia sieht es differenzierter, weist auf seriöse Studien: „Die Indianer pflegten Urwald abzubrennen, um sich die Jagd zu erleichtern oder um Anbauflächen zu gewinnen. Schauen wir auf die Wüsten von Neu-Mexiko “ bereits vor der Entdeckung waren sie von den Indianern durch Waldvernichtung geschaffen worden. Auch auf den Osterinseln wurde aller Wald durch Indios zerstört.” Große Regionen mit Savannenvegetation in Amazonien sind danach keineswegs natürlich entstanden, sondern durch Brandrodungen der Indianer, lange vor der Entdeckung des heutigen Brasilien.
Bis heute, betonen selbst Behörden, nutzen Stämme das Feuer zur Jagd, treibe man den Jägern das Wild mittels Flammenwänden zu. Problematisch sei, daß Feuer außer Kontrolle gerate und sogar enorme Reservatsflächen zerstöre.
Fabio Olmos, Doktor der Biologie, arbeitete bereits als Berater für das Umweltprogramm der UNO(PNUD) aber auch für die Welternährungsorgansation FAO. „Analysieren wir die Fakten “ ohne Vorurteile. Die Völker Polynesiens haben mindestens 2000 Vogelarten ausgerottet “ viel mehr als wir aus der westlichen Industriekultur. Schauen wir in die Berichte der Entdecker Amerikas “ da wird die Brandrodung ebenso beschrieben wie die unintelligente Jagd. In Nordamerika zum Beispiel haben die Indianer viel mehr Büffel getötet, viel mehr Tiere über Felsklippen in den Abgrund getrieben, als sie konsumieren konnten. Wir sehen also: Indianergruppen betreiben Artenvernichtung, agieren keineswegs umweltverträglich, führen wichtige Naturressourcen zum Kollaps, schaden sich damit selbst am meisten. Die These, daß Indios Selbstversorger sind, die Natur lediglich moderat ausbeuten, ist damit eine Dummheit, eine Lüge. Die sogenannten traditionellen Völker besitzen keine Philosophie der Naturbewahrung.”
Brasilien gehört zu den korruptesten Ländern des Erdballs und auch die Szene der sogenannten regierungsunabhängigen Organisationen, der NGOs ist wegen Korruption und anderen betrügerischen Machenschaften regelmäßig in den Schlagzeilen. ”Der berühmte Staatspark Intervales bei Sao Paulo war sozusagen die Perle in der Krone des brasilianischen Atlantikwaldes, war seine bestgeschützte Region. Doch dann holten NGOs Guarani-Indianer aus anderen brasilianischen Teilstaaten und sogar aus Paraguay, transportierten sie mit Bussen in diesen Staatspark, pflanzten sie dort hinein. Und nun zerstören diese Indios das Schutzgebiet. Jene NGOs leben davon, sogenannte nachhaltige Entwicklungsprojekte für Indios zu realisieren, und kriegen dafür sogar Gelder aus dem Ausland, von Regierungen. Es gibt eben Gauner in dieser Szene, die schlicht und einfach Gelder abfassen wollen, per Umweltbetrug. Im Staatspark Intervales leben hunderte bedrohter Vogelarten, die man auf der ganzen Welt nur noch dort relativ leicht zu sehen bekommt. Und nun werden diese Tropenvögel zur Nahrung der Indianer, wird dort Urwald abgebrannt, zerfällt zu Asche. Das ist so, als wenn jemand in den Pariser Louvre geht, und die Gemälde verbrennt, um Holzkohle für den Fleischgrill zu gewinnen. Mit so einer gigantischen Barbarei haben wir es hier zu tun, ja, mit einem Verbrechen!”
Laut Olmos kommerzialisieren die Guarani-Dörfer der Atlantikwälder illegal seltenste Orchideen und Bromelien, schießen selbst im Staatspark Intervales mit ihren Jagdflinten seltene Tiere ab, verkaufen das Wildbret an Restaurants und Privatpersonen. Und schaffen damit auch soziale Spannungen in der Region. Weil die Indios eben dürfen, was den Nicht-Indios laut Gesetz strengstens verboten ist. Zudem brachten die Guarani in die besetzten Naturschutzgebiete ihre Hunde mit, die dort ungehindert Wildtiere jagen.
Viele Brasilianer haben Indios als Vorfahren, sind Mischlinge. Wie gehen diese mit der Natur um? Elena Silveira aus dem nordöstlichen Teilstaate Cearà diskutierte in der Kindheit mit dem eigenen Vater, einem Indionachfahren, weil dieser illegal mit dem Gewehr den nahen Wald bis zum allerletzten Tier leerwilderte. Und auch den nahen See komplett leerfischte, zum Schaden der eigenen Familie. „In Brasilien fehlt diese Idee, für kommende Generationen die Natur zu bewahren. Man denkt, Hauptsache für mich reicht es jetzt. Morgen bin ich ohnehin nicht mehr auf der Welt. Und wenn es heißt, ein Tier stehe vor der Ausrottung, sagt man: Na und? Ist doch egal. Man denkt nur an heute.”
« Lula ironisiert alltägliche Folter in Staatsgefängnissen Brasiliens, kritisieren Menschenrechtsexperten. Militärdiktatur und Folter. – Kölner Zeitschrift „Matices“, Schwerpunkt Karneval »
Noch keine Kommentare
Die Kommentarfunktion ist zur Zeit leider deaktiviert.