Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Lula-Skandal des Amtsantritts bei Amtsende wieder da: Bundespolizei bestätigt Vorwürfe gegen Lula-Vize José Alencar, laut Landespresse. Verdacht auf „Bandenbildung und Betrug“. „Atombombe für Brasilien?“

 Gemäß den Presseberichten erhielt Brasiliens Oberstes Gericht in Brasilia bereits die entsprechenden Ermittlungsunterlagen.

Hintergrund von 2003

Lula-Vize im Zwielicht – Skandal unter den Teppich gekehrt

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/04/08/brasiliens-oberstes-gericht-lehnt-ab-staatschef-lula-zu-mitangeklagtem-im-mensalao-prozes-zu-erklaren-kirchlicher-rechtsexperte-helio-bicudo-lula-war-kommandant-der-mensalao-bande-impeachment-wa/

Der größte Skandal konnte indessen noch kurz vor Amtsantritt abgebogen werden: Ein Baumwoll-Zulieferant war gegen Vize Alencar und dessen Textilkonzern Coteminas wegen mutmaßlichen hohen Subventionsbetrugs vor Gericht gegangen. Danach hatte Alencars Unternehmen auf Auktionen große Baumwollmengen erworben, die ihm bereits gehörten – nur, um bei solchen Anlässen fällige Regierungszuschüsse einzustreichen. Daß Coteminas den betreffenden Baumwollfarmern ihr Produkt bereits lange vor der Ernte abgekauft hatte, um einen planbaren, sicheren Materialzufluß zu garantieren, war nach Darstellung des Klägers und laut vorgelegten Dokumenten geschickt vertuscht worden. Ende Dezember stellte indessen die zuständige Regierungsbehörde alle Ermittlungen gegen Coteminas nach nur wenigen Tagen überraschend ein – in Deutschland etwa hätte ein solcher Fall Alencar vermutlich das Amt gekostet, das Kabinett ins Wanken gebracht. Doch für Lula und die PT-Spitze ist die Sache erledigt. „Ein sehr schlechtes Zeichen am Start der Lula-Regierung, außerdem eine Schande, lächerlich, surrealistisch” nennt dies  Josias de Souza, Chef der Hauptstadtredaktion von Brasiliens auflagenstärkster Qualitätszeitung, der „Folha de Sao Paulo”, die über den Skandal ausführlich berichtet, immerhin anderthalb Monate aufwendig recherchiert hatte. „Niemand hat unsere Artikel dementiert, oder zurückgewiesen – gravierend ist, daß andere Firmen jetzt natürlich genauso betrügen, die gleiche illegale Praxis pflegen werden wie Coteminas.” Denn Straffreiheit sei ja sicher. Auch im Fall des PL-Transportministers Adauto werde nicht ermittelt. Angesichts tiefverwurzelter Korruption, so der renommierte Journalist, erwarteten die Brasilianer nicht nur soziale, wirtschaftliche Veränderungen, sondern eben auch solche im ethisch-moralischen Bereich. „Und gerade dort beginnt die Lula-Regierung denkbar schlecht – alle Politiker, die so handeln, bezahlen dafür einen Preis – das alles läßt sich nicht so einfach unter den Teppich kehren!” Lulas Team dürfte daher schon bald ähnlich Probleme haben wie die Vorgänger, betont Josias de Souza. Auffälligerweise hatten sämtliche anderen Qualitätsblätter über den Fall Alencar keine einzige Zeile berichtet – schließlich war der Milliardär zuvor stehts als superintegrer „Unternehmer des Volkes” gerühmt worden. „In der Presse Brasiliens passiert Merkwürdiges – Lula verwandelt sich vom Teufel in einen Engel – nur die Folha de Sao Paulo behält ihre traditionell kritisch-überparteiliche Linie bei.” Daß Lula in Europas Medien heute geradezu eine Welle von Lob und Hudel ernte, nennt Souza „direkt lächerlich”. Übt sich die Lula-Regierung derzeit schon in PR-Tricks, setzt sie Unwahrheiten zwecks Imageverbesserung in die Welt? „Das tut doch jede Regierung!” Der erfahrene Folha-Reporter erinnert an die Amtszeit von Staatschef Fernando Collor Anfang der Neunziger – nur sein Blatt hielt von Anfang an Distanz, kritisierte scharf, behielt Recht, denn nach nur zwei Amtsjahren wurde Collor per Impeachment wegen Korruption und Machtmißbrauch amtsenthoben.

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/13/lulas-chef-fur-mafiabekampfung-ist-laut-landespresse-mit-chinesischem-mafiabos-befreundet-und-wird-auf-druck-der-offentlichkeit-beurlaubt/

„Lula Superstar“: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-70569506.html

lulacollor.jpg

Lula mit Collor – Ausstellungsfoto in Sao Paulo.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/10/05/brasilien-auf-uno-index-fur-menschliche-entwicklung-jetzt-platz-75-hinter-argentinien-chile-und-kuba/

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/668242/

Hintergrund von 2003 zur brasilianischen Atomwaffen-Problematik:

Atombombe für Brasilien?

Der neue Wissenschafts-und Technologieminister Roberto Amaral, von einem einflußreichen Sektenanhänger der nur dem Namen nach Sozialistischen Partei(PSB) in die Regierung gehievt, setzte sich öffentlich dafür ein, daß Brasilien alle nötigen Kenntnisse für den Bau der Atombombe erwirbt, die entsprechenden Technologien beherrscht. Obwohl das Land den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen unterzeichnet hat. Die Ministerposition löste nicht nur in den Nachbarländern Unruhe aus, verursachte ein extrem negatives Echo – schließlich hatten Brasiliens Militärs seit Diktaturzeiten geheime Forschungen betrieben, in Amazonien sogar ein Atomtestgelände installiert. Die Lula-Regierung sah sich zu einem raschen Dementi veranlaßt – natürlich betreibe man Atomforschung nur zu friedlichen Zwecken. Keineswegs verneint wurde aber, daß das stark umstrittene Siemens-AKW des Biblis-Typs bei Rio de Janeiro nun doch fertiggebaut wird. Umweltschützer laufen seit Jahren dagegen Sturm. Brasilia mußte mitansehen, wie eine Propagandaerklärung nach der anderen von Experten zerpflückt wurde, weitere peinliche Richtigstellungen nötig machte: Die Streitkräfte, hieß es populistisch, würden künftig zum Straßenbau eingesetzt, hätten dafür alle nötige Technik. Unmöglich, mußte später eingeräumt werden.Die große staatlich kontrollierte Mineralölfirma Petrobras, weltweit eines der größten Unternehmen dieser Branche, werde künftig den größten Teil seiner Käufe bei einheimischen Firmen tätigen, um Arbeitsplätze zu schaffen, wurde großartig verkündet. Nur – das tut Petrobras bereits, bestellt lediglich spezielle Plattformen, für die einheimische Produzenten fehlen, auswärts. Firmen, die festangestellte Beschäftigte ohne triftigen Grund entlassen, müssen bisher ein recht hohes Bußgeld entrichten – der neue Arbeitsminister Lulas, Jaques Wagner, will es abschaffen, mußte jedoch unter Protest der Gewerkschaften einen Rückzieher machen. Schließlich hatte die sozialdemokratische Präsidentenpartei PT im Wahlkampf sogar versprochen, dieses Bußgeld kräftig anzuheben.

Brasiliens Militärs genießen absurde Privilegien – der zuständige Minister Ricardo Berzoino versprach, diese abzuschaffen. Die Generäle machten erwartungsgemäß Druck – und Lula einen weiteren Rückzieher: Also bleibt es u.a. dabei, daß die Offiziere vorm Ruhestand noch einmal hochgestuft werden, dann anders als etwa in Deutschland den vollen Sold weiterbekommen. Ihre unverheirateten erwachsenen Töchter können sich ebenfalls freuen – sie erhalten weiter monatlich eine Pension – nur zuviele lassen deshalb von einer offiziellen Eheschließung. Auch andere Berufsgruppen mit Superbezügen, darunter aus dem Justizapparat, pochen jetzt auf ihre hohen Privilegien – während die allermeisten Rentner mit umgerechnet höchstens sechzig Euro im Monat auskommen müssen.

 http://www.hart-brasilientexte.de/2010/05/10/die-brasilianische-bombe-lula-vizelander-mit-atomwaffen-verschaffen-sich-mehr-respekt-lula-am-donnerstag-in-teheran-bei-ahmadinedschad/ 

http://www.ila-web.de/brasilientexte/alencarcoimbra.htm

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/12/02/cesar-benjamin-und-der-preis-eines-ideals-nachrichtenmagazin-veja-uber-umstrittene-verfolgtenpensionen-benjamin-wollte-keine-trotz-dreieinhalb-jahren-diktatur-haft-und-lula/

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/09/16/scheiterhaufenstadt-rio-de-janeiro-der-grausame-tod-einer-48-jahrigen-frau-in-der-microondas-laut-lokalzeitung/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/03/17/in-den-brasilianischen-gefangnissen-sind-die-opfer-des-politisch-wirtschaftlichen-systems-eingekerkert-anwalt-bruno-alves-de-souza-29-prasident-des-menschenrechtsrates-im-teilstaat-espirito-san/

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/02/01/brasiliens-erfolgreiche-auslandspropaganda-2009-uber-40-millionen-euro-investiert-laut-brasil-economico-enge-zusammenarbeit-mit-medien-europas/

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 14. Mai 2010 um 15:20 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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