Klaus Hart Brasilientexte

Aktuelle Berichte aus Brasilien – Politik, Kultur und Naturschutz

Brasiliens Fleischexporte in die EU:“Chaos und Fälschungen bei Gesundheitsüberwachung der Schlachttiere“ laut Presseberichten.

 Schwerwiegende Verletzungen von Einfuhr-und Hygienebestimmungen haben laut brasilianischen Presseberichten vor wenigen Monaten zu einem Stopp der Fleischexporte in  EU-Länder wie Deutschland geführt.

Unter Bezugnahme auf einen entsprechenden EU-Bericht heißt es, die europäischen Inspektoren hätten in Brasiliens Hygiene-Überwachung ein wahres Chaos und gefälschte Informationen festgestellt:  Unregistrierte Rinder sowie Herden, die durch Maul-und Klauenseuche-Regionen getrieben worden seien und sich dabei möglicherweise infiziert hätten, zudem offenbar vertuschte Fälle der Tierseuche, um Probleme beim Fleischexport zu umgehen – ferner die übliche Praxis von Rinderfarmbesitzern, das System der Tier-Registrierung zu fälschen. Wie es hieß, könne Europa daher durchaus Rindfleisch aus Seuchengebieten importiert haben. Skandale dieser Art ereignen sich in Brasilien regelmäßig.

Wie brasilianische Wirtschaftsexperten zu der Problematik erklärten, agiere ein Teil der Agro-Industrie des Tropenlandes außerhalb der rechtlichen Normen, in der sogenannten „Informalidade“. So erfolgten 40 Prozent aller Schlachtungen in Brasilien illegal und damit völlig unkontrolliert. In sämtlichen Etappen landwirtschaftlicher Produktion und Vermarktung  gebe es ungesetzliche Transaktionen. Dies gilt indessen auch für die anderen Wirtschaftsbereiche.

Hintergrund:

Brasilia gesteht Verstöße gegen Vorschriften bei Fleischexporten in die EU ein

Der brasilianische Landwirtschaftsminister Reinhold Stephanes hat eingestanden, daß bei Fleischexporten in EU-Länder wie Deutschland gegen dortige Hygiene-und Einfuhrbestimmungen verstoßen worden ist. Laut EU bestand die Möglichkeit, daß die betreffenden Rinder mit Herden Kontakt hatten, in denen ansteckende Krankheiten wie Maul-und Klauenseuche vorkamen. Die EU hatte kürzlich deshalb die Fleischimporte gestoppt, in Brasilien wurde auf landesübliche Weise dagegen protestiert.

http://g1.globo.com/Noticias/Economia_Negocios/0,,MUL297919-9356,00-STEPHANES+FRIGORIFICOS+EXPORTARAM+CARNE+NAO+RASTREADA.html

Deutsche Firmen und Wirtschaftskriminalität in Brasilien(1)
Eurolatina-Chef Karlheinz Naumann: „Firmen sehr häufig blauäugig”
Laut einer neuen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers unterschätzen viele deutsche Firmen die Gefahr von Wirtschaftskriminalität in attraktiven Billigstlohnländern wie Brasilien – und erleiden dadurch hohe materielle Verluste. Zuvor hatte das Anti-Korruptions-Netzwerk Transparency International die zehntgrößte Wirtschaftsnation als „sehr korrupt” bezeichnet und auf der neuesten weltweiten Korruptions-Rangliste vom 70. auf den 72. Platz heruntergestuft. In Brasilien selbst wird in neuen Untersuchungen betont, daß das organisierte Verbrechen mit dem Staat liiert ist und sogar nur zu oft im Staatsapparat entsteht. Vor daraus resultierenden Schäden versucht Karlheinz Naumann von der Beratungsfirma „Eurolatina” in Sao Paulo bereits seit mehreren Jahrzehnten deutsche Unternehmen zu bewahren.

In Westeuropa, so die neue Studie von Price-Waterhouse-Coopers, wurde neun Prozent der Unternehmen bereits nahegelegt, Bestechungsgelder zu zahlen “ in Brasilien waren es dagegen sage und schreibe 48 Prozent. Firmenberater Karlheinz Naumann in Sao Paulo hat dafür zahlreiche Beispiele parat. Und stets ging es nicht etwa darum, sich unrechtmäßig Vorteile zu verschaffen, sondern etwas rechtlich Zustehendes, etwa eine Genehmigung, oder eine Freigabe beim Zoll, überhaupt zu erhalten. ”Man kann eigentlich davon ausgehen “ wenn man irgendwie mit den Behörden zu tun hat, hat man erst mal Probleme. Die Fälle, wo etwas sofort durchgeht, sind die Ausnahme. Vor allem, wenn ausländische Unternehmen daran beteiligt sind, wird immer vermutet a. Die kennen sich nicht so gut aus und b. Die haben Geld, und c. Die haben Termindruck. Der Chef der Umweltschutzbehörde sagte, er habe ein Restaurant, es sei doch ganz schön, wenn Weihnachtsfeiern der Firma in seinem Restaurant stattfinden könnten. So gehts los mit solchen Kleinigkeiten.”
Kürzlich endete in Sao Paulo eine Technologiemesse “ doch zwölf deutsche Firmen hatten dafür vergeblich hohe Summen investiert, bekamen nämlich ihre mit erheblichen Kosten nach Brasilien transportierten Exponate, durchweg große Maschinen, nicht aus dem Zoll heraus. „Es gäbe natürlich einen Weg, sie kennen ihn¦”
Probleme beim Zoll “ sollten da gar inländische Konkurrenten dahinterstecken?
”In Brasilien, meine ich, liegt der Verdacht nahe, in Argentinien hätte ich gesagt, können sie davon ausgehen, das ist ein ganz wichtiges Instrument sogar dabei. Wir haben dort schon mehrmals erlebt, daß Konkurrenten die ausländischen Firmen, die ins Land hinein wollten, mit allen möglichen Mitteln bekämpft haben.”
Gewaltige Probleme, so Naumann, gibt es mit Schutzrechten. Was tun, wenn eine brasilianische Firma ein deutsches Patent beim brasilianischen Patentamt als eigenes anmeldet? Oder eine vierzig Jahre zurückliegende Erfindung aus Deutschland, die gar nicht mehr patentwürdig ist, als brandneu patentieren läßt “ und auf diese Weise den Import bestimmter deutscher Produkte stoppt, verhindert?
”Das ist genauso, als ob ich noch mal einen Automotor, einen Ottomotor zum Patent anmelden würde.”
Da bleibt nur der Gang zum brasilianischen Gericht:
”Sie können gut davon ausgehen, daß ein solcher Rechtsstreit im Minimum zehn Jahre dauert. Und in der Zeit, da verlieren sie wirklich nur Geld. Und wir wissen genau, daß es einige Richter gibt, die auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, wenn sie ein Urteil sprechen.”
Häufig zudem unlauterer Wettbewerb, unlautere Ausschreibungen, unlautere Mitarbeiter und Zulieferer.
”Ich kenne Fälle hier aus der Automobilindustrie, wo Einkäufer zum Beispiel zwei Prozent vom Umsatz des Lieferanten bekommen. Der Einkäufer auf der Lohnliste des Lieferanten! Das sind Dinge, die durchaus gang und gäbe sind. Und wer das nicht weiß, versteht nicht, warum er irgendwo ein Angebot abgibt, genau weiß, der beste, technisch, preislich gesehen zu sein“ und kriegt den Auftrag trotzdem nicht. Weil irgendwo unterm Tisch etwas gemauschelt wird, von dem er keine Ahnung hat. Das ist das große Problem vieler Firmen hier, die sich an Ausschreibungen beteiligen. Sie werden praktisch gezwungen, unehrlich zu sein, was natürlich sehr gefährlich ist.”
Viele brasilianische Unternehmen verkaufen ihre Produkte schwarz, zahlen keinerlei Steuern. Unvorsichtige Neueinsteiger aus Deutschland rechnen nicht mit diesem Wettbewerbsnachteil – merken häufig erst viel zu spät, daß sie deshalb preislich nie mithalten können.
”Wir raten daher stets zu einer Durchführbarkeitsstudie “ muß man Konkurrenten ernst nehmen, weil sie ehrlich, oder weil sie unehrlich sind?”
Brasilienexperte Naumann warnt deutsche Investoren vor Blauäugigkeit “ und keinesfalls sollte man sich auf landesübliche Tricks und Kniffe einlassen.
„Lieber wegbleiben und sagen “ der Markt ist nichts für mich. Man kann viel Geld verdienen in Brasilien. Viele Firmen zeigen das hier, die exorbitante Gewinne zum Teil haben, Riesengewinne als Maschinenbauer, Chemiefirma, als Papierhersteller “ man kann überall gut verdienen “ aber man muß es richtig machen, man muß diese Fallstricke kennen “ und es gibt leider genügend davon. Wir sind ja gebrannte Kinder sehr häufig, wenn man länger im Lande ist.”

Dieser Beitrag wurde am Montag, 14. April 2008 um 22:19 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Kultur, Politik abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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