Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien, Megacity Sao Paulo: Was Maria de Jesus mit ihren 76 Jahren am Wochenende so macht – sechsstündige Busfahrt zwecks Alu-Büchsen-Sammeln an Mittelschichtsrestaurants im Park. Verkauf bringt bei rd. sechs Stunden Arbeit umgerechnet rund 3.45 Euro. Dona Marias Rente: umg. rd. 230 Euro.

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Brasilianer sind unter Lula-Rousseff richtig konsumfreudig geworden, heißt es im Brasilien-Agitprop. Bei der dunkelhäutigen Dona Maria de Jesus aus der Slumregion von Sao Mateus in Sao Paulo, Lateinamerikas reichster Stadt, sieht es irgendwie nicht danach aus.

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Angesichts der knappen Rente, der hohen Miete, der seit 2012 andauernden Teuerungswelle gerade bei Grundnahrungsmitteln, Medikamenten braucht die 76-jährige unbedingt noch einen Nebenverdienst, fährt also am Sonnabend und Sonntag morgens mit dem Rumpel-Nahverkehrsbus etwa drei Stunden bis zum Ibirapuera-Park (abends drei Stunden wieder zurück), um dort immer zwischen zwei Mittelschichtsrestaurants hin und her zu pendeln, die meist weißen Gäste an den Tischen höflich zu fragen, ob sie nicht die leeren Alu-Büchsen, für Cola, Bier etc., kriegen kann.

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Nach einer Weile nimmt sie den Plastiksack mit den Alu-Büchsen, wechselt zum anderen Restaurant, greift auch in die Abfallbehälter, auf der Suche nach weiteren Büchsen.

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Damit die Büchsen in dem Plastesack nicht soviel Platz wegnehmen, tritt sie sie richtig zusammen – zu gleicher Stunde tun das in ganz Sao Paulo ungezählte andere Büchsensammler, ob Kinder oder Alte.

Als Vorteil nennt Dona Maria de Jesus, daß sie als Rentnerin die Busfahrt frei hat – sonst würde sich das alles nicht lohnen.  Sie schafft es, pro Tag immer so an die 280 Getränkebüchsen zu sammeln, das seien etwa 4 Kilo Aluminium, an der Ablieferstelle gebe man ihr dafür 10 Real, derzeit umgerechnet 3,35 Euro. Wie man sieht, muß Dona Maria de Jesus ganz schön flitzen,  um auf die rd. 280 Büchsen zu kommen. Ihr Stundenlohn läge daher bei umgerechnet rund 57 Cents. 

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Ißt Dona Maria zwischendurch was? Ja, Essenreste von den Tischen, manchmal ist sogar einer von den Mittelschichtlern so großzügig und gibt ihr Reste von Teller. 

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Teuerung drückt über 22 Millionen Brasilianer ins Elend:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/20/brasilien-teuerung-druckt-22-millionen-brasilianer-wieder-ins-elend-laut-landesmedien-langst-wegen-starken-preissteigerungen-uberholter-indikator-versteckt-jene-22-millionen-verelendeten-hies-es/

„Auch Dilma hat sich, ganz im Sinne ihres Vorgängers, der Sozialpolitik verschrieben.“ WeltTrends, Potsdam 2012

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 Jeder bei Tropenhitze teils recht übelriechende Abfallbehälter ist für Dona Maria eine Chance, weitere Alu-Büchsen aufzutreiben. 

Abends nach neun ist sie nach dreistündiger Busfahrt wieder in ihrer Favela – in ganz Sao Paulo gibt es davon über 2600. Ihre  wird wie die anderen der Region von Banditenkommandos des organisierten Verbrechens beherrscht, kontrolliert.   Slum-Sondergerichte:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/16/brasilien-die-sondergerichte-des-organisierten-verbrechens-in-den-slums-polizei-konnte-zufallig-ein-gefesseltes-und-bereits-gefoltertes-opfer-in-rio-de-janeiro-befreien-am-tage-des-besuchs-von-bu/

„Sowohl im wirtschaftlichen als auch im sozialen Bereich ist das größte Land Südamerikas zu einem Vorbild in der Region geworden. “ WeltTrends, Potsdam 2012

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/04/15/brasilien-scheiterhaufen-microondas-bis-2011-auch-rio-favela-mangueira-sitz-der-gleichnamigen-beruhmten-sambaschule-laut-qualitatszeitung-o-globo/

Nicht nur in Mittelschichtsvierteln der Megacity Sao Paulo durchwühlen abends und nachts Verarmte, Verelendete die vor den Häusern abgestellten Müllsäcke nach Alu-Büchsen, aber auch nach Eßbarem – ein bedrückender Anblick.

Facetten  von Elend, Hunger:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/27/brasilien-facetten-von-elend-hunger-unterernahrung-mullfahrer-ein-elendsberuf-schlaft-erschopft-in-abfall-der-city-von-sao-paulo/

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Schwerstarbeit beim Karrenziehen, Mini-Einnahmen, schlechte Ernährung bewirken bei Armen und Verelendeten Brasiliens immer wieder Erschöpfungszustände – nicht zufällig sieht man in Millionenstädten wie Sao Paulo tagtäglich solche Szenen. Oberflächlich betrachtet, könnte der Eindruck entstehen, jemand habe  sich ausgerechnet  im Krach des Straßenverkehrs einen Schlafplatz gesucht. 

Es gibt aber, wie in diesen Tagen während der landesweiten Protestwelle die Medien hervorheben, durchaus Brasilianer, die es richtig gut gepackt haben, Einnahmen und Lebensstandard auffällig verbesserten. Die Demonstranten rechnen dazu auch Lula.

Lula inzwischen recht vermögend:  http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/04/lula-bekommt-500000-dollar-von-lg-fur-vortrag-in-sudkorea-laut-brasilianischen-landesmedien-uber-eine-million-dollar-damit-vier-monate-nach-ende-der-amtszeit-kassiert-laut-kalkulation-von-parte/

http://www.hart-brasilientexte.de/2013/07/05/brasilien-lula-in-leipzig-und-berlin-auch-bei-diesem-deutschlandbesuch-von-kritischen-fragen-an-ihn-nichts-bekannt/

Kaufzurückhaltung:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/29/brasilien-teuerung-und-kaufzuruckhaltung-2013-die-supermarkte-preiswerteste-einkaufsquelle-des-landes-ua-fur-grundnahrungsmittel-verkauften-im-april-2013-uber-14-weniger-als-im-vormonat-marz-l/

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Bundespräsident Gauck 2013 in Brasilien:  http://www.hart-brasilientexte.de/2013/05/17/brasilien-historischer-besuch-des-deutschen-bundesprasidenten-joachim-gauck-im-tropenland-trotz-gravierender-menschenrechtslage-folter-todesschwadronen-gefangnis-horror-sklavenarbeit-etc-b/

Amnesty International – “Kopf unter Wasser”:  http://www.amnesty.de/journal/2009/juni/kolumne-kopf-unter-wasser

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 06. Juli 2013 um 23:21 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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