Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Rio+20: Paulo Adario, Greenpeace-Leiter für Amazonien, erläutert im Website-Interview die komplexen Gründe der neuesten Überschwemmungen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/11/03/paulo-adario-manaus-greenpeace-leiter-fur-amazonien-gesichter-brasiliens/

Adario betont Anfang Mai 2012, daß Amazonien in den letzten Jahren von zuvor unbekannten Extremsituationen heimgesucht wird. 2009 habe es das größte Hochwasser in der Geschichte der Region gegeben, 2011 indessen eine Rekord-Dürre.  „2012 sind wir einem neuen Hochwasser-Rekord bereits sehr nahe. Extreme wie diese werden von den Wissenschaftlern als direkte Folge der globalen Klimaveränderungen angesehen. Zudem bewirkt Abholzung an den Flußufern eine stärkere Versandung der Flüsse – auch deshalb haben wir mehr Hochwasser in Amazonien. Brasilien ist der fünftgrößte Emittent von Gasen, die Klimaveränderungen bewirken – just wegen der Abholzungen etwa in Amazonien. Und Amazonien trug bereits zur globalen Erwärmung bei – provoziert also Klimaveränderungen – und damit auch Überschwemmungen.“

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Paulo Adario im Greenpeace-Büro von Manaus.

Greenpeace-Aktivisten in Sao Paulo nannten zudem als Argument, daß als Folge ungebremster Abholzung das Wasser der natürlichen Regenfälle nun nicht mehr von Urwäldern zurückgehalten werde, sondern direkt und ungehindert in die großen Amazonas-Ströme wie Rio Negro und Rio Solimoes fließe.

 http://www.hart-brasilientexte.de/2012/05/04/brasilien-und-rio20-uberschwemmungen-in-amazonien-und-schlimmste-durre-seit-50-jahren-im-nordosten-derzeitige-hausgemachte-umweltkatastrophen-zeigen-die-resultate-der-umweltpolitik-unter-lula-rous/

Der brasilianische Befreiungstheologe Frei Betto im Website-Interview: „Bei Euch redet alles von Klimaänderung, Treibhaus-Effekt. Ethanol aus Zuckerrohr wie im E10 treibt ihn voran«. Frei Betto weist auf wissenschaftliche Studien:  Wegen der Zuckerrohrplantagen wurden riesige Urwaldgebiete Amazoniens abgeholzt, was das ökologische Gleichgewicht in Nord- und Südamerika schädigt, sich auf die ganze Welt negativ auswirkt. Denn Amazoniens Regenwald ist der größte des Planeten. Und die Regenfälle, ob im Süden Floridas oder Argentiniens, hängen von der Verdunstung in Amazonien ab.


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Blumenau/Sachsen.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/10/27/biosprit-e-10-schadet-laut-studie-dem-klima-fur-brasiliens-kirchliche-experten-von-anfang-an-fakt-biosprit-ist-todessprit-katholischer-befreiungstheologe-frei-betto/

Brasiliens umstrittene Wasserkraftwerke

Was stimmt denn nun? Bis heute wird das Tropenland von europäischen Öko-Parteien, Umweltorganisationen wie Germanwatch sowie vielen Medien heftig gelobt, weil es den Strombedarf zu etwa 80 Prozent aus Wasserkraftwerken decke. Das sei sehr klima- und umweltfreundlich, es gebe keinerlei schädliche Emissionen, der Strom sei sauber. Beim Klimaschutz habe Brasilien die Nase vorn, hieß es in Kopenhagen. Doch dann kommt so ein schnauzbärtiger Öko-Ami wie Philip Fearnside daher, der als Biologe auch noch für ein brasilianisches Regierungsinstitut arbeitet, und sagt bereits seit 1995, alles Mumpitz – das Gegenteil sei richtig.
Die Bilder könnten ja nicht gegensätzlicher sein: Hier grausig rauchende Schlote von Kohlekraftwerken, dort dagegen die Idylle von Stauseen, in denen fröhliche Kinder baden und Touristendampfer sowie Segelboote unterwegs sind. Aber so einer wie Fearnside will uns weismachen, richtig schlimm seien die Staudämme besonders in Amazonien, schlimmer als die mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke. Der geplante Staudamm von Belo Monte am Rio Xingú gar werde eine regelrechte Treibhausgas-Fabrik. Komischerweise behaupten so etwas auch andere Wissenschaftler Brasiliens – aber man muss nach ihnen regelrecht suchen, weil in der öffentlichen Meinung die Wasserkraft-Bewunderer dominieren.
Dr. Sergio Pacca von der Bundesuniversität in Sao Paulo ist jedenfalls so ein Quertreiber, der Wasserkraftwerke auch als extrem klimafeindliche Methan-Schleudern kritisiert. Giftiges Methan entstehe im Staubecken – durch Zersetzung organischer Materie mittels Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff, bekommt man von Pacca zu hören. „Je höher die Temperatur, umso schneller läuft der Prozess ab. In tropischen Ländern vermehren sich die Mikroorganismen rascher und bilden entsprechend mehr Methangas als in den kühleren Ländern. Bei einem neuen Staubecken wird die dortige reiche Biomasse überflutet – Basis der Methanproduktion.“ Selbst wenn die teilweise noch vorhandenen Urwälder vorher abgeholzt worden seien, bleibe noch viel Wurzelwerk im Boden. Und das entstehende Methan, so Pacca, werde an die Atmosphäre abgegeben, trage sehr stark zum Treibhauseffekt bei.
Darauf muss man erstmal kommen, zumal das klimaschädliche Potenzial einer Tonne Methangas laut neueren Studien 34-mal größer als das einer Tonne Kohlendioxid ist, über das gewöhnlich immer geredet wird. „Selbst kleinere Mengen Methan müssen daher beim globalen Klimawandel wichtig genommen werden“, so Sergio Pacca. Es sei einfach nicht haltbar, Wasserkraftwerke mit anderen Energietechnologien zu vergleichen, ohne den Methan-Faktor zu berücksichtigen. Doch genau dies geschiehe.
Würden nicht Indianerstämme aus ihrem Lebensraum vertrieben, wäre Belo Monte eigentlich gar nicht so schlecht, ist auch in Deutschland zu hören – Brasilien wollw sich ja schließlich entwickeln, wirtschaftlich wachsen, habe ein Recht darauf. Leute wie Pacca oder gar Fearnside, der Amazoniens Stauwerke seit Jahrzehnten vor Ort am intensivsten beforscht, kommen mit ihren Einwänden da nie vor, was stutzig macht. In Brasilien wird Fearnside auch von Regierungsstellen kräftig beharkt, weil er Belo Monte ablehnt, das immerhin auch Ex-Präsident Lula und seine Amtsnachfolgerin Dilma Rousseff unbedingt durchziehen wollen.
Fragt man den Biologen in der drückend heißen Amazonasmetropole Manaus, etwa 4.000 Kilometer nördlich von Sao Paulo, wie das eigentlich funktioniert – er als Ausländer am staatlichen Nationalinstitut für Amazonasstudien/INPE, aber in scharfer Gegnerschaft zu Brasilias gigantomanischen Wasserkraftprojekten – kommt als Antwort nur ein kurzes ironisches Lachen. Vielleicht kann man einem wie Fearnside schlecht an den Karren fahren – der Mann bekam den UN-Umweltpreis „Global 500“, dazu den brasilianischen Öko-Nationalpreis.Darüber hinaus gehört Fearnside zur Akademie der Wissenschaften Brasiliens und ist weltweit einer der führenden Experten für Klimaerwärmung. „Unter jenen, die die Erlaubnis für alle derzeit im Bau befindlichen Amazonas-Wasserkraftwerke erteilten, gibt es welche, die alles bestreiten, was ich sage. Ich zitiere sie natürlich ausführlich.“
Spricht man Fearnside auf das überschwängliche Kopenhagen-Lob für Brasilias Klimaschutzpolitik an, kommt noch so ein ironisches Lachen. „Zwar gibt es viele Studien wie die von mir über den Methan-Sachverhalt, doch wird in der Presse und in politischen Reden so oft wiederholt, dass diese Energie sauber sei, dass die Leute schließlich nur dies gehört haben und sich daher nicht weiter in die Sachlage vertiefen. Doch an den Fakten über die klimaschädlichen Emissionen ändert das nichts.“
Fearnside nutzt gerne anschauliche Beispiele – wie den Hinweis auf das beim Öffnen einer Colaflasche zischend entweichende Gas. „Alles organische Material, Kohlenstoff im Boden, Bäume und Wasserpflanzen zersetzen sich auf dem Grund des Stausees – das Wasser dort ist also unter hohem Druck stark methanhaltig und gelangt schließlich in die Turbinen der Wasserkraftwerke, wo ebenfalls noch hohe Drücke herrschen. Aber danach gelangen die Wassermassen dann an die freie Atmosphäre. Die im Wasser gebundenen Gase, darunter Methan, zischen in Bläschen heraus – deshalb mein Vergleich mit der Colaflasche. Und die Sicherheitsabläufe der Stauseen wirken auf ähnliche Weise. So wird der Treibhauseffekt erheblich befördert. In Amazonien wirken Wasserkraftwerke im Endeffekt häufig schädlicher, negativer, als die zur Elektrizitätsgewinnung verbrannten fossilen Energieträger.“ Die bereits in Amazonien existierenden Wasserkraftwerke produzierten daher keineswegs saubere Energie, seien in Bezug auf den Klimaschutz keineswegs nützlich. Belo Monte treibe es auf die Spitze. „Vier Monate im Jahr kann man wegen tiefen Wasserstands keine einzige Turbine betreiben, da entsteht dann ein Schlammbecken von 3.500 Quadratkilometern, wo üppig Pflanzen wachsen, die später zu Methan zersetzt werden. Doch in amtlichen Umweltgutachten für Brasiliens Wasserkraftwerke wird stets nur der geringe Gasaustritt über die Wasseroberfläche berücksichtigt, nicht der über Turbinen und Sicherheitsabläufe.
Ebenfalls in Manaus forscht André Muggiati von Greenpeace und kann ebenso wenig Gründe für soviel deutsches Lob an Brasilias Klimaschutzpolitik entdecken. „Die Abholzung ist Hauptursache der Treibhausgase aus Brasilien. Das Land ist daher der viertgrößte Luftvergifter der Welt – nach Indonesien, China und den USA.“ Und für den brasilianischen Umweltexperten Dr. Fabio Olmos ist jene Germanwatch-Statistik, die Brasilien an vorderste Stelle rückt, eine „unehrliche Form, die Situation darzustellen. Es ist unverständlich, wieso jemand diese Germanwatch-Statistik überhaupt für bare Münze nimmt.“
Inzwischen haben Brasiliens Umweltschützer zusätzliche altbekannte Sorgen, weil seit dem Start der Rousseff-Regierung gleich eine ganze Serie systemkritischer Öko-Aktivisten ermordet worden ist – allein fünf im April bei Curitiba, drei im Juni in Amazonien. Auch ein Menschenrechtsanwalt wurde erschossen. Entsprechend stark ist das Klima der Einschüchterung und Angst. Brasiliens neue Menschenrechtsministerin Maria do Rosario räumte ein, dass auch in Amazonien Todesschwadronen aktiv sind, zu denen bekanntlich Staatsangestellte gehören. Laut Landgewerkschaftsangaben wurden in den letzten Jahren, also unter der Lula-Regierung, nach 17 derartigen Morden nicht einmal Ermittlungsverfahren durch die Bundespolizei eingeleitet.
Indessen erhält die Rousseff-Regierung – ebenso wie die Vorgängerregierung – aus Europa, darunter Deutschland, sehr viel Lob und wird ausdrücklich als modern und progressiv eingestuft. Das wird wohl mit dem neoliberalen Wertewandel zusammenhängen. Auf dem UNO-Index für menschliche Entwicklung rangiert Brasilien jedenfalls nur auf Platz 73, und die UNO-Bildungsstatistik verzeichnet das Tropenland gar erst an 93. Stelle. Aufschlussreich ist da, welche Länder bessere Plätze belegen: Iran (89), Saudi-Arabien (84), Botswana (81), Libyen (66), Bolivien (61), Bahrein (49), Argentinien (40) Kuba (16).

Die Öko-Gebote von Padre Cicero:

    „Não derrube o mato, nem mesmo um só pé de pau.

 

    Não toque fogo no roçado nem na caatinga.

 

    Não cace mais e deixe os bichos viverem.

    Não crie o boi nem o bode soltos; faça cercados e deixe o pasto descansar para se refazer.

 

    Não plante em serra acima, nem faça roçado em ladeira muito em pé: deixe o mato protegendo a terra para que a água não a arraste e não se perca a sua riqueza.

 

    Faça uma cisterna no oitão de sua casa para guardar água da chuva.

 

    Represe os riachos de cem em cem metros, ainda que seja com pedra solta.

 

    Plante cada dia pelo menos um pé de algaroba, de caju, de sabiá ou outra árvore qualquer, até que o sertão todo seja uma mata só.

 

    Aprenda a tirar proveito das plantas da caatinga, como a maniçoba,a favela e a jurema; elas podem ajudar a você a conviver com a seca.

 

    Se o sertanejo obedecer a estes preceitos, a seca vai aos poucos se acabando, o gado melhorando e o povo ter sempre o que comer.

 

    Mas, se não obedecer, dentro de pouco tempo o sertão todo vai virar um deserto só.“

 

Padre Cícero (1844-1934)

“Notstand am Amazonas”:  http://wissen.dradio.de/brandrodung-notstand-am-amazonas.37.de.html?dram:article_id=5577&sid=

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/wissenschaft/1247712/

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/wissenschaft/1375344/

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/wissenschaft/1480331/

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 05. Mai 2012 um 00:51 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Naturschutz, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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