Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Trinkwasserkrise 2015, die Nordost-Dürrekatastrophe: Im Cantareira-Wassereinzugsgebiet von Sao Paulo müßten rd. 30 Millionen Bäume gepflanzt werden – altbekannt – doch der Staat verzichtet seit Jahren auf diese hochwichtige Sofortmaßnahme. Ein Land in der Mentalitätsfalle.

http://sao-paulo.estadao.com.br/noticias/geral,sob-ameaca-cantareira-precisa-de-30-milhoes-de-arvores-ao-custo-de-r-195-mi,1637582

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/10/31/brasiliens-trinkwasserkrise-2014-folge-von-brutaler-amazonasabholzung-neue-studien-bestatigen-seit-den-80er-jahren-gemachte-voraussagen-mitteleuropaische-regierung-dortiger-mainstream-indessen-mi/

Die derzeitige Trinkwasserkrise war durch jahrelange brutale Naturzerstörung bewirkt worden. 

http://www.deutschlandradiokultur.de/brasiliens-atlantikwaelder-es-ist-fast-nichts-mehr-uebrig.1067.de.html?dram:article_id=208525

Der Schweizer Bischof und die kollektive Dummheit:

…Grauenhaft abgemagerte, unter Hunger und Durst leidende Rinder blöken in Brasiliens Teilstaat Bahia, flächenmäßig weit größer als Deutschland und derzeit wie fast der gesamte Nordosten des Tropenlandes von einer verheerenden Dürre heimgesucht. Zwei Ernten wurden in Gluthitze von 40 Grad bereits vernichtet. Der dritten droht dasselbe. Ganze Städte müssen mit Wasser-Tankwagen versorgt werden. Menschen laufen kilometerweit mit Eimern zu den letzten Schlammkuhlen – kein Vergnügen, sich nur mit einer gelbbraunen Brühe waschen zu können.

Vielerorts Tierskelette, verendete Rinder wie hier in der Region von Jequié. Auf manchen sitzt ein Dutzend Geier und hackt in das welke Fleisch. Doch es gibt auch ein Aufforstungsprojekt, das der Dioziöse von Jequié gehört: Saftig grün und üppig, ein Blickfang in der verdorrten Gegend. Es wird von dem Vorarbeiter Fernando betreut:

„Ein Großgrundbesitzer hat einfach seine abgehungerten Rinder, die auf den riesigen Weiden nichts mehr zu fressen fanden, hierhergetrieben und sich selbst überlassen. Gleich an der Straße sind welche vor Schwäche zusammengebrochen.“

Von der Stadt Jequié bis zum Aufforstungsprojekt fährt man über eine Stunde. Am Steuer des Kleinwagens sitzt der aus der Schweiz stammende Bischof Christian Krapf. Er spricht nach über 30 Brasilienjahren nur noch Portugiesisch:

„Auf beiden Seiten der Straße war alles Wald. Jetzt ist er fast weg, wir haben stattdessen vertrocknetes Grasland mit armseligem Buschwerk. Auch Flüsse und Bäche sind ausgetrocknet.“

Brasilien und Waldvernichtung – da denken in Deutschland die meisten an Amazonien. Doch in den weit artenreicheren Atlantikwäldern mit den angrenzenden Baumsavannen wird viel rascher abgeholzt, ist auch der Bevölkerungsdruck größer. Denn hier lebt die Mehrheit der rund 190 Millionen Brasilianer.

Selbst in Deutschland schlägt vor Rio+20 das neue, vom Nationalkongress beschlossene Waldgesetz hohe Wellen, wird als deutlich schlechter, schwächer eingestuft als das bisherige. Wie dieses indessen auch mit seinen Aufforstungsvorschriften in der Praxis funktionierte, lässt sich derzeit während der Umweltkatastrophen gut beobachten. Bischof Krapf, der schon als Kind in der Familienlandwirtschaft mitarbeitete, müht sich um dieses Aufforstungsprojekt mit über 12.000 indischen Nim-Bäumen, aus deren Samen und Blättern sich Medizin gewinnen lässt:

„Ich habe hier die ganzen Jahre versucht, Groß-und Kleinbauern zu überzeugen, systematisch aufzuforsten. Aber sie machen es nicht, weil es eben dauert, bis man einen Nutzen davon hat. Alles hier rundherum könnte aufgeforstet werden, doch die Flächen werden nicht einmal bepflanzt. Es gibt soviel ungenutztes Land in Bahia, im ganzen Nordosten – warum nutzt man es nicht? Selbst in der Regenzeit werden die ersehnten Niederschläge von Jahr zu Jahr immer schwächer und seltener.“

Früher, als noch Wald da war, stand auch das Grundwasser viel höher. Im vogelreichen Aufforstungsprojekt dagegen fehlt kein Wasser, es schmeckt köstlich.

Doch die Leute der Region schlagen nicht nur die Ratschläge von Bischof Krapf in den Wind, sondern seit über 100 Jahren sogar die von ihrem mit Festen und Prozessionen so hochgeehrten Nordost-Heiligen Padre Cicero, der von 1844 bis 1934 lebte und damals schon Umwelt-Gebote aufstellte. Nach wie vor hochaktuell:

„Holze den Wald nicht ab, keinen einzigen Baum.
Mache keine Brandrodungen, fackele deine Felder nicht ab.
Lasse Rinder und Ziegen nicht frei weiden, zäune sie ein.
Pflanze jeden Tag mindestens einen Baum, bis die Steppe wieder zum Wald geworden ist.
Werden diese Gebote eingehalten, wird die Dürre immer seltener, das Vieh immer gesünder, hat das Volk immer zu essen. Wird gegen die Gebote verstoßen, wird alles hier zur Wüste.“

Die Resultate sieht man derzeit. Während Amazonien erst etwa 20 Prozent seiner Wälder verlor, also etwa 720.000 Quadratkilometer, sind von den Atlantikwäldern nur noch etwa sieben Prozent übrig, gingen rund 1,3 Millionen Quadratkilometer verloren. Der allergrößte Teil jener klimaschädlichen Gase Brasiliens, die zum globalen Klimawandel beitrugen, stammte also von hier, nicht aus Amazonien. Einheimische Experten fordern Aufforstung gegen die Dürre und empfehlen sogar, dem Beispiel Europas zu folgen, das bereits etwa 36 Prozent seiner Fläche wieder bewaldet habe. In Brasilien dagegen erfüllen weder Staat noch Unternehmen ihre Aufforstungsversprechen.

Auch der Umweltexperte Mario Mantovani, der die Umweltstiftung SOS Mata Atlantica zum Schutze der Atlantikwälder leitet, protestiert vergeblich:

„Von den Küstenwäldern gibt es nur noch etwa sieben Prozent , es sind die am meisten bedrohten Wälder des Planeten. Es ist fast nichts mehr übrig. Der Druck auf die Natur ist enorm. Der Staat ist inkompetent.“

In Zeiten der Bevölkerungsexplosion werden ganze Schwärme wunderschöner exotischer Tropenvögel von Indio-Nachfahren mit dem Schrotgewehr vom Himmel geholt, landen in der Pfanne. Viele Arten sind daher selten geworden, gar ausgestorben. Politische Korrektheit ist Mario Mantovanis Sache nicht, auch er kritisiert die Indianer:

„Da gibt es eine idealisierte Sicht. Die Indios handeln wie jeder andere Naturzerstörer auch. Wir haben Indioführer, die in der Natur ein Desaster anrichten.“

Und Priester Claudio Bombieri, ein renommierter Indianerexperte im Nordost-Teilstaat Maranhao, meint:

„Das brasilianische Waldschutzgesetz ist in der Praxis tot. Daher wird heute Edelholz massenhaft von Indianern illegal aus ihren Reservaten und aus Schutzgebieten an Holzfirmen verkauft im Tausch gegen Geld, Motorräder oder ein Steinhaus.“

Brüllaffen in Amazonien – man hört sie immer seltener, weil ihr Lebensraum durch die Abholzung stetig schrumpft und weil sie auch von Indianern mit Gewehren unerbittlich gejagt werden…

Aufforsten unüblich – auch aus Ländern wie Deutschland, wo Aufforstung normal ist, keinerlei Kritik: http://www.hart-brasilientexte.de/2013/11/19/brasiliens-umweltpolitik-und-soziokulturelle-faktoren-aufforsten-unublich-stets-werden-weltweit-nur-abholzungsraten-diskutiert/

 

http://www.hart-brasilientexte.de/2015/01/14/brasiliens-trinkwasserkrise-gouverneur-des-wirtschaftlich-wichtigsten-teilstaats-sao-paulo-raumt-erstmals-wasserrationierung-ein-naturzerstorung-weiter-forciert-keinerlei-sofortmasnahmen-wie-auffor/

„Es gibt kein Umweltbewußtsein in Brasilien“:

http://www.hart-brasilientexte.de/2009/05/24/es-gibt-kein-umweltbewustsein-in-brasilien-die-kultur-des-landes-ist-zerstorung-mario-mantovani-umweltexperte-nao-ha-consciencia-ecologica-no-pais-a-cultura-do-brasil-e-de-degradacao/

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“Coletivo Urubus” – Künstlerischer Protest gegen Naturzerstörung, hohe Luftvergiftung in Sao Paulo, die City-Bäume absterben läßt. Proteste dieser Art bleiben´wegen fehlendem politischen Willen des Staates sowie kollektiver Dummheit in Brasilien völlig folgenlos. 

 http://www.hart-brasilientexte.de/2014/11/24/brasiliens-prophetischer-bischof-luiz-cappio-die-durrekatastrophe-die-trinkwasserkrise/

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/10/31/brasiliens-trinkwasserkrise-2014-folge-von-brutaler-amazonasabholzung-neue-studien-bestatigen-seit-den-80er-jahren-gemachte-voraussagen-mitteleuropaische-regierung-dortiger-mainstream-indessen-mi/

http://www.hart-brasilientexte.de/2014/10/21/brasiliens-trinkwasserkrise-2014-psdb-gouverneur-von-sao-paulo-weist-uno-kritik-an-umgang-mit-wasserreserven-zuruck/

Brasilien – gesellschaftliches Klima:http://www.hart-brasilientexte.de/2015/02/18/rio-de-janeiro-2015-wieder-deutscher-tourist-ermordet-51-jaehriger-fred-miesino-von-strassengangster-in-der-city-erstochen-viel-lob-hochrangiger-deutscher-politiker-fuer-das-brasilianische-gewalt/

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, 22. Februar 2015 um 02:46 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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