Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasilien – Morde an systemkritischen Umweltaktivisten: Landesmedien beleuchten ausführlich die offizielle Auffassung von Menschenrechten unter der Lula-und Rousseff-Regierung. Obdachlose lebendig verbrannt.

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/06/01/brasilien-erwartete-wirkung-der-morde-an-umwelt-und-menschenrechtsaktivisten-flucht-von-bewohnern-der-gewaltregionen-amazoniens-menschen-verbarrikadieren-sich-in-katen-kinder-gehen-nicht-mehr-zur/

Brasiliens Presse hat nach der jüngsten Mordserie in großer Aufmachung analysiert, wie wichtig unter den Regierungen von Lula und Rousseff die Menschenrechte genommen werden. So wird darauf hingewiesen, daß laut kirchlichen Daten im Amazonas-Teilstaat Pará jährlich 14 systemkritische Umweltaktivisten, die auch dem Staat als von Mord bedroht bestens bekannt sind, liquidiert werden. Die Angehörigen des in der letzten Woche beseitigten Umweltschützer-Ehepaars betonten, die zunehmenden Morddrohungen seien den zuständigen Staats-und Regierungsstellen bestens bekannt gewesen. Die bischöfliche Bodenpastoral CPT beklagt seit vielen Jahren den fehlenden staatlichen Schutz für Umwelt-und Menschenrechtsaktivisten, erntet indessen auch im Ausland aus den bekannten Gründen gewöhnlich nur Alibi-Soli-Erklärungen.  Laut CPT werden derzeit weitere 809 politisch Aktive mit Mord bedroht. Sind solche erst einmal beseitigt, stellt sich die erwartete Wirkung ein – Einschüchterung und Angst, immer weniger Bereitschaft zu Umwelt-und Menschenrechtsengagement. Wem dies sehr gelegen kommt, ist seit langem bestens bekannt – der Fall Dorothy Stang zeigte es ebenfalls sehr anschaulich.

Obdachlose: http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/16/sao-paulos-deutschstammiger-erzbischof-odilo-scherer-prangert-schockierende-gesellschaftliche-indifferenz-angesichts-des-lebendigen-verbrennens-von-obdachlosen-an-man-hat-noch-zwei-strasenbewohner/

Wie Barack Obama den Tropenstaat Brasilien bewertet: “Brasilien ist eine beispielhafte Demokratie. Dieses Land ist nicht länger das Land der Zukunft – die Menschen in Brasilien sollten wissen, daß die Zukunft gekommen ist, sie ist hier, jetzt”.

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Protest in Sao Paulo.

Wie es hieß, hatte das Umweltschützer-Ehepaar bis kurz vor der Liquidierung um staatliche Hilfe gebeten, darunter an das Innenministerium, die Bundespolizei und anderen Organe appelliert, die der Rousseff-Regierung unterstehen.  Damit ist nunmehr noch weit deutlicher geworden, wie es um die offizielle Auffassung von Menschenrechten steht. Landesmedien erinnerten an das Bla-Bla um die „großen Erwartungen an die Lula-Regierung“(„grande expectativa com o governo Lula“) und befragten u.a. den weltbekannten Kenner heutiger brasilianischer Sklaverei und Sklavenarbeit, den katholischen Priester Ricardo Rezende. In puncto Agrarreform, Änderung der Bodenstruktur, so der viele Jahre von Mord bedrohte Rezende, habe die Lula-Regierung Bestehendes nicht angetastet, sei nicht vorangekommen. Der nicht weniger international bekannte Bischof Pedro Casaldaliga nannte die jüngsten bekanntgewordenen Morde(viele werden nie amtlich registriert) eine weitere Episode des „Kriegs im Hinterland“. Er sei Frucht der Straflosigkeit und der Korruption. „Die Linie des neoliberalen Kapitalismus wird getreu verfolgt – eine politische Oligarchie ist traditionell Besitzer der Macht und des Bodens.“ Ein hegemoniales Brasilien diene dem zerstörerischen Agrobusiness, das auf Monokulturen und Großgrundbesitz setze. Da Casaldaliga, heute 83, zu den wichtigsten befreiungstheologischen Intellektuellen der brasilianischen katholischen Kirche gehört und die wirtschaftspolitische Logik der systematischen Umwelt-und Naturzerstörung seit der Militärdiktatur kontinuierlich analysierte, ist er in europäischen Mainstream-Medien entsprechend chancenlos. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/04/11/u2-in-sao-paulo-bei-ersten-zwei-konzerten-nur-lob-fur-bereitschaft-von-prasidentin-rousseff-das-elend-im-lande-auszutilgen-melden-landesmedien-keinerlei-kritik-an-gravierenden-menschenrechtsve/

Auffällig ist im Kontext der neuesten Mordserie, daß die Bodenpastoral CPT Amazoniens Konfliktzonen derzeit mit den gleichen Begriffen(„Brasiliens wilder Westen“) charakterisiert wie seit Jahrzehnten, vor der Lula-und Rousseff-Regierung. Grileiros und Pistoleiros agierten laut CPT in dieser Region straflos. Wer sich dagegen mit Anzeigen bei staatlichen Stellen zu wehren versuche, werde liquidiert. Sogar der zuständige Chef der staatlichen Umweltbehörde IBAMA in Amazonien, Mario Lucio Reis, sagte gegenüber der Landespresse: „Uns bleibt nur ein Gefühl der Straflosigkeit, eines gesetzlosen Landes.“

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/06/01/brasiliens-morde-an-umwelt-und-menschenrechtsaktivisten-unter-der-rousseff-regierung-aufmacher-der-landesmedien-lizenz-zum-abholzen-und-toten-o-globo-schwache-regierungsantwort-auf-verbrec/

Vor dem Hintergrund dieser gravierenden Menschenrechtslage, von Folter, Todesschwadronen und Menschenrechtler-Verfolgung,  ungebremster Umwelt-und Naturvernichtung auch in Amazonien, hatte Brasiliens neue Staatschefin Dilma Rousseff nachvollziehbar aus europäischen Ländern wie Deutschland teils überschwengliches Lob für ihre Regierungsarbeit bekommen.

Da die katholische Kirche im größten katholischen Land Brasilien als einzige gesellschaftliche Institution energisch für die Bewahrung der Schöpfung und die Einhaltung der Menschenrechte eintritt, steht sie entsprechend im Kreuzfeuer, selbst in Europa. Wunderheiler-Sektenkirchen, als „Freikirchen“ beschönigt,  wird kurioserweise nur zu oft eine bessere, zeitgemäßere Arbeit bescheinigt. 

http://www.hart-brasilientexte.de/2011/05/30/liquidierung-von-umweltaktivisten-und-systemkritikern-in-brasilien-erklarung-von-universitatenufpa-und-ufrgs-was-ist-das-fur-eine-gesellschaft-wer-das-leben-verteidigt-bezahlt-mit-dem-tod/

http://www.bundestag.de/dasparlament/2010/12/Beilage/006.html

Hintergrund 2011:

MURDER IN BRAZIL

Frei Betto*

At dawn on Saturday February 19 2011 in the region of Aglomerado da Serra in the city of Belo Horizonte where low income families live, three soldiers from the ROTAM (Metropolitan Tactical Night Patrol) under the command of Military Police Corporal Fabio de Oliveira, 45, stopped two peaceful inhabitants – male nurse Renilson Veridiano da Silva, 39 and his nephew Jeferson Coelho da Silva, 17, an assistant baker.

When they were accused of trafficking drugs, both uncle and nephew denied it. The military policed shouted that traffickers have to pay a fee. They had no money on them. They were made to lie on the ground and both were shot dead.

The victims’ family and friends were indignant. Next morning they set fire to three buses. Governor Antonio Anastasia demanded an investigation. The policemen were arrested on Wednesday 23rd. Corporal Oliveira who was in command of the group was placed in a cell in the First Battalion of the Military Police.

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On Thursday 24th the corporal’s ex-wife and lawyer Ricardo Gil de Oliveira Guimaraes visited him. The prisoner appeared to be calm.

On Friday 25th at dawn Corporal Oliveira was found dead in his cell, hanged by the belt he wore in his trousers, tied to the shower tap.

Was it suicide or was he “suicidided”? Despair or getting rid of evidence? The police authorities investigating the case suspect that the corporal was definitively silenced in order to prevent him from revealing other murders committed by the Minas Gerais Military Police.

Two innocent workers were killed outright. Governor Anastasia is facing his first opportunity to prove that the Minas Gerais Military Police cannot be compared to a den of murderers.

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On Monday February 28 the body of Sebastião Bezerra da Silva, 40 who was a member of the state of Tocantins Human Rights Commission was found on a property in the municipality of Dueré (TO). His fingers were broken and under the nails there were signs of having been punctured with needles, his toes had been ripped out and there was proof that he had been strangled to death.

Silva was the regional representative for the National Movement of Human Rights and had denounced the Military Police for the practice of torture and murder. During the past few months he was investigating those responsible for the lynching of a prisoner in a police station in the interior of the state.

It is up to Governor Siqueira Campos of Tocantins to investigate this heinous crime and show that his state is no longer the old far west where the law of the jungle prevailed.


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The Urso Branco prison in Porto Velho in the state of Rondônia can hold 456 prisoners. On December 31 2001 it held 1200 prisoners. Many freely circulated around the buildings. The Judiciary determined that all should be kept in their cells.

On January 1 2002 the prison director, Weber Jordano Silva, the manager of the penitentiary system Rogelio Pinheiro Lucena and the security director, Edilson Pereira da Costa decided to allow the prisoners who were under death threats to mix with the rest of the prisoners in the recreation area.

As they were being dragged through the corridors those who had been threatened with death screamed for mercy from the prison guards as they knew what awaited them. All in vain. 27 prisoners were murdered.

On Saturday February 26 2011 – nine years after the massacre – the Rondonia justice system condemned 17 prisoners who had participated in the murders to between 378 and  486 years. The directors and prison guards were all absolved.

The Justice and Peace Commission of the Archdiocese of Porto Velho criticised the court for not condemning the former security director. “It was principally he who knew that putting the prisoners together in the recreation area meant some would be killed” declared Cintia Rodrigues, lawyer for the Commission.

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These three above mentioned episodes unfortunately describe the reign of impunity and immunity which afflicts Brazil. To defend human rights in Brazil is still considered controversial. The justice system is blind when it comes to penalising authorities or the police because it does not see that the law does not permit anyone to act above it. Our policemen are badly trained, many act with authoritarianism simply because they wear a uniform and carry a gun, they humiliate citizens who are poor and they practise extortion.

The Minister for the Special Secretariat for Human Rights, Maria do Rosario, cannot  delay in the investigation of such serious crimes otherwise Brazil could find itself once again in the shameful position of being condemned by the OAS’ Interamerican Court of Human Rights.

Dilma Rousseffs schlechter Start

Brasiliens neue Staatspräsidentin, zuvor Lulas Chefministerin,  verschont die Nation bisher mit dem vom Ziehvater gewohnten Schwall aus Propagandareden – dafür haben es die politischen Ereignisse in sich. Der angesehene kirchliche Menschenrechtsanwalt Sebastiao Bezerra da Silva wird sadistisch gefoltert und ermordet – auch in den acht Regierungsjahren zuvor ist das Verfolgen von Menschenrechtsaktivisten normal. Silva ermittelte gegen die landesweit aktiven, von Staatsangestellten geleiteten Todesschwadronen, gegen folternde Militärpolizisten, bekam deshalb Morddrohungen. Im archaischen nordöstlichen Teilstaat Maranhao, der laut Kirchenangaben bei Gefängnis-Folter an der Spitze steht, kommt es zur ersten Häftlingsrevolte unter Rousseff – sechs Männer werden getötet, Fotos der abgeschlagenen Köpfe sind in den Regionalzeitungen. Maranhao wird von Gouverneurin Roseane Sarney regiert, die mit Dilma Rousseff befreundet ist, bei nettem privaten Beisammensein mit ihr zur Laute allerlei populäre Liebeslieder sang. Eine unabhängige Untersuchungskommission zum  Häftlingsaufstand gibt es nicht, Brasilia reichen die Angaben der Militärpolizei, ein Relikt der Militärdiktatur. Der Teilstaat ist zudem Herrschaftsgebiet des Oligarchen José Sarney, der einst die Folterdiktatorenpartei ARENA führte – und heute als Senatspräsident den brasilianischen Nationalkongreß. Mit ihm, dem hochwichtigen politischen Bündnispartner, feiert Dilma Rousseff ihren Wahlsieg – auch das spricht Bände. Zumindest beschreibt auch die neue Menschenrechtsministerin Maria do Rosario wie ihr Vorgänger die größte lateinamerikanische Demokratie als Folterstaat, nennt Torturen in total überfüllten Haftanstalten und siehe da, auch in psychiatrischen Anstalten,  ein „gravierendes nationales Problem“. Als Dilma Rousseff noch zuständige Chefministerin ist, haben derartige Eingeständnisse jedenfalls keinerlei praktische Bedeutung. Gleiches gilt für den jetzt auf der Berlinale gezeigten sozialkritischen Streifen „Tropa de Elite 2“, der Brasiliens bedrückende Menschenrechtslage eindrücklich abbildet. Wie im Vorgängerfilm, der 2008 den Goldenen Bären gewinnt, gibt es wieder eine der für Rio de Janeiro typischen Scheiterhaufenszenen – weder Lula noch Rousseff haben sich jemals zu dieser in den Slums unweit des neuen ThyssenKrupp-Stahlwerks gängigen Hinrichtungs-und Einschüchterungspraxis geäußert. Wie es sich gehört, hat Brasilien als vielgelobte Demokratie, strategischer Partner der Berliner Regierung, natürlich die UNO-Menschenrechtsabkommen unterzeichnet. Von möglichen Sofortmaßnahmen der Rousseff-Regierung zwecks Umsetzung ist nichts bekannt. Dafür erfährt man aus jetzt veröffentlichten Studien, was sich unter dem Gespann Lula-Rousseff noch so entwickelte. Bei Tötungen durch Schußwaffen liegt Brasilien weltweit an der Spitze – und von drei Ermordeten sind zwei schwarz. Der Soziologe Julio Waiselfisz, dessen Team die Studie erarbeitet, spricht  von “Merkmalen der Ausrottung, Vernichtung”, fehlender öffentlicher Sicherheit für die arme, mehrheitlich schwarze Bevölkerung. Mit der öffentlichen Sicherheit passiere  dasselbe wie bei Bildung, Gesundheit, Sozialversicherung – es werde privatisiert. “Wer kann, zahlt für privaten Sicherheitsdienst. Die Schwarzen gehören zu den Ärmsten, leben in Risikozonen und können nicht zahlen.”

Laut unvollständigen Statistiken werden in Brasilien jährlich immerhin etwa 55000 Menschen ermordet.

Die UNICEF ergänzt: Bei Morden an 15-bis 19-Jährigen liegt Brasilien weltweit an der Spitze, 38 Prozent der brasilianischen Jugendlichen leben in Armut und Misere. Die Rousseff-Regierung sollte daher in Programme für Gesundheit, Bildung und Sicherheit investieren, die sich gezielt an die 33 Millionen Heranwachsenden zwischen 10 und 19 Jahren richten. Aber irgendwie scheint Brasilia garnicht so gut bei Kasse zu sein, wie Lula stets der Welt unter Hinweis auf angeblich fette Devisenreserven verkündete. Als die hausgemachte Erdrutsch-Umweltkatastrophe im Januar bei Rio de Janeiro rund tausend Todesopfer fordert – etwa 500 Menschen werden noch vermißt – fehlt es den Rettungsmannschaften arg an Mitteln und Ausrüstung, wurde zuvor beim Katastrophenschutz extrem gespart. Als Präsidentin Rousseff die Region besucht, ist  sie mit ihren eigenen Fehlleistungen aus der Zeit als Chefministerin direkt konfrontiert. Das großflächige Abholzen und Bebauen von Steilhang-Risikozonen war erlaubt und sogar gefördert worden – doch nun bettelt Rousseff gar die Weltbank um einen Milliardenkredit an, damit Slumbewohner  bei Rio de Janeiro aus solchen Zonen umgesiedelt werden können. Bereits 2008 wird die Region von einer solchen Umweltkatastrophe heimgesucht – und der Lula-Regierung vorgerechnet, für Präventivmaßnahmen nur 12 Prozent(!) der vorgesehenen Haushaltsmittel investiert zu haben. Sogar die UNO wirft Lula vor, bereits 2005 ein Katastrophenwarnsystem versprochen zu haben, das aber immer noch nicht funktioniere. Um 2010 Rousseffs Wahlsieg zu garantieren, werden die Regierungsausgaben, darunter für Propaganda, stark erhöht – und derzeit notgedrungen drastisch zurückgefahren. Die Sozialbewegungen protestieren heftig, weil Präsidentin Rousseff die Anhebung des Mindestlohns deutlich unter der kräftigen Teuerungsrate durchsetzt – die umgerechnet etwa 248 Euro Brutto monatlich paßten schwerlich zu erneuten Versprechen, nun aber wirklich Hunger und Misere auszutilgen. Das Mindestsalär bekommen laut offiziellen Angaben  29,1 Millionen registriert oder unregistriert Beschäftigte sowie 18,6 Millionen Sozialversicherte, darunter  zwei von drei Rentnern. Doch ein Großteil der unregistriert, ohne Arbeitsvertrag und rechtliche Absicherung Beschäftigten hat deutlich geringere Einkünfte – in einem Land mit inzwischen oft deutlich höheren Preisen gerade bei Grundnahrungsmitteln als in Deutschland – und in einer Phase schmerzhafter Preisanstiege. Rares Phänomen der brasilianischen Politik,  daß Gewerkschaften sogar Rechtsparteien applaudieren, die einen höheren Mindestlohn vorschlugen. Zugleich wird an enorme Diätenerhöhungen der Kongreßpolitiker sowie an das Einkommen von „Working Class Hero“ Lula erinnert. Ab Januar bekommt er monatlich allein als Ehrenpräsident der Arbeiterpartei umgerechnet rund 6000 Euro, dazu die satten Bezüge als Ex-Staatschef. Zudem seit seinem 51. Lebensjahr eine Entschädigung von 1900 Euro monatlich, weil er 31 Tage in Diktatur-Haft sitzt. Als ihm jetzt ein Unternehmen für einen Vortrag 100000 Dollar Honorar bietet, lehnt Lula laut Landesmedien ab – entweder 200000 Dollar oder garnicht. Da bietet sich ein Vergleich mit den Hilfen des Anti-Hunger-Programms „Bolsa Familia“ an – denn 42 Prozent der Empfänger, also 5,3 Millionen Menschen, leben gemäß neuen Studien nach wie vor im Elend. Pro Familie wohlgemerkt, meist ist sie kinderreich, werden pro Monat umgerechnet minimal 14 und maximal 105 Euro ausgezahlt – „offizielle Almosen“ laut UNO. Die Möglichkeit, Elend und Hunger unter den Bezugsempfängern rasch durch eine angemessene Hilfe zu beseitigen, werde nicht einmal erwogen, empören sich Kommentatoren. Die Regierung kürzt jetzt indessen sogar die Gelder für ein Unterschichts-Hausbauprogramm fast um die Hälfte zusammen. Zum Rousseff-Start erfährt man auch ein bißchen besser, wie Brasilien heute kulturell tickt. Nach der Umweltkatastrophe erklärt die Präsidentin für mehrere Tage Staatstrauer, der Teilstaat Rio de Janeiro sogar für eine ganze Woche – doch auch am Zuckerhut gehen die Vorkarnevalsfeste der Sambaschulen und andere karnevalistische Aktivitäten auf vollen Touren weiter. Solch befremdlichen Umgang mit Tragödien analysieren selbst renommierte Therapeuten und Sozialwissenschaftler. Baden-Württemberg mit seinen 10,7 Millionen Einwohnern exportiert mehr als ganz Brasilien mit rund 190 Millionen Bewohnern – beim Kulturexport kommt das Riesenland laut UNO-Daten nur auf 0,2 Prozent des Weltvolumens, liegt auf Platz 26, gleichauf mit Rumänien. Zum Rousseff-Start verläßt Komponist und Dirigent John Neschling nach 14 Jahren das Land frustriert in Richtung Schweiz. Er baute das völlig unbedeutende Sinfonieorchester Sao Paulos zu einem international anerkannten auf, wird jedoch von der reaktionären Teilstaatsregierung gefeuert. Beim Weggang weist er auf fehlende Kulturpolitik, paralysierende und unsensible Staatsbürokratie, brutalen Umgang mit Kulturgütern. Neschlings Rückkehr nach Europa ist symptomatisch, ein schmerzhafter Verlust für Brasilien.

http://das-blaettchen.de/2011/05/wirtschaften-in-brasilien-4924.html

Deutsche NGO “Pro Regenwald”: “Der neuen Regierung unter Dilma Rousseff geht der Amazonas mehr noch als früher unter Lula am Allerwertesten vorbei … ein Statement zur entschlossenen Erhaltung des Amazonaswaldes aus ökologischen oder sozialen Gründen, was viele traditionelle Amazonasanwohner und indigene Völker fordern, hat die neue Präsidentin bisher nicht gemacht.

Schlimmer noch: Dilma Rousseff treibt die Zerstörung des Amazonasregenwalds für die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens durch Infrastrukturmaßnahmen noch entschlossener voran als jemals zuvor. Keine gute Aussichten für den Regenwald und seine Bewohner.”

http://www.hart-brasilientexte.de/2010/09/23/den-leuten-zu-sagen-in-was-fur-einer-verlogenen-scheise-wir-alle-leben-schlingensief-in-sao-paulo/

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 31. Mai 2011 um 14:45 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Naturschutz, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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