Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Wattenmeer als Weltkulturerbe? Manfred Knake, Wattenrat Ostfriesland.

Der nachfolgende dpa-Bericht von Heiko Lossie erschien heute (07. Juni
2009) in vielen deutschen Tageszeitungen. Er greift darin, und das ist
durchaus nicht selbstverständlich, auch die Kritik des Wattenrates an
der Nominierung des Wattenmeer als Weltnaturerbe auf.

http://www.hart-brasilientexte.de/2008/03/31/deutsche-umweltschutz-propaganda-und-die-umweltschutz-realitat-importe-illegal-geschlagenen-tropenholzes/

 Ausgerechnet vor
dem eingangs zitierten „einzigartigen“ Hilgenriedersiel kam es 2008 zu
großflächigen Wattenmeer-Verwüstungen durch die dilettantisch
durchgeführte Kabelanbindung für den Offshore-Wind“park“ Alpha Ventus,
dieser Maßnahme wurde durch den im Artikel unten zitierten WWF, den
NABU und BUND zugestimmt. Publik hat diesen schweren Eingriff nur der
Wattenrat gemacht: http://www.wattenrat.de/wind/wind109.htm . Der WWF
hat offenbar im UNESCO-Etikettentaumel seine eigene sehr kritische
Bilanz aus 2006 über den Zustand dieses „Nationalparks“
Niedersächsisches Wattenmeer vergessen:

http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/Bilanz_ueber_20_Jahre_Nationalpark_Niedersaechsisches_Wattenmeer.pdf

Auch wir gehen davon aus, dass die Weltnaturerbe-Anerkennung kommen
wird, das hat aber mehr mit Wirtschaftspolitik, räumlich völlig
entrückten Gutachtern aus der Schweiz, Irreführung des Gutachterteams
(dem wesentliche Probleme des Nationalparks beim Besuch 2008
vorenthalten wurden) durch mit der Tourismusindustrie verbandelten
Kommunalpolitiker und nichts mit Naturschutz zu tun. Massentourismus
ohne qualifizierte Ranger-Aufsicht, geplante Windkraftanlagen oder
Windparks im Watt (Außenems und Nordergründe) und die Zulasung ständig
neuer Nutzungen (z.B. Kitesurfing) haben dieses Etikett nicht
verdient. Wenn schon eine schlichte Brücke über die Elbe die Dresdner
Anerkennung verhindern kann, was muss dann noch alles im Wattenmeer
geschehen, damit die UNESCO-Kommission (der deutsche UNESCO-Präsident
ist der ehemalige Wirtschaftsminister Walter Hirche, FDP, des Landes
Niedersachsen!) nüchtern zur Kenntnis nimmt, was hier im
niedersächsischen Nationalpark abläuft und von den wirtschaftlichen
Interessengruppen ständig trickreich schöngeredet wird. Die WebSeite
des Wattenrates (und nur die!) listet diese Defizite auf:
www.Wattenrat.de   :  Es kann nur ein Etikettenschwindel werden!

MK

—————————————-

Watt als Welterbe?

Seehunde im Wattenmeer auf einer Sandbank bei Emden.
(Foto: dpa)

Wilhelmshaven – Fern der Tourismusmagneten wie Norddeich oder St.
Peter-Ording gibt es Küstenstreifen am Wattenmeer, von deren Zauber
die wenigsten etwas ahnen.

Das ostfriesische Hilgenriedersiel ist so ein Ort. Üppige Salzwiesen
und ein einzigartiger Naturstrand liegen dort im Niemandsland
verborgen hinterm Deich. Stark bedrohte Vögel wie der Goldregenpfeifer
staksen bei Ebbe über den glitzernden Meeresboden, der am Horizont mit
dem Himmel verschmilzt. Weit und breit gibt es keinen Hinweis auf
Menschen. Es ist so ruhig, dass vom Boden ein Knistern aufsteigt. Das
sind die Schlickkrebse. Und mit ein wenig Glück ist eine Strandkrabbe
bei der Häutung zu bestaunen.

Diese Landschaft mit ihrem einzigartigen Zauber könnte Ende Juni zum
Erbe der Menschheit erklärt werden. Dann berät eine Kommission der
UNESCO – der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur –
im spanischen Sevilla über den Weltnaturerbe-Antrag, den der Bund,
Niedersachsen, Schleswig-Holstein und die Niederlande Anfang 2008
eingereicht haben. Gibt es ein «Ja», wäre das Watt die erste deutsche
Naturlandschaft mit Welterbe-Status und stünde auf einer Stufe mit so
bekannten Naturwundern wie dem Great Barrier Reef, dem Grand Canyon,
den Galapagos-Inseln oder dem Serengeti-Nationalpark.

Um diesen Ritterschlag zu begründen, wird die Einzigartigkeit des
Watts von A wie Austernfischer bis Z wie Zwergseegras in dem mehrere
Hundert Seiten starken Bewerbungsdossier detailversessen beschrieben.
«Es ist eine Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit», heißt es in
dem Papier über jene Gegend, die viel mehr als kulleräugige
Seehundbabys und Krabbenkutter-Romantik zu bieten hat. Sie ist
beispielsweise die zentrale Drehscheibe des internationalen Vogelzuges
von Kanada bis Sibirien. In dem Dossier steht, die Vielfalt der
Lebensräume schwanke zwischen «bemerkenswert stark» und «geradezu
einmalig». Seit 1991 liefen die Vorbereitungen für das dicke
Schriftstück. Im Herbst 2008 inspizierte eine Jury der
Weltnaturschutzunion IUCN im Auftrag der UNESCO das gemeldete Gebiet,
das von List bis Den Helder reicht.

Ob sich die Mühe lohnt, wird die Welterbe-Kommission irgendwann
während ihrer Sitzung vom 22. bis zum 30. Juni entscheiden. Dieter
Offenhäußer, Sprecher der deutschen UNESCO-Kommission, rechnet mit
einer Veröffentlichung des Entschlusses schon am 24. Juni. Eine
Prognose will der Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches
Wattenmeer, Peter Südbeck, aber nicht abgeben. In seinem Haus in
Wilhelmshaven sitzt auch das Gemeinsame Wattenmeersekretariat, das das
Dossier ausarbeitete. «Wir hoffen natürlich, dass es etwas wird. Aber
eine Vorab-Einschätzung wollen wir nicht geben», sagt
Südbeck.Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ist da
offensiver: «Das Wattenmeer hat eine herausragende Bedeutung im
globalen Ökosystemverbund für Zugvögel, Robben und Seehunde», sagt der
Landesvater, der die Bewerbung mit unterzeichnet hat. «Ich bin
optimistisch, dass es mit dem Titel Weltnaturerbe klappt.» Sein
schleswig-holsteinischer Amtskollege Peter Harry Carstensen (CDU)
sieht das ähnlich: «Das Wattenmeer an der deutschen Nordseeküste ist
das größte Wattenmeer der Welt. Es ist eines der wertvollsten der
Welt. Und ich glaube an eine objektive Entscheidung. Wir sind in der
Lage gewesen, die Nutzung des Wattenmeeres und seinen Schutz optimal
abzustimmen. Das zählt. Und deshalb bin ich zuversichtlich.»

Nutzung und Schutz – das ist der Knackpunkt. Am Watt gibt es
knallharte wirtschaftliche Interessen. Es gibt Begehrlichkeiten für
den Ausbau der Gas- und Öl-Förderung. Die Kabel für Dutzende auf hoher
See geplante Windparks müssen bald durchs Watt gezogen werden. 2008
geriet die erste Anbindung zur Blamage, als das mit Ausnahmen
eröffnete Zeitfenster vorne und hinten nicht reichte.

Die entscheidende Frage ist, was die Auszeichnung dem Watt brächte.
Hubert Farke, Koordinator der Bewerbung in Wilhelmshaven, sagt: «Unter
einem UNESCO-Welterbe wird man das Nationalparkgesetz schwieriger
ändern können. Das ist eine zusätzliche Absicherung bei all den
Begehrlichkeiten.» Mit Blick auf Hamburg und Dänemark stimmt das. Aus
Angst um die Elbvertiefung hatte der Senat die Unterstützung für die
Bewerbung zurückgezogen – so wie Dänemark einige Zeit zuvor.

Manfred Knake, Sprecher der Umweltschutz-Organisation Wattenrat,
glaubt nicht an mehr Schutz für die Natur: «Die UNESCO-Auszeichnung
wäre nur ein Werbeetikett. Die Intention der Anmeldung ist, schnell
die Kasse klingeln zu lassen – und nicht, der Menschheit langfristig
eine einzigartige Landschaft zu bewahren.» Der Massentourismus würde
sich verstärken – allein an Niedersachsens Küste seien es schon jetzt
etwa 30 Millionen Übernachtungen pro Jahr. So sagt Ministerpräsident
Wulff auch deutlich: «Gewinner wäre die gesamte Region, die dadurch
auch für Touristen an Attraktivität noch weiter gewinnen würde.»

Hans-Ulrich Rösner von der Umweltstiftung WWF hofft auf die
Auszeichnung: Sie wäre zunächst Anerkennung für die jahrelangen
Schutzbemühungen am Watt und helfe dann, den Ist-Zustand zu sichern.
Zudem wäre die Anerkennung auch eine umweltpolitisches Druckmittel.
«Denn Naturschutz im Wattenmeer wird in Zukunft eher mehr kosten.»

___________________________________________________

    Übermittelt vom Wattenrat® Ost-Friesland
      Büro und Koordination: Manfred Knake
      D-26427 Esens-Holtgast/Ostfriesland
      Tel: +49 (0)4971 947265
      Fax: +49 (0)3212-1003511
      mailto:Post@Wattenpresse.de
      www.Wattenrat.de
      Bei redaktioneller Verwendung bitten wir
      um ein Belegexemplar, gerne digitalisiert.

      Falls Sie vom Presseverteiler gestrichen
      werden wollen: Eine eMail genügt!
___________________________________________________

http://www.nabu.de/nh/300/adler300.htm

http://www.zeit.de/2000/09/Boese_Blaubluetige

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, 07. Juni 2009 um 22:03 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Naturschutz, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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